Präambel VO (EU) 2020/560

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 43 Absatz 2 und Artikel 175,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Anhörung des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses,

nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren(1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Der Fischerei- und Aquakultursektor wurde von den Marktstörungen, die durch einen erheblichen Nachfragerückgang infolge des COVID‐19‐Ausbruchs verursacht wurden, besonders hart getroffen. Die Schließung von Verkaufsplätzen, Märkten, Verkaufsstellen und Vertriebskanälen hat zu einem erheblichen Rückgang der Preise und Mengen geführt. Der Rückgang der Nachfrage und der Preise in Verbindung mit der Anfälligkeit und Komplexität der Lieferkette hat zu Verlusten bei den Tätigkeiten der Fischereiflotten und der Produktion von Fisch und Meeresfrüchten geführt. Folglich sind die Fischer gezwungen worden, im Hafen zu bleiben, und die Fischzüchter werden Erzeugnisse innerhalb von Wochen zurückwerfen oder vernichten müssen.
(2)
Es sollte möglich sein, aus dem mit der Verordnung (EU) Nr. 508/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates(2) eingerichteten Europäischen Meeres- und Fischereifonds (EMFF) bis zum 31. Dezember 2020 spezifische Maßnahmen zur Milderung der Auswirkungen des COVID‐19‐Ausbruchs im Fischerei- und Aquakultursektor zu unterstützen. Diese Maßnahmen sollten Unterstützung für die vorübergehende Einstellung der Fangtätigkeit, einschließlich der Binnenfischerei und ohne Boot tätiger Fischer, und für bestimmte wirtschaftliche Verluste für Aquakulturerzeuger und Verarbeitungsbetriebe sowie in den Gebieten in äußerster Randlage umfassen, sofern sie aus dem COVID‐19‐Ausbruch resultieren. Diese Maßnahmen sollten auch die Bereitstellung von Betriebskapital für Aquakulturerzeuger und Verarbeitungsbetriebe und Unterstützung an Erzeugerorganisationen und Vereinigungen von Erzeugerorganisationen für die Lagerung von Erzeugnissen der Fischerei und der Aquakultur gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1379/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates(3) umfassen. Ausgaben für Vorhaben, die im Rahmen dieser Maßnahmen unterstützt werden, sollten ab dem 1. Februar 2020 förderfähig sein.
(3)
Die für Verpflichtungen aus dem EMFF im Rahmen der geteilten Mittelverwaltung verfügbaren Mittel sollten so aufgeteilt werden, dass Pauschalbeträge für die Fischereiaufsicht und für die Erhebung wissenschaftlicher Daten — wobei 10 % dieser Beträge für Maßnahmen im Zusammenhang mit der Eindämmung des COVID‐19‐Ausbruchs verwendet werden können — und für den Ausgleich von Mehrkosten in den Gebieten in äußerster Randlage festgelegt werden. Die anderen Mittel im Rahmen der geteilten Mittelverwaltung sollten von den Mitgliedstaaten auf der Grundlage ihres Bedarfs zugewiesen werden.
(4)
Angesichts der erheblichen sozioökonomischen Folgen des COVID‐19‐Ausbruchs und des Liquiditätsbedarfs in der Wirtschaft sollte es möglich sein, die vorübergehende Einstellung der Fangtätigkeit infolge der durch den COVID‐19‐Ausbruch verursachten Krise mit einem Kofinanzierungssatz von höchstens 75 % der förderfähigen öffentlichen Ausgaben zu unterstützen.
(5)
Angesichts der notwendigen Flexibilität bei der Neuzuweisung von Finanzmitteln zur Bewältigung der Folgen des COVID‐19‐Ausbruchs sollte die Bereitstellung von Unterstützung für die durch diesen Ausbruch verursachte vorübergehende Einstellung der Fangtätigkeit keiner finanziellen Obergrenze unterliegen. Dies sollte unbeschadet der bestehenden finanziellen Obergrenze für die anderen Fälle der vorübergehenden Einstellung der Fangtätigkeit gelten. Die Verpflichtung, die Unterstützung für die vorübergehende Einstellung der Fangtätigkeit von der Unterstützung abzuziehen, die demselben Schiff für die endgültige Einstellung der Fangtätigkeit gewährt wird, sollte weiterhin gelten. Für Maßnahmen im Zusammenhang mit der Eindämmung des COVID‐19‐Ausbruchs sollte die Anforderung, dass eine Tätigkeit von 120 Tagen vorliegt, für Schiffseigner, die seit weniger als zwei Jahren eingetragen sind oder für Fischer, die ihre Tätigkeit vor weniger als zwei Jahren aufgenommen haben, jeweils gerechnet vom Zeitpunkt der Einreichung des Unterstützungsantrags, anteilsmäßig reduziert werden.
(6)
Angesichts der Dringlichkeit der Bereitstellung der erforderlichen Unterstützung sollte es möglich sein, den Anwendungsbereich des vereinfachten Verfahrens auf Änderungen der operationellen Programme im Zusammenhang mit den spezifischen Maßnahmen und die Neuzuweisung von Finanzmitteln an diese Programme zur Bewältigung der Folgen des COVID‐19‐Ausbruchs auszuweiten. Dieses vereinfachte Verfahren sollte Änderungen umfassen, die für die vollständige Durchführung der betreffenden Maßnahmen erforderlich sind, einschließlich ihrer Einführung und der Beschreibung der Methoden für die Berechnung der Beihilfen.
