Präambel VO (EU) 2021/9

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) 2016/1036 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Ländern(1), insbesondere auf Artikel 7,

nach Anhörung der Mitgliedstaaten,

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.
VERFAHREN
1.1.
Einleitung der Untersuchung
(1)
Am 14. Mai 2020 leitete die Europäische Kommission (im Folgenden „Kommission” ) nach Artikel 5 der Verordnung (EU) 2016/1036 des Europäischen Parlaments und des Rates (im Folgenden „Grundverordnung” ) eine Antidumpinguntersuchung betreffend die Einfuhren bestimmter warmgewalzter Flacherzeugnisse aus Eisen, nicht legiertem Stahl oder anderem legiertem Stahl (hot-rolled flat steel products – im Folgenden „HRFS” oder „untersuchte Ware” ) mit Ursprung in der Türkei (im Folgenden „betroffenes Land” ) ein. Sie veröffentlichte eine entsprechende Einleitungsbekanntmachung(2) (im Folgenden „Einleitungsbekanntmachung” ) im Amtsblatt der Europäischen Union.
(2)
Die Untersuchung wurde von der Kommission auf einen Antrag hin eingeleitet, der am 31. März 2020 von Eurofer (im Folgenden „Antragsteller” ) im Namen von Unionsherstellern eingereicht wurde, auf die mehr als 25 % der gesamten Unionsproduktion der untersuchten Ware entfielen. Der Antrag enthielt Beweise für das Vorliegen von Dumping und für eine daraus resultierende bedeutende Schädigung; diese Beweise waren ausreichend für die Einleitung der Untersuchung.
(3)
Am 12. Juni 2020 leitete die Kommission eine Antisubventionsuntersuchung betreffend die Einfuhren derselben Ware mit Ursprung in der Türkei ein, die eine gesonderte Untersuchung darstellt. Die Kommission veröffentlichte eine entsprechende Einleitungsbekanntmachung(3) im Amtsblatt der Europäischen Union.
1.2.
Zollamtliche Erfassung
(4)
Auf Antrag des Antragstellers, für den die erforderlichen Beweise erbracht wurden, ordnete die Kommission mit der Durchführungsverordnung (EU) 2020/1686 der Kommission(4) (im Folgenden „Erfassungsverordnung” ) die zollamtliche Erfassung der Einfuhren der betroffenen Ware nach Artikel 14 Absatz 5 der Grundverordnung an.
1.3.
Interessierte Parteien
(5)
In der Einleitungsbekanntmachung forderte die Kommission die interessierten Parteien auf, mit ihr Kontakt aufzunehmen und bei der Untersuchung mitzuarbeiten. Außerdem unterrichtete die Kommission gezielt den Antragsteller, andere ihr bekannte Unionshersteller, die ihr bekannten ausführenden Hersteller und die türkischen Behörden, ihr bekannte Einführer und Verwender sowie die bekanntermaßen betroffenen Verbände über die Einleitung der Untersuchung und bat sie um ihre Mitarbeit.
(6)
Die interessierten Parteien erhielten Gelegenheit, zur Einleitung der Untersuchung Stellung zu nehmen und eine Anhörung durch die Kommission und/oder die Anhörungsbeauftragte für Handelsverfahren zu beantragen. Die Kommission führte zum Zeitpunkt der Einleitung mit mehreren Verwendern und mit Vertretern der türkischen ausführenden Hersteller Anhörungen durch.
1.4.
Stichprobenverfahren
(7)
In der Einleitungsbekanntmachung wies die Kommission darauf hin, dass sie möglicherweise nach Artikel 17 der Grundverordnung eine Stichprobe der interessierten Parteien bilden werde.
1.4.1.
Bildung einer Stichprobe der Unionshersteller
(8)
In der Einleitungsbekanntmachung gab die Kommission bekannt, dass sie eine vorläufige Stichprobe der Unionshersteller gebildet hatte. Die Kommission bildete die Stichprobe auf der Grundlage der von den Unionsherstellern im Rahmen der Analyse zur Prüfung der Repräsentativität vor der Einleitung gemeldeten Produktions- und Verkaufsmengen in der Union und berücksichtigte dabei auch deren geografische Lage. Die Stichprobe umfasste drei Unionshersteller mit Produktionsstätten in drei Mitgliedstaaten, auf die rund 34 % der geschätzten Gesamtproduktion in der Union und über 40 % der Unionsverkäufe der Hersteller, die sich gemeldet hatten, entfielen. Die Kommission forderte die interessierten Parteien auf, zur vorläufigen Stichprobe Stellung zu nehmen.
(9)
Nur der ausführende Hersteller Çolakoğlu Metalurji A.Ş. (im Folgenden „Colakoglu” ) übermittelte fristgerecht eine Stellungnahme. Colakoglu behauptete, die vorgeschlagene Stichprobe sei nicht repräsentativ, da i) auf die in die Stichprobe einbezogenen Unternehmen weder die größte Produktions- noch die größte Verkaufsmenge in der Union entfalle, ii) die vorgeschlagene Stichprobe zu klein sei, iii) die vorgeschlagene Stichprobe keine angemessene geografische Verteilung gewährleiste und iv) die Stichprobe bewusst Parteien umfasse, die sich aufgrund äußerer Umstände offenbar bereits in Schwierigkeiten befänden. Colakoglu schlug daher vor, die Stichprobe um die Unternehmen ArcelorMittal Spanien, ArcelorMittal Belgien und Acciaieria Arvedi SPA in Italien zu erweitern.
(10)
In Bezug auf das erste Vorbringen hatte die Kommission, wie im Aktenvermerk t120.003571 erwähnt, die Stichprobe auf der Grundlage der größten Produktions- und Verkaufsmengen in der Union gebildet. Die Tatsache, dass bestimmte andere Hersteller in der offenen Fassung ihrer im Rahmen der Prüfung des Grades der Zustimmung zur Einleitung der Untersuchung übermittelten Antworten bei den in Spannen angegebenen Mengen hohe Maximalwerte aufwiesen, bedeutet nicht, dass sie tatsächlich mehr produzierten und/oder verkauften.
(11)
Zweitens ist die Kommission der Auffassung, dass eine Stichprobe, auf die rund 34 % der geschätzten Gesamtproduktion der Union und über 40 % der Menge der von den Herstellern, die sich gemeldet hatten, in der Union getätigten Verkäufe entfällt, hinreichend repräsentativ ist. Die von Colakoglu genannten Beispiele von Fällen, in denen die Kommission beschlossen hatte, weitere Parteien in die Stichprobe einzubeziehen, fielen unter einen Rahmen, der es der Kommission erlaubte, längere Fristen einzuräumen. Die Aufnahme weiterer Unionshersteller in die Stichprobe würde eine zu große Belastung darstellen und den fristgerechten Abschluss der Untersuchung verhindern.
(12)
Drittens war die Kommission der Auffassung, dass mit der Stichprobe für eine angemessene geografische Verteilung gesorgt wird, weil die drei in die Stichprobe einbezogenen Parteien in drei verschiedenen Mitgliedstaaten niedergelassen sind.
(13)
Für seine letzte Behauptung schließlich hatte Colakoglu keine Beweise erbracht. Wie bereits erläutert, wurde die Stichprobe auf der Grundlage der Produktions- und Verkaufsmengen in der Union und der geografischen Verteilung gebildet.
(14)
Angesichts der vorstehenden Ausführungen hielt die Kommission die Stellungnahmen von Colakoglu zur Repräsentativität der Stichprobe für unbegründet. Die aus drei Unionsherstellern bestehende vorläufige Stichprobe wurde daher als repräsentativ für den Wirtschaftszweig der Union betrachtet und als endgültige Stichprobe bestätigt.
1.4.2.
Bildung einer Stichprobe der Einführer
(15)
Um über die Notwendigkeit eines Stichprobenverfahrens entscheiden und gegebenenfalls eine Stichprobe bilden zu können, forderte die Kommission unabhängige Einführer zur Vorlage der in der Einleitungsbekanntmachung genannten Informationen auf.
(16)
Ein unabhängiger Einführer legte die erbetenen Informationen vor und stimmte seiner Einbeziehung in die Stichprobe zu. Angesichts der geringen Zahl an Antworten befand die Kommission, dass sich die Bildung einer Stichprobe erübrigte. Zu dieser Entscheidung gingen keine Stellungnahmen ein.
1.4.3.
Bildung einer Stichprobe der ausführenden Hersteller in der Türkei
(17)
Um über die Notwendigkeit einer Stichprobe entscheiden und gegebenenfalls eine Stichprobe bilden zu können, bat die Kommission alle ihr bekannten ausführenden Hersteller in der Türkei um Vorlage der in der Einleitungsbekanntmachung genannten Informationen. Ferner ersuchte sie die Vertretung der Türkei bei der Europäischen Union, gegebenenfalls andere ausführende Hersteller zu ermitteln und/oder zu kontaktieren, die an einer Mitarbeit an der Untersuchung interessiert sein könnten.
(18)
Fünf ausführende Hersteller im betroffenen Land übermittelten die erbetenen Informationen und stimmten ihrer Einbeziehung in die Stichprobe zu. Nach Artikel 17 Absatz 1 der Grundverordnung wählte die Kommission auf der Grundlage der größten repräsentativen Menge der Ausfuhren in die Union, die in angemessener Weise in der verfügbaren Zeit untersucht werden konnte, eine Stichprobe von drei Unternehmensgruppen aus. Alle der Kommission bekannten betroffenen ausführenden Hersteller und die Behörden des betroffenen Landes wurden nach Artikel 17 Absatz 2 der Grundverordnung zur Bildung einer Stichprobe konsultiert. Es gingen keine Stellungnahmen ein.
1.5.
Individuelle Ermittlung
(19)
Ein türkischer ausführender Hersteller, der den Stichprobenfragebogen zurückgesandt hatte, bat um individuelle Ermittlung nach Artikel 17 Absatz 3 der Grundverordnung. Am Tag der Einleitung stellte die Kommission den Fragebogen für ausführende Hersteller online zur Verfügung.(5) Darüber hinaus teilte die Kommission bei der Bekanntgabe der Stichprobe den nicht in die Stichprobe einbezogenen ausführenden Herstellern mit, dass sie diesen Fragebogen beantworten müssen, wenn sie wünschen, dass für ihr Unternehmen eine individuelle Ermittlung durchgeführt wird. Das Unternehmen, das ursprünglich um individuelle Ermittlung gebeten hatte, hat jedoch keine Fragebogenantwort übermittelt. Daher wurde keine individuelle Ermittlung gewährt.
1.6.
Fragebogenantworten
(20)
Die Kommission sandte dem Antragsteller einen Fragebogen zu und forderte die drei in die Stichprobe einbezogenen Unionshersteller, den unabhängigen Einführer, der den Stichprobenfragebogen zurückgesandt hatte, sowie einen anderen Einführer, der sich gemeldet hatte, mehrere Verwender und die drei in die Stichprobe einbezogenen ausführenden Hersteller in der Türkei auf, die entsprechenden online zur Verfügung gestellten Fragebogen(6) auszufüllen.
(21)
Da der Antragsteller hinreichende Beweise für das Vorliegen von Verzerrungen des Rohstoffangebots bezüglich der untersuchten Ware in der Türkei erbracht hatte, sandte die Kommission einen zusätzlichen Fragebogen zu diesem Sachverhalt an die Regierung der Türkei.
(22)
Antworten auf den Fragebogen gingen ein von den drei in die Stichprobe einbezogenen Unionsherstellern, dem Antragsteller, dem Verwender Marcegaglia Carbon Steel S.P.A., dem Verwender San Polo Lamiere S.P.A., vier Verwendern der Network Steel-Gruppe, dem unabhängigen Einführer Network Steel S.L., den drei in die Stichprobe einbezogenen ausführenden Herstellern und der Regierung der Türkei.
1.7.
Kontrollbesuche
(23)
Angesichts der COVID-19-Pandemie und der von verschiedenen Mitgliedstaaten und Drittländern eingeführten Eindämmungsmaßnahmen konnte die Kommission in dieser Phase der Untersuchung keine Kontrollbesuche nach Artikel 16 der Grundverordnung durchführen.
(24)
Die Kommission holte alle Informationen ein, die sie für die vorläufige Ermittlung von Dumping, einer daraus resultierenden Schädigung und des Unionsinteresses benötigte. Der Fernabgleich der Kommission betraf dabei die Angaben folgender Unternehmen/Parteien:
(25)
Im Hinblick auf die Bestimmungen des Artikels 7 Absatz 2a und Absatz 2b der Grundverordnung wurde mit der Regierung der Türkei eine Konsultation per Videokonferenz durchgeführt.
(26)
Nach dem Fernabgleich der Angaben der Erdemir-Gruppe beschloss die Kommission angesichts bestimmter Unzulänglichkeiten der von der Unternehmensgruppe vorgelegten Informationen, wie in den Erwägungsgründen 56 bis 59 erläutert(59) statt dieser Kosten die verfügbaren Fakten nach Artikel 18 Absatz 1 der Grundverordnung zugrunde zu legen.
1.8.
Untersuchungszeitraum und Bezugszeitraum
(27)
Die Dumping- und Schadensuntersuchung erstreckte sich auf den Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis zum 31. Dezember 2019 ( „Untersuchungszeitraum” oder „UZ” ). Die Untersuchung der für die Schadensanalyse relevanten Entwicklungen betraf den Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis zum Ende des Untersuchungszeitraums (im Folgenden „Bezugszeitraum” ).
2.
BETROFFENE WARE UND GLEICHARTIGE WARE
2.1.
Betroffene Ware
(28)
Bei der betroffenen Ware handelt es sich um bestimmte Flacherzeugnisse aus Eisen, nicht legiertem Stahl oder anderem legiertem Stahl, auch in Rollen (Coils) (auch zugeschnittene Waren und Schmalbanderzeugnisse ( „narrow strip” )), nur warmgewalzt, weder plattiert noch überzogen, mit Ursprung in der Türkei, die derzeit unter den KN-Codes 72081000, 72082500, 72082600, 72082700, 72083600, 72083700, 72083800, 72083900, 72084000, 72085210, 72085299, 72085300, 72085400, 72111300, 72111400, 72111900, ex72251910 (TARIC-Code 7225191090), 72253090, ex72254060 (TARIC-Code 7225406090), 72254090, ex72261910 (TARIC-Code 7226191090), 72269191 und 72269199 eingereiht werden. Die KN- und TARIC-Codes werden nur informationshalber angegeben.
(29)
Folgende Erzeugnisse sind nicht der betroffenen Ware zuzurechnen:
(30)
HRFS kommen bei einer Vielzahl von Anwendungen in zahlreichen Wirtschaftszweigen zum Einsatz, unter anderem im Baugewerbe, im Schiffsbau und im Energiesektor. HRFS werden beispielsweise bei der Produktion von landwirtschaftlichem Gerät, Panzerstahl, Bauteilen und Gebäudekomponenten, Haushaltsgeräten und Elektrowaren sowie in der Automobilindustrie verwendet.
2.2.
Gleichartige Ware
(31)
Die Untersuchung ergab, dass die folgenden Waren dieselben grundlegenden materiellen, chemischen und technischen Eigenschaften und dieselben grundlegenden Verwendungen aufweisen:
(32)
Die Kommission entschied daher in dieser Phase der Untersuchung, dass es sich bei diesen Waren um gleichartige Waren im Sinne des Artikels 1 Absatz 4 der Grundverordnung handelt.
2.3.
Vorbringen zur Warendefinition
(33)
Ein Hersteller von Gabelstaplern und Bauteilen für Gabelstapler und Baumaschinen beantragte den Ausschluss warmgewalzter langer Stahlerzeugnisse aus der untersuchten Ware.(7) Die Kommission wies darauf hin, dass warmgewalzte lange Stahlerzeugnisse nicht Gegenstand dieser Untersuchung sind, weil es sich bei einem 6 bis 12 m langen warmgewalzten Stab um ein langes und nicht um ein flaches Stahlerzeugnis handelt.
3.
DUMPING
3.1.
Vorbemerkungen
(34)
Drei Unternehmen, darunter eine Unternehmensgruppe, wurden in die Stichprobe einbezogen.
(35)
Habas tätigte alle Inlandsverkäufe und Ausfuhrverkäufe in die Union direkt an unabhängige Abnehmer.
(36)
