Präambel VO (EU) 2019/981

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II)(1), insbesondere auf Artikel 35 Absatz 9, Artikel 50 Absatz 1 Buchstabe a, Artikel 56, Artikel 86 Absatz 1 Buchstaben a und b, Artikel 97 Absatz 1, Artikel 111 Absatz 1 Buchstaben a, b, c, e, f, fa, i, j, k und l, Artikel 211 Absatz 2 und Artikel 234,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Die Erfahrungen, die die Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen in den ersten Jahren mit der Anwendung der Richtlinie 2009/138/EG gesammelt haben, sollten genutzt werden, um die Methoden, Annahmen und Standardparameter, die bei der Berechnung der Solvenzkapitalanforderung nach der Standardformel verwendet werden, zu überarbeiten.
(2)
Der Vorschlag der Kommission für eine neue Verordnung zur Aufstellung des Programms „InvestEU” (2) zielt darauf ab, EU-weiten Marktdefiziten und suboptimalen Investitionsbedingungen entgegenzuwirken. Er sieht zum einen die Einrichtung der InvestEU-Beratungsplattform, die eine kritische Menge an Investitionsprojekten gewährleisten soll, und zum anderen die Schaffung des InvestEU-Portals vor, das Investoren eine leicht zugängliche und benutzerfreundliche Datenbank mit Investitionsprojekten bieten dürfte. Auf diese Weise wird InvestEU Investitionen in die Finanzierung kleiner und mittlerer Unternehmen in Form von Anleihen, Darlehen oder privatem Beteiligungskapital sowie andere langfristige Aktieninvestitionen fördern. Für Investitionen in privat platzierte Schuldverschreibungen, privates Beteiligungskapital und langfristige Aktieninvestitionen sind im Rahmen der Standardformel für die Berechnung der Solvenzkapitalanforderung keine spezifischen Regelungen vorgesehen. Da solche Investitionen durch das InvestEU-Portal erreichbarer werden dürften, sollten derartige spezielle Regelungen eingeführt werden. Vor dem Hintergrund des Aktionsplans zur Schaffung einer Kapitalmarktunion vom 30. September 2015 wird darauf abgezielt, in Europa mehr Investitionen freizusetzen und europäischen kleinen und mittleren Unternehmen den Zugang zu Eigen- und Fremdfinanzierungen zu erleichtern. Folglich sollte die aufsichtliche Behandlung von privatem Beteiligungskapital und privat platzierten Schuldverschreibungen geändert werden, um ungerechtfertigte Hindernisse zu beseitigen, die Investitionen in diese Anlageklassen im Wege stehen.
(3)
Um für die im Versicherungssektor und die in anderen Bereichen des Finanzsektors tätigen Unternehmen gleiche Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten, sollten einige der für Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen geltenden Bestimmungen den für Kredit- und Finanzinstitute geltenden Bestimmungen insoweit angeglichen werden, wie dies ihren unterschiedlichen Geschäftsmodellen angemessen ist.
(4)
Handelsrisikopositionen gegenüber qualifizierten zentralen Gegenparteien (CCP) profitieren vom multilateralen Aufrechnungs- und Verlustübernahmemechanismus der qualifizierten CCP. Solche Handelsrisikopositionen haben ein verringertes Gegenparteiausfallrisiko und sollten somit einer geringeren Eigenmittelanforderung unterliegen als Positionen gegenüber Gegenparteien, die nicht von den auf CCP anwendbaren Mechanismen profitieren. Gemäß Artikel 111 Absatz 1 Buchstabe fa der Richtlinie 2009/138/EG sollten Handelsrisikopositionen gegenüber qualifizierten CCP bei der Berechnung des Gegenparteiausfallrisikos nach der Standardformel daher auf eine Weise behandelt werden, die mit den auf Kredit- und Finanzinstitute anwendbaren Kapitalanforderungen für solche Risikopositionen kohärent ist.
(5)
Um zu dem von der Union angestrebten langfristigen und nachhaltigen Wachstum beizutragen, sollten Investitionen von Versicherern in privat platzierte Schuldverschreibungen erleichtert werden. Zu diesem Zweck sollten Kriterien festgelegt werden, die es ermöglichen, Anleihen und Darlehen, für die kein Rating einer benannten ECAI verfügbar ist, auf der Grundlage der eigenen internen Ratings des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens den Bonitätsstufen 2 oder 3 zuzuordnen.
