Artikel 6 VO (EU) 2019/943

Regelreservemarkt

(1) Die Regelreservemärkte einschließlich der Präqualifikationsverfahren werden so organisiert, dass

a)
jedwede Diskriminierung einzelner Marktteilnehmer unter Berücksichtigung der unterschiedlichen technischen Bedürfnisse des Stromsystems und der unterschiedlichen technischen Fähigkeiten von Stromerzeugungsquellen, Energiespeicherung und Laststeuerung verhindert wird,
b)
die transparente und technologieneutrale Definition der Dienstleistungen und ihre transparente, marktbasierte Beschaffung sichergestellt wird,
c)
allen Marktteilnehmern, auch denjenigen, die aus Elektrizität aus fluktuierender erneuerbaren Energiequellen sowie Laststeuerung und Speicherung anbieten, entweder einzeln oder durch Aggregierung diskriminierungsfreier Zugang gewährt wird,
d)
sie dem Umstand Rechnung tragen, dass immer größere Anteile fluktuierender Erzeugung, höhere Nachfrageflexibilität und die Entwicklung neuer Technologien bewältigt werden müssen.

(2) Der Regelarbeitspreis darf nicht vorab in einem Vertrag über die Bereitstellung von Regelleistung festgelegt werden. Die Beschaffungsverfahren sind transparent gemäß Artikel 40 Absatz 4 der Richtlinie (EU) 2019/944 und wahren zugleich die Vertraulichkeit von Geschäftsinformationen.

(3) Regelreservemärkte sorgen für Betriebssicherheit und ermöglichen gleichzeitig die maximale Nutzung und effiziente Zuweisung zonenübergreifender Kapazität für alle Zeitbereiche gemäß Artikel 17.

(4) Die Abrechnung von Regelarbeit beruht bei Standard-Regelreserveprodukten und spezifischen Regelreserveprodukten auf dem Grenzpreisverfahren, es sei denn, alle Regulierungsbehörden genehmigen eine alternative Preisberechnungsmethode auf der Grundlage eines gemeinsamen Vorschlags aller Übertragungsnetzbetreiber nach Vorlage einer Analyse, aus der hervorgeht, dass diese alternative Preisberechnungsmethode effizienter ist.

Die Marktteilnehmer dürfen Gebote möglichst echtzeitnah abgeben, und der Zeitpunkt der Schließung des Regelarbeitsmarkts darf nicht vor dem Zeitpunkt der Schließung des zonenübergreifenden Intraday-Marktes liegen.

Übertragungsnetzbetreiber, die ein zentrales Dispatch-Modell anwenden, dürfen weitere Regeln in Einklang mit der gemäß Artikel 6 Absatz 11 der Verordnung (EG) Nr. 714/2009 angenommenen Leitlinie über den Systemausgleich im Elektrizitätsversorgungssystem einführen.

(5) Bilanzkreisabweichungen werden zu einem Preis abgerechnet, der dem Echtzeitwert der Energie Rechnung trägt.

(6) Jeder Geltungsbereich des Ausgleichsenergiepreises entspricht einer Gebotszone, außer in einem zentralen Dispatch-Modell, in dem der Geltungsbereich des Ausgleichsenergiepreises Teil einer Gebotszone sein kann.

(7) Die Dimensionierung der Reservekapazität wird von den Übertragungsnetzbetreibern vorgenommen und auf regionaler Ebene erleichtert.

(8) Die Beschaffung der Regelleistung wird von den Übertragungsnetzbetreibern vorgenommen und darf auf regionaler Ebene erleichtert werden. Die Reservierung grenzüberschreitender Kapazität zu diesem Zweck kann begrenzt werden. Gemäß Artikel 40 Absatz 4 der Richtlinie (EU) 2019/944 erfolgt die Beschaffung der Regelleistung marktbasiert und ist so organisiert, dass es zu keiner Diskriminierung zwischen den einzeln oder durch Aggregierung am Präqualifikationsverfahren teilnehmenden Marktteilnehmern kommt.

Bei der Beschaffung von Regelleistung wird ein Primärmarkt zugrunde gelegt, sofern und soweit die Regulierungsbehörde nicht eine Freistellung vorsieht, um aufgrund mangelnden Wettbewerbs auf dem Markt für Regelreserve andere Formen der marktbasierten Beschaffung zuzulassen. Freistellungen von der Verpflichtung, die Nutzung der Primärmärkte der Beschaffung von Regelleistung zugrunde zu legen, werden alle drei Jahre überprüft.

