Artikel 6 VO (EU) 2020/1503

Individuelle Verwaltung des Kreditportfolios

(1) Wenn ein Schwarmfinanzierungsdienstleister eine individuelle Verwaltung des Kreditportfolios anbietet, umfasst das von einem Anleger erteilte Mandat, das die Parameter zur Erbringung der Dienstleistung festlegt, mindestens zwei der folgenden Kriterien, die im Fall jedes Kredits in dem Portfolio erfüllt sein müssen:

a)
Mindest- und Höchstzinssatz, der im Fall jedes Kredits, der für den Anleger vermittelt wird, zu zahlen ist;
b)
Mindest- und Höchstlaufzeit jedes Kredits, der für den Anleger vermittelt wird;
c)
Bandbreite und Verteilung jeglicher Risikokategorien, die für Kredite gelten, und
d)
falls eine angestrebte jährliche Rendite der Anlage angeboten wird, die Wahrscheinlichkeit, dass der Anleger die angestrebte Rendite mit den ausgewählten Krediten mit hinreichender Sicherheit erzielen kann.

(2) Damit ein Schwarmfinanzierungsdienstleister in der Lage ist, Absatz 1 nachzukommen, verfügt er über solide interne Abläufe und Methoden und verwendet geeignete Daten. Der Schwarmfinanzierungsdienstleister kann seine eigenen Daten oder von Dritten bezogene Daten nutzen.

Auf der Grundlage solider und klar definierter Kriterien und unter Berücksichtigung aller einschlägigen Faktoren, die sich ungünstig auf die Bedienung der Kredite auswirken können, beurteilt der Schwarmfinanzierungsdienstleister

a)
das Kreditrisiko der einzelnen, für das Portfolio des Anlegers ausgewählten Schwarmfinanzierungsprojekte;
b)
das Kreditrisiko auf Ebene des Portfolios des Anlegers und
c)
das Kreditrisiko der Projektträger, die für das Portfolio des Anlegers ausgewählt wurden, indem er überprüft, inwiefern die Aussicht besteht, dass die Projektträger ihren Verpflichtungen aus dem Kreditvertrag nachkommen.

Der Schwarmfinanzierungsdienstleister legt dem Anleger auch eine Beschreibung der für die Beurteilungen gemäß Unterabsatz 2 Buchstabe a, b und c verwendeten Methode vor.

(3) Wenn ein Schwarmfinanzierungsdienstleister eine individuelle Verwaltung des Kreditportfolios anbietet, hat er zu dem betreffenden Mandat und zu jedem Kredit in einem individuellen Portfolio Aufzeichnungen zu führen. Der Schwarmfinanzierungsdienstleister führt zu dem betreffenden Mandat und zu jedem Kredit nach seinem Fälligkeitstermin mindestens drei Jahre lang Aufzeichnungen auf einem dauerhaften Datenträger.

(4) Der Schwarmfinanzierungsdienstleister stellt auf elektronischem Wege regelmäßig und auf Anfrage des Anlegers zu jedem individuellen Portfolio mindestens die folgenden Informationen zur Verfügung:

a)
die Liste der individuellen Kredite, aus denen sich das Portfolio zusammensetzt;
b)
den gewichteten durchschnittlichen jährlichen Zinssatz für Kredite in einem Portfolio;
c)
die Verteilung von Krediten nach Risikokategorie in Prozent und in absoluten Zahlen;
d)
zu jedem Kredit eines Portfolios: wichtige Informationen, die mindestens einen Zinssatz oder andere Formen der Entschädigung des Anlegers, den Fälligkeitstermin, die Risikokategorie, den Tilgungsplan für die Rückzahlung der Kreditsumme und die Zahlung der Zinsen und Informationen zur Einhaltung des Ratenzahlungsplans durch den Projektträger umfassen;
e)
zu jedem Kredit eines Portfolios: Maßnahmen zur Risikobegrenzung, einschließlich der Sicherungsgeber oder Garantiegeber oder anderer Arten von Sicherheiten;
f)
jeglichen Zahlungsverzug des Projektträgers bei Kreditverträgen in den letzten fünf Jahren;
g)
jegliche Gebühren, die der Anleger, der Schwarmfinanzierungsdienstleister oder der Projektträger in Bezug auf den Kredit gezahlt hat;
h)
wenn der Schwarmfinanzierungsdienstleister eine Kreditbewertung vorgenommen hat:

i)
die letzte Bewertung;
ii)
das Datum dieser Bewertung;
iii)
die Gründe für die Durchführung der Kreditbewertung durch den Schwarmfinanzierungsdienstleister und
iv)
eine angemessene Beschreibung der wahrscheinlichen tatsächlichen Rendite unter Berücksichtigung von Kontogebühren und Ausfallquoten.