(6)
Wesentliche Änderungen bei den Daten, die zur Bestimmung der technischen Informationen zu den maßgeblichen risikofreien Zinskurven herangezogen werden, führen möglicherweise dazu, dass in der Vergangenheit genutzte Datenquellen nicht mehr zur Verfügung stehen. Darüber hinaus könnten die zur Bestimmung der technischen Informationen zu den maßgeblichen risikofreien Zinskurven eingesetzten Techniken durch eine verbesserte Datenverfügbarkeit hinfällig werden. Eine wesentliche Änderung der Marktbedingungen könnte zudem eine Neubewertung der Parameter, einschließlich des endgültigen Forwardzinssatzes, des Ausgangspunkts der Extrapolation der risikofreien Zinssätze oder des Zeitraums für die Konvergenz zu dem endgültigen Forwardzinssatz, erforderlich machen. Es sollten deshalb Bedingungen festgelegt werden, anhand deren bewertet werden kann, ob potenzielle Änderungen an den zur Bestimmung der technischen Informationen zu den maßgeblichen risikofreien Zinskurven herangezogenen Daten und Techniken mit den Zielen der Transparenz, der Vorsicht, der Zuverlässigkeit und der Kohärenz der Methoden zur Bestimmung der technischen Informationen zu den maßgeblichen risikofreien Zinskurven im Zeitverlauf in Einklang stehen. Zu diesem Zweck sollte die EIOPA der Kommission eine Bewertung übermitteln, aus der hervorgeht, wie sich die geänderten Techniken, Datenspezifikationen oder Parameter auswirken und inwieweit diese Änderungen im Hinblick auf eine wesentlich geänderte Datenlage verhältnismäßig sind.
(7)
Transparente, vorsichtige, zuverlässige und kohärente Methoden zur Bestimmung der technischen Informationen zu den maßgeblichen risikofreien Zinskurven im Zeitverlauf sollten auch für die Komponenten, insbesondere die Volatilitätsanpassung angestrebt werden. Um Transparenz, Vorsicht, Zuverlässigkeit und Kohärenz im Zeitverlauf zu gewährleisten, sollte die von der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) angewandte Methode zur Bestimmung der technischen Informationen zur Volatilitätsanpassung, insbesondere die in Artikel 77d Absatz 4 der Richtlinie 2009/138/EG dargelegte Aktivierung der Länderkomponente, im Rahmen der Kommissionsüberprüfung gemäß Artikel 77f Absatz 3 der Richtlinie 2009/138/EG erneut geprüft werden, wenn erwiesen ist, dass die Ziele mit dieser Methode nicht erreicht werden.
(8)
In Fällen, in denen die Solvenzkapitalanforderung drei Monate in Folge unterschritten wird, könnten Eigenmittelbestandteile in Form von eingezahlten nachrangigen Mitgliederkonten von Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit, eingezahlten Vorzugsaktien und dem zugehörigen Emissionsagiokonto sowie eingezahlten nachrangigen Verbindlichkeiten einen partiellen Verlustausgleichsmechanismus bieten. Es sollten Kriterien festgelegt werden, anhand deren spezifiziert werden kann, inwieweit solche Bestandteile als Tier-1-Eigenmittel gelten.
(9)
Werden durch den ausgelösten Kapitalverlustausgleichsmechanismus Steuereffekte bewirkt, so sollten Verluste von Basiseigenmitteln vermieden werden. Die Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen sollten daher eine Ausnahme von der Anwendung dieses Mechanismus beantragen können. Bevor eine solche Ausnahme gewährt wird, sollten die Aufsichtsbehörden jedoch bewerten, ob eine hohe und glaubwürdige Wahrscheinlichkeit besteht, dass durch den Mechanismus bewirkte Steuereffekte die Solvabilität des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens signifikant schwächen könnten.
(10)
Es sollte sichergestellt werden, dass für Wirtschaftsbeteiligte im Versicherungssektor die gleichen Wettbewerbsbedingungen herrschen wie für Wirtschaftsbeteiligte in anderen Finanzsektoren. Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen sollten daher die Möglichkeit haben, nach vorheriger aufsichtsrechtlicher Genehmigung Eigenmittelbestandteile innerhalb von fünf Jahren nach ihrem Emissionsdatum zurückzuzahlen oder zu tilgen, falls die aufsichtsrechtliche Einstufung eines Eigenmittelbestandteils unerwartet geändert wird und dies dazu führen dürfte, dass der Bestandteil von den Eigenmitteln ausgenommen wird, oder falls die geltende steuerliche Behandlung des betreffenden Bestandteils unerwartet geändert wird.
