Präambel VO (EU) 2021/578

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG(1), insbesondere auf Artikel 57 Absatz 3,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Damit gezielte Maßnahmen zur Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen entwickelt werden können, ist es unerlässlich, etwaige Risikofaktoren für die öffentliche Gesundheit und die Tiergesundheit zu bestimmen. Die Ermittlung maßgeblicher Entwicklungen beim Verkaufsvolumen und bei der Anwendung antimikrobieller Mittel bei Tieren auf nationaler und Unionsebene dürfte es wiederum ermöglichen, diese mit der Anwendung antimikrobieller Mittel bei Tieren verbundenen Risikofaktoren zu bestimmen. Dies sollte als Grundlage dafür dienen, geeignete Prioritäten für das Risikomanagement festzusetzen, gezielte Maßnahmen zur Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen festzulegen und ihre Auswirkungen zu überwachen. Gemäß dem Ansatz des europäischen Aktionsplans zur Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen im Rahmen des Konzepts „Eine Gesundheit” (2) sollten diese Prioritäten und Maßnahmen eine integrierte Analyse der maßgeblichen Entwicklungen beim Verkaufsvolumen und bei der Anwendung antimikrobieller Mittel bei Tieren zusammen mit den Entwicklungen beim Verbrauch antimikrobieller Mittel beim Menschen und mit einschlägigen Daten über antimikrobiell resistente Organismen, die bei Tieren, Lebensmitteln, Menschen und der Umwelt festgestellt werden, ermöglichen.
(2)
Seit 2010 auf Ersuchen der Kommission das Europäische Projekt zur Überwachung des Verbrauchs antimikrobieller Mittel in der Veterinärmedizin (ESVAC)(3) von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (im Folgenden die „Agentur” ) ins Leben gerufen wurde, wurden Daten über das Verkaufsvolumen antimikrobieller Tierarzneimittel zur Anwendung bei Tieren erhoben und gemeldet, wobei eine europaweit einheitliche Vorgehensweise verfolgt wurde. An diesem Projekt waren alle Mitgliedstaaten sowie Norwegen, Island und die Schweiz beteiligt. Die beteiligten Länder meldeten auf freiwilliger Basis die nationalen Verkaufszahlen für Tierarzneimittel, die als Antibiotika und Antiprotozoika mit antibiotischer Wirkung eingestuft sind. Die erhobenen Daten und die durchgeführten Analysen bildeten einen tragfähigen Referenzrahmen für den Erlass nationaler Aktionspläne zur Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen oder anderer Maßnahmen zur Förderung des umsichtigen und verantwortungsvollen Einsatzes antimikrobieller Mittel.
(3)
Wie das ESVAC-Projekt gezeigt hat, haben die bestehenden Systeme für die Erhebung von Daten über das Verkaufsvolumen zwar bereits erheblich dazu beigetragen, dass der Absatz antimikrobieller Mittel zur Anwendung bei Tieren zwischen 2011 und 2018 stark zurückgegangen ist, doch bedarf es weiterer Daten für noch gezieltere und effizientere Risikomanagementmaßnahmen. Daher ist es wichtig, das Spektrum der Arten antimikrobieller Arzneimittel, über deren Verkaufsvolumen Daten erhoben werden, zu erweitern, die Erhebung von Daten über die Anwendung antimikrobieller Arzneimittel aufgeschlüsselt nach Tierarten und Kategorien weiter auszubauen und geeignete nationale Systeme für die Erhebung von Daten über die Anwendung einzurichten.
(4)
Die Festlegung, für welche Arten antimikrobieller Arzneimittel die Mitgliedstaaten Daten über das Verkaufsvolumen und die Anwendung erheben sollen, sollte unter Berücksichtigung der besten vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse erfolgen. Im Interesse einer integrierten Analyse der Daten über die Anwendung antimikrobieller Mittel und die Resistenzen in allen Bereichen der öffentlichen Gesundheit und der Tiergesundheit ist zudem als ein weiteres Kriterium die Verfügbarkeit von Daten über Resistenzen bei Tieren und Menschen zu berücksichtigen.
(5)
Die in Erwägungsgrund 4 genannten Kriterien sollten maßgeblich dafür sein, ob die Erhebung von Daten über das Verkaufsvolumen und die Anwendung antimikrobieller Mittel verpflichtend oder freiwillig sein sollte. So sollte die Datenerhebung bei antimikrobiellen Mitteln, die auf Unionsebene bei den wichtigsten der Lebensmittelgewinnung dienenden Tierarten angewandt werden, verpflichtend sein. Andererseits könnte die Datenerhebung bei antimikrobiellen Mitteln, für die auf Unionsebene keine Resistenzdaten vorliegen, auf freiwilliger Basis erfolgen. Die Mitgliedstaaten können somit auch Daten über andere Arten antimikrobieller Mittel erheben als diejenigen, für die eine Datenerhebung nach dieser Verordnung vorgeschrieben ist. In solchen Fällen dürfen der Agentur nur Daten über antimikrobielle Mittel zur Auswertung übermittelt werden, die nach der vorliegenden Verordnung unter die freiwillige Datenerhebung fallen.
(6)
Zur Festlegung, für welche antimikrobiellen Mittel Daten erhoben werden sollen oder dürfen, sollte ein valides und anerkanntes Klassifikationssystem angewandt werden. Ein solches System sollte einen allgemeinen Vergleich der Anwendung von Arzneimitteln zwischen den Bereichen öffentliche Gesundheit und Tiergesundheit ermöglichen. Das anatomisch-therapeutisch-chemische Klassifikationssystem für Arzneimittel (ATC)(4) und das anatomisch-therapeutisch-chemische Klassifikationssystem für Tierarzneimittel (ATCvet)(5) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) werden diesem Ziel gerecht. Die Codes dieser WHO-Klassifikationssysteme sollten verwendet werden, um die antimikrobiellen Arzneimittel für die Zwecke der Datenerhebung zu identifizieren, unabhängig von den therapeutischen Indikationen des jeweiligen Codes.
