Präambel VO (EU) 2021/111

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) 2015/479 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2015 über eine gemeinsame Ausfuhrregelung(1), insbesondere auf Artikel 5,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Das COVID-19-Virus breitet sich innerhalb der Union weiterhin rasch aus, was mit schwerwiegenden Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit – insbesondere einem dramatischen Anstieg der Todesfälle – sowie wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Störungen verbunden ist. Eine dauerhafte Lösung zur Bewältigung dieser Krise hängt von der Bereitstellung eines wirksamen und sicheren Impfstoffs gegen das Virus ab.
(2)
Die Kommission hat im Rahmen ihrer Impfstoffstrategie die Herstellung einer ausreichenden Menge von Impfstoffen in der Union finanziert und gesichert und im Namen der Mitgliedstaaten der Union Vereinbarungen mit einzelnen Impfstoffherstellern getroffen, um allen Mitgliedstaaten und ihrer Bevölkerung einen raschen Zugang zu erschwinglichen COVID-19-Impfstoffen zu gewährleisten; zugleich ist sie bei den weltweiten Solidaritätsbemühungen führend vorangegangen. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass diese Lieferungen auch tatsächlich von den Herstellern geliefert werden, da Impfstoffe in der Union nur in einer begrenzten Anzahl von Mitgliedstaaten hergestellt werden.
(3)
Obwohl finanzielle Unterstützung zur Steigerung der Produktion gewährt wurde, haben einige Impfstoffhersteller bereits angekündigt, dass sie nicht in der Lage sein werden, die von ihnen zugesagten Impfstoffmengen für die Union zu liefern, was möglicherweise gegen ihre vertraglichen Verpflichtungen verstößt. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass in der Union hergestellte Impfstoffe aus der Union, insbesondere in nicht besonders hilfsbedürftige Länder, ausgeführt werden. Eine solche potenzielle Verletzung vertraglicher Verpflichtungen durch die Pharmaindustrie birgt die Gefahr von Engpässen und somit von Verzögerungen in der Union. Diese Verzögerungen gefährden erheblich das Ziel der Union, die Bevölkerung zu impfen.
(4)
Angesichts der derzeitigen Lage, die dadurch gekennzeichnet ist, dass sich die Herstellung und Lieferung von Impfstoffen noch in der Aufbauphase befindet und sich daraus ein vorübergehender globaler Mangel ergibt, ist es wichtig, das erforderliche Maß an Transparenz in Bezug auf die unter diese Verordnung fallenden Impfstoffmengen und die gelieferten Mengen sicherzustellen, um die ordnungsgemäße Durchführung der Impfkampagnen in den Mitgliedstaaten, aber auch in anderen Ländern, die von den in der Union hergestellten COVID-19-Impfstoffen abhängen, weiter zu unterstützen.
(5)
Um in einer kritischen Lage Abhilfe zu schaffen und Transparenz zu gewährleisten, liegt es im Interesse der Union, Sofortmaßnahmen für einen begrenzten Zeitraum zu ergreifen, um sicherzustellen, dass Ausfuhren von COVID-19-Impfstoffen, die unter die Vereinbarungen mit der Union über Abnahmegarantien fallen, einer vorherigen Genehmigung unterliegen, damit in der Union eine angemessene Versorgung zur Deckung der lebenswichtigen Nachfrage gewährleistet ist, ohne dass dies jedoch Auswirkungen auf die diesbezüglichen internationalen Verpflichtungen der Union hat. Die Kommission ist sich auch der von Drittländern geschlossenen Vereinbarungen über Abnahmegarantien bewusst und wird sich dafür einsetzen, dass die Erwartungen dieser Länder in Bezug auf ihre Lieferungen so weit wie möglich erfüllt werden.
(6)
Um zu vermeiden, dass Maßnahmen umgangen werden, sollten Impfstoffe unabhängig von ihrer Verpackung und ihren Wirkstoffen unter diese Verordnung fallen, einschließlich Master- und Arbeitszellbanken, die für die Herstellung solcher Impfstoffe verwendet werden.
(7)
Die Mitgliedstaaten, in denen die unter diese Verordnung fallenden Erzeugnisse hergestellt werden, sollten Ausfuhrgenehmigungen erteilen, sofern das Ausfuhrvolumen nicht so groß ist, dass die kontinuierliche Versorgung mit Impfstoffen zur Erfüllung der Vereinbarungen über Abnahmegarantien zwischen der Union und den Impfstoffherstellern gefährdet ist. Um eine angemessene koordinierte Entscheidung auf Unionsebene zu gewährleisten, sollten die Mitgliedstaaten vorab die Stellungnahme der Kommission einholen und im Einklang mit dieser Stellungnahme entscheiden.
(8)
Die Verwaltungsmodalitäten für diese Genehmigungen sollten während des Bestehens dieses befristet geltenden Systems im Ermessen der Mitgliedstaaten liegen.
(9)
Die Union beabsichtigt nicht, die Ausfuhren stärker als unbedingt notwendig zu beschränken, und sie bekennt sich weiterhin uneingeschränkt zur internationalen Solidarität und unterstützt nachdrücklich den Grundsatz, dass alle Maßnahmen, die für notwendig erachtet werden, um kritische Engpässe zu verhindern oder zu beseitigen, zielgerichtet, transparent, angemessen und befristet sind und im Einklang mit den WTO-Verpflichtungen stehen.
(10)
Entsprechend dem Grundsatz der internationalen Solidarität sollten Ausfuhren im Zusammenhang mit Lieferungen der humanitären Soforthilfe, Ausfuhren an die COVAX-Fazilität, insbesondere in Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen, die besonders hilfsbedürftig sind und nur begrenzten Zugang zu Impfstoffen haben, Ausfuhren von COVID-19-Impfstoffen, die über COVAX, UNICEF und PAHO gekauft und/oder in ein anderes an COVAX teilnehmendes Land geliefert werden, sowie Ausfuhren von COVID-Impfstoffen, die von Mitgliedstaaten im Rahmen der Abnahmegarantien der Union gekauft und an ein Drittland gespendet oder weiterverkauft werden, von der Erfordernis einer Ausfuhrgenehmigung ausgenommen werden.
(11)
Der Markt für Arzneimittel ist über die Grenzen der Union hinaus stark integriert, ebenso wie seine Produktionswertschöpfungsketten und Vertriebsnetze. Dies gilt insbesondere für die Nachbarländer und die benachbarten Wirtschaftsräume, die Mitgliedstaaten der Europäischen Freihandelszone und den westlichen Balkan, die einen Prozess der tief greifenden Integration mit der Union durchlaufen. Wenn die Ausfuhr von COVID-19-Impfstoffen in diese Länder einer Ausfuhrgenehmigungspflicht unterworfen würde, wäre dies kontraproduktiv wegen ihrer Nähe und wegen ihrer Abhängigkeit von der Versorgung durch die Union mit Impfstoffen (die meisten von ihnen verfügen über keine eigene Produktionskapazität für die betreffenden Impfstoffe in ausreichender Menge) und da Impfstoffe unerlässlich sind, um eine weitere Ausbreitung der Pandemie zu verhindern. Solche Länder sollten daher vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgenommen werden.
(12)
Ebenso sollten die in Anhang II des Vertrags aufgeführten überseeischen Länder und Hoheitsgebiete sowie die Färöer, Andorra, San Marino und die Vatikanstadt von der Genehmigungspflicht für Ausfuhren ausgenommen werden, da sie in besonderem Maße von den Lieferketten der Mitgliedstaaten, die ihre Mutterländer sind, bzw. von den Lieferketten benachbarter Mitgliedstaaten abhängig sind.
(13)
Diese Verordnung sollte für Ausfuhren von Unionswaren aus dem Zollgebiet der Union gelten. Daher müssen Länder, die Teil dieses Zollgebiets sind, nicht befreit werden, um uneingeschränkte Lieferungen aus dem Gebiet der Union zu erhalten. Dies gilt insbesondere für das Fürstentum Monaco(2). Umgekehrt sollten Gebiete von Mitgliedstaaten, die ausdrücklich aus dem Zollgebiet der Union ausgeschlossen sind, nicht unter das Erfordernis einer Ausfuhrgenehmigung fallen und daher ebenfalls befreit werden. Dies betrifft die Gebiete Büsingen, Helgoland, Livigno, Ceuta und Melilla. Ebenso sollten Ausfuhren zu Orten auf dem Festlandsockel eines Mitgliedstaats oder in die ausschließliche Wirtschaftszone, die von einem Mitgliedstaat gemäß dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (SRÜ) ausgewiesen wurde, von der Anwendung dieser Verordnung ausgenommen werden. All diese Gebiete sind gleichermaßen in besonderem Maße von den Lieferketten der Mitgliedstaaten, zu denen sie gehören, bzw. von den Lieferketten benachbarter Mitgliedstaaten abhängig.
(14)
Um die Lage in regelmäßigen Abständen zu bewerten und um Transparenz und Kohärenz zu gewährleisten, sollten die Mitgliedstaaten der Kommission ihre Entscheidungen über die Erteilung oder Versagung von Ausfuhrgenehmigungen mitteilen. Die Kommission sollte diese Informationen unter gebührender Berücksichtigung ihres vertraulichen Charakters regelmäßig öffentlich zugänglich machen.
(15)
Um eine wirksame Überwachung der Lage zu gewährleisten und zu bewerten, ob die Ziele dieser Verordnung zum Zeitpunkt der Beantragung der Ausfuhrgenehmigungen erfüllt sind, sollten die Hersteller, die mit der Union Vereinbarungen über Abnahmegarantien geschlossen haben, den Mitgliedstaaten und der Kommission einschlägige Daten über ihre Ausfuhren in den letzten drei Monaten übermitteln. Diese Angaben sollten das Volumen der Ausfuhren von COVID-19-Impfstoffen, den endgültigen Bestimmungsort und die Endempfänger sowie eine genaue Beschreibung der Waren umfassen. Ohne diese Angaben kann die Ausfuhrgenehmigung verweigert werden.
(16)
Aufgrund der Dringlichkeit der Lage infolge der raschen Ausbreitung der COVID-19-Pandemie sollten gemäß Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2015/479 die in der vorliegenden Verordnung vorgesehenen Maßnahmen ergriffen werden.
(17)
Die Maßnahmen sollten bis zum 31. März 2021 in Kraft bleiben, d. h. bis die volle Produktionskapazität für COVID-19-Impfstoffe in der EU erreicht ist und sich das Risiko von Versorgungsengpässen und Umlenkungen von Lieferungen verringert hat.
(18)
Diese Verordnung sollte am Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft treten. Gemäß Artikel 5 Absatz 5 der Verordnung (EU) 2015/479 sollten die ursprünglichen Maßnahmen eine Laufzeit von sechs Wochen haben. Um den Zeitraum bis zum 31. März 2021 abzudecken, beabsichtigt die Kommission, eine Verlängerung dieser Maßnahmen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) 2015/479 vorzuschlagen —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 83 vom 27.3.2015, S. 34.

(2)

Siehe Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1).

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