(11)
Der Look-Through-Ansatz sollte sicherstellen, dass die Risiken, denen das Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen ausgesetzt ist, unabhängig von den Investitionsstrukturen des Unternehmens ordnungsgemäß erfasst werden. Daher sollte der Ansatz auf mit dem Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen verbundene Unternehmen angewandt werden, deren Hauptzweck es ist, Vermögenswerte im Namen des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens zu halten oder zu verwalten.
(12)
Ist es nicht möglich, den Look-Through-Ansatz auf Organismen für gemeinsame Anlagen oder Anlagen in Fondsform anzuwenden, so sollte es dem Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen gestattet sein, einen vereinfachten Ansatz auf der Grundlage der letzten gemeldeten Vermögenswertallokation des Organismus für gemeinsame Anlagen oder des Fonds zu verwenden, sofern dieser vereinfachte Ansatz der Art, dem Umfang und der Komplexität der betreffenden Risiken angemessen ist.
(13)
Die Untermodule für das Stornorisiko erfordern komplexe Berechnungen auf Ebene der einzelnen Versicherungsverträge. Ist diese Komplexität der Art, dem Umfang und der Komplexität der unter diese Untermodule fallenden Risiken nicht angemessen, sollte es möglich sein, die Berechnungen für diese Untermodule nicht auf der Grundlage einzelner Versicherungsverträge, sondern auf der Grundlage von Gruppierungen von Versicherungsverträgen vorzunehmen, es sei denn, eine solche Gruppierung würde einen wesentlichen Fehler verursachen.
(14)
Die Berechnung des Naturkatastrophenrisikos nach der Standardformel sollte der Art, dem Umfang und der Komplexität der betreffenden Risikoexponierung des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens Rechnung tragen. Die Berechnung des Naturkatastrophenrisikos nach der Standardformel setzt voraus, dass die Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen ihre Versicherungssumme nach Risikozonen aufteilen. Doch verfügen nicht alle Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen in ihren internen Systemen über die für diese Berechnung erforderlichen Angaben zu den einzelnen Risikozonen und könnte sich die Ermittlung dieser Angaben für solche Unternehmen als kostspielig erweisen. Die betreffenden Unternehmen sollten ihre Berechnung deshalb auf der Grundlage von Gruppierungen von Risikozonen vornehmen können, sofern eine solche Gruppierung gut begründet und mit Blick auf die Exponierung verhältnismäßig ist.
(15)
Für die Berechnung der Kapitalanforderung für das Untermodul Feuerrisiko im Rahmen der Standardformel müssen die Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen die größte Feuerrisikokonzentration ermitteln. Um ihren Berechnungsaufwand in Grenzen zu halten, sollten Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen ihr Verfahren zur Ermittlung der größten Feuerrisikokonzentration auf den Bereich ihrer größten Risikopositionen gegenüber dem Feuerrisiko beschränken können, sofern dieser Ansatz der Art, dem Umfang und der Komplexität der Exponierung des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens gegenüber dem Feuerrisiko angemessen ist.
(16)
Die vereinfachten Berechnungen der Kapitalanforderung für die Untermodule Sterblichkeitsrisiko der Lebensversicherung und Sterblichkeitsrisiko der Krankenversicherung im Rahmen der Standardformel sollten dahin gehend geändert werden, dass sie dem Umstand Rechnung tragen, dass das Risikokapital von Versicherungsverträgen im Laufe der Zeit schwanken kann.
(17)
Die Kosten, die mit der Anforderung eines Ratings für die Berechnung der Solvenzkapitalanforderung anhand der Standardformel verbunden sind, sollten der Art, dem Umfang und der Komplexität des mit dem Vermögenswert verbundenen Risikos angemessen sein. Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen, die eine externe Ratingagentur benannt haben, sollten daher für jene Teile des Schuldenportfolios, für die diese Agentur keine externen Ratings bereitstellt, eine vereinfachte Berechnung vornehmen können.