(5) Wenn ein Schwarmfinanzierungsdienstleister für seine Tätigkeit in Verbindung mit der individuellen Verwaltung des Kreditportfolios einen Notfallfonds eingerichtet hat und diesen betreibt, stellt er den Anlegern die folgenden Informationen zur Verfügung:

a)
eine Risikowarnung folgenden Inhalts: „Der von uns angebotene Notfallfonds begründet keinen Zahlungsanspruch; selbst wenn Sie einen Verlust erleiden, erhalten Sie möglicherweise keine Auszahlung. Die Höhe des möglicherweise ausgezahlten Betrags sowie die Entscheidung, keine Zahlung zu leisten, liegt im alleinigen Ermessen des Betreibers des Notfallfonds. Aus diesem Grund sollten sich Anleger bei der Überlegung, ob und in welcher Höhe angelegt werden soll, nicht auf etwaige Auszahlungen aus dem Notfallfonds verlassen.” ;
b)
eine Beschreibung der Notfallfondspolitik, einschließlich

i)
der Offenlegung der Quelle der in den Fonds eingezahlten Mittel;
ii)
einer Erläuterung der Verwaltung des Fonds;
iii)
der Offenlegung der Eigentümer der Mittel;
iv)
der Aspekte, die der Betreiber des Notfallfonds berücksichtigt, wenn er entscheidet, ob und wie er seinen Ermessensspielraum in Bezug auf Auszahlungen aus dem Fonds nutzen will, einschließlich:

ob die Mittel im Fonds für eine Auszahlung ausreichen und

dass die Entscheidung, keine Zahlung zu leisten, oder die Entscheidung über die Höhe des möglicherweise ausgezahlten Betrags im alleinigen Ermessen des Betreibers des Notfallfonds liegt;

v)
einer Erläuterung des Entscheidungswegs bezüglich der Frage, ob eine ermessensabhängige Auszahlung aus dem Fonds erfolgen soll, und
vi)
einer Beschreibung, wie mit den in den Fonds eingezahlten Mitteln bei Insolvenz des Betreibers des Notfallfonds umzugehen ist.

(6) Ein Schwarmfinanzierungsdienstleister, der einen Notfallfonds gemäß Absatz 5 eingerichtet hat und diesen betreibt, stellt der Öffentlichkeit vierteljährlich die folgenden Informationen zur Leistung des Fonds zur Verfügung:

a)
Ausstattung des Notfallfonds im Vergleich zu den Gesamtaußenständen von für den Notfallfonds relevanten Krediten und
b)
Verhältnis zwischen den aus dem Notfallfonds gemachten Zahlungen und den Gesamtaußenständen von für den Notfallfonds relevanten Krediten.

(7) Die EBA arbeitet in enger Zusammenarbeit mit der ESMA Entwürfe technischer Regulierungsstandards aus, in denen Folgendes festgelegt wird:

a)
die Elemente, einschließlich des Formats, die in die Beschreibung der Methode gemäß Absatz 2 Unterabsatz 3 aufgenommen werden;
b)
die Informationen nach Absatz 4 und
c)
die Regelungen, Verfahren und organisatorischen Vorkehrungen, über die Schwarmfinanzierungsdienstleister bezüglich der Notfallfonds, die sie möglicherweise gemäß den Absätzen 5 und 6 anbieten, verfügen müssen.

Die EBA übermittelt der Kommission diese Entwürfe technischer Regulierungsstandards spätestens am 10. November 2021.

Der Kommission wird die Befugnis übertragen, diese Verordnung durch die Annahme der in Unterabsatz 1 dieses Absatzes genannten technischen Regulierungsstandards gemäß den Artikeln 10 bis 14 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 zu ergänzen.

© Europäische Union 1998-2021

Tipp: Verwenden Sie die Pfeiltasten der Tastatur zur Navigation zwischen Normen.