(7)
Gemäß Artikel 57 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2019/6 sollten die Mitgliedstaaten und die Agentur Qualitätssicherungsmaßnahmen einführen, um die Qualität und Vergleichbarkeit der erhobenen und gemeldeten Daten sicherzustellen. Damit gewährleistet ist, dass die geeigneten Anforderungen an die Datenqualität auf allen Stufen der Datenverwaltung erfüllt werden, sollten die Mitgliedstaaten einen Plan für das Datenqualitätsmanagement aufstellen, in dem die wichtigsten Verfahren für das Datenqualitätsmanagement in den verschiedenen Phasen des Arbeitsablaufs beschrieben sind. Die Agentur sollte außerdem ein Protokoll und ein Muster für die Datenmeldung sowie eine Web-Schnittstelle ausarbeiten, die den Mitgliedstaaten die zeitnahe elektronische Meldung der zusammengetragenen Daten über das Verkaufsvolumen und die Anwendung der in dieser Verordnung genannten antimikrobiellen Mittel erleichtert. Erforderlichenfalls sollte die Agentur die Mitgliedstaaten beim Datenqualitätsmanagement unterstützen.
(8)
Da sich die Datenquellen und Datenanbieter für die Erhebung von Daten über den Verkauf und die Anwendung aufgeschlüsselt nach Tierarten von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat deutlich unterscheiden können, sollten diese die Quellen und Lieferanten dieser Daten so auswählen, wie dies zweckmäßig ist, um sicherzustellen, dass sie dabei Daten erhalten, die eine vollständige Abdeckung gewährleisten. Darüber hinaus sollten die Mitgliedstaaten die Kontrollmaßnahmen ergreifen, die zur Vermeidung von Doppelmeldungen erforderlich sind.
(9)
Die Anforderungen an die Erhebung der Daten über das Verkaufsvolumen sollten der Tatsache Rechnung tragen, dass viele antimikrobielle Tierarzneimittel auf dem Markt für die Anwendung bei zwei oder mehr Tierarten zugelassen sind. Daher lässt sich nicht feststellen, welche Mengen dieser antimikrobiellen Arzneimittel je Tierart verkauft werden. In solchen Fällen sollten die Daten über den gesamten Verkauf antimikrobieller Tierarzneimittel den Verkauf für den entsprechenden Tierbestand im Meldemitgliedstaat abbilden.
(10)
Bei der Meldung der erhobenen Daten an die Agentur sollten die Mitgliedstaaten auch ihren nationalen Politikrahmen zur Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen kurz beschreiben und die Initiativen innerhalb des Mitgliedstaats sowie einschlägige spezifische Faktoren angeben, die die auf nationaler Ebene festgestellten Ergebnisse erklären können, einschließlich etwaiger Veränderungen bei der Praxis sowie Entwicklungen. Dies würde dabei helfen, die Daten sinnvoll zu interpretieren und zu vergleichen, weil damit der nationale Kontext, in dem diese Daten gewonnen wurden, besser verständlich würde.
(11)
Die Mitgliedstaaten sollten geeignete nationale Datenerhebungssysteme entwickeln, um eine vollständige Datenerfassung und eine hohe Qualität der Daten über die Anwendung je nach Tierart zu gewährleisten. Solche Systeme sollten aus halbautomatischen oder vollständig automatisierten Systemen der kontinuierlichen Datenerhebung bestehen, die eine direkte Bewertung der Anwendung ebenso ermöglichen wie eine Überprüfung der Datenkonsistenz und zudem die Validität der Daten je Tierart sicherstellen.
(12)
Damit die von den Mitgliedstaaten erhobenen Verkaufs- und Anwendungsdaten sinnvoll interpretiert und verstanden werden können, muss die Agentur bei ihren Datenanalysen unbedingt den betreffenden Tierbestand je Mitgliedstaat berücksichtigen.
(13)
Artikel 8 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2019/6 enthält eine Ausnahmeregelung für Zulassungen von Tierarzneimitteln, die für Equiden bestimmt sind, welche als nicht zur Schlachtung für den menschlichen Verzehr bestimmt deklariert wurden. Die verfügbaren Statistiken über den Bestand lebender Pferde erfassen jedoch alle Pferde, unabhängig davon, ob sie zur Schlachtung für den menschlichen Verzehr bestimmt sind oder nicht. Die Anwendung antimikrobieller Arzneimittel, die für Pferde zugelassen sind, welche als nicht zur Schlachtung für den menschlichen Verzehr bestimmt deklariert wurden, sollte daher auch in die Erhebung von Daten über die Anwendung antimikrobieller Arzneimittel bei Pferden einbezogen werden.
(14)
Diese Verordnung sollte gemäß Artikel 153 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2019/6 ab dem 28. Januar 2022 gelten —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43.

(2)

COM(2017) 339.

(3)

https://www.ema.europa.eu/en/veterinary-regulatory/overview/antimicrobial-resistance/european-surveillance-veterinary-antimicrobial-consumption-esvac

(4)

WHO Collaborating Centre for Drug Statistics Methodology, Guidelines for ATC classification and DDD assignment 2020. Oslo, Norwegen, 2019; ISSN 1726-4898, ISBN 978-82-8406-046-0.

(5)

WHO Collaborating Centre for Drug Statistics Methodology, Guidelines for ATCvet classification 2020. Oslo, 2020; ISSN 1020-9891, ISBN 978-82-8406-047-7.

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