(18)
Bei der Berechnung der Solvenzkapitalanforderung für das Gegenparteiausfallrisiko nach der Standardformel müssen Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen der Frage Rechnung tragen, wieviel Prozent der Vermögenswerte der Gegenpartei zum Zwecke der Besicherung gebunden sind. Eine unverhältnismäßige Belastung bei der Berechnung nach der Standardformel sollte vermieden werden. Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen, die für die Berechnung der Solvenzkapitalanforderung für das Gegenparteiausfallrisiko die Standardformel verwenden, sollten die Solvenzkapitalanforderung für das Gegenparteiausfallrisiko deshalb unter der Annahme berechnen können, dass mehr als 60 % der Vermögenswerte der Gegenpartei zum Zwecke der Besicherung gebunden sind.
(19)
Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen, die für die Berechnung der Solvenzkapitalanforderung für das Gegenparteiausfallrisiko die Standardformel verwenden, müssen eine spezifische Formel für die Berechnung der Kapitalanforderung für das Gegenparteiausfallrisiko für Typ-1-Exponierungen verwenden, falls die Standardabweichung der Verlustverteilung der Typ-1-Exponierungen unter 7 % liegt. Bei der Berechnung dieser Anforderung sollte eine unverhältnismäßige Belastung vermieden werden. Die Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen sollten daher in der Lage sein, die Kapitalanforderung für das Gegenparteiausfallrisiko für Typ-1-Exponierungen anhand derselben Formel zu berechnen, die angewandt wird, falls die Standardabweichung der Verlustverteilung der Typ-1-Exponierungen zwischen 7 % und 20 % liegt.
(20)
Die Berechnung des risikomindernden Effekts auf das versicherungstechnische Risiko ist komplex und kann für Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen, die in Geschäftsbereichen der Nichtlebensversicherung tätig sind, eine unverhältnismäßige Belastung darstellen. Es ist daher angemessen, Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen zu ermöglichen, eine vereinfachte Formel zu verwenden, vorausgesetzt, dass die Verwendung dieser vereinfachten Formel der Art, dem Umfang und der Komplexität des Risikoprofils der Gegenpartei des Unternehmens angemessen ist.
(21)
Um dem geringeren Risiko, das mit künftigen Prämien aus Verträgen mit längeren Laufzeiten verbunden ist, Rechnung zu tragen, sollte die Risikokapitalanforderung für Prämien bei künftigen Verträgen Verträge mit einer anfänglichen Laufzeit von über einem Jahr nicht unangemessen benachteiligen. Aus diesem Grund sollte bei künftigen Verträgen mit mehr als einjähriger Laufzeit das Volumenmaß für das Nichtlebensversicherungsprämien- und -rückstellungsrisiko und für das Prämien- und Rückstellungsrisiko der Krankenversicherung, die auf vergleichbarer versicherungstechnischer Basis betrieben wird wie die Schadenversicherung, lediglich 30 % der künftigen Prämien ausmachen.
(22)
Bei der Berechnung der Solvenzkapitalanforderung nach der Standardformel sollte der tatsächlichen Exponierung des Unternehmens gegenüber dem Naturkatastrophenrisiko Rechnung getragen werden. Aus diesem Grund sollten bei der Berechnung der Solvenzkapitalanforderung für das Naturkatastrophenrisiko nach der Standardformel die vertraglichen Grenzen für die Entschädigung bei Naturkatastrophen berücksichtigt werden.
(23)
Die Berechnung der Solvenzkapitalanforderung für das Risiko vom Menschen verursachter Katastrophen sollte die Risiken für Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen widerspiegeln. Die szenariogestützten Berechnungen der Solvenzkapitalanforderung für das Seefahrtrisiko, das Luftfahrtrisiko und das Feuerrisiko sollten daher auf den — nach Abzug der im Rahmen von Rückversicherungen oder Zweckgesellschaften einforderbaren Beträge — größten Risikopositionen basieren.
(24)
Es ist nicht angebracht, das Szenario einer Tankerkollision des Untermoduls Seefahrtrisiko auf Sportboote oder RIB-Schlauchboote anzuwenden. Dieses Szenario sollte deshalb ausschließlich auf Schiffe mit einer Versicherungssumme von mindestens 250000 EUR anwendbar sein.