Colakoglu verkaufte direkt an unabhängige Abnehmer auf dem Inlandsmarkt, während alle von Colakoglu im UZ getätigten Ausfuhren der betroffenen Ware in die Union über ein in der Türkei ansässiges verbundenes Unternehmen, Cotas, abgewickelt wurden.
(37)
Die Erdemir-Gruppe umfasste drei direkt an dieser Untersuchung beteiligte Unternehmen: die ausführenden Hersteller Erdemir und Isdemir sowie das Servicezentrum Ersem. Die untersuchte Ware wurde im UZ sowohl von Erdemir als auch von Isdemir produziert, auf dem Inlandsmarkt verkauft sowie in die Union und in Drittländer ausgeführt; Ersem erwarb die untersuchte Ware von Erdemir und/oder Isdemir und verkaufte sie mit oder ohne Weiterverarbeitung (z. B. Längs- und Querteilen von Rollen in Tafeln und Bänder) auf dem Inlandsmarkt.
3.2.
Normalwert
(38)
Die Kommission prüfte zunächst, ob die gesamten Inlandsverkäufe der gleichartigen Ware für jeden in die Stichprobe einbezogenen ausführenden Hersteller nach Artikel 2 Absatz 2 der Grundverordnung repräsentativ waren. Die Inlandsverkäufe der gleichartigen Ware sind repräsentativ, wenn die Gesamtmenge der an unabhängige Abnehmer auf dem Inlandsmarkt gehenden Inlandsverkäufe der gleichartigen Ware für jeden ausführenden Hersteller mindestens 5 % der Gesamtmenge seiner Ausfuhrverkäufe der betroffenen Ware in die Union im Untersuchungszeitraum entspricht.
(39)
Auf dieser Grundlage wurde festgestellt, dass die von den einzelnen in die Stichprobe einbezogenen ausführenden Herstellern getätigten Gesamtverkäufe der gleichartigen Ware auf dem Inlandsmarkt repräsentativ waren.
(40)
Anschließend ermittelte die Kommission für die ausführenden Hersteller mit repräsentativen Inlandsverkäufen die auf dem Inlandsmarkt verkauften Warentypen, die mit den zur Ausfuhr in die Union verkauften Warentypen identisch oder vergleichbar waren.
(41)
Danach prüfte die Kommission, ob die Inlandsverkäufe eines jeden in die Stichprobe einbezogenen ausführenden Herstellers auf dessen Inlandsmarkt für jeden Warentyp, der mit einem zur Ausfuhr in die Union verkauften Warentyp identisch oder vergleichbar war, nach Artikel 2 Absatz 2 der Grundverordnung repräsentativ waren. Die Inlandsverkäufe eines Warentyps sind repräsentativ, wenn die Gesamtmenge der an unabhängige Abnehmer gehenden Inlandsverkäufe dieses Warentyps im Untersuchungszeitraum mindestens 5 % der Gesamtmenge der in die Union getätigten Ausfuhrverkäufe des identischen oder vergleichbaren Warentyps entspricht.
(42)
Bei einem der drei in die Stichprobe einbezogenen Ausführer waren alle Inlandsverkäufe der mit den im UZ in die Union ausgeführten identischen oder vergleichbaren Warentypen repräsentativ. Bei den anderen beiden in die Stichprobe einbezogenen Ausführern wurden einige der im UZ in die Union ausgeführten Warentypen entweder gar nicht auf dem Inlandsmarkt verkauft, oder die Menge der Inlandsverkäufe des jeweiligen Warentyps lag unter 5 % und war somit nicht repräsentativ.
(43)
Danach ermittelte die Kommission für jeden Warentyp den Anteil der gewinnbringenden Verkäufe an unabhängige Abnehmer auf dem Inlandsmarkt im Untersuchungszeitraum im Vergleich zu den Gesamtverkäufen an unabhängige Abnehmer auf dem Inlandsmarkt. Dies erfolgte, um für jeden Warentyp zu entscheiden, ob die Kommission unrentable Inlandsverkäufe bei der Bestimmung des Normalwerts nach Artikel 2 Absatz 4 der Grundverordnung unberücksichtigt lassen konnte, da sie nicht im normalen Handelsverkehr getätigt wurden.
(44)
Der Normalwert basiert auf dem tatsächlichen Inlandspreis je Warentyp aller im UZ getätigten Inlandsverkäufe des betreffenden Warentyps, unabhängig davon, ob diese Inlandsverkäufe gewinnbringend sind, sofern
(45)
Hingegen basiert der Normalwert auf dem tatsächlichen Inlandspreis je Warentyp lediglich der gewinnbringenden Inlandsverkäufe des betreffenden Warentyps im UZ, sofern
(46)
Die Analyse der Inlandsverkäufe der drei in die Stichprobe einbezogenen Ausführer ergab, dass 17 % bis 100 % aller im UZ getätigten Inlandsverkäufe je Warentyp gewinnbringend waren und dass der gewogene durchschnittliche Verkaufspreis über den gewogenen durchschnittlichen Herstellstückkosten lag. Dementsprechend wurde der Normalwert je nach Warentyp als gewogener Durchschnitt der Preise aller im UZ getätigten Inlandsverkäufe (in Fällen nach Erwägungsgrund 44) oder als gewogener Durchschnitt ausschließlich der gewinnbringenden Verkäufe (in Fällen nach Erwägungsgrund 45) ermittelt.
(47)
Wurde ein Warentyp nach Artikel 2 Absatz 2 der Grundverordnung nicht in repräsentativen Mengen oder gar nicht auf dem Inlandsmarkt verkauft und wurde ein Warentyp der gleichartigen Ware nicht oder nicht in ausreichendem Maße im normalen Handelsverkehr verkauft, so hat die Kommission den Normalwert nach Artikel 2 Absätze 3 und 6 der Grundverordnung rechnerisch ermittelt.
(48)
Bei den Warentypen ohne Inlandsverkäufe oder mit unzureichenden Inlandsverkäufen der gleichartigen Ware im normalen Handelsverkehr wurde der Normalwert rechnerisch ermittelt, indem zu den im UZ angefallenen gewogenen durchschnittlichen Herstellkosten der gleichartigen Ware der in die Stichprobe einbezogenen ausführenden Hersteller Folgendes hinzugerechnet wurde:
(49)
Bei den Warentypen, die auf dem Inlandsmarkt nicht in repräsentativen Mengen verkauft wurden, wurden die gewogenen durchschnittlichen VVG-Kosten und der durchschnittliche mit diesem Warentyp im normalen Handelsverkehr auf dem Inlandsmarkt erzielte Gewinn hinzugerechnet. Für die nicht auf dem Inlandsmarkt verkauften Warentypen wurden die gewogenen durchschnittlichen VVG-Kosten und Gewinne aller im normalen Handelsverkehr auf dem Inlandsmarkt getätigten Geschäfte hinzugerechnet.
3.3.
Ausfuhrpreis
(50)
Die in die Stichprobe einbezogenen ausführenden Hersteller wickelten ihre Ausfuhren in die Union entweder direkt mit unabhängigen Abnehmern oder über verbundene Unternehmen ab, die, wie in den Erwägungsgründen 34 bis 37 dargelegt, als Händler fungierten.
(51)
Zwei der in die Stichprobe einbezogenen ausführenden Hersteller führten die betroffene Ware im UZ direkt an unabhängige Abnehmer in der Union aus. Daher war ihr Ausfuhrpreis nach Artikel 2 Absatz 8 der Grundverordnung der für die betroffene Ware bei Ausfuhrverkäufen in die Union tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis. Der dritte ausführende Hersteller in der Stichprobe führte die betroffene Ware ausschließlich über ein in der Türkei ansässiges verbundenes Unternehmen in die Union aus.
3.4.
Vergleich
(52)
Die Kommission verglich den Normalwert und den Ausfuhrpreis der in die Stichprobe einbezogenen ausführenden Hersteller auf der Stufe ab Werk.
(53)
Soweit es im Interesse eines fairen Vergleichs gerechtfertigt war, nahm die Kommission nach Artikel 2 Absatz 10 der Grundverordnung Berichtigungen des Normalwerts und/oder des Ausfuhrpreises zur Berücksichtigung von Unterschieden vor, die die Preise und ihre Vergleichbarkeit beeinflussten. Berichtigungen erfolgten für Transport-, Versicherungs-, Bereitstellungs-, Verlade- und Nebenkosten, Kreditkosten sowie Provisionen.
(54)
Ein ausführender Hersteller führte die betroffene Ware über ein als Händler fungierendes, in der Türkei ansässiges Unternehmen, mit dem er seinem Vorbringen zufolge eine wirtschaftliche Einheit bildete, in die Union aus. Die Kommission erinnerte daran, dass nach der EU-Rechtsprechung eine wirtschaftliche Einheit vorliegt, wenn ein Hersteller Aufgaben, die in der Regel in den Aufgabenbereich einer internen Vertriebsabteilung fallen, einem Vertriebsunternehmen für seine Produkte überträgt, das er wirtschaftlich kontrolliert. Die Untersuchung ergab jedoch, dass der verbundene Händler diese Kriterien nicht erfüllte, da er weder als ausschließlicher Absatzkanal des Herstellers noch als dessen ausschließlicher Absatzkanal für Ausfuhren fungierte, wobei dieser Hersteller im UZ sowohl die betroffene Ware als auch andere Waren direkt auf Drittlandsmärkte sowie andere Waren in die Union ausführte. Mithin wurde das Vorbringen zurückgewiesen.
(55)
Folglich wurde zur Ermittlung des Ausfuhrpreises dieses ausführenden Herstellers auf der Stufe ab Werk eine Berichtigung des Ausfuhrpreises nach Artikel 2 Absatz 10 Buchstabe i der Grundverordnung vorgenommen. Daher zog die Kommission die VVG-Kosten des verbundenen Händlers, der den Feststellungen zufolge keine wirtschaftliche Einheit mit dem ausführenden Hersteller bildete, sowie einen Gewinn vom Ausfuhrpreis ab, der dem Gewinn eines unabhängigen Einführers in die Union entsprach; dieser wurde auf der Grundlage der zu dieser Untersuchung vorliegenden Informationen und der Feststellungen bestimmt, die im Rahmen einer früheren Untersuchung(8) betreffend die Einfuhren von mit der untersuchten Ware vergleichbaren Waren getroffen worden waren.
(56)
Im Rahmen des Fernabgleichs der Angaben eines ausführenden Herstellers in der Stichprobe stellte die Kommission fest, dass das Unternehmen wichtige Informationen zu seinen beim Verkauf der betroffenen Ware auf dem Inlandsmarkt anfallenden Transportkosten ausgelassen hatte. Daher konnte die Kommission nicht prüfen, ob die zur Berichtigung des Normalwerts geltend gemachten Transportkosten korrekt angegeben wurden.
(57)
Mit Schreiben vom 1. Dezember 2020 teilte die Kommission dem betroffenen Unternehmen ihre Absicht mit, Artikel 18 der Grundverordnung in Bezug auf diese Transportkosten anzuwenden. Die Kommission informierte auch die Regierung der Türkei im Wege einer Verbalnote entsprechend. Am 8. Dezember 2020 übermittelte das Unternehmen Stellungnahmen und Belege und erklärte, die Kommission habe die im Rahmen des Fernabgleichs vorgenommenen Kontrollen in der vertraulichen Fassung des mit dem Unternehmen ausgetauschten Berichts über den Fernabgleich korrekt erfasst. Das Unternehmen wandte jedoch ein, im Bericht über den Fernabgleich sei nicht erwähnt worden, dass das Unternehmen irreführende Angaben gemacht oder Auskünfte verweigert habe. Des Weiteren brachte das Unternehmen vor, die Anwendung des Artikels 18 der Grundverordnung sei im vorliegenden Fall nicht gerechtfertigt, und führte eine Reihe von Argumenten zur Stützung dieses Einwands an. In ihrer Stellungnahme vom 14. Dezember 2020 brachte die Regierung der Türkei ähnliche Argumente wie das betroffene Unternehmen vor und führte eine frühere Rechtsprechung der WTO in Bezug auf die Anwendung des Artikels 18 an, um ihre Ansicht zu untermauern, dass die Voraussetzungen für die Zugrundelegung der verfügbaren Fakten im vorliegenden Fall nicht gegeben seien.
(58)
Diesbezüglich erinnerte die Kommission daran, dass der Bericht über den Fernabgleich den Zweck hat, die Ereignisse und Fakten des Fernabgleichs zu erfassen und nicht, Schlussfolgerungen vorzulegen. Daher war der Bericht über den Fernabgleich nach Ansicht der Kommission vollständig, auch wenn darin nicht erwähnt wurde, dass die Kommission bestimmte Angaben für irreführend hielt. Außerdem enthielten die vom Unternehmen vorgelegten Belege keine neuen Informationen, die eine wesentliche Veränderung der Sachlage bedingen würden. Schließlich brachte das Unternehmen mehrere Argumente nur in der vertraulichen Fassung seiner Stellungnahme vor, da diese Argumente vertrauliche, für das Unternehmen spezifische Angaben enthielten. Diese Vorbringen werden in der unternehmensspezifischen Unterrichtung über die vorläufigen Feststellungen behandelt.
(59)
Keine der Informationen oder Argumente, die das Unternehmen oder, wie in Erwägungsgrund 57 erwähnt, die Regierung der Türkei vorlegten, waren geeignet, die Entscheidung der Kommission zu entkräften. Daher bestätigte die Kommission ihre Absicht, die Informationen über die Transportkosten, die dem Unternehmen bei den Inlandsverkäufen der untersuchten Ware entstehen, im vorläufigen Stadium der Untersuchung nach den Bestimmungen des Artikels 18 der Grundverordnung zu behandeln.
(60)
Zwei der in die Stichprobe einbezogenen Hersteller beantragten eine Berichtigung um die Zollrückerstattung nach Artikel 2 Absatz 10 Buchstabe b der Grundverordnung mit der Begründung, die im betroffenen Land für bestimmte Inputs geltende Zollrückerstattungsregelung bedeute, dass all ihre Inlandsverkäufe im Gegensatz zu den Ausfuhrverkäufen eine indirekte Steuer enthielten.
(61)
Der Antragsteller übermittelte eine Stellungnahme, in der er dem Antrag widersprach.
(62)
In der Türkei wird eine Einfuhrabgabe auf Brammen und Stahlschrott erhoben, beides Ausgangsstoffe bei der Herstellung von HRFS. Allerdings sind inländische Hersteller im Rahmen des aktiven Veredelungsverkehrs von der Entrichtung dieser Abgabe befreit, wenn die eingeführten Brammen bzw. Stahlschrotte zur Herstellung von Fertigwaren dienen, die am Ende ausgeführt werden. Die beiden Ausführer in der Stichprobe machten geltend, dass die Zölle, die sie gezahlt hätten, wenn die fertigen HRFS auf dem Inlandsmarkt verkauft und nicht ausgeführt worden wären, im Interesse eines fairen Vergleichs des Normalwerts und des Ausfuhrpreises berücksichtigt werden sollten.
(63)
Die Untersuchung ergab jedoch, dass keiner der beiden Ausführer in der Stichprobe im UZ eine Einfuhrabgabe gezahlt hatte, da sie die mit jeder im Rahmen des aktiven Veredelungsverkehrs erteilten Genehmigung verbundene Ausfuhrverpflichtung erfüllten, sodass die geltend gemachte Berichtigung zur Berücksichtigung der Zollrückerstattung nur einen theoretischen Kostenfaktor darstellte. Daher wurde der Antrag als unbegründet zurückgewiesen.
(64)
Zwei der in die Stichprobe einbezogenen ausführenden Hersteller baten die Kommission, ihre individuellen Dumpingspannen anhand einer monatlichen oder vierteljährlichen Methode zu ermitteln. Diese Vorgehensweise sei aus zwei wesentlichen Gründen gerechtfertigt, nämlich i) aufgrund von Schwankungen bei den Produktionskosten und ii) aufgrund der Abwertung der türkischen Lira im UZ.
(65)
Das erste Argument begründeten die beiden Unternehmen damit, dass die Rohstoffpreise im UZ erheblichen Schwankungen unterlegen hätten, was wiederum zu erheblichen Schwankungen ihrer monatlichen bzw. vierteljährlichen Herstellkosten geführt habe. Würde ihre Dumpingspanne auf der Grundlage eines normalen Jahresdurchschnitts berechnet, dann würden die Inlandsverkäufe am Anfang und am Ende des UZ Verluste aufweisen, obwohl sie über den ihnen tatsächlich entstandenen Kosten lagen.
(66)
Das zweite Argument begründeten die beiden Unternehmen damit, dass der UZ insbesondere in seiner ersten Hälfte durch erhebliche Schwankungen der Inflationsrate in der Türkei gekennzeichnet gewesen sei und dass die türkische Lira im UZ stark abgewertet worden sei.
