Präambel VO (EU) 2020/502

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 654/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über die Ausübung der Rechte der Union in Bezug auf die Anwendung und die Durchsetzung internationaler Handelsregeln(1), insbesondere auf Artikel 4 Absatz 1,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Am 24. Januar 2020 haben die Vereinigten Staaten von Amerika (im Folgenden „Vereinigte Staaten” ) unbefristete Schutzmaßnahmen in Form der Erhöhung von Zöllen auf die Einfuhr bestimmter derivativer Aluminiumerzeugnisse und bestimmter derivativer Stahlerzeugnisse mit Wirkung vom 8. Februar 2020 eingeführt.
(2)
Wenngleich die Vereinigten Staaten diese Maßnahmen als Sicherheitsmaßnahmen einstufen, stellen sie ihrem Wesen nach Schutzmaßnahmen dar. Es handelt sich um Abhilfemaßnahmen, die das Gleichgewicht der Zugeständnisse und Verpflichtungen im Rahmen des Abkommens zur Errichtung der Welthandelsorganisation (World Trade Organisation — im Folgenden „WTO” ) stören und die Einfuhren einschränken, um den heimischen Wirtschaftszweig vor ausländischer Konkurrenz zu schützen und so seine wirtschaftliche Prosperität zu sichern. Die im Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen 1994 (General Agreement on Tariffs and Trade 1994 — im Folgenden „GATT 1994” ) vorgesehenen Ausnahmen zur Wahrung der Sicherheit gelten nicht für solche Schutzmaßnahmen, rechtfertigen diese nicht und wirken sich nicht auf das Recht zur Wiederherstellung des Gleichgewichts nach den einschlägigen Bestimmungen des WTO-Übereinkommens aus.
(3)
Im WTO-Übereinkommen über Schutzmaßnahmen ist für jedes ausführende Mitglied, das von einer Schutzmaßnahme betroffen ist, das Recht verankert, die Anwendung im Wesentlichen gleichwertiger Verpflichtungen im Rahmen des GATT 1994 auf den Handel des die Schutzmaßnahme anwendenden WTO-Mitglieds auszusetzen, sofern im Rahmen von Konsultationen zwischen diesen Mitgliedern keine zufriedenstellende Einigung zustande kommt und sofern der WTO-Rat für Warenverkehr dagegen keine Einwände hat.
(4)
Bei den in Artikel 8 und Artikel 12 Absatz 3 des WTO-Übereinkommens über Schutzmaßnahmen vorgesehenen Konsultationen, die zwischen den Vereinigten Staaten und der Union geführt wurden, wurde keine zufriedenstellende Einigung erzielt(2).
(5)
Die Aussetzung der Anwendung im Wesentlichen gleichwertiger Zugeständnisse oder sonstiger Verpflichtungen durch die Union sollte nach Ablauf von 30 Tagen nach Eingang einer entsprechenden schriftlichen Mitteilung beim Rat für Warenverkehr wirksam werden, es sei denn, der Rat für Warenverkehr hat Einwände dagegen.
(6)
Nach dem WTO-Übereinkommen kann das Recht auf Aussetzung entweder a) sofort in Anspruch genommen werden, vorausgesetzt, die Schutzmaßnahme wurde nicht wegen eines Anstiegs der Einfuhren in absoluten Zahlen getroffen oder sie steht nicht mit den einschlägigen Bestimmungen des WTO-Übereinkommens in Einklang, oder b) nach Ablauf von drei Jahren ab Anwendung der Schutzmaßnahme ausgeübt werden.
(7)
Die Schutzmaßnahmen der Vereinigten Staaten können beträchtliche negative wirtschaftliche Auswirkungen auf die betroffenen Wirtschaftszweige der Union haben. Sie würden die Ausfuhren der einschlägigen derivativen Aluminiumerzeugnisse und der einschlägigen derivativen Stahlerzeugnisse aus der Union in die Vereinigten Staaten erheblich einschränken. Die betroffenen Unionseinfuhren der einschlägigen derivativen Aluminium- und Stahlerzeugnisse in die Vereinigten Staaten beliefen sich 2019 auf fast 40 Mio. EUR.
(8)
Daher stellt eine Aussetzung von Handelszugeständnissen in Form einer Erhöhung der Zollabgaben bei ausgewählten Waren mit Ursprung in den Vereinigten Staaten, die in die Union eingeführt werden, welche dem Betrag entspricht, der sich aus der Anwendung der Zölle der Vereinigten Staaten auf die Einfuhren der einschlägigen derivativen Aluminiumerzeugnisse und der einschlägigen derivativen Stahlerzeugnisse aus der Union in die Vereinigten Staaten ergäbe, diesen aber nicht übersteigt, eine geeignete Aussetzung der Anwendung im Wesentlichen gleichwertiger Handelszugeständnisse nach dem WTO-Übereinkommen über Schutzmaßnahmen dar.
(9)
Die Kommission übt auf der Grundlage von Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 654/2014 das Recht aus, die Zugeständnisse in den Handelsbeziehungen zu Drittländern wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Bei den geeigneten Maßnahmen handelt es sich um handelspolitische Maßnahmen, die in der Aussetzung von Zollzugeständnissen und der Einführung neuer oder höherer Zölle bestehen sollten.
(10)