(25)
Direktinvestitionen von Versicherern in nicht notierte Aktien können zu dem von der Union angestrebten langfristigen, nachhaltigen Wachstum beitragen und sollten daher erleichtert werden. Bei der Berechnung der Eigenkapitalanforderung für das Aktienrisiko nach der Standardformel sollten Portfolios aus Anlagen in nicht notierte Aktien hoher Qualität deshalb die gleiche Behandlung erfahren können wie Aktien, die an geregelten Märkten notiert sind. Es sollten Kriterien festgelegt werden, um sicherzustellen, dass das systemische Risiko eines Portfolios mit hochwertigen nicht notierten Aktien entsprechend gering ist.
(26)
Versicherer spielen als langfristige Anleger eine wichtige Rolle und Aktieninvestitionen sind für die Finanzierung der Realwirtschaft von großer Bedeutung. Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen sollten deshalb zu langfristigen Aktieninvestitionen ermutigt werden; zu diesem Zweck sollten langfristige und strategische Aktieninvestitionen bei der Berechnung der Solvenzkapitalanforderung nach der Standardformel sowie bei den Korrelationsmatritzen gleich behandelt werden. Um den langfristigen Charakter der Investitionen sicherzustellen, sollte in das Untermodul Aktienrisiko ein Portfolio aus langfristigen Aktieninvestitionen und anderen Vermögenswerten aufgenommen werden, das einem Portfolio genau bestimmter Versicherungs- oder Rückversicherungsverpflichtungen entspricht. Um Regulierungsarbitrage zu verhindern, sollten das Portfolio mit den Vermögenswerten und das Portfolio mit den Verpflichtungen ähnliche Werte aufweisen und sollte keines von ihnen mehr als die Hälfte des Gesamtumfangs der Bilanz des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens ausmachen.
(27)
Im EWR notierte einzelne Aktien und über bestimmte Arten von Fonds getätigte Anlagen sollten gleich behandelt werden. Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen sollten deshalb die für langfristige Investitionen geltenden Regeln auch auf qualifizierte Fonds für soziales Unternehmertum, qualifizierte Risikokapitalfonds, geschlossene, nicht hebelfinanzierte alternative Investmentfonds und europäische langfristige Investmentfonds anwenden dürfen, sofern der Fondsmanager im EWR zugelassen ist.
(28)
Die Berechnung der Kapitalanforderung für das Untermodul Spread-Risiko anhand der Standardformel sollte Investitionen von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen in hochwertige Privatplatzierungen, für die häufig kein Rating verfügbar ist, nicht im Wege stehen. Es besteht die Möglichkeit, dass ein Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen eine Vereinbarung mit einem Kreditinstitut oder einer Wertpapierfirma über eine Koinvestition in Anleihen oder Darlehen getroffen hat, für die kein Rating einer benannten ECAI verfügbar ist. In diesem Fall sollte es dem Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen gestattet sein, zur Berechnung der Solvenzkapitalanforderung die Ergebnisse des genehmigten auf internen Ratings basierenden Ansatzes dieses Kreditinstituts oder dieser Wertpapierfirma zu verwenden, vorausgesetzt, der Hauptsitz des Kreditinstituts oder der Wertpapierfirma befindet sich im Europäischen Wirtschaftsraum. Dies gilt ebenfalls, wenn ein Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen eine Vereinbarung mit einem anderen Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen getroffen hat, das ein genehmigtes internes Modell nach Maßgabe von Artikel 100 der Richtlinie 2009/138/EG verwendet.
(29)
Die auf den Finanzsektor anwendbaren Rechtsvorschriften sollten kohärent sein und gleichzeitig den unterschiedlichen Geschäftsmodellen, die in den verschiedenen Bereichen des Sektors verwendet werden, sowie abweichenden Elementen bei der Bestimmung der Kapitalanforderungen oder weiteren Faktoren Rechnung tragen. Daher sollten die für Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen geltenden Regelungen hinsichtlich der Anerkennung von Garantien, die von regionalen und lokalen Gebietskörperschaften gewährt werden, den für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen geltenden Regelungen angeglichen werden.
(30)
Derivate setzen Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen einem Gegenparteiausfallrisiko aus, unabhängig davon, ob die Derivate zu Absicherungs- oder zu Spekulationszwecken gehalten werden. Im Modul Gegenparteiausfallrisiko der Standardformel sollten daher alle Derivate als Typ-1-Exponierungen behandelt werden.