(67)
Der Antragsteller wandte in einer Stellungnahme dagegen ein, der Antrag auf eine monatliche oder vierteljährliche Dumpingberechnung sei in diesem Fall nicht gerechtfertigt. In Bezug auf die Schwankungen der Kosten argumentierte er, die Veränderung der vierteljährlichen Herstellkosten fiele nicht ins Gewicht, weil die Kosten im ersten, dritten und vierten Quartal durchweg innerhalb einer Bandbreite von 10 % gelegen hätten und darüber hinaus Kostenschwankungen zum normalen Geschäftsbetrieb gehörten. In Bezug auf das Inflationsniveau in der Türkei argumentierte der Antragsteller, die beiden Unternehmen hätten nur die Inflation in der ersten Hälfte des UZ berücksichtigt, während die Inflationsrate in der Türkei im Jahr 2019, d. h. im UZ, bei 15 % gelegen habe, was nicht als „Hyperinflation” zu bezeichnen sei und als solche eine monatliche oder vierteljährliche Dumpingberechnung nicht rechtfertige.
(68)
Die Kommission untersuchte die Vorbringen der ausführenden Hersteller und stellte Folgendes fest: i) Die Schwankungen der monatlichen bzw. vierteljährlichen Herstellkosten betrafen hauptsächlich ein Quartal des UZ, während die Verkäufe der betroffenen Ware im gesamten UZ getätigt wurden; zudem waren die Schwankungen der Kosten insgesamt nicht ausgeprägt genug, um eine vierteljährliche Dumpingberechnung zu rechtfertigen; ii) die durchschnittliche Inflationsrate (15 %(9)) und Abwertung der türkischen Lira (weniger als 20 % vorwiegend im zweiten Quartal(10)) waren im UZ nicht bedeutend genug, um ein Abweichen von der gängigen Praxis der Kommission, die Dumpingspanne auf jährlicher Basis zu berechnen, zu rechtfertigen. Daher wurde der Antrag auf monatliche oder vierteljährliche Dumpingberechnung abgelehnt.
3.5.
Dumpingspannen
(69)
Für die in die Stichprobe einbezogenen ausführenden Hersteller verglich die Kommission nach Artikel 2 Absätze 11 und 12 der Grundverordnung den gewogenen durchschnittlichen Normalwert jedes Warentyps der gleichartigen Ware mit dem gewogenen durchschnittlichen Ausfuhrpreis des entsprechenden Warentyps der betroffenen Ware.
(70)
Auf dieser Grundlage ergeben sich die folgenden vorläufigen gewogenen durchschnittlichen Dumpingspannen, ausgedrückt als Prozentsatz des CIF-Preises (Kosten, Versicherung, Fracht) frei Grenze der Union, unverzollt:
(71)
Für die beiden nicht in die Stichprobe einbezogenen mitarbeitenden ausführenden Hersteller ermittelte die Kommission die gewogene durchschnittliche Dumpingspanne nach Artikel 9 Absatz 6 der Grundverordnung. Diese Spanne wurde folglich auf der Grundlage der Spannen für die drei in die Stichprobe einbezogenen ausführenden Hersteller berechnet.
(72)
Auf dieser Grundlage beträgt die vorläufige Dumpingspanne der mitarbeitenden ausführenden Hersteller, die nicht in die Stichprobe einbezogen wurden (Ağir Haddecilik A.Ş. und Borçelik Çelik Sanayii Ticaret A.Ş.) 5,9 %.
(73)
Bei allen anderen ausführenden Herstellern in der Türkei ermittelte die Kommission die Dumpingspanne nach Artikel 18 der Grundverordnung auf der Grundlage der verfügbaren Fakten. Zu diesem Zweck bestimmte die Kommission den Grad der Mitarbeit der ausführenden Hersteller. Der Grad der Mitarbeit ergibt sich aus der Menge der Ausfuhren der mitarbeitenden ausführenden Hersteller in die Union, ausgedrückt als Anteil an den Gesamtausfuhren, die laut den Einfuhrstatistiken von Eurostat aus dem betroffenen Land in die Union getätigt wurden.
(74)
Der Grad der Mitarbeit ist im vorliegenden Fall hoch, da die Einfuhren der mitarbeitenden ausführenden Hersteller rund 87 % der Gesamtausfuhren in die Union im UZ ausmachten. Daher beschloss die Kommission, die residuale Dumpingspanne in Höhe der höchsten Dumpingspanne festzusetzen, die bei den in die Stichprobe einbezogenen ausführenden Herstellern ermittelt wurde.
4.
SCHÄDIGUNG
4.1.
Definition des Wirtschaftszweigs der Union und der Unionsproduktion
(75)
Im Untersuchungszeitraum wurde die gleichartige Ware in der Union von 22 der Kommission bekannten Herstellern hergestellt, die 14 Unternehmensgruppen angehören. Diese Hersteller bilden den „Wirtschaftszweig der Union” im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 der Grundverordnung.
(76)
Es wurde festgestellt, dass die Gesamtproduktion der Union im Untersuchungszeitraum bei rund 74,6 Mio. Tonnen lag, einschließlich der Produktion für den Eigenbedarfsmarkt. Die Kommission ermittelte diese Zahl auf der Grundlage aller verfügbaren Informationen über den Wirtschaftszweig der Union, das heißt der einem Fernabgleich unterzogenen Fragebogenantworten von Eurofer und von den in die Stichprobe einbezogenen Unionsherstellern.
(77)
Wie in Erwägungsgrund 8 angegeben, wurden drei Unionshersteller, auf die etwa 34 % der gesamten Unionsproduktion der gleichartigen Ware entfallen, für die Stichprobe ausgewählt.
4.2.
Bestimmung des relevanten Unionsmarktes
(78)
Um festzustellen, ob der Wirtschaftszweig der Union eine Schädigung erlitt, und um den Verbrauch und die verschiedenen Wirtschaftsindikatoren für die Lage des Wirtschaftszweigs der Union zu ermitteln, untersuchte die Kommission, ob und inwieweit die nachfolgende Verwendung der vom Wirtschaftszweig der Union (für den Eigenverbrauch oder den freien Markt) produzierten gleichartigen Ware bei der Analyse berücksichtigt werden musste.
(79)
Der Wirtschaftszweig der Union ist in erheblichem Maße vertikal integriert. HRFS werden als Zwischenprodukt für die Herstellung verschiedener nachgelagerter Mehrwertprodukte eingestuft, insbesondere für kaltgewalzte Erzeugnisse. Die Kommission stellte fest, dass 52 % der Gesamtproduktion der Unionshersteller für den Eigenbedarfsmarkt bestimmt waren.
(80)
Die Unterscheidung zwischen Eigenbedarfsmarkt und freiem Markt ist in diesem Fall für die Schadensanalyse relevant. Auf dem Eigenbedarfsmarkt wird die betroffene Ware als Primärstoff für die Herstellung verschiedener nachgelagerter Mehrwertprodukte eingestuft; außerdem werden die Verrechnungspreise auf dem Eigenbedarfsmarkt innerhalb der Unternehmensgruppen unter Zugrundelegung unterschiedlicher Preisstrategien festgesetzt. Die für den freien Markt bestimmte Produktion hingegen steht in direktem Wettbewerb mit den Einfuhren der betroffenen Ware und wird zu Preisen des freien Markts verkauft.
(81)
Um vom Wirtschaftszweig der Union ein möglichst vollständiges Bild zu erhalten, beschaffte sich die Kommission Daten für die gesamte Geschäftstätigkeit im Zusammenhang mit HRFS und untersuchte, ob die Produktion für den Eigenverbrauch oder für den freien Markt bestimmt war.
(82)
Die Kommission analysierte die Daten für den freien Markt und den Eigenbedarfsmarkt getrennt und untersuchte einige Wirtschaftsindikatoren, die sich auf den Wirtschaftszweig der Union beziehen, auf der Grundlage der Daten für den freien Markt. Diese Indikatoren sind: Verkaufsmenge und Verkaufspreise auf dem Unionsmarkt, Marktanteil, Wachstum, Ausfuhrmengen und -preise, Rentabilität, Kapitalrendite (ROI) und Cashflow. Sofern möglich und angezeigt, wurden diese Feststellungen der Untersuchung mit den Daten zum Eigenbedarfsmarkt verglichen, um zu einem lückenlosen Bild der Lage des Wirtschaftszweigs der Union zu gelangen.
(83)
Eine sinnvolle Untersuchung der übrigen Wirtschaftsindikatoren konnte aber nur unter Bezugnahme auf die gesamte Wirtschaftstätigkeit im Zusammenhang mit HRFS unter Einbeziehung des Eigenverbrauchs des Wirtschaftszweigs der Union erfolgen. Dabei handelt es sich um Produktion, Produktionskapazität, Kapazitätsauslastung, Investitionen, Lagerbestände, Beschäftigung, Produktivität, Lohnkosten und Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten. Sie hängen von der gesamten Wirtschaftstätigkeit ab, unabhängig davon, ob die Produktion für den Eigenbedarf oder zum Verkauf auf dem freien Markt bestimmt ist.
4.3.
Unionsverbrauch
4.3.1.
Verbrauch auf dem freien Markt in der Union
(84)
Die Kommission ermittelte den Unionsverbrauch auf der Grundlage a) der Daten von Eurofer zu den vom Wirtschaftszweig der Union getätigten Verkäufen der gleichartigen Ware an unabhängige Abnehmer in der Union, abgeglichen mit den von den Unionsherstellern in der Stichprobe angegebenen Verkaufsmengen, und b) der von Eurostat ausgewiesenen Einfuhren der untersuchten Ware aus allen Drittländern.
(85)
Der Unionsverbrauch auf dem freien Markt entwickelte sich im Bezugszeitraum wie folgt:
(86)
Zwischen 2016 und 2018 stieg der Verbrauch auf dem freien Markt um 3 %, ging anschließend aber zurück. Insgesamt sank der Verbrauch auf dem freien Markt im Bezugszeitraum um 1 %.
4.3.2.
Eigenverbrauch auf dem Unionsmarkt
(87)
Die Kommission ermittelte den Eigenverbrauch auf dem Unionsmarkt auf der Grundlage des Eigenverbrauchs aller ihr bekannten Hersteller in der Union. Demnach entwickelte sich der Eigenverbrauch der Union im Bezugszeitraum wie folgt:
(88)
Der Eigenverbrauch stieg bis 2018 leicht an und ging anschließend zurück. Der gesamte Eigenverbrauch ist im Bezugszeitraum um 7 Prozentpunkte gesunken.
4.3.3.
Gesamtverbrauch
(89)
Der Gesamtverbrauch – also die Summe des Eigenverbrauchs und des Verbrauchs auf dem freien Markt – entwickelte sich im Bezugszeitraum wie folgt:
(90)
Die vorstehende Tabelle zeigt einen leichten Anstieg des Gesamtverbrauchs in den Jahren 2017 und 2018, insgesamt aber einen Rückgang um 4 % gegenüber 2016. Im Untersuchungszeitraum machte der Eigenverbrauch fast 55 % des Gesamtverbrauchs aus.
4.4.
Einfuhren aus der Türkei
4.4.1.
Menge und Marktanteil der Einfuhren aus der Türkei
(91)
Die Einfuhrmengen wurden von der Kommission auf der Grundlage von Eurostat-Daten ermittelt. Der Marktanteil der Einfuhren wurde durch einen Vergleich der Einfuhrmenge mit dem Verbrauch auf dem freien Markt in der Union ermittelt.
(92)
Die Einfuhren aus der Türkei entwickelten sich wie folgt:
(93)
Die Einfuhren aus der Türkei sind im Bezugszeitraum um 184 % gestiegen, wobei sich ihr Anteil auf dem freien Markt von 2,8 % im Jahr 2016 auf 8,1 % im Untersuchungszeitraum fast verdreifachte.
4.4.2.
Preise der Einfuhren aus der Türkei und Preisunterbietung
(94)
Die Einfuhrpreise wurden von der Kommission auf der Grundlage von Eurostat-Daten ermittelt. Der gewogene Durchschnittspreis der Einfuhren aus der Türkei entwickelte sich wie folgt:
(95)
Die Durchschnittspreise der Einfuhren aus der Türkei sind von 363 EUR/Tonne im Jahr 2016 auf 493 EUR/Tonne im Untersuchungszeitraum – d. h. um 36 % – gestiegen. Der Durchschnittspreis der Einfuhren ist 2017 ebenso wie 2018 stark gestiegen, was auf einen starken Anstieg der Preise für die Hauptrohstoffe, insbesondere für Altschrott, aber auch für Eisenerz und Koks, zurückzuführen ist. Im Untersuchungszeitraum bestand zwischen den Preisen der gedumpten Einfuhren und den Preisen des Wirtschaftszweigs der Union ein beträchtlicher Unterschied (7,5 %), wie Tabelle 10 verdeutlicht.
(96)
Die Kommission ermittelte die Preisunterbietung im Untersuchungszeitraum, indem sie folgende Faktoren miteinander verglich:
(97)
Der Preisvergleich wurde für jeden Warentyp getrennt für Geschäftsvorgänge auf derselben Handelsstufe nach gegebenenfalls erforderlichen Berichtigungen und unter Abzug von Rabatten und Preisnachlässen vorgenommen. Das Ergebnis des Vergleichs wurde ausgedrückt als Prozentsatz des von den Unionsherstellern in der Stichprobe im Untersuchungszeitraum theoretisch erzielten Umsatzes.
(98)
Auf dieser Grundlage ergaben sich bei den gedumpten Einfuhren der in die Stichprobe einbezogenen ausführenden Hersteller gewogene durchschnittliche Preisunterbietungsspannen zwischen 1,3 % und 2,9 %. Der Großteil der HRFS ist sehr preisempfindlich und der Wettbewerb erfolgt weitgehend auf Grundlage des Preises. Darüber hinaus sind die Preise auf dem Markt bekannt, und ein Hersteller in der Stichprobe erklärte im Rahmen des Fernabgleichs, dass ein kleiner Preisunterschied den Käufer zu einem Lieferantenwechsel veranlasst. In einem solchen Kontext werden die Preisunterbietungsspannen als erheblich angesehen.
4.5.
Wirtschaftliche Lage des Wirtschaftszweigs der Union
4.5.1.
Allgemeine Bemerkungen
(99)
Nach Artikel 3 Absatz 5 der Grundverordnung umfasste die Prüfung der Auswirkungen der gedumpten Einfuhren auf den Wirtschaftszweig der Union eine Beurteilung aller Wirtschaftsindikatoren, die die Lage des Wirtschaftszweigs der Union im Bezugszeitraum beeinflussten.
(100)
Wie in Erwägungsgrund 8 erläutert, wurde bei der Ermittlung einer etwaigen Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union mit einer Stichprobe gearbeitet.
(101)
Bei der Ermittlung der Schädigung unterschied die Kommission zwischen makroökonomischen und mikroökonomischen Schadensindikatoren. Die makroökonomischen Indikatoren bewertete die Kommission auf der Grundlage der auf alle Unionshersteller bezogenen Daten in der Fragebogenantwort von Eurofer, die soweit erforderlich mit den Fragebogenantworten der drei in die Stichprobe einbezogenen Unionshersteller abgeglichen wurden. Die mikroökonomischen Indikatoren bewertete die Kommission auf der Grundlage der in den Fragebogenantworten der drei in die Stichprobe einbezogenen Unionshersteller enthaltenen Daten. Beide Datensätze wurden einem Fernabgleich unterzogen und für repräsentativ für die wirtschaftliche Lage des Wirtschaftszweigs der Union befunden.
(102)
Bei den makroökonomischen Indikatoren handelt es sich um Produktion, Produktionskapazität, Kapazitätsauslastung, Verkaufsmenge, Marktanteil, Wachstum, Beschäftigung, Produktivität, Höhe der Dumpingspanne und Erholung von früherem Dumping.
(103)
Bei den mikroökonomischen Indikatoren handelt es sich um durchschnittliche Stückpreise, Stückkosten, Arbeitskosten, Lagerbestände, Rentabilität, Cashflow, Investitionen, Kapitalrendite und Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten.
(104)
