Artikel 40 VO (EU) 2021/23

Das Instrument der Unternehmensveräußerung

(1) Die Abwicklungsbehörde kann Folgendes auf einen Käufer, bei dem es sich nicht um eine Brücken-CCP handelt, übertragen:

a)
von einer in Abwicklung befindlichen CCP ausgegebene Eigentumstitel;
b)
Vermögenswerte, Rechte, Verpflichtungen oder Verbindlichkeiten einer in Abwicklung befindlichen CCP.

Die Übertragung gemäß Unterabsatz 1 erfolgt, ohne dass die Zustimmung der Anteilseigner der CCP oder eines Dritten — außer dem Käufer — erforderlich ist und ohne dass andere als die in Artikel 41 genannten Verfahrensvorschriften nach dem Gesellschaftsrecht oder Wertpapierrecht einzuhalten sind.

(2) Eine Übertragung nach Absatz 1 erfolgt zu kommerziellen Bedingungen, unter Berücksichtigung der Umstände und im Einklang mit dem Rechtsrahmen der Union für staatliche Beihilfen.

Für die Zwecke des Unterabsatzes 1 dieses Absatzes unternimmt die Abwicklungsbehörde alle geeigneten Schritte, um kommerzielle Bedingungen sicherzustellen, die der nach Artikel 24 Absatz 3 durchgeführten Bewertung entsprechen.

(3) Vorbehaltlich von Artikel 27 Absatz 10 werden Gegenleistungen des Käufers

a)
den Eigentümern der Eigentumstitel zugeführt, wenn die Unternehmensveräußerung durch Übertragung von Eigentumstiteln, die von der in Abwicklung befindlichen CCP ausgegeben wurden, von den Inhabern dieser Titel an den Käufer erfolgt ist;
b)
der in Abwicklung befindlichen CCP zugeführt, wenn die Unternehmensveräußerung durch Übertragung bestimmter oder aller Vermögenswerte oder Verbindlichkeiten der CCP auf den Käufer erfolgt ist;
c)
allen nicht ausfallenden Clearingmitgliedern zugeführt, denen bei der Anwendung der Abwicklungsinstrumente im Rahmen der Abwicklung Verluste entstanden sind, und zwar im Verhältnis zu ihren bei der Abwicklung entstandenen Verlusten.

(4) Die vom Käufer gemäß Absatz 3 des vorliegenden Artikels gezahlte Gegenleistung wird wie folgt zugewiesen:

a)
bei Eintritt eines Ereignisses, das durch das Wasserfallprinzip der CCP gemäß den Artikeln 43 und 45 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 abgedeckt ist, in Umkehrung der Reihenfolge, nach der die Verluste gemäß dem Wasserfallprinzip der CCP zugewiesen wurden; oder
b)
bei Eintritt eines Ereignisses, das nicht durch das Wasserfallprinzip der CCP gemäß den Artikeln 43 und 45 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 abgedeckt ist, in Umkehrung der Reihenfolge, nach der die Verluste gemäß den anwendbaren Vorschriften der CCP zugewiesen wurden.

Die Zuweisung der verbleibenden Gegenleistungen erfolgt dann im Einklang mit der Rangfolge der Forderungen im Rahmen des regulären Insolvenzverfahrens.

(5) Die Abwicklungsbehörde kann die Übertragungsbefugnis nach Absatz 1 mehr als einmal ausüben, um ergänzende Übertragungen von Eigentumstiteln, die von der CCP ausgegeben wurden, oder gegebenenfalls von Vermögenswerten, Rechten, Verpflichtungen oder Verbindlichkeiten der CCP vorzunehmen.

(6) Die Abwicklungsbehörde kann mit Zustimmung des Käufers die Vermögenswerte, Rechte, Verpflichtungen oder Verbindlichkeiten, die auf den Käufer übertragen wurden, auf die in Abwicklung befindlichen CCP bzw. die Eigentumstitel auf ihre ursprünglichen Eigentümer rückübertragen.

Übt die Abwicklungsbehörde die Übertragungsbefugnis nach Unterabsatz 1 aus, so müssen die in Abwicklung befindlichen CCP bzw. die ursprünglichen Eigentümer diese Vermögenswerte, Rechte, Verpflichtungen oder Verbindlichkeiten bzw. Eigentumstitel zurücknehmen.

(7) Eine Übertragung nach Absatz 1 erfolgt unabhängig davon, ob der Käufer die mit dem Erwerb verbundenen Dienstleistungen oder Tätigkeiten erbringen darf.

Darf der Käufer die mit dem Erwerb verbundenen Dienstleistungen oder Tätigkeiten nicht erbringen, so führt die Abwicklungsbehörde in Abstimmung mit der zuständigen Behörde eine angemessene Sorgfaltsprüfung des Käufers durch und sorgt dafür, dass der Käufer über die fachliche und technische Fähigkeit zur Wahrnehmung der Funktionen der erworbenen CCP verfügt und so schnell wie möglich, spätestens jedoch innerhalb eines Monats nach der Anwendung des Instruments der Unternehmensveräußerung die erforderliche Zulassung beantragt. Die zuständige Behörde stellt sicher, dass dieser Zulassungsantrag zügig geprüft wird.