(31)
Bei den Berechnungen für die Kapitalanforderung für Marktrisikokonzentrationen nach der Standardformel sollten Abweichungen von der vorgegebenen Berechnungsabfolge vermieden werden. Daher sollten die einzelnen Risikoexponierungen zunächst Bonitätsstufen und Konzentrationsschwellen zugeordnet werden, und im Anschluss sollten auf Ebene der Einzeladressen Risikofaktoren angewandt werden.
(32)
Bei der Projektion der künftigen steuerpflichtigen Gewinne nach einem Szenario mit außergewöhnlichen Verlusten sollten sich Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen nicht auf übermäßig optimistische Annahmen stützen. Aus diesem Grund sollten Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen bei der Berechnung der Verlustausgleichsfähigkeit latenter Steuern anhand der Standardformel ihre Solvabilitäts- und Finanzlage nach dem unmittelbaren Verlust sowie die gestiegene Unsicherheit hinsichtlich der Projektion der künftigen steuerpflichtigen Gewinne berücksichtigen. Darüber hinaus sollten für die Projektion der künftigen steuerpflichtigen Gewinne nach dem unmittelbaren Verlust, einschließlich der angenommen Renditen für die Investitionen des Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmens, keine günstigeren Annahmen zugrunde gelegt werden als jene, die bei der Bewertung der latenten Steuern in der Bilanz angewandt werden, und der projizierte Gesamtbetrag neuer Geschäfte sollte nicht den in der Geschäftsplanung vorgesehenen Betrag überschreiten. Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen sollten lediglich dann von höheren Renditen als den von der maßgeblichen Zinskurve implizierten Renditen ausgehen, wenn sie nachweisen können, dass diese Renditen nach dem unmittelbaren Verlust realisiert werden.
(33)
Bei der Berechnung der Solvenzkapitalanforderung nach der Standardformel sollte Entwicklungen bei der Risikomanagementpraxis, insbesondere beim Einsatz von Risikominderungstechniken, Rechnung getragen werden. Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen sollten deshalb den Effekt von Risikominderungstechniken auch dann berücksichtigen dürfen, wenn diese Techniken durch eine ähnliche Regelung ersetzt werden, sie auslaufen oder angepasst werden, um Änderungen bei der erfassten Risikoposition Rechnung zu tragen, vorausgesetzt, eine solche Ersetzung oder Anpassung wird höchstens einmal wöchentlich vorgenommen. Die Standardformel sollte außerdem Saldierungsvereinbarungen zwischen Derivaten und Absicherungsstrategien ermöglichen, wenn mehrere vertragliche Vereinbarungen zusammengenommen den Effekt einer Risikominderungstechnik haben. In der unternehmenseigenen Risiko- und Solvabilitätsbeurteilung sollte möglichen Diskrepanzen zwischen dem in der Standardformel berücksichtigten Risikominderungseffekt einerseits und dem tatsächlichen Risikominderungseffekt andererseits sowie einer Bewertung des Basisrisikos Rechnung getragen werden.
(34)
Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen sollten nicht unangemessen benachteiligt werden, wenn eine Gegenpartei eines Rückversicherungsvertrags nicht mehr ihre Solvenzkapitalanforderung, jedoch weiterhin ihre Mindestkapitalanforderung erfüllt. Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen sollte es daher gestattet sein, für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten den risikomindernden Effekt der mit der einschlägigen Gegenpartei eingegangenen Rückversicherungsvereinbarungen partiell zu berücksichtigen. Erfüllt eine Gegenpartei eines Rückversicherungsvertrags ihre Mindestkapitalanforderung nicht mehr, so sollte das Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen etwaige risikomindernden Effekte der mit der einschlägigen Gegenpartei eingegangenen Rückversicherungsvereinbarungen nicht mehr berücksichtigen.
(35)
Jahresüberschaden-Rückversicherungsverträge sollten bei der Berechnung der Solvenzkapitalanforderung nach der Standardformel ähnlich behandelt werden wie Schadenexzedenten-Rückversicherungsverträge. Aus diesem Grund sollten Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen die Risikominderung durch Jahresüberschaden-Rückversicherungsverträge bei der Berechnung der Solvenzkapitalanforderung nach der Standardformel mit unternehmensspezifischen Parametern berücksichtigen können, indem eine standardisierte Methode zur Berechnung eines unternehmensspezifischen Parameters festgelegt wird, der den Standardparameter für die nichtproportionale Rückversicherung ersetzt.