(9) Regelleistung für die Aufwärts- und Abwärtsregelung wird getrennt beschafft' es sei denn, die Regulierungsbehörde genehmigt eine Freistellung von diesem Grundsatz, wenn eine vom Übertragungsnetzbetreiber durchgeführte Beurteilung nachweist, dass sich durch ein solches Vorgehen die wirtschaftliche Effizienz steigern ließe. Der Abschluss eines Regelleistungsvertrags darf nicht mehr als einen Tag vor der Bereitstellung der Regelleistung erfolgen, und die Vertragslaufzeit darf höchstens einen Tag betragen, sofern und soweit die Regulierungsbehörde nicht frühere Vertragsabschlüsse oder längere Vertragszeiträume zur Wahrung der Versorgungssicherheit oder zur Verbesserung der wirtschaftlichen Effizienz genehmigt hat.

Wenn eine Freistellung gewährt wird, darf für zumindest 40 % der Standard-Regelreserveprodukte und mindestens 30 % aller Produkte, die für die Regelleistung verwendet werden, der Regelleistungsvertrag nicht mehr als einen Tag vor der Bereitstellung der Regelleistung abgeschlossen werden, und die Vertragslaufzeit darf nicht mehr als einen Tag betragen. Der Vertrag über den verbleibenden Regelleistungsanteil darf höchstens einen Monat vor der Bereitstellung der Regelleistung geschlossen werden, und die Vertragslaufzeit darf höchstens einen Monat betragen.

(10) Auf Antrag des Übertragungsnetzbetreibers kann die Regulierungsbehörde beschließen, die in Absatz 9 genannte Vertragslaufzeit für den verbleibenden Regelleistungsanteil auf höchstens zwölf Monate zu verlängern, sofern eine derartige Entscheidung zeitlich begrenzt ist und der Vorteil der Kostensenkung für Endkunden den Nachteil der Beeinträchtigung des Marktes überwiegt. Dieser Antrag enthält

a)
den bestimmten Zeitraum, in dem die Ausnahme gelten soll,
b)
das bestimmte Volumen der Regelleistung, für das die Ausnahme gelten soll,
c)
eine Analyse der Auswirkung der Ausnahme auf die Beteiligung von Regelreserveressourcen und
d)
den Nachweis, dass sich durch eine derartige Ausnahme die Kosten für die Endkunden senken ließen.

(11) Ungeachtet Absatz 10 dürfen die Vertragslaufzeiten ab dem 1. Januar 2026 nicht mehr als sechs Monate betragen.

(12) Bis zum 1. Januar 2028 erstatten die Regulierungsbehörden ACER und der Kommission Bericht über den Anteil der Gesamtkapazität, der durch Verträge mit einer Laufzeit oder einem Beschaffungszeitraum von mehr als einem Tag abgedeckt wird.

(13) Die Übertragungsnetzbetreiber oder ihre delegierten Betreiber veröffentlichen so nah an der Echtzeit wie möglich, jedoch mit nicht mehr als 30 Minuten nach Lieferung Verzögerung, den aktuellen Systemausgleich in ihren Fahrplangebieten, die geschätzten Ausgleichsenergiepreise und die geschätzten Regelarbeitspreise.

(14) Die Übertragungsnetzbetreiber können für den Fall, dass Standard-Regelreserveprodukte für die Wahrung der Betriebssicherheit nicht ausreichen oder einige Regelreserveressourcen nicht über Standard-Regelreserveprodukte am Regelreservemarkt teilnehmen können, Freistellungen von den Absätzen 2 und 4 für spezifische Regelreserveprodukte, die örtlich aktiviert und nicht mit anderen Übertragungsnetzbetreibern ausgetauscht werden, vorschlagen und diese Freistellungen können von den Regulierungsbehörden genehmigt werden.

Die Vorschläge für Freistellungen enthalten eine Beschreibung der Maßnahmen, die vorgeschlagen werden, um die Verwendung spezifischer Produkte auf ein Mindestmaß, welches von der wirtschaftlichen Effizienz abhängig ist, zu beschränken, einen Nachweis, dass die spezifischen Produkte keine erheblichen Effizienzmängel oder Verzerrungen auf dem Regelreservemarkt entweder innerhalb oder außerhalb des Fahrplangebiets verursachen, und etwaige Regeln und Informationen in Bezug auf das Verfahren für die Umwandlung von Regelarbeitsgeboten für spezifische Regelreserveprodukte in Regelarbeitsgebote für Standard-Regelreserveprodukte.

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