(8) Wird durch die Übertragung von Eigentumstiteln nach Absatz 1 des vorliegenden Artikels eine qualifizierte Beteiligung im Sinne von Artikel 31 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 erworben oder erhöht, so nimmt die zuständige Behörde die in dem genannten Artikel vorgesehene Beurteilung innerhalb eines Zeitraums vor, mit dem die Anwendung des Instruments der Unternehmensveräußerung nicht verzögert und die Erreichung der mit der Abwicklungsmaßnahme angestrebten Abwicklungsziele nicht verhindert wird.

(9) Hat die zuständige Behörde die Beurteilung nach Absatz 8 nicht vor dem Zeitpunkt abgeschlossen, zu dem die Übertragung der Eigentumstitel wirksam wird, so gilt Folgendes:

a)
Die Übertragung der Eigentumstitel wird mit dem Tag der Übertragung unmittelbar rechtswirksam;
b)
während des Beurteilungszeitraums und während einer Veräußerungsfrist nach Buchstabe f des vorliegenden Absatzes werden die mit diesen Eigentumstiteln verbundenen Stimmrechte des Käufers ausgesetzt und ausschließlich der Abwicklungsbehörde übertragen, die nicht verpflichtet ist, diese auszuüben, und für ihre Ausübung oder den Verzicht auf ihre Ausübung nicht haftet, es sei denn, die betreffenden Handlungen oder Unterlassungen stellen eine grobe Fahrlässigkeit oder ein grobes Fehlverhalten dar;
c)
während des Beurteilungszeitraums und während einer Veräußerungsfrist nach Buchstabe f des vorliegenden Absatzes gelten die in Artikel 22 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 vorgesehenen Sanktionen und die in Artikel 30 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 vorgesehenen Maßnahmen bei Verstößen gegen Anforderungen bezüglich des Erwerbs oder der Veräußerung qualifizierter Beteiligungen für diese Übertragung nicht;
d)
nach Abschluss der Beurteilung gemäß Artikel 32 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 teilt die zuständige Behörde der Abwicklungsbehörde und dem Käufer umgehend schriftlich deren Ergebnis mit;
e)
sofern die zuständige Behörde die Übertragung nicht ablehnt, gelten die mit diesen Eigentumstiteln verbundenen Stimmrechte ab dem Zeitpunkt der Mitteilung nach Buchstabe d des vorliegenden Absatzes als vollständig auf den Käufer übertragen;
f)
lehnt die zuständige Behörde die Übertragung der Eigentumstitel ab, so findet Buchstabe b weiterhin Anwendung und kann die Abwicklungsbehörde unter Berücksichtigung der herrschenden Marktbedingungen eine Veräußerungsfrist festlegen, innerhalb deren der Käufer die betreffenden Eigentumstitel veräußern muss.

(10) Im Hinblick auf die Ausübung des Rechts, im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 Dienstleistungen zu erbringen, ist der Käufer als Fortführung der in Abwicklung befindlichen CCP anzusehen und kann alle Rechte, die zuvor von der in Abwicklung befindlichen CCP in Bezug auf die übertragenen Vermögenswerte, Rechte, Verpflichtungen oder Verbindlichkeiten ausgeübt wurden, weiter ausüben.

(11) Dem Käufer im Sinne des Absatzes 1 darf die Ausübung der Mitglieds- und Zugangsrechte der CCP in Bezug auf Zahlungs- und Abrechnungssysteme sowie andere verbundene FMI und Handelsplätze nicht verwehrt werden, sofern der Käufer die Bedingungen für die Mitgliedschaft in oder die Teilnahme an diesen Systemen, Infrastrukturen oder Handelsplätzen erfüllt.

Unbeschadet des Unterabsatzes 1 darf dem Käufer der Zugang zu Zahlungs- und Abrechnungssystemen sowie anderen verbundenen FMI und Handelsplätzen nicht aus dem Grund verwehrt werden, dass er kein von einer Ratingagentur erteiltes Rating besitzt oder dass dieses Rating unter den Ratings liegt, die für die Gewährung des Zugangs zu diesen Systemen, Infrastrukturen oder Handelsplätzen erforderlich sind.

Erfüllt der Käufer die in Unterabsatz 1 genannten Bedingungen nicht, so darf er die Mitglieds- und Zugangsrechte der CCP in Bezug auf diese Systeme sowie anderen Infrastrukturen und Handelsplätze während eines von der Abwicklungsbehörde festgelegten Zeitraums weiter ausüben. Dieser Zeitraum beträgt höchstens zwölf Monate.

(12) Sofern in der vorliegenden Verordnung nichts anderes vorgesehen ist, haben Anteilseigner, Gläubiger, Clearingmitglieder und Kunden der in Abwicklung befindlichen CCP und sonstige Dritte, deren Vermögenswerte, Rechte, Verpflichtungen oder Verbindlichkeiten nicht übertragen werden, keinerlei Rechte in Bezug auf die übertragenen Vermögenswerte, Rechte, Verpflichtungen oder Verbindlichkeiten.

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