Der Antragsteller bat die Kommission darum, die Entwicklung der Schädigung ab dem Jahr 2017 zu analysieren, weil das Jahr 2016 (das erste Jahr des in dieser Untersuchung betrachteten Bezugszeitraums) ein „untypisches Jahr” gewesen sei, da der Wirtschaftszweig der Union den Feststellungen zufolge durch gedumpte und subventionierte Einfuhren verschiedenen Ursprungs geschädigt wurde. In der Tat wurden im Anschluss an eine Untersuchung mit einem Untersuchungszeitraum, der die erste Hälfte des Jahres 2016 umfasste, im Oktober 2017 endgültige Antidumpingmaßnahmen gegenüber Einfuhren von HRFS aus Brasilien, Iran, Russland und der Ukraine eingeführt.(11) Darüber hinaus wurden im April bzw. Juni 2017 Antidumpingmaßnahmen und Ausgleichszölle gegenüber China eingeführt.(12) Die Kommission entschied, die Daten in dieser Phase der Untersuchung nach ihrer gängigen Praxis und somit einschließlich des Jahres 2016 vorzulegen. Die Kommission weist jedoch darauf hin, dass bei der Bewertung der Entwicklung der Schadensindikatoren berücksichtigt wurde, dass die Lage des Wirtschaftszweigs der Union 2016 tatsächlich noch durch die erwähnten gedumpten und subventionierten Einfuhren beeinflusst war und nach der 2017 erfolgten Einführung endgültiger Antidumpingmaßnahmen und Ausgleichszölle gegenüber diesen Einfuhren eindeutig Anzeichen einer Erholung erkennen ließ.
4.5.2.
Makroökonomische Indikatoren
4.5.2.1.
Produktion, Produktionskapazität und Kapazitätsauslastung
(105)
Die gesamte Unionsproduktion, die Produktionskapazität und die Kapazitätsauslastung entwickelten sich im Bezugszeitraum wie folgt:
(106)
Im Bezugszeitraum sank die Produktionsmenge des Wirtschaftszweigs der Union um 4 % bzw. um etwa 3 Mio. Tonnen, während die Produktionskapazität um 3 % stieg, was ungefähr dem Umfang des Produktionsrückgangs entsprach. Infolgedessen ging die Kapazitätsauslastung um 7 % von 84 % im Jahr 2016 auf 78 % im Untersuchungszeitraum zurück.
(107)
Die Kapazitätsauslastung betrifft HRFS insgesamt, also einschließlich der für den Eigenverbrauch vorgesehenen Produktion. Der Anstieg von Produktion und Produktionskapazität zwischen 2016 und 2017 spiegelt die infolge der gegenüber den Einfuhren aus der Ukraine, Russland, Iran und Brasilien eingeführten Antidumpingmaßnahmen verbesserten Bedingungen auf dem Unionsmarkt wider. Im zweiten Teil des Bezugszeitraums war der Anstieg der Produktionskapazität eher durch Effizienzsteigerungen und die Behebung von Engpässen bedingt.
4.5.2.2.
Verkaufsmenge und Marktanteil
(108)
Die Verkaufsmenge und der Marktanteil des Wirtschaftszweigs der Union auf dem freien Markt entwickelten sich im Bezugszeitraum wie folgt:
(109)
Im Bezugszeitraum stieg die Verkaufsmenge des Wirtschaftszweigs der Union auf dem freien Markt um 2 %; sein Marktanteil stieg um 3 %, nämlich von 76,1 % im Jahr 2016 auf 78,7 % im Untersuchungszeitraum. Der Anstieg des Marktanteils zwischen 2018 und 2019 (d. h. im Untersuchungszeitraum) ist darauf zurückzuführen, dass die Verkaufsmenge auf dem freien Markt insgesamt zwar zurückging, jedoch eine bedeutende Zahl an zuvor als Eigenverbrauch eingestuften Geschäftsvorgängen infolge der in Erwägungsgrund 150 erwähnten Desinvestitionen nunmehr dem freien Markt zugerechnet wurden. Daher gingen, wie in Erwägungsgrund 111 dargelegt, die konzerninternen Verkäufe zurück, während der Marktanteil der Unionshersteller auf dem freien Markt aufgrund der veränderten Struktur der Unionshersteller zunahm.
(110)
Die Eigenverbrauchsmenge des Wirtschaftszweigs der Union und sein Marktanteil auf dem Unionsmarkt entwickelten sich im Bezugszeitraum wie folgt:
(111)
Der Eigenverbrauchsmarkt des Wirtschaftszweigs der Union (bestehend aus vom Wirtschaftszweig der Union für die nachgelagerte Verwendung gehaltenen HRFS) in der Union ist im Bezugszeitraum um 7 % bzw. um rund 3 Mio. Tonnen geschrumpft. Der Anteil des Wirtschaftszweigs der Union am Eigenverbrauchsmarkt (ausgedrückt als Prozentsatz der gesamten Unionsproduktion) sank im Untersuchungszeitraum um 3 %, d. h. von 59 % auf 57 %. Grund hierfür waren die rückläufige Nachfrage nach nachgelagerten Produkten und der Verkauf von Produktionslinien, in denen die untersuchte Ware verbraucht wird (siehe Erwägungsgrund 150).
4.5.2.3.
Wachstum
(112)
Die vorstehenden Zahlen hinsichtlich Produktion, Verkaufsmenge und Marktanteil weisen alle ab 2017 eine stark rückläufige Entwicklung auf, während der Verbrauch auf dem freien Markt im selben Zeitraum leicht zunahm. Ein – sehr moderates – Wachstum des Wirtschaftszweigs der Union ist nur dann festzustellen, wenn 2016 als Ausgangspunkt gewählt wird, ein Jahr, in dem den Feststellungen zufolge eine Schädigung durch gedumpte Einfuhren aus anderen Ländern vorlag.
4.5.2.4.
Beschäftigung und Produktivität
(113)
Beschäftigung und Produktivität entwickelten sich im Bezugszeitraum wie folgt:
(114)
Die mit der Herstellung von HRFS verbundene Beschäftigung im Wirtschaftszweig der Union schwankte im Bezugszeitraum, blieb jedoch insgesamt stabil. Angesichts des Produktionsrückgangs ging die Produktivität der Arbeitskräfte des Wirtschaftszweigs der Union, gemessen in Tonnen je Beschäftigten und Jahr, im Bezugszeitraum um 4 % zurück.
4.5.2.5.
Höhe der Dumpingspanne und Erholung von früherem Dumping
(115)
Alle Dumpingspannen lagen deutlich über der Geringfügigkeitsschwelle. Die Auswirkungen der Höhe der tatsächlichen Dumpingspannen auf den Wirtschaftszweig der Union waren angesichts der Mengen und Preise der Einfuhren aus der Türkei erheblich.
(116)
HRFS waren bereits Gegenstand von Antidumpinguntersuchungen. 2016 war die Lage des Wirtschaftszweigs der Union noch erheblich durch gedumpte Einfuhren aus Brasilien, Iran, Russland und der Ukraine beeinträchtigt. Im Oktober 2017 wurden endgültige Antidumpingmaßnahmen gegenüber den Einfuhren aus diesen Ländern eingeführt.(13) Gegenüber China wurden im April 2017 Antidumpingmaßnahmen und anschließend ab Juni 2017 Ausgleichszölle eingeführt.(14)
(117)
Wie in Erwägungsgrund 104 dargelegt, war die Lage des Wirtschaftszweigs der Union 2016 noch immer durch die genannten Dumpingpraktiken beeinträchtigt und ließ nach der 2017 erfolgten Einführung endgültiger Antidumpingmaßnahmen gegenüber diesen Einfuhren eindeutig Anzeichen einer Erholung erkennen. Was den restlichen Bezugszeitraum betrifft, so setzte sich die Erholung fort, was sich unter anderem in einer besseren Rentabilität zeigte (wie im Folgenden dargelegt wird), kam aber 2019 zum Stillstand.
4.5.3.
Mikroökonomische Indikatoren
4.5.3.1.
Preise und die Preise beeinflussende Faktoren
(118)
Die gewogenen durchschnittlichen Verkaufsstückpreise, die die in die Stichprobe einbezogenen Unionshersteller unabhängigen Abnehmern in der Union in Rechnung stellten, entwickelten sich im Bezugszeitraum wie folgt:
(119)
Die durchschnittlichen Verkaufsstückpreise sind 2017 im Vergleich zu 2016 deutlich gestiegen. Während die Verkaufspreise in der Union 2016 durch die massiv gedumpten Einfuhren aus Brasilien, Iran, Russland und der Ukraine stark unter Druck standen(15), konnte der Wirtschaftszweig der Union nach der 2017 erfolgten Einführung von Antidumpingmaßnahmen gegenüber den genannten Einfuhren(16) seine Verkaufspreise wieder auf ein normales Niveau anheben. Die Verkaufspreise in den Jahren 2017 und 2018 könnten auch vom starken Anstieg der Rohstoffkosten beeinflusst gewesen sein, insbesondere der Kosten für Eisenerz und Koks, die 2018 einen sehr starken Anstieg der Herstellkosten des Wirtschaftszweigs der Union, nämlich um 31 % gegenüber 2016, zur Folge hatten.
(120)
Im Untersuchungszeitraum fielen die Verkaufspreise des Wirtschaftszweigs der Union jedoch um mehr als 7 %, d. h. von 574 EUR/Tonne im Jahr 2018 auf 533 EUR/Tonne, wohingegen sich seine Produktionskosten um 3,7 % erhöhten, nämlich von 540 EUR/Tonne im Jahr 2018 auf 560 EUR/Tonne im Untersuchungszeitraum. Während der Wirtschaftszweig der Union seine gestiegenen Kosten 2017 und 2018 an seine Abnehmer weitergeben und seine Rentabilität erhalten konnte, war ihm das im Untersuchungszeitraum daher nicht mehr möglich.
(121)
Da der Großteil der betroffenen Ware äußerst preisempfindlich ist, mussten sich die Unionshersteller an die wesentlich niedrigeren Preise der türkischen ausführenden Hersteller auf dem Markt anpassen und ihre Verkaufspreise trotz steigender Kosten stark herabsetzen, um ihre Kapazitätsauslastung und ihre Marktanteile zu halten.
4.5.3.2.
Arbeitskosten
(122)
Die durchschnittlichen Arbeitskosten der Unionshersteller in der Stichprobe entwickelten sich im Bezugszeitraum wie folgt:
(123)
Im Bezugszeitraum stiegen die durchschnittlichen Arbeitskosten je Beschäftigten um 12 %. Das zeigt, dass die Unionshersteller die Arbeitskosten nicht senken konnten, obwohl sich die Marktbedingungen im Untersuchungszeitraum verschlechterten.
4.5.3.3.
Lagerbestände
(124)
Die Lagerbestände der in die Stichprobe einbezogenen Unionshersteller entwickelten sich im Bezugszeitraum wie folgt:
(125)
Im Bezugszeitraum ging die Menge der Schlussbestände um 16 % zurück. Die meisten Typen der gleichartigen Ware werden vom Wirtschaftszweig der Union auf konkrete Aufträge der Verwender hin hergestellt. Deshalb werden die Lagerbestände in diesem Fall nicht als aussagekräftiger Schadensindikator angesehen. Bestätigt wird dies auch durch die Analyse der Entwicklung der Schlussbestände als Prozentsatz der Produktion. Wie oben zu sehen ist, lag dieser Indikator im Bezugszeitraum relativ stabil bei etwa 5 % der Produktionsmenge.
4.5.3.4.
Rentabilität, Cashflow, Investitionen, Kapitalrendite und Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten
(126)
Rentabilität, Cashflow, Investitionen und Kapitalrendite der in die Stichprobe einbezogenen Unionshersteller entwickelten sich im Bezugszeitraum wie folgt:
(127)
Die Kommission ermittelte die Rentabilität der Unionshersteller in der Stichprobe als Nettogewinn vor Steuern aus den Verkäufen der gleichartigen Ware an unabhängige Abnehmer in der Union in Prozent des mit diesen Verkäufen erzielten Umsatzes.
(128)
Die Rentabilität entwickelte sich im Bezugszeitraum trotz einer anfänglichen Gewinnsteigerung in den Jahren 2017 und 2018 negativ. Wie in Erwägungsgrund 120 erläutert, fielen die Verkaufspreise des Wirtschaftszweigs der Union im Untersuchungszeitraum, während seine Produktionskosten weiter zunahmen. Der Verkaufspreis des Wirtschaftszweigs der Union fiel im Untersuchungszeitraum sogar auf ein Niveau unterhalb seiner Produktionskosten. Die Rentabilität ging von 6,8 % im Jahr 2018 auf - 6 % im Untersuchungszeitraum zurück.
(129)
Unter dem Nettocashflow ist die Fähigkeit der Unionshersteller zu verstehen, ihre Tätigkeiten selbst zu finanzieren. Der Nettocashflow entwickelte sich weitgehend im Einklang mit der Rentabilität und der Kapitalrendite. Er war von 2017 bis 2018 positiv, wobei der Höchststand im Jahr 2018 verzeichnet wurde, und wurde im Untersuchungszeitraum negativ, als die Rentabilität den niedrigsten Stand im Bezugszeitraum erreichte. Die Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten wurden durch den Gewinnrückgang beeinträchtigt.
(130)
Die Kapitalrendite wird als Gewinn (oder Verlust) in Prozent des Nettobuchwerts der Investitionen ausgedrückt. Sie folgte demselben Trend wie die Rentabilität.
(131)
Das Niveau der jährlichen Investition stieg im Bezugszeitraum um 8 %, ging jedoch 2019 auf ein Niveau nur knapp über dem des Jahres 2016 zurück. Im Allgemeinen zielten die Investitionen lediglich darauf ab, die vorhandenen Kapazitäten zu erhalten und bei Bedarf notwendige Produktionsanlagen zu ersetzen. Es wurden auch beträchtliche Investitionen im Zusammenhang mit Gesundheitsschutz, Sicherheit und Umweltaspekten getätigt.
4.5.4.
Schlussfolgerung zur Schädigung
(132)
Obwohl der Verbrauch auf dem freien Markt im Bezugszeitraum leicht rückläufig war (- 1 %), nahm die Verkaufsmenge des Wirtschaftszweigs der Union auf dem freien Markt um 2 % zu und stieg sein Marktanteil auf dem freien Markt von 76,1 % auf 78,7 %. Diese geringfügigen Verbesserungen bei der Verkaufsmenge und dem Marktanteil ergeben sich jedoch im Vergleich zu 2016, einem Jahr, in dem der Wirtschaftszweig der Union unter der Schädigung durch gedumpte Einfuhren aus anderen Ländern litt. Außerdem ist zu beachten, dass die in Erwägungsgrund 150 erwähnte Desinvestition einen kosmetischen Anstieg des Absatzes auf dem freien Markt zur Folge hatte. Trotzdem gingen die Produktionsleistung und die Kapazitätsauslastung des Wirtschaftszweigs der Union im Bezugszeitraum um 4 % bzw. um 7 % zurück. Zwischen 2018 und 2019 waren bei der Produktionsleistung und der Kapazitätsauslastung verstärkte Einbrüche zu verzeichnen und auch der Absatz auf dem freien Markt ging zurück. Ab 2017 wuchs der Wirtschaftszweig der Union, da er sich von den unlauteren Einfuhren erholte, gegen die Antidumping- und Antisubventionsmaßnahmen eingeführt wurden, brach jedoch im Untersuchungszeitraum ein.
(133)
Die Herstellkosten des Wirtschaftszweigs der Union nahmen im Bezugszeitraum stark zu (+ 36 %), was in erster Linie durch einen starken Anstieg der Rohstoffpreise bedingt war.
(134)
Die Verkaufspreise des Wirtschaftszweigs der Union stiegen in den Jahren 2017 und 2018 stärker als die Kosten, sodass sich die Unionshersteller von den früheren schädigenden Dumpingpraktiken erholen und eine Rentabilität von 6,8 % erzielen konnten. Allerdings senkte der Wirtschaftszweig der Union seine Verkaufspreise zwischen 2018 und dem Untersuchungszeitraum trotz steigender Kosten (+ 4 %) um durchschnittlich 7 %. Dies hatte verheerende Folgen für die Rentabilität des Wirtschaftszweigs der Union, die von + 6,8 % im Jahr 2018 auf - 6 % im Jahr 2019 einbrach.
(135)
Andere Finanzkennzahlen (Cashflow, Kapitalrendite) entwickelten sich – insbesondere im Untersuchungszeitraum – ähnlich, mit der Folge, dass das Investitionsniveau im Untersuchungszeitraum im Vergleich zu den Vorjahren beträchtlich zurückging.
(136)
Auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen gelangte die Kommission in dieser Phase der Untersuchung zu dem Schluss, dass der Wirtschaftszweig der Union eine bedeutende Schädigung im Sinne des Artikels 3 Absatz 5 der Grundverordnung erlitt.
5.
SCHADENSURSACHE
(137)
Nach Artikel 3 Absatz 6 der Grundverordnung hat die Kommission in den vorstehenden Ausführungen geprüft, ob die gedumpten Einfuhren aus der Türkei eine bedeutende Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union verursachten. Ferner prüfte die Kommission nach Artikel 3 Absatz 7 der Grundverordnung, ob andere bekannte Faktoren den Wirtschaftszweig der Union zur gleichen Zeit geschädigt haben könnten. Die Kommission stellte sicher, dass eine etwaige Schädigung durch andere Faktoren als die gedumpten Einfuhren aus der Türkei nicht den gedumpten Einfuhren zugerechnet wurde. Bei diesen Faktoren handelt es sich um Einfuhren aus Drittländern, die Ausfuhrleistung des Wirtschaftszweigs der Union, den Eigenverbrauch sowie die Entwicklung der Nachfrage und der Rohstoffpreise.