(7)
Angesichts der Schlüsselrolle der Erzeugerorganisationen bei der Bewältigung der Krise sollte die Obergrenze für die Unterstützung der Produktions- und Vermarktungspläne auf 12 % des jährlichen Durchschnittswerts der vermarkteten Erzeugung angehoben werden. Die Mitgliedstaaten sollten auch die Möglichkeit haben, Erzeugerorganisationen für diese Unterstützung Vorschüsse in Höhe von bis zu 100 % der finanziellen Unterstützung zu gewähren.
(8)
Aufgrund der plötzlichen Unterbrechungen der Fischerei- und Aquakulturtätigkeiten infolge des COVID‐19‐Ausbruchs und der daraus resultierenden Gefährdung der Märkte für Fischerei- und Aquakulturerzeugnisse ist es angezeigt, einen Mechanismus für die Lagerhaltung von Fischerei- und Aquakulturerzeugnissen zum menschlichen Verzehr einzurichten. Dadurch soll eine größere Marktstabilität gefördert, das Risiko der Verschwendung oder Umverteilung solcher Produkte auf die Erzeugung von Lebensmitteln für andere Zwecke als den menschlichen Verzehr gemindert und ein Beitrag zur Milderung der Auswirkungen der Krise auf die Rentabilität der Erzeugnisse geleistet werden. Dieser Mechanismus sollte es Fischerei- und Aquakulturerzeugern ermöglichen, dieselben Schutz- oder Erhaltungstechniken für ähnliche Arten anzuwenden, um einen fairen Wettbewerb zwischen den Erzeugern zu gewährleisten.
(9)
Angesichts dessen, wie plötzlich und stark die Nachfrage nach Fischerei- und Aquakulturerzeugnissen infolge des COVID‐19‐Ausbruchs zurückging, sollte es möglich sein, die für eine Lagerhaltungsbeihilfe in Betracht kommenden Mengen auf 25 % der jährlichen Mengen der betreffenden Erzeugnisse zu erhöhen, die von der betroffenen Erzeugerorganisation zum Verkauf angeboten werden.
(10)
Damit die Mitgliedstaaten rasch auf das unerwartete Auftreten und die Unvorhersehbarkeit des COVID‐19‐Ausbruchs reagieren können, sollten sie berechtigt sein, Auslösepreise für ihre Erzeugerorganisationen festzusetzen, um den Lagerhaltungsmechanismus auszulösen. Diese Auslösepreise sollten so festgesetzt werden, dass ein fairer Wettbewerb zwischen den Marktteilnehmern aufrechterhalten wird.
(11)
Unterstützung aus dem EMFF sollte außerdem für Maßnahmen zum Ausgleich wirtschaftlicher Verluste zur Verfügung stehen, die Unternehmern im Fischfang, in der Fischzucht, in der Verarbeitung und Vermarktung von bestimmten Fischerei- und Aquakulturerzeugnissen aus den Gebieten in äußerster Randlage aufgrund des COVID‐19‐Ausbruchs entstehen, insbesondere Verluste aufgrund der Verschlechterung des Fischpreises oder gestiegener Lagerkosten. Die Kommission sollte solche Maßnahmen unverzüglich genehmigen.
(12)
Da das Ziel dieser Verordnung, nämlich die Milderung der sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen des COVID‐19‐Ausbruchs im Fischerei- und Aquakultursektor, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann, sondern vielmehr wegen des Umfangs und der Wirkungen der vorgeschlagenen Maßnahme auf Unionsebene besser zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Verwirklichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.
(13)
Angesichts der Dringlichkeit der Bereitstellung der erforderlichen Unterstützung sollte diese Verordnung am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft treten.
(14)
Wegen des COVID‐19‐Ausbruchs und der Dringlichkeit, seinen sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen auf den Fischerei- und Aquakultursektor zu begegnen, wurde es als angemessen angesehen, eine Ausnahme von der Achtwochenfrist nach Artikel 4 des dem EUV, dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft beigefügten Protokolls Nr. 1 über die Rolle der nationalen Parlamente in der Europäischen Union vorzusehen.
(15)
Die Verordnungen (EU) Nr. 508/2014 und (EU) Nr. 1379/2013 sollten daher entsprechend geändert werden —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 17. April 2020 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 22. April 2020.

(2)

Verordnung (EU) Nr. 508/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 2328/2003, (EG) Nr. 861/2006, (EG) Nr. 1198/2006 und (EG) Nr. 791/2007 des Rates und der Verordnung (EU) Nr. 1255/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 149 vom 20.5.2014, S. 1).

(3)

Verordnung (EU) Nr. 1379/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über die gemeinsame Marktorganisation für Erzeugnisse der Fischerei und der Aquakultur und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1184/2006 und (EG) Nr. 1224/2009 des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 104/2000 des Rates (ABl. L 354 vom 28.12.2013, S. 1).

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