(36)
Die Verlustausgleichsfähigkeit latenter Steuern wirkt sich signifikant auf die Solvabilität von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen aus. Das Verwaltungs-, Management- oder Aufsichtsorgan der Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen sollte daher eine Risikomanagementstrategie im Hinblick auf latente Steuern annehmen, die die Verlustausgleichsfähigkeit latenter Steuern berücksichtigt. Insbesondere sind in dieser Strategie die Zuständigkeiten für die Bewertung der zugrunde liegenden Annahmen festzulegen, die auf die Projektion der künftigen steuerpflichtigen Gewinne angewandt werden.
(37)
Die Berechnungen der Solvenzkapitalanforderung auf Einzel- und Gruppenbasis sollten kohärent sein. Wird der Look-Through-Ansatz auf Einzelbasis auf Organismen für gemeinsame Anlagen oder Anlagen in Fondsform, die mit den Unternehmen eines beteiligten Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens verbunden sind, angewandt, so sollte der Look-Through-Ansatz auch auf Gruppenbasis angewandt werden. Handelt es sich bei diesen Organismen für gemeinsame Anlagen oder Fonds um Tochterunternehmen von Versicherungs- oder Rückversicherungsgruppen, sollte die Berechnung der Solvenzkapitalanforderung unter der Annahme einer vollständigen Diversifizierung mit anderen konsolidierten Vermögenswerten und Verbindlichkeiten vorgenommen werden.
(38)
Die Berechnung der Kapitalanforderung für das Währungsrisiko für eine Gruppe sollte die spezifische wirtschaftliche Lage dieser Gruppe widerspiegeln, insbesondere in Fällen, in denen die Versicherungs- oder Rückversicherungstätigkeiten auf verschiedene Währungen lauten. Aus diesem Grund sollten beteiligte Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen, Versicherungsholdinggesellschaften oder gemischte Finanzholdinggesellschaften in der Lage sein, eine nicht bei der Erstellung des konsolidierten Abschlusses verwendete Währung als Referenzwährung auszuwählen, wenn das Währungsrisiko der konsolidierten Solvabilitätskapitalanforderung der Gruppe auf der Grundlage der Standardformel berechnet wird. Diese Auswahl sollte auf objektiven Kriterien basieren; so sollte etwa die Währung ausgewählt werden, auf die ein wesentlicher Betrag der versicherungstechnischen Rückstellungen oder Eigenmittel der Gruppe lautet.
(39)
Die Standardformel-Berechnung für die Untermodule für das Nichtlebensversicherungsprämien- und -rückstellungsrisiko, die Untermodule für das Prämien- und Rückstellungsrisiko der Krankenversicherung und die Untermodule für das Naturkatastrophenrisiko sollte dahin gehend geändert werden, dass sie den jüngsten empirischen Nachweisen zu Prämienrückstellungen und Schadenrückstellungen Rechnung trägt.
(40)
Die Berechnung der Kapitalanforderung für Massenunfallrisiko und Unfallkonzentrationsrisiko sollte so komplex sein, wie es der Art, dem Umfang und der Komplexität des Risikos von Unternehmen, die Krankenversicherungen anbieten, angemessen ist. Aus diesem Grund sollte die Ereigniskategorie, die sich auf eine zehnjährige Invalidität durch Unfall bezieht, von dieser Berechnung ausgenommen werden.
(41)
Die Delegierte Verordnung (EU) 2015/35 der Kommission(3) enthält eine Reihe typografischer Fehler, wie etwa falsche interne Verweise, die korrigiert werden sollten.
(42)
Um insbesondere für Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen, die nur in einem Geschäftsbereich tätig sind, Störungen auf dem Markt für Nichtlebens- und Krankenversicherungen zu vermeiden, sollte den Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen genügend Zeit eingeräumt werden, um sich auf die Änderungen bei der Berechnung des Prämien- und des Rückstellungsrisikos der Nichtlebens- und Krankenversicherungen vorzubereiten. Derartige Änderungen sollten folglich nicht vor dem 1. Januar 2020 Anwendung finden.
(43)
Die Delegierte Verordnung (EU) 2015/35 sollte daher entsprechend geändert werden —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 335 vom 17.12.2009, S. 1.

(2)

COM(2018) 439 final.

(3)

Delegierte Verordnung (EU) 2015/35 der Kommission vom 10. Oktober 2014 zur Ergänzung der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) (ABl. L 12 vom 17.1.2015, S. 1).

© Europäische Union 1998-2021

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