5.1.
Auswirkungen der gedumpten Einfuhren
(138)
Die Einfuhren aus der Türkei haben sich im Bezugszeitraum fast verdreifacht, nämlich von etwa 1000000 Tonnen im Jahr 2016 (entsprechend einem Marktanteil von 2,8 %) auf 2843000 Tonnen im Untersuchungszeitraum (entsprechend einem Marktanteil von 8,1 %) (siehe Tabelle 4). Diese steigenden Einfuhren wurden im gesamten Bezugszeitraum zu Preisen getätigt, die unter denen des Wirtschaftszweigs der Union lagen. Dies hatte im Untersuchungszeitraum erhebliche Auswirkungen auf den Wirtschaftszweig der Union, der angesichts steigender Kosten und des von den gedumpten türkischen Einfuhren ausgehenden Preisdrucks gezwungen war, seine Verkaufspreise zu senken; dies wiederum führte zu einem starken Rückgang der Rentabilität von + 6,8 % hin zu hohen Verlusten (einer Rentabilität von - 6 %) und infolgedessen zu einer Verschlechterung seiner Finanzkennzahlen.
(139)
Mehrere Parteien behaupteten, es bestehe zwischen den türkischen Einfuhren und der Schädigung der Antragsteller kein Zusammenhang. Die Kommission wies den Einwand zurück. Die Kommission räumte ein, dass der Wirtschaftszweig der Union in den Jahren 2017 und 2018 trotz der steigenden Mengen niedrigpreisiger Einfuhren aus der Türkei Gewinne erzielen konnte, da ihm relativ gute Marktbedingungen und die gegenüber fünf Ländern neu eingeführten Handelsschutzmaßnahmen zugutekamen. 2019 jedoch war der Wirtschaftszweig der Union aufgrund des von den gedumpten türkischen Einfuhren ausgehenden Preisdrucks gezwungen, seine Preise weit unter Kostenniveau anzusetzen, um seinen Marktanteil – bei niedrigeren Preisen als 2018 – zu halten. Folglich besteht ein eindeutiger Zusammenhang zwischen den gedumpten Einfuhren und der Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union.
5.2.
Auswirkungen anderer Faktoren
5.2.1.
Einfuhren aus Drittländern
(140)
Die Einfuhren aus anderen Drittländern entwickelten sich im Bezugszeitraum wie folgt:
(141)
Im Bezugszeitraum ging der Marktanteil der Einfuhren aus allen übrigen Ländern von 21,1 % auf 13,2 % zurück. Der insgesamt verzeichnete Rückgang der Einfuhren aus anderen Ländern als der Türkei ist hauptsächlich eine Folge der 2017 eingeführten Handelsschutzmaßnahmen gegenüber den Einfuhren aus China, Brasilien, Iran, der Ukraine und Russland. Die Maßnahmen liegen im Falle Chinas zwischen 8,1 % und 35,9 % (Antidumping- und Ausgleichszölle zusammen) und im Falle der anderen vier Länder zwischen 17,6 und 96,5 EUR/Tonne. Die in der vorstehenden Tabelle genannten Preise enthalten keine solchen Antidumping- und Ausgleichszölle.
(142)
Im Untersuchungszeitraum waren Russland (für das Antidumpingzölle galten), Serbien und Indien nach der Türkei die wichtigsten Ausfuhrländer.
(143)
Die Einfuhren aus Russland machten im Untersuchungszeitraum weniger als die Hälfte der Einfuhren aus der Türkei aus. Darüber hinaus lagen die Preise der Einfuhren aus Russland nach Hinzurechnung des für diese Einfuhren geltenden Antidumpingzolls über den Preisen der Einfuhren aus der Türkei, auch wenn sie zeitweise niedriger waren als die Verkaufspreise der Unionshersteller. Infolgedessen konnte der von den russischen Einfuhren ausgehende Druck angesichts ihres Marktanteils die Unionshersteller insgesamt nicht in demselben Maße unter Druck setzen wie die gedumpten Einfuhren aus der Türkei.
(144)
Die Einfuhren aus Serbien und Indien hatten im Untersuchungszeitraum zusammen einen Marktanteil von 4,8 % (60 % des Marktanteils der Türkei). Die Einfuhren aus Serbien stiegen im Bezugszeitraum um 147 %, während die Einfuhren aus Indien 2017 zunahmen, danach jedoch um 25 % zurückgingen. Die Durchschnittspreise der Einfuhren aus Serbien und Indien lagen unter den Durchschnittspreisen der Einfuhren aus der Türkei; allerdings lässt sich nicht feststellen, ob diese Einfuhren auch die Preise des Wirtschaftszweigs der Union unterboten, auch weil der Produktmix dieser Einfuhren nicht bekannt ist.(17) In jedem Fall konnte der von diesen Einfuhren ausgehende Druck angesichts ihres Marktanteils die Unionshersteller insgesamt nicht in demselben Maße unter Druck setzen wie die gedumpten Einfuhren aus der Türkei.
(145)
Die Einfuhren aus den übrigen Ländern erfolgten in sehr kleinen Mengen und durchschnittlich zu höheren Preisen als die Einfuhren aus der Türkei.
(146)
Auf dieser Grundlage kam die Kommission vorläufig zu dem Schluss, dass die Wirkung der Einfuhren aus anderen Ländern den ursächlichen Zusammenhang zwischen den gedumpten türkischen Einfuhren und der bedeutenden Schädigung der Unionshersteller nicht abschwächt.
5.2.2.
Ausfuhrleistung des Wirtschaftszweigs der Union
(147)
Die Mengen und Preise der Ausfuhren des Wirtschaftszweigs der Union an nicht verbundene Parteien entwickelten sich im Bezugszeitraum wie folgt:
(148)
Die Unionshersteller erhöhten die Ausfuhrmengen im Bezugszeitraum um 17 % auf knapp unter 1,9 Mio. Tonnen im Jahr 2019. Die Ausfuhren werden oftmals im Rahmen langfristiger Verträge getätigt und die Untersuchung ergab, dass sie meist aus einem Produktmix bestehen, der ein niedrigeres Marktsegment betrifft als Verkäufe in der Union. Nichtsdestotrotz konnten die Ausfuhren des Wirtschaftszweigs der Union insbesondere im Untersuchungszeitraum die Absatzeinbußen auf dem Unionsmarkt teilweise ausgleichen und den Unionsherstellern helfen, ihre Fixkosten und andere Kosten abzufedern.
(149)
Insgesamt machten die vom Wirtschaftszweig der Union ausgeführten Mengen im Untersuchungszeitraum jedoch nur 7 % seiner Verkaufsmenge auf dem freien Unionsmarkt aus; auf dieser Grundlage kam die Kommission vorläufig zu dem Schluss, dass etwaige Auswirkungen der Ausfuhrleistung der Unionshersteller auf die Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union unerheblich waren.
5.2.3.
Eigenverbrauch
(150)
Wie aus Tabelle 1 hervorgeht, ging der Eigenverbrauch im Bezugszeitraum um 7 % zurück. Dieser Rückgang erfolgte hauptsächlich im zweiten Teil des Bezugszeitraums und war zum Teil darauf zurückzuführen, dass ein Unionshersteller im Jahr 2019 einige Produktionslinien, in denen die untersuchte Ware verwendet wird, an ein unabhängiges Unternehmen verkauft hat.(18) Außerdem ging der Stahlverbrauch in bestimmten nachgelagerten Sektoren im Bezugszeitraum zurück. Es war der Kommission nicht möglich, den Rückgang in jedem dieser Sektoren zu quantifizieren.
(151)
Auf dieser Grundlage kam die Kommission vorläufig zu dem Schluss, dass die Entwicklung des Eigenverbrauchs für die Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union, wenn überhaupt, dann nur eine marginale Rolle spielte.
5.2.4.
Entwicklung der Nachfrage
(152)
Wie aus Tabelle 2 hervorgeht, lag der Verbrauch auf dem freien Markt zu Beginn und am Ende des Bezugszeitraums im Wesentlichen auf gleichem Niveau.
(153)
Auf dieser Grundlage kam die Kommission vorläufig zu dem Schluss, dass die Entwicklung des Verbrauchs auf dem freien Markt nicht zur Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union beigetragen haben konnte.
5.2.5.
Rohstoffpreise
(154)
Wie in Abschnitt 4.5.3.1 erläutert, war der Anstieg der Rohstoffpreise im Bezugszeitraum die mit Abstand wichtigste Ursache für den Anstieg der Herstellkosten der Unionshersteller.
(155)
An sich verursacht ein Anstieg der Rohstoffpreise keine Schädigung, weil er im Allgemeinen mit einem entsprechenden Anstieg der Verkaufspreise einhergeht. Auf dieser Grundlage kam die Kommission vorläufig zu dem Schluss, dass der Anstieg der Rohstoffkosten an sich keine Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union verursacht hat.
5.2.6.
Andere Faktoren
(156)
Einige Parteien führten andere Faktoren als Ursache für die Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union an. Ein Verwender brachte den Rückgang der Gewinne mit der weltweiten Leistungsverschlechterung in der Stahlindustrie im Jahr 2019 in Verbindung. Ein anderer Verwender nannte „Überkapazitäten bei allen Produkten” als Ursache und erklärte außerdem, die Unionshersteller konzentrierten sich auf Spezialgebiete und litten unter der schwachen Nachfrage in einem in der Krise befindlichen Sektor, namentlich dem Automobilsektor.
(157)
Die beiden ersten Behauptungen waren unkonkret und nicht belegt. Daher kam die Kommission vorläufig zu dem Schluss, dass die Leistung der internationalen Stahlindustrie und etwaige Überkapazitäten nicht wesentlich zur Schädigung der Unionshersteller beigetragen haben.
(158)
Die Kommission hielt auch die letztgenannte Behauptung für falsch, weil die Unionshersteller alle stahlverarbeitenden Sektoren beliefern und nicht nur den Automobilsektor. In dieser Phase der Untersuchung liegen der Kommission keine Informationen über die Größe der einzelnen stahlverarbeitenden Sektoren in den verschiedenen vom Bezugszeitraum betroffenen Jahren vor. Allerdings blieb der Gesamtverbrauch auf dem freien Markt, wie in Abschnitt 5.2.4 dargelegt, im Bezugszeitraum relativ konstant. Daher wurde vorläufig festgestellt, dass die Entwicklung der Nachfrage nicht zur Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union beigetragen hat.
5.3.
Schlussfolgerung zur Schadensursache
(159)
In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen stellte die Kommission vorläufig fest, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der vom Wirtschaftszweig der Union erlittenen Schädigung und den gedumpten Einfuhren aus der Türkei besteht. Aufgrund der türkischen Dumpingpraktiken befand sich der Wirtschaftszweig der Union, nachdem er gerade begonnen hatte, sich von früheren Dumpingpraktiken zu erholen(19), wieder in einer Lage, in der er durch gedumpte Einfuhren geschädigt wurde.
(160)
Die Auswirkungen aller bekannten Faktoren auf die Lage des Wirtschaftszweigs der Union wurden von der Kommission von den schädigenden Auswirkungen der gedumpten Einfuhren unterschieden und abgegrenzt.
(161)
Auf dieser Grundlage kam die Kommission in dieser Phase der Untersuchung zu dem Schluss, dass die gedumpten Einfuhren aus der Türkei eine bedeutende Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union verursachten und dass die anderen Faktoren, ob getrennt oder gemeinsam betrachtet, den ursächlichen Zusammenhang zwischen den gedumpten Einfuhren und der bedeutenden Schädigung nicht abzuschwächen vermochten.
6.
HÖHE DER MAßNAHMEN
(162)
Zur Festsetzung der Höhe der Maßnahmen prüfte die Kommission nach Artikel 7 Absatz 2 der Grundverordnung, ob ein Zoll, der niedriger ist als die Dumpingspanne, ausreichend wäre, um die Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union durch die gedumpten Einfuhren zu beseitigen.
6.1.
Zielpreisunterbietungsspanne
(163)
Die Kommission ermittelte zunächst den Zollsatz, der zur Beseitigung der Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union erforderlich ist, wenn keine Verzerrungen nach Artikel 7 Absatz 2a der Grundverordnung vorliegen. In diesem Fall würde die Schädigung beseitigt, wenn der Wirtschaftszweig der Union in der Lage wäre, seine Produktionskosten zu decken, einschließlich der Kosten, die durch multilaterale Umweltübereinkommen und die dazugehörigen Protokolle, deren Vertragspartei die Union ist, und die in Anhang Ia aufgeführten Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) entstehen, und in der Lage wäre, einen angemessenen Gewinn (im Folgenden „Zielgewinnspanne” ) zu erzielen.
(164)
In Übereinstimmung mit Artikel 7 Absatz 2c der Grundverordnung berücksichtigte die Kommission bei der Ermittlung der Zielgewinnspanne die Höhe der Rentabilität vor dem Anstieg der Einfuhren aus dem betroffenen Land, die Höhe der zur Deckung sämtlicher Kosten und Investitionen sowie sämtlicher Ausgaben in Verbindung mit Forschung und Entwicklung (FuE) und Innovation erforderlichen Rentabilität sowie das unter normalen Wettbewerbsbedingungen zu erwartende Rentabilitätsniveau. Diese Gewinnspanne sollte nicht niedriger als 6 % sein.
(165)
Nach Ansicht des Antragstellers sollte eine angemessene Zielgewinnspanne zwischen 10 % und 15 % liegen. Der Verband der türkischen Stahlausführer ÇİB hielt diese Spanne für zu hoch und schlug stattdessen vor, die Zielgewinnspannen zugrunde zu legen, die die Kommission in den 2017 zur gleichen Ware abgeschlossenen Untersuchungen angewandt hatte, nämlich 7 % und 7,9 %. Einer der in die Stichprobe einbezogenen Unionshersteller befand, dass die Mindestzielgewinnspanne nicht niedriger als die in einer früheren Untersuchung zugrunde gelegten 7,9 % sein sollte.
(166)
Die Kommission konnte die Zielgewinnspanne nicht anhand eines vor dem Anstieg der Einfuhren aus der Türkei liegenden Jahres ermitteln, weil der Wirtschaftszweig der Union in jenen Jahren unter einem Zustrom gedumpter Einfuhren aus anderen Ursprungsländern litt und folglich keines dieser Jahre als Jahr mit einer normalen Wettbewerbslage auf dem Unionsmarkt in Betracht kam. In Anbetracht dessen prüfte die Kommission die im Jahr 2017 erzielte Rentabilität. 2017 waren die Einfuhren aus der Türkei bereits um 1 Mio. Tonnen gegenüber dem Vorjahr gestiegen, sollten jedoch 2018 und 2019 noch einmal um 1 Mio. Tonnen zunehmen. Außerdem war der Wirtschaftszweig der Union 2017 aufgrund der Einführung der Antidumpingzölle auf die Einfuhren von HRFS mit Ursprung in China, Brasilien, Iran, Russland und der Ukraine und den günstigen Marktbedingungen in jenem Jahr eindeutig in einer weitaus besseren Lage als in den Jahren zuvor. In Ermangelung anderer Informationen beschloss die Kommission daher, vorläufig den im Jahr 2017 erzielten durchschnittlichen Gewinn für die Ermittlung der Zielgewinnspanne heranzuziehen. Dieser Gewinn betrug 6,8 %.
(167)
Nach Artikel 7 Absatz 2c der Grundverordnung prüfte die Kommission das Vorbringen von zwei in die Stichprobe einbezogenen Unionsherstellern im Hinblick auf geplante Investitionen, die im Bezugszeitraum nicht durchgeführt worden seien. Auf der Grundlage der eingegangenen Beweisunterlagen, die mit der Buchführung der Unternehmen in Einklang gebracht werden konnten, akzeptierte die Kommission diese Vorbringen vorläufig und schlug die entsprechenden Beträge auf den Gewinn der betroffenen Unionshersteller auf. Die endgültigen Zielgewinnspannen lagen folglich zwischen 6,8 % und 8,0 %.
(168)
