Artikel 18 VO (EU) 2021/782

Erstattung oder Weiterreise mit geänderter Streckenführung

(1) Muss entweder bei der Abfahrt oder im Falle eines verpassten Anschlusses oder eines Zugausfalls vernünftigerweise davon ausgegangen werden, dass bei Ankunft am Zielort gemäß Beförderungsvertrag die Verspätung 60 Minuten oder mehr betragen wird, so bietet das Eisenbahnunternehmen, das den verspäteten oder ausfallenden Dienst betreibt, dem Fahrgast unverzüglich an, sich für eine der folgenden Möglichkeiten zu entscheiden, und trifft die dazu notwendigen Vorkehrungen:

a)
Erstattung des vollen Fahrpreises unter den Bedingungen, zu denen er entrichtet wurde, für den Teil oder die Teile der Fahrt, der bzw. die nicht durchgeführt wurde bzw. wurden, und für den Teil oder die Teile, der bzw. die bereits durchgeführt wurde bzw. wurden, wenn die Fahrt nach den ursprünglichen Reiseplänen des Fahrgasts sinnlos geworden ist, gegebenenfalls zusammen mit einer Rückfahrt zum ersten Ausgangspunkt bei nächster Gelegenheit;
b)
Fortsetzung der Fahrt oder Weiterreise mit geänderter Streckenführung unter vergleichbaren Beförderungsbedingungen bis zum Zielort bei nächster Gelegenheit;
c)
Fortsetzung der Fahrt oder Weiterreise mit geänderter Streckenführung unter vergleichbaren Beförderungsbedingungen bis zum Zielort zu einem späteren Zeitpunkt nach Wahl des Fahrgasts.

(2) Wenn für die Zwecke von Absatz 1 Buchstaben b und c eine vergleichbare geänderte Strecke von demselben Eisenbahnunternehmen betrieben wird oder ein anderes Unternehmen mit der Bedienung der geänderten Strecke beauftragt ist, entstehen dem Fahrgast dadurch keine zusätzlichen Kosten. Diese Anforderung gilt auch, wenn die Weiterreise mit geänderter Streckenführung die Beförderung in einer höheren Klasse sowie die Benutzung alternativer Verkehrsmittel einschließt. Seitens der Eisenbahnunternehmen sind angemessene Bemühungen zu unternehmen, um zusätzliches Umsteigen zu vermeiden und sicherzustellen, dass Verlängerungen der Gesamtreisezeit möglichst kurz sind. Die Fahrgäste dürfen nur dann auf Verkehrsmittel in einer niedrigeren Klasse herabgestuft werden, wenn diese die einzige anderweitige Beförderungsmöglichkeit darstellen.

(3) Unbeschadet des Absatzes 2 kann das Eisenbahnunternehmen sich auf Anfrage des Fahrgasts damit einverstanden erklären, dass der Fahrgast Verträge mit anderen Anbietern von Verkehrsdiensten schließt, die es ihm ermöglichen, den Zielort unter vergleichbaren Bedingungen zu erreichen; in diesem Fall erstatten das Eisenbahnunternehmen dem Fahrgast die ihm entstandenen Kosten.

Wenn dem Fahrgast die verfügbaren Optionen für eine Weiterreise mit geänderter Streckenführung nicht binnen 100 Minuten nach der planmäßigen Abfahrtszeit des verspäteten oder ausgefallenen Verkehrsdienstes oder des verpassten Anschlusses mitgeteilt werden, ist der Fahrgast berechtigt, einen solchen Vertrag mit anderen Anbietern öffentlicher Verkehrsdienste mit der Eisenbahn, dem Reisebus oder dem Bus zu schließen. Das Eisenbahnunternehmen erstattet dem Fahrgast die dadurch entstandenen notwendigen, angemessenen und zumutbaren Kosten.

Dieser Absatz berührt nicht die nationale Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die Fahrgästen günstigere Bedingungen für die Weiterreise mit geänderter Streckenführung gewähren.

(4) Erbringer von Verkehrsdiensten für die Weiterreise mit geänderter Streckenführung bieten Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität vergleichbare Unterstützung und einen vergleichbaren barrierefreien Zugang, wenn sie einen alternativen Verkehrsdienst anbieten. Sie können Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität alternative Dienste anbieten, die ihren Bedürfnissen entsprechen und die sich von den anderen Fahrgästen angebotenen Diensten unterscheiden.

(5) Die Zahlung von Erstattungen nach Absatz 1 Buchstabe a und Absatz 3 erfolgt binnen 30 Tagen nach Eingang des Antrags. Die Mitgliedstaaten können Eisenbahnunternehmen zur Annahme solcher Anträge über bestimmte Kommunikationsmittel verpflichten, sofern die Verpflichtung keine Diskriminierung zur Folge hat. Die Erstattung kann in Form von Gutscheinen und/oder der Erbringung anderer Leistungen erfolgen, sofern die Bedingungen dieser Gutscheine und/oder Leistungen flexibel sind, insbesondere bezüglich des Gültigkeitszeitraums und des Zielorts, und der Fahrgast sich damit einverstanden erklärt, diese Gutscheine und/oder Leistungen zu akzeptieren. Der Erstattungsbetrag darf nicht um Kosten der Finanztransaktion wie Gebühren, Telefonkosten oder Porti gekürzt werden.

(6) Die Kommission erlässt bis zum 7. Juni 2023 einen Durchführungsrechtsakt mit einem einheitlichen Formular für Anträge auf Erstattung gemäß dieser Verordnung. Dieses einheitliche Formular wird in einem für Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität zugänglichen Format erstellt. Dieser Durchführungsrechtsakt wird gemäß dem in Artikel 38 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

(7) Fahrgäste haben das Recht, ihre Anträge unter Verwendung des in Absatz 6 genannten einheitlichen Formulars einzureichen. Eisenbahnunternehmen dürfen Anträge auf Erstattung nicht allein aus dem Grund ablehnen, dass der Fahrgast dieses Formular nicht verwendet hat. Ist ein Antrag nicht präzise genug, so ersucht das Eisenbahnunternehmen den Fahrgast um Klarstellung des Antrags und leistet ihm dabei Unterstützung.

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