Bei der Konzeption und Auswahl dieser Maßnahmen hat die Kommission objektive Kriterien nach Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe c und Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 654/2014 angewandt; diese umfassen gegebenenfalls die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen, ihr Potenzial zur Schaffung von Abhilfe für die von den Schutzmaßnahmen betroffenen Wirtschaftszweige der Union und das Ziel, negative wirtschaftliche Auswirkungen auf die Union möglichst gering zu halten. Nach Artikel 9 der Verordnung (EU) Nr. 654/2014 gab die Kommission Interessenträgern die Möglichkeit, eine Stellungnahme abzugeben und Informationen über die einschlägigen wirtschaftlichen Interessen der Union vorzulegen(3).
(11)
Dementsprechend hat die Kommission sichergestellt, dass die zusätzlichen Zölle in einem angemessenen Verhältnis zu den Auswirkungen der Schutzmaßnahmen der Vereinigten Staaten stehen und diese nicht übersteigen, wie in den Erwägungsgründen (8), (16) und (18) ausgeführt wird.
(12)
Zudem bergen die gewählten Maßnahmen das Potenzial, bei der Stahl- und der Aluminiumbranche der Union, die von den Schutzmaßnahmen der Vereinigten Staaten betroffen sind, für eine gewisse Abhilfe sorgen.
(13)
Ferner betreffen diese Maßnahmen Einfuhren von Waren mit Ursprung in den Vereinigten Staaten, bei denen keine wesentliche Lieferabhängigkeit der Union gegeben ist. Durch diesen Ansatz werden negative Auswirkungen auf die verschiedenen Akteure auf dem Markt der Union, einschließlich der Verbraucher, so weit wie möglich vermieden.
(14)
Angesichts der in Erwägungsgrund (6) beschriebenen zeitlichen Vorgaben sollten, da keine Einwände seitens des Rats für Warenverkehr vorliegen (siehe Erwägungsgrund (5)), die zusätzlichen Zölle in zwei Stufen gelten.
(15)
In der ersten Stufe sollten ab dem 8. Mai 2020 Wertzölle in Höhe von bis 20 % beziehungsweise 7 % auf Einfuhren der in Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe a aufgeführten Waren angewandt werden, und zwar so lange, bis die Vereinigten Staaten die Anwendung ihrer Schutzmaßnahmen gegenüber Waren aus der Union einstellen.
(16)
Der Gesamtbetrag der Wertzölle in der ersten Stufe entspricht der von den Vereinigten Staaten vorgenommenen Erhöhung der Zölle um 10 % beziehungsweise 25 % für Einfuhren von Stoßfängerpressteilen aus Aluminium, die Teile und Zubehör der Kraftfahrzeuge der Positionen 8701 bis 8705 sind, und von Stoßfängerpressteilen aus Stahl, die Teile und Zubehör der Kraftfahrzeuge der Positionen 8701 bis 8705 sind (siehe jeweils HTS(4)-Code 87081030), sowie von Karosseriepressteilen aus Aluminium für Zugmaschinen, die für die landwirtschaftliche Nutzung geeignet sind, und Karosseriepressteilen aus Stahl für Zugmaschinen, die für die landwirtschaftliche Nutzung geeignet sind (siehe jeweils HTS-Code 87082921)(5), aus der Union in die Vereinigten Staaten (der Gesamtwert dieser Unionsausfuhren in die Vereinigten Staaten lag 2019 bei 19 Mio. EUR). Dabei handelt es sich um die Waren, für die die Schutzmaßnahmen der Vereinigten Staaten nicht aufgrund eines absoluten Anstiegs der Einfuhren getroffen wurden.
(17)
In der zweiten Stufe sollte ein weiterer zusätzlicher Wertzoll in Höhe von 4,4 % auf die Einfuhren der in Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe b genannten Ware angewandt werden, und zwar ab dem 8. Februar 2023 oder — sofern ein solcher Fall früher eintritt — ab dem Zeitpunkt, an dem das WTO-Streitbeilegungsgremium eine Entscheidung erlässt oder ihm eine Entscheidung notifiziert wird, in der festgestellt wird, dass die Schutzmaßnahmen der Vereinigten Staaten nicht mit den einschlägigen Bestimmungen des WTO-Übereinkommens vereinbar sind, und bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Schutzmaßnahmen der Vereinigten Staaten nicht mehr angewendet werden.
(18)
Der Gesamtbetrag der Wertzölle der zweiten Stufe entspricht der Erhöhung der Zölle der Vereinigten Staaten um 10 % beziehungsweise 25 % für Einfuhren der übrigen betroffenen Waren aus der Union in die Vereinigten Staaten(6) (der Gesamtwert der Unionseinfuhren in die Vereinigten Staaten lag 2019 bei 21 Mio. EUR). Dabei handelt es sich um die Waren, für die die Schutzmaßnahmen der Vereinigten Staaten möglicherweise aufgrund eines absoluten Anstiegs der Einfuhren getroffen wurden.
(19)
Die Kommission kann die vorliegende Verordnung ändern, um etwaigen Änderungen der Schutzmaßnahmen der Vereinigten Staaten wie etwa dem Ausschluss bestimmter Waren oder Unternehmen Rechnung zu tragen.
(20)
Diese Verordnung berührt nicht die Frage der Vereinbarkeit der Schutzmaßnahmen der Vereinigten Staaten mit den einschlägigen Bestimmungen des WTO-Übereinkommens.
(21)
Angesichts der geltenden WTO-Fristen sollte dieser Rechtsakt am Tag seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft treten.
(22)
Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen stehen im Einklang mit der Stellungnahme des mit der Verordnung (EU) 2015/1843 des Europäischen Parlaments und des Rates(7) eingesetzten Ausschusses „Handelshemmnisse” —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