Als letzten Schritt bewertete die Kommission nach Artikel 7 Absatz 2d der Grundverordnung die künftigen Kosten, die dem Wirtschaftszweig der Union aus multilateralen Umweltübereinkommen und den dazugehörigen Protokollen, deren Vertragspartei die Union ist, während der Geltungsdauer der Maßnahme nach Artikel 11 Absatz 2 der Grundverordnung entstehen werden. Auf der Grundlage der vorgelegten Informationen, die durch die Berichterstattungssysteme und Prognosen des Unternehmens gestützt wurden, ermittelte die Kommission Kosten in einer Größenordnung zwischen 2 und 12 EUR je Tonne, die zusätzlich zu den durch die Einhaltung dieser Übereinkommen im Untersuchungszeitraum tatsächlich angefallenen Kosten entstehen würden. Diese Differenz wurde auf den nicht schädigenden Preis aufgeschlagen.
(169)
Auf dieser Grundlage berechnete die Kommission einen nicht schädigenden Preis der gleichartigen Ware für den Wirtschaftszweig der Union, indem sie auf die den Unionsherstellern in der Stichprobe im Untersuchungszeitraum entstandenen Herstellkosten die vorgenannte Zielgewinnspanne (siehe Erwägungsgrund 167) anwandte und dann für jeden Warentyp getrennt die Berichtigungen nach Artikel 7 Absatz 2d aufschlug.
(170)
Anschließend ermittelte die Kommission die Schadensbeseitigungsschwelle für jeden Warentyp getrennt anhand eines Vergleichs des gewogenen durchschnittlichen Einfuhrpreises der in die Stichprobe einbezogenen ausführenden Hersteller in dem betroffenen Land, wie er bei den Preisunterbietungsberechnungen ermittelt wurde, mit dem gewogenen durchschnittlichen nicht schädigenden Preis der von den in die Stichprobe einbezogenen Unionsherstellern im Untersuchungszeitraum auf dem freien Unionsmarkt verkauften gleichartigen Ware. Die sich aus diesem Vergleich ergebende Differenz wurde als Prozentsatz des gewogenen durchschnittlichen CIF-Einfuhrwerts ausgedrückt. Das Ergebnis dieser Berechnungen ist in folgender Tabelle aufgeführt.
6.2.
Prüfung der angemessenen Spanne zur Beseitigung der Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union
(171)
Wie in der Einleitungsbekanntmachung erläutert, hatte der Antragsteller der Kommission genügend Beweise dafür vorgelegt, dass im betroffenen Land Verzerrungen des Rohstoffangebots in Bezug auf die untersuchte Ware vorlagen. Daher wurden bei dieser Untersuchung nach Artikel 7 Absatz 2a der Grundverordnung die angeblich vorliegenden Verzerrungen untersucht, um zu bewerten, ob ein Zoll, der niedriger ist als die Dumpingspanne, zur Beseitigung der Schädigung ausreichen würde.
(172)
Da jedoch die zur Beseitigung der Schädigung ausreichenden Spannen höher sind als die Dumpingspannen, befand die Kommission, dass die Prüfung dieses Aspekts in diesem Stadium nicht erforderlich war.
6.3.
Schlussfolgerung
(173)
Im Anschluss an die vorstehende Bewertung gelangte die Kommission zu dem Ergebnis, dass es vertretbar ist, die Höhe der vorläufigen Zölle nach Artikel 7 Absatz 2 der Grundverordnung zu bestimmen. Dementsprechend sollten die folgenden Antidumpingzölle festgelegt werden:
7.
UNIONSINTERESSE
(174)
Die Kommission hat nach Artikel 21 der Grundverordnung geprüft, ob die Einführung von Maßnahmen trotz der Feststellung schädigenden Dumpings dem Interesse der Union zuwiderlaufen würde. Bei der Ermittlung des Unionsinteresses wurden die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt, auch die Interessen des Wirtschaftszweigs der Union sowie der Einführer, Verwender und Verbraucher.
7.1.
Interesse des Wirtschaftszweigs der Union
(175)
Der Wirtschaftszweig der Union setzt sich aus mehr als 20 Herstellern aus 16 Mitgliedstaaten zusammen und beschäftigt 39178 Personen (siehe Abschnitt 4.5.2.4). Die weit überwiegende Mehrheit der Unionshersteller unterstützte den Antrag. Kein Hersteller lehnte die Einleitung der Untersuchung ab.
(176)
Wie in den Abschnitten 4.5.4 und 5.3 festgestellt, verschlechterte sich infolge der gedumpten Einfuhren aus der Türkei die Lage des gesamten Wirtschaftszweigs der Union. Besonders bedeutend war die Schädigung im Hinblick auf die Rentabilität der in die Stichprobe einbezogenen Unionshersteller, die im Untersuchungszeitraum erhebliche Verluste machten.
(177)
Antidumpingmaßnahmen gegenüber den Einfuhren aus der Türkei dürften zur Wiederherstellung fairer Wettbewerbsbedingungen auf dem Unionsmarkt führen und den Wirtschaftszweig der Union in die Lage versetzen, eine für einen solch kapitalintensiven Wirtschaftszweig tragfähige Rentabilität zu erzielen. Es ist damit zu rechnen, dass sich die Unionshersteller infolgedessen von der Schädigung erholen, weitere Investitionen tätigen und ihren verschiedenen – auch sozialen und ökologischen – Verpflichtungen nachkommen.
(178)
Der Verzicht auf Maßnahmen würde größere Verluste im Wirtschaftszweig der Union nach sich ziehen, seine Existenz gefährden und wahrscheinlich zur Schließung von Produktionsanlagen und zu Entlassungen führen.
(179)
Daher gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass die Einführung vorläufiger Maßnahmen im Interesse des Wirtschaftszweigs der Union läge.
7.2.
Interesse der unabhängigen Einführer
(180)
Obwohl die Kommission bei der Einleitung der Untersuchung mehr als 20 potenzielle Einführer der untersuchten Ware und einschlägige Verbände kontaktiert hatte, übermittelte letztlich nur ein unabhängiger Einführer eine Fragebogenantwort und arbeitete an der Untersuchung mit. Diese Partei, Network Steel S.L., beschäftigt weniger als 20 Personen. Ihr im Zusammenhang mit HRFS im Jahr 2019 erzielter Umsatz lag in einer Größenordnung von 50 bis 80 Mio. EUR. Auf diese Partei entfielen im Untersuchungszeitraum 3,5 % bis 5,2 % der HRFS-Einfuhren aus der Türkei. Network Steel S.L. lehnt die Einführung von Maßnahmen mit der Begründung ab, dass HRFS in der Union bereits stark von den geltenden Antidumping- und Ausgleichszöllen gegenüber China und den geltenden Antidumpingzöllen gegenüber Brasilien, der Ukraine, Russland und Iran betroffen seien. Das Unternehmen brachte vor, die Einführer der Union müssten seit der Einführung von Stahlschutzmaßnahmen aufgrund der unzureichenden Zollkontingente und der Pflicht zur Leistung einer Sicherheit, wenn das Kontingent einen kritischen Wert erreicht, mit einer geringeren Anzahl von Lieferanten auskommen und seien ständig mit Lieferengpässen konfrontiert, was ihre Geschäftstätigkeit schlechter planbar mache und erschwere.
(181)
Angesichts der Relevanz der türkischen Einfuhren für die mit HRFS verbundenen Geschäftstätigkeiten von Network Steel S.L. vertrat die Kommission die Auffassung, dass sich die Einführung von geringfügigen Antidumpingmaßnahmen – wenn auch in sehr begrenztem Maße – auf die Ergebnisse der Partei auswirken könnte, sollte sie ihren gegenwärtigen Lieferantenmix beibehalten. Was die Behauptungen der Partei in Bezug auf eine Verknappung des HRFS-Angebots betrifft, so werden diese durch die zahlreichen Bezugsquellen für HRFS (sowohl innerhalb als auch außerhalb der Union, nähere Ausführungen hierzu finden sich in Abschnitt 7.3) widerlegt und somit zurückgewiesen.
(182)
In Anbetracht des geringen Anteils an den Einfuhren, der auf diesen einzelnen mitarbeitenden unabhängigen Einführer entfällt, ist es nicht angezeigt, die in Bezug auf Network Steel S.L. getroffenen Feststellungen auf unabhängige Einführer von HRFS insgesamt auszuweiten. Gleichwohl könnte sich die Einführung von Antidumpingmaßnahmen in der festgelegten Höhe rein theoretisch nachteilig auf einige unabhängige Einführer auswirken. Solche Auswirkungen dürften jedoch insgesamt unbedeutend sein und werden stark vom Geschäftsmodell der Einführer und der Vielfalt ihrer Lieferquellen abhängen, sowie davon, inwieweit sie steigende Kosten an ihre Abnehmer weitergeben können. Daher ist zu erwarten, dass etwaige nachteilige Auswirkungen der Maßnahmen auf unabhängige Einführer insgesamt begrenzt sind und die positiven Effekte der Maßnahmen auf die Unionshersteller von HRFS nicht überwiegen.
7.3.
Interesse der Verwender
(183)
Bestimmte Verwender in der Union konkurrieren auf den nachgelagerten Märkten der untersuchten Ware unter anderem mit den verbundenen Unternehmen der Unionshersteller. Sie verwenden die untersuchte Ware als Rohstoff bei der Herstellung nachgelagerter Produkte, zum Beispiel von kaltgewalzten überzogenen Flachstählen, Hohlprofilen, geschweißten Röhren und Profilen unterschiedlicher Qualitäten, sowie als industrielles Ausgangsmaterial für vielfältige Anwendungen, unter anderem im Bauwesen, im Schiffsbau, für Gasbehälter und für Druckbehälter.
(184)
Vier mit Network Steel S.L. verbundene Verwender mit Sitz in Portugal und Spanien meldeten sich und sprachen sich gegen die Einführung von Maßnahmen aus. Da der Hauptteil der Fragebogenantworten dieser Verwender der Fragebogenantwort von Network Steel S.L. entspricht, wurden ihre Vorbringen in Abschnitt 7.2 behandelt.
(185)
Das Konsortium der Verwender und Einführer von HRFS in der Union (im Folgenden „Konsortium” )(20), ein zwecks Vertretung der Interessen bestimmter Verwender in diesem Verfahren gebildeter Ad-hoc-Zusammenschluss, sprach sich in seiner Stellungnahme gegen die Einführung von Zöllen mit der Begründung aus, sie liefen dem Interesse der Verwender in der Union zuwider.(21) Darüber hinaus legten zwei Verwender in der Union (Marcegaglia Carbon Steel S.P.A. und San Paolo Lamiere S.P.A.) jeweils eigene Fragebogenantworten vor. Die in diesen Fragebogenantworten vorgebrachten Argumente wurden in das Vorbringen des Konsortiums integriert und werden somit gemeinsam bewertet.
(186)
Zunächst wies das Konsortium darauf hin, dass bis auf wenige Ausnahmen für die in den letzten Jahren wichtigsten Bezugsquellen der Union für HRFS Antidumping- und/oder Ausgleichszölle gälten.(22) Vor diesem Hintergrund seien die Verwender in der Union gezwungen, HRFS aus den verbleibenden, nicht von Handelsschutzmaßnahmen betroffenen Drittländern zu beziehen. Von diesen sei angeblich die Türkei als einziges Ausfuhrland in der Lage, die Nachfrage der Verwender in der Union zu bedienen. Das Konsortium behauptete, die Einfuhren aus der Türkei hätten lediglich das Vakuum gefüllt, das die von den Handelsschutzmaßnahmen betroffenen Hauptausfuhrländer hinterlassen hätten; somit würde der Unionsmarkt durch die Einführung von Maßnahmen unweigerlich von der einzigen stabilen und zuverlässigen Bezugsquelle ausgeschlossen, die den Verwendern in der Union derzeit zur Verfügung stehe. Daraus schloss das Konsortium, dass die Einführung von Antidumpingmaßnahmen zu einer Verknappung des HRFS-Angebots in der Union führen und somit dem Interesse der unabhängigen Verwender von HRFS in der Union zuwiderlaufen würde.
(187)
Ziel von Antidumping- und Ausgleichszöllen ist es an erster Stelle, faire Wettbewerbsbedingungen auf dem Unionsmarkt, in diesem Fall für HRFS, wiederherzustellen. Die Kommission führte Maßnahmen gegenüber fünf Ländern ein, da sie festgestellt hatte, dass diese Länder unlautere Handelspraktiken anwandten und damit den Wirtschaftszweig der Union schädigten oder zu schädigen drohten. Es wurde befunden, dass die Einführung von Maßnahmen im allgemeinen Unionsinteresse lag.
(188)
Die Kommission stellte weiter fest, dass den vorliegenden Informationen zufolge die Möglichkeiten, HRFS von außerhalb der Union zu beziehen, nicht auf die Türkei beschränkt sind. Zum einen gibt es mehrere Länder, die den Unionsmarkt in den vergangenen Jahren kontinuierlich beliefert haben und ihre Präsenz auf dem Unionsmarkt weiter ausbauen könnten.(23) Zum anderen stellte die Kommission fest, dass neben den Ländern, die den Unionsmarkt zurzeit beliefern, HRFS in zahlreichen anderen Ländern produziert werden. Diese Länder könnten im Prinzip genügend Kapazitäten haben, um bei entsprechender Nachfrage auf dem Unionsmarkt tätig zu werden, was den Auskünften eines unabhängigen Verwenders in der Union in seiner Fragebogenantwort zufolge bereits in der Vergangenheit der Fall gewesen ist.(24) Die Kommission stellte außerdem fest, dass sich die Zusammensetzung der Einfuhren im Hinblick auf die Bezugsquellen in den vergangenen Jahren stetig weiterentwickelt und an die unterschiedlichen Bedarfslagen und Bedingungen auf dem Unionsmarkt – einschließlich Regulierungsmaßnahmen wie die Einführung von Handelsschutzmaßnahmen – angepasst hat.
(189)
Diesbezüglich bewertete die Kommission die Entwicklung der Einfuhren von HRFS in die Union nach Ursprungsland ab einem Zeitraum vor dem massiven Anstieg gedumpter Einfuhren (2013–2014), der zur Einführung von Antidumpingmaßnahmen in den Jahren 2016(25) bzw. 2017 führte. Die Analyse ergab, dass kontinuierlich durchschnittlich rund zehn Ausfuhrländer einen Großteil der HRFS für den Unionsmarkt lieferten. Allerdings variierte die Verteilung der Einfuhren auf diese Länder im Laufe der Jahre, auch im Hinblick auf Ursprung und Anteil an den Einfuhren. Tatsächlich stiegen die Einfuhren im Jahr 2018 trotz der gegenüber fünf Ländern geltenden Antidumpingmaßnahmen um 18 % im Vergleich zu 2017, und lagen nur leicht unter dem Niveau von 2016, ein Jahr, in dem dennoch beträchtliche Mengen gedumpter Einfuhren auf den Unionsmarkt gelangten, wie im Rahmen der damals durchgeführten Untersuchungen festgestellt wurde.(26)
(190)
Die Verfügbarkeit und Diversifizierung der Bezugsquellen von HRFS aus verschiedenen Ursprungsländern wird außerdem durch die Angaben bestätigt, die einige Verwender in ihren Fragebogenantworten machten. Diesen Angaben zufolge sind sie in der Lage, den Einkauf aus verschiedenen Ursprungsländern – auch aus Ländern, für die Antidumpingmaßnahmen gelten – in relevanten Mengen von einem Jahr zum nächsten erheblich zu steigern und ihre Bezugsquellen um neue Ursprungsländer zu erweitern.(27) Auch die von den Verwendern übermittelten Fragebogen weisen auf eine große Bandbreite an Bezugsquellen hin, einschließlich (hauptsächlich) des Wirtschaftszweigs der Union. Daher wird durch diese Informationen bestätigt, dass die Verwender in der Union in der Lage sind, sich an die Marktbedingungen anzupassen und ihre Bezugsquellen bei Bedarf zügig zu wechseln. Darüber hinaus stellt die Kommission fest, dass es in den vorliegenden Informationen keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass selbst wenn die Menge der türkischen Einfuhren infolge von Antidumpingmaßnahmen stark zurückginge, andere Ausfuhrländer nicht in der Lage wären, ihren Platz auf dem Markt einzunehmen.
(191)
Neben der ausreichenden Verfügbarkeit von Einfuhrquellen ermittelte die Kommission bei dieser Untersuchung auch, dass die Unionshersteller über beträchtliche Kapazitätsreserven verfügen, sodass sie die Menge ihrer Verkäufe an unabhängige Verwender in der Union steigern könnten.
(192)
Schließlich wies die Kommission auch darauf hin, dass die Einführung von Antidumpingmaßnahmen an sich nicht bedeutet, dass die Einfuhren aus dem betroffenen Ursprungsland zum Erliegen kommen oder überhaupt in nennenswerter Weise zurückgehen werden, sondern nur, dass sie zu fairen Preisen eingeführt würden. Wie das Konsortium bestätigte, verhinderte die Einführung von Antidumpingmaßnahmen nicht, dass russische Einfuhren in relevanten Mengen auf den Unionsmarkt gelangten (Russland war im Untersuchungszeitraum das zweitgrößte Ausfuhrland); auch Einfuhren aus Brasilien und der Ukraine gelangten weiterhin auf den Unionsmarkt, wenn auch in geringeren Mengen. Angesichts der Feststellungen bezüglich der Höhe des Dumpings und der daraus resultierenden Höhe der Antidumpingzölle besteht kein Grund zu der Annahme, dass Einfuhren aus der Türkei nach der Einführung von Antidumpingmaßnahmen zum Erliegen kommen werden.
(193)
In Anbetracht der vorstehenden Punkte wies die Kommission die Vorbringen zum angeblichen Fehlen alternativer Bezugsquellen für die Verwender und Einführer in der Union und zur damit verbundenen Gefahr einer Angebotsverknappung im Falle der Einführung von Maßnahmen zurück.
(194)
Das Konsortium wandte weiter ein, dass die Einführung von Antidumpingmaßnahmen gegenüber den Einfuhren aus der Türkei, und zwar selbst „ein sehr niedriger Zollsatz” , unverhältnismäßige Auswirkungen für die Verwender in der Union hätte und in manchen Fällen deren Existenz gefährden würde, da sie den durch die Maßnahmen verursachten Kostenanstieg nicht auffangen und ihre Wettbewerbsfähigkeit auf dem nachgelagerten Markt nicht aufrechterhalten könnten. Ein Antidumpingzoll hätte, so das Konsortium, unmittelbare und erhebliche Auswirkungen auf die Kosten der Verwender; diese gestiegenen Kosten könnten nicht an die nachgelagerten Wirtschaftszweige weitergegeben werden.
(195)
Die Kommission stellte zunächst fest, dass sich keine Verwender auf den großen nachgelagerten Märkten, etwa aus der Automobilindustrie, dem Bereich Industrieanlagen oder dem Bausektor, gemeldet hatten. Diesbezüglich wies die Kommission auf ein Vorbringen des Antragstellers hin, in dem argumentiert wurde, Antidumpingzölle würden nur geringfügige Auswirkungen auf die nachgelagerten Märkte und auf Konsumgüter wie zum Beispiel Waschmaschinen nach sich ziehen. Den in den Unterlagen enthaltenen Informationen und insbesondere den Fragebogenantworten der Verwender ist jedoch zu entnehmen, dass die Einkäufe aus der Türkei im Untersuchungszeitraum stets einen relativ geringen Anteil (7 %–14 %) an den Gesamteinkäufen dieser Verwender ausmachten. In Anbetracht des relativ niedrigen vorgeschlagenen Zollsatzes, der Verfügbarkeit alternativer Bezugsquellen und der relativ geringen Bedeutung der türkischen Einfuhren in dem mit HRFS verbundenen Geschäftsbereich der Verwender hätten diese Maßnahmen, wenn überhaupt, dann nur sehr geringfügige Auswirkungen auf diese Verwender. Für Verwender, die sich gemeldet hatten, würden Maßnahmen insgesamt zu einer Steigerung der Kosten ihrer einschlägigen Tätigkeiten in einer Größenordnung von weniger als 1 % bis zu 2,5 % im Falle der am stärksten betroffenen Verwender führen, sollten sie ihre Beschaffungsstruktur beibehalten. Außerdem gibt es in den Unterlagen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Verwender einen etwaigen geringfügigen Preisanstieg nicht weitergeben könnten. Ebenso geht aus den Unterlagen nicht hervor, dass die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Verwender gegenüber den nachgelagerten Einfuhren aus Drittländern leiden würde.
(196)
Das Konsortium wandte auch ein, dass 2019 für 22 % der Gesamteinfuhren von HRFS Handelsschutzmaßnahmen galten und dass im Falle der Einführung von Maßnahmen gegenüber den Einfuhren aus der Türkei (die 2019 38 % der Einfuhren von HRFS ausmachten) 60 % der Gesamteinfuhren von HRFS in die Union von Maßnahmen betroffen wären. Die Einführung von Antidumpingmaßnahmen hätte daher die vollständige Abhängigkeit der Verwender in der Union vom Angebot der Unionshersteller und damit eine weitere Stärkung der Position des Wirtschaftszweigs der Union auf dem HRFS-Markt zur Folge.
(197)
Die Kommission vertrat die Auffassung, dass die Einführung eines vorläufigen Antidumpingzolls an sich die Verwender in der Union nicht daran hindern würde, die Ware weiterhin in der Türkei zu beziehen, wenn auch zu Preisen, die die in der Untersuchung festgelegten Dumpingspannen ausgleichen würden. Die Kommission erinnerte daran, dass es auf dem HRFS-Markt in der Union ein konkretes und aktuelles Beispiel dafür gibt, dass die Einführung von Antidumpingzöllen an sich nicht verhindert, dass Einfuhren in relevanten Mengen auf den Unionsmarkt gelangen, wie das Konsortium selbst im Zusammenhang mit den trotz geltender Antidumpingmaßnahmen bestehenden Einfuhrmengen aus Russland anmerkte. Dies geht auch aus der Stellungnahme des Konsortiums hervor, in der es einräumte, dass die von Antidumpingmaßnahmen betroffenen Einfuhren nicht weniger als 22 % der Gesamteinfuhren von HRFS im Jahr 2019 ausmachten. In jedem Fall hätten die Verwender in der Union, wie bereits erläutert, weiterhin die Möglichkeit, ihre Bezugsquellen zu diversifizieren und auf mehrere Ausfuhrländer zu verteilen. Somit wies die Kommission den Einwand, durch die Einführung der Antidumpingmaßnahmen würden die Verwender in der Union vollständig vom Angebot der Unionshersteller abhängig gemacht oder würden daran gehindert, die Ware in relevanten Mengen aus der Türkei einzuführen, als unbegründet zurück.
(198)
In der vorläufigen Phase der Untersuchung gelangte die Kommission daher zu dem Schluss, dass die Folgen einer möglichen Einführung von Zöllen für die Verwender die positiven Auswirkungen der Maßnahmen auf den Wirtschaftszweig der Union nicht überwiegen. In der Tat zeigt die vorstehende Analyse vielmehr, dass die Einführung von Zöllen, wenn überhaupt, dann höchstens geringfügige Auswirkungen auf die Verwender von HRFS hätte.
7.4.
Andere Faktoren
(199)
Mehrere Parteien warfen Fragen im Zusammenhang mit dem Wettbewerb und der Wettbewerbsfähigkeit auf. Einige Parteien befürchteten die mögliche Bildung eines (verstärkten) Oligopols in der Union, während andere beklagten, die Unionshersteller würden unabhängige Stahlservicezentren und Verwender in eine schwächere Wettbewerbssituation bringen als verbundene.
(200)
Die Kommission hielt den Einwand in Bezug auf ein Oligopol im Lichte der Anzahl stahlerzeugender Werke und Konzerne in der Union für ungerechtfertigt. Unter den Unionsherstellern herrscht ein gesunder Wettbewerb, und sie werden weiterhin mit Einfuhren aus Drittländern konkurrieren, die nicht ausbleiben werden. Was den zweiten Einwand anbelangt, so widersprachen dem die Antragsteller mit der Begründung, ihre Geschäfte mit verbundenen Stahlservicezentren seien fremdvergleichskonform. Die Kommission hielt den Einwand insofern für unbegründet, als der Wirtschaftszweig der Union bedeutende Mengen an unabhängige Stahlservicezentren und Verwender liefert, die den Fragebogen beantwortet hatten.
7.5.
Schlussfolgerung zum Unionsinteresse
(201)
In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass in dieser Phase der Untersuchung keine Elemente des Unionsinteresses der Einführung von Antidumpingmaßnahmen gegenüber den Einfuhren bestimmter warmgewalzter Flacherzeugnisse aus Eisen, nicht legiertem Stahl oder anderem legiertem Stahl mit Ursprung in der Türkei entgegenstehen.
8.
VORLÄUFIGE ANTIDUMPINGMAßNAHMEN
(202)
Auf der Grundlage der Schlussfolgerungen der Kommission zu Dumping, Schädigung, Schadensursache und Unionsinteresse sollten vorläufige Maßnahmen eingeführt werden, um eine weitere Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union durch die gedumpten Einfuhren zu verhindern.
(203)
Auf die Einfuhren bestimmter warmgewalzter Flacherzeugnisse aus Eisen, nicht legiertem Stahl oder anderem legiertem Stahl mit Ursprung in der Türkei sollten nach Artikel 7 Absatz 2 der Grundverordnung, der sogenannten Regel des niedrigeren Zolls, vorläufige Antidumpingmaßnahmen eingeführt werden. Die Kommission verglich die Zielpreisunterbietungsspannen mit den Dumpingspannen (Erwägungsgrund 170). Die Zollsätze wurden in Höhe der Dumpingspannen festgesetzt.
(204)
Auf dieser Grundlage sollten die folgenden vorläufigen Antidumpingzölle, ausgedrückt als Prozentsatz des CIF-Preises frei Grenze der Union, unverzollt, eingeführt werden:
(205)
Die in dieser Verordnung festgesetzten unternehmensspezifischen Antidumpingzollsätze wurden anhand der Feststellungen dieser Untersuchung ermittelt. Mithin spiegeln sie die Lage der betreffenden Unternehmen während dieser Untersuchung wider. Diese Zollsätze gelten ausschließlich für die Einfuhren der betroffenen Ware mit Ursprung in dem betroffenen Land, die von den namentlich genannten juristischen Personen hergestellt wurde. Einfuhren der betroffenen Ware, die von anderen, im verfügenden Teil dieser Verordnung nicht ausdrücklich genannten Unternehmen (einschließlich der mit den ausdrücklich genannten Unternehmen verbundenen Unternehmen) hergestellt werden, sollten dem für „alle übrigen Unternehmen” geltenden Zollsatz unterliegen. Für sie sollte keiner der unternehmensspezifischen Antidumpingzollsätze gelten.
(206)
Ein Unternehmen kann die Anwendung dieser unternehmensspezifischen Antidumpingzollsätze beantragen, falls es später umfirmiert. Der Antrag ist an die Kommission zu richten. Er muss alle sachdienlichen Informationen enthalten, aus denen hervorgeht, dass die Änderung nicht das Recht des Unternehmens berührt, in den Genuss des für dieses Unternehmen geltenden Zollsatzes zu kommen.
(207)
Zur Minimierung etwaiger Umgehungsrisiken, die aufgrund der vorläufig festgelegten unterschiedlichen Zollsätze bestehen, sind besondere Vorkehrungen zur Gewährleistung der Erhebung der unternehmensspezifischen Antidumpingzölle erforderlich. Die Unternehmen, für die ein unternehmensspezifischer Antidumpingzoll gilt, müssen den Zollbehörden der Mitgliedstaaten eine gültige Handelsrechnung vorlegen. Die Rechnung muss den Vorgaben in Artikel 1 Absatz 3 dieser Verordnung entsprechen. Auf Einfuhren, für die keine solche Handelsrechnung vorgelegt wird, sollte der für „alle übrigen Unternehmen” geltende vorläufig festgelegte Antidumpingzoll erhoben werden.
(208)
Auch wenn die Vorlage dieser Rechnung erforderlich ist, damit die Zollbehörden der Mitgliedstaaten die vorläufig festgelegten unternehmensspezifischen Antidumpingzölle auf die Einfuhren anwenden können, stellt diese Rechnung nicht das einzige von den Zollbehörden zu berücksichtigende Element dar. So müssen die Zollbehörden der Mitgliedstaaten – auch wenn ihnen eine Rechnung vorgelegt wird, die alle in Artikel 1 Absatz 3 dargelegten Anforderungen erfüllt – ihre üblichen Prüfungen durchführen und können wie in allen anderen Fällen zusätzliche Dokumente (Versandpapiere usw.) verlangen, um die Richtigkeit der Angaben in der Erklärung zu überprüfen und sicherzustellen, dass die anschließende Anwendung des niedrigeren Zollsatzes unter Einhaltung der Zollvorschriften gerechtfertigt ist.
(209)
Sollten sich die Ausfuhren eines der Unternehmen, die in den Genuss niedrigerer unternehmensspezifischer Zollsätze gelangen, insbesondere nach der Einführung der betreffenden Maßnahmen beträchtlich erhöhen, so könnte allein schon der mengenmäßige Anstieg als Veränderung des Handelsgefüges aufgrund der Einführung von Maßnahmen im Sinne des Artikels 13 Absatz 1 der Grundverordnung interpretiert werden. Unter diesen Umständen kann, sofern die Voraussetzungen dafür erfüllt sind, eine Umgehungsuntersuchung eingeleitet werden. Im Rahmen dieser Untersuchung kann unter anderem geprüft werden, ob es notwendig ist, den individuellen Zollsatz/die individuellen Zollsätze aufzuheben und stattdessen einen landesweiten Zoll einzuführen.
(210)
Damit die ordnungsgemäße Einziehung der Antidumpingzölle gewährleistet ist, sollte der vorläufig festgelegte Antidumpingzoll für alle übrigen Unternehmen nicht nur für die an dieser Untersuchung nicht mitarbeitenden ausführenden Hersteller gelten, sondern auch für die Hersteller, die im Untersuchungszeitraum keine Ausfuhren in die Union getätigt haben.
9.
ZOLLAMTLICHE ERFASSUNG
(211)
Wie in Erwägungsgrund 4 erwähnt, ließ die Kommission die Einfuhren von HRFS zollamtlich erfassen. Die zollamtliche Erfassung erfolgte im Hinblick auf eine etwaige rückwirkende Erhebung von Zöllen nach Artikel 10 Absatz 4 der Grundverordnung.
(212)
Angesichts der im vorläufigen Stadium getroffenen Feststellungen sollte die zollamtliche Erfassung der Einfuhren eingestellt werden.
(213)
In diesem Stadium des Verfahrens wurde keine Entscheidung über eine mögliche rückwirkende Anwendung der Antidumpingmaßnahmen getroffen. Ein solcher Beschluss wird im Rahmen der endgültigen Sachaufklärung getroffen.
10.
INFORMATIONEN IM VORLÄUFIGEN STADIUM
(214)
Im Einklang mit Artikel 19a der Grundverordnung unterrichtete die Kommission die interessierten Parteien über die geplante Einführung der vorläufigen Zölle. Diese Auskünfte wurden auch über die Website der GD HANDEL der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Den interessierten Parteien wurden drei Arbeitstage dafür eingeräumt, zur Richtigkeit der Berechnungen, über die sie unterrichtet worden waren, Stellung zu nehmen.
(215)
Zu den Dumpingberechnungen gingen Stellungnahmen von zwei ausführenden Herstellern ein. Nach Auffassung der Kommission bezog sich keine dieser Stellungnahmen auf Schreibfehler.
(216)
Zu den Schadensberechnungen gingen Stellungnahmen eines in die Stichprobe einbezogenen Unionsherstellers ein. Eine dieser Stellungnahmen betraf einen Schreibfehler bei der Berechnung des Zielpreises dieses Herstellers. Der Fehler wurde berichtigt, was jedoch nicht zu einer Änderung der Schadensspannen führte.
11.
SCHLUSSBESTIMMUNGEN
(217)
Im Interesse einer ordnungsgemäßen Verwaltung wird die Kommission die interessierten Parteien auffordern, innerhalb einer festgelegten Frist schriftlich Stellung zu nehmen und/oder eine Anhörung vor der Kommission und/oder der Anhörungsbeauftragten für Handelsverfahren zu beantragen.
(218)
Die Feststellungen zur Einführung vorläufiger Zölle sind vorläufiger Natur und können im Rahmen der endgültigen Sachaufklärung geändert werden —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 176 vom 30.6.2016, S. 21.

