Präambel VO (EU) 2021/1256

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II)(1), insbesondere auf Artikel 50 Absatz 1 und Artikel 135 Absatz 1 Buchstabe a,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Der Übergang zu einer CO2-armen, nachhaltigeren und ressourcenschonenden Kreislaufwirtschaft entsprechend den Zielen für nachhaltige Entwicklung ist von entscheidender Bedeutung, um die Wirtschaft der Union langfristig wettbewerbsfähig zu halten. Im Jahr 2016 hat die Union das Übereinkommen von Paris(2) geschlossen. Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe c des Übereinkommens gibt das Ziel vor, entschlossener gegen Klimaänderungen vorzugehen, unter anderem indem die Finanzmittelflüsse in Einklang gebracht werden mit einem Weg hin zu einer hinsichtlich der Treibhausgase emissionsarmen und gegenüber Klimaänderungen widerstandsfähigen Entwicklung.
(2)
Um diese Herausforderung anzugehen, stellte die Kommission im Dezember 2019 den europäischen Grünen Deal(3) vor. Dieser Grüne Deal ist eine neue Wachstumsstrategie, mit der die Union zu einer fairen und wohlhabenden Gesellschaft mit einer modernen, ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen Wirtschaft werden soll, in der im Jahr 2050 keine Netto-Treibhausgasemissionen mehr freigesetzt werden und das Wirtschaftswachstum von der Ressourcennutzung abgekoppelt ist. Dies erfordert auch klare, langfristige Signale, um Anlegern Orientierung zu geben, gestrandete Vermögenswerte zu vermeiden und nachhaltige Finanzmittel zu mobilisieren.
(3)
Im März 2018 veröffentlichte die Kommission ihren Aktionsplan „Finanzierung nachhaltigen Wachstums” (4), mit dem eine ehrgeizige und umfassende Strategie für ein nachhaltiges Finanzwesen auf den Weg gebracht wurde. Eines der im Aktionsplan genannten Ziele besteht darin, die Kapitalflüsse in nachhaltige Investitionen umzulenken, um ein nachhaltiges und inklusives Wachstum zu erreichen. Wie die Folgenabschätzung zu den daraufhin im Mai 2018 veröffentlichten Gesetzgebungsinitiativen(5) ergab, muss klargestellt werden, dass die Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen Nachhaltigkeitsfaktoren im Rahmen ihrer Pflichten gegenüber den Versicherungsnehmern berücksichtigen sollten. Die Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen sollten also nicht nur alle relevanten finanziellen Risiken fortlaufend bewerten, sondern auch alle relevanten Nachhaltigkeitsrisiken im Sinne der Verordnung (EU) 2019/2088 des Europäischen Parlaments und des Rates(6), deren Eintreten tatsächlich oder potenziell wesentliche negative Auswirkungen auf den Wert einer Investition oder einer Verbindlichkeit haben könnte. In der Delegierten Verordnung (EU) 2015/35 der Kommission(7) werden Nachhaltigkeitsrisiken nicht ausdrücklich erwähnt. Aus diesem Grund und um sicherzustellen, dass das Governance-System der Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen ordnungsgemäß umgesetzt und eingehalten wird, muss klargestellt werden, dass sich Nachhaltigkeitsrisiken im Governance-System von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen und in der Beurteilung des Gesamtsolvabilitätsbedarfs dieser Unternehmen widerspiegeln sollten.
(4)
Versicherungsunternehmen, die die wichtigsten nachteiligen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren gemäß der Verordnung (EU) 2019/2088 offenlegen‚ sollten auch ihre Verfahren, Systeme und internen Kontrollen entsprechend anpassen.
(5)
Da die Kommission sicherstellen will, dass Klima- und Umweltrisiken gemanagt und in das Finanzsystem einbezogen werden, und die Vergütungsleitlinien eine wichtige Rolle dabei spielen, dass die Mitarbeiter von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen die durch das Risikomanagementsystem ermittelten Risiken wirksam managen, sollten die Vergütungsleitlinien von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen Angaben dazu enthalten, wie sie der Einbeziehung von Nachhaltigkeitsrisiken in das Risikomanagementsystem Rechnung tragen.
(6)
Nach dem in Artikel 132 der Richtlinie 2009/138/EG verankerten Grundsatz der unternehmerischen Vorsicht dürfen Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen nur in Vermögenswerte investieren, deren Risiken sie angemessen erkennen, messen, überwachen, managen, steuern und berichten können. Um sicherzustellen, dass Klima- und Umweltrisiken von den Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen wirksam gemanagt werden, sollten Nachhaltigkeitsrisiken bei der Umsetzung des Grundsatzes der unternehmerischen Vorsicht berücksichtigt werden, und sollten die Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden, denen beim Produktgenehmigungsverfahren Rechnung getragen wurde, in ihrem Anlageprozess abbilden.
(7)
Die Delegierte Verordnung (EU) 2015/35 sollte daher entsprechend geändert werden.
(8)
Die Aufsichtsbehörden sowie die Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen sollten ausreichend Zeit erhalten, um sich an die neuen Anforderungen dieser Verordnung anzupassen. Ihr Geltungsbeginn sollte daher zurückgestellt werden —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 335 vom 17.12.2009, S. 1.

(2)

Beschluss (EU) 2016/1841 des Rates vom 5. Oktober 2016 über den Abschluss des im Rahmen des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen geschlossenen Übereinkommens von Paris im Namen der Europäischen Union (ABl. L 282 vom 19.10.2016, S. 1).

(3)

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Der europäische Grüne Deal (COM(2019) 640 final).

(4)

COM(2018) 97 final.

(5)

SWD(2018) 264 final.

(6)

Verordnung (EU) 2019/2088 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor (ABl. L 317 vom 9.12.2019, S. 1).

(7)

Delegierte Verordnung (EU) 2015/35 der Kommission vom 10. Oktober 2014 zur Ergänzung der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) (ABl. L 12 vom 17.1.2015, S. 1).

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