Verordnung (EU) Nr. 654/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über die Ausübung der Rechte der Union in Bezug auf die Anwendung und die Durchsetzung internationaler Handelsregeln und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 3286/94 des Rates zur Festlegung der Verfahren der Gemeinschaft im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik zur Ausübung der Rechte der Gemeinschaft nach internationalen Handelsregeln, insbesondere den im Rahmen der Welthandelsorganisation vereinbarten Regeln (ABl. L 189 vom 27.6.2014, S. 50).

(2)

Die Union hat am 6. März 2020 um Konsultationen ersucht. Es kam keine Einigung zustande und die in Artikel 8 des WTO-Übereinkommens über Schutzmaßnahmen genannte, für Konsultationen vorgesehene Frist von 30 Tagen ist abgelaufen.

(3)

https://trade.ec.europa.eu/consultations/index.cfm?consul_id=264

(4)

Codes des „Harmonised Tariff Schedule of the United States” gemäß der Proklamation 9980 vom 24. Januar 2020 „Adjusting Imports of Derivative Aluminum Articles and Derivative Steel Articles Into the United States” , Federal Register Band 85, Nr. 19 vom 29. Januar 2020 und den zugehörigen Anhängen (https://www.whitehouse.gov/presidential-actions/proclamation-adjusting-imports-derivative-aluminum-articles-derivative-steel-articles-united-states/).

(5)

Waren gemäß der Proklamation 9980 vom 24. Januar 2020 „Adjusting Imports of Derivative Aluminum Articles and Derivative Steel Articles Into the United States” , Federal Register Band 85, Nr. 19 vom 29. Januar 2020 und den zugehörigen Anhängen (https://www.whitehouse.gov/presidential-actions/proclamation-adjusting-imports-derivative-aluminum-articles-derivative-steel-articles-united-states/).

(6)

Waren gemäß der Proklamation 9980 vom 24. Januar 2020 „Adjusting Imports of Derivative Aluminum Articles and Derivative Steel Articles Into the United States” , Federal Register Band 85, Nr. 19 vom 29. Januar 2020 (https://www.whitehouse.gov/presidential-actions/proclamation-adjusting-imports-derivative-aluminum-articles-derivative-steel-articles-united-states/).

(7)

Verordnung (EU) 2015/1843 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Oktober 2015 zur Festlegung der Verfahren der Union im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik zur Ausübung der Rechte der Union nach internationalen Handelsregeln, insbesondere den im Rahmen der Welthandelsorganisation vereinbarten Regeln (Kodifizierter Text) (ABl. L 272 vom 16.10.2015, S. 1).

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