(2)

Bekanntmachung über die Einleitung eines Antidumpingverfahrens betreffend die Einfuhren bestimmter warmgewalzter Flacherzeugnisse aus Eisen, nicht legiertem Stahl oder anderem legiertem Stahl mit Ursprung in der Türkei (ABl. C 166 vom 14.5.2020, S. 9).

(3)

Bekanntmachung über die Einleitung eines Antisubventionsverfahrens betreffend die Einfuhren bestimmter warmgewalzter Flacherzeugnisse aus Eisen, nicht legiertem Stahl oder anderem legiertem Stahl mit Ursprung in der Türkei (ABl. C 197 vom 12.6.2020, S. 4).

(4)

Durchführungsverordnung (EU) 2020/1686 der Kommission vom 12. November 2020 zur zollamtlichen Erfassung der Einfuhren bestimmter warmgewalzter Flacherzeugnisse aus Eisen, nicht legiertem Stahl oder anderem legiertem Stahl mit Ursprung in der Türkei (ABl. L 379 vom 13.11.2020, S. 47).

(5)

Dieser Fragebogen sowie die Fragebogen für die Unionshersteller, Einführer und Verwender sind abrufbar unter https://trade.ec.europa.eu/tdi/case_details.cfm?id=2458https://trade.ec.europa.eu/tdi/case_details.cfm?id=2458

(6)

Ebd.

(7)

Vorbringen vom 19. Juni 2020, Aktenzeichen t20.004238.

(8)

Durchführungsverordnung (EU) 2017/1795 der Kommission vom 5. Oktober 2017 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter warmgewalzter Flacherzeugnisse aus Eisen, nicht legiertem Stahl oder anderem legiertem Stahl mit Ursprung in Brasilien, Iran, Russland und der Ukraine und zur Einstellung der Untersuchung betreffend die Einfuhren bestimmter warmgewalzter Flacherzeugnisse aus Eisen, nicht legiertem Stahl oder anderem legiertem Stahl mit Ursprung in Serbien (ABl. L 258 vom 6.10.2017, S. 24), Erwägungsgrund 569.

(9)

Abrufbar unter https://data.worldbank.org/indicator/FP.CPI.TOTL.ZG?end=2019&locations=TR&start=1960&view=charthttps://data.worldbank.org/indicator/FP.CPI.TOTL.ZG?end=2019&locations=TR&start=1960&view=chart11. Dezember 2020).

(10)

Abrufbar unter https://www.ecb.europa.eu/stats/policy_and_exchange_rates/euro_reference_exchange_rates/html/eurofxref-graph-try.en.htmlhttps://www.ecb.europa.eu/stats/policy_and_exchange_rates/euro_reference_exchange_rates/html/eurofxref-graph-try.en.html11. Dezember 2020).

(11)

Durchführungsverordnung (EU) 2017/1795 der Kommission vom 5. Oktober 2017 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter warmgewalzter Flacherzeugnisse aus Eisen, nicht legiertem Stahl oder anderem legiertem Stahl mit Ursprung in Brasilien, Iran, Russland und der Ukraine und zur Einstellung der Untersuchung betreffend die Einfuhren bestimmter warmgewalzter Flacherzeugnisse aus Eisen, nicht legiertem Stahl oder anderem legiertem Stahl mit Ursprung in Serbien (ABl. L 258 vom 6.10.2017, S. 24).

(12)

Durchführungsverordnung (EU) 2017/649 der Kommission vom 5. April 2017 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter warmgewalzter Flacherzeugnisse aus Eisen, nicht legiertem Stahl oder legiertem Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China (ABl. L 92 vom 6.4.2017, S. 68); Durchführungsverordnung (EU) 2017/969 der Kommission vom 8. Juni 2017 zur Einführung endgültiger Ausgleichszölle auf die Einfuhren bestimmter warmgewalzter Flacherzeugnisse aus Eisen, nicht legiertem Stahl oder legiertem Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China und zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) 2017/649 der Kommission zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter warmgewalzter Flacherzeugnisse aus Eisen, nicht legiertem Stahl oder legiertem Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China (ABl. L 146 vom 9.6.2017, S. 17).

(13)

Siehe Fußnote 13.

(14)

Durchführungsverordnung (EU) 2017/649 der Kommission vom 5. April 2017 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter warmgewalzter Flacherzeugnisse aus Eisen, nicht legiertem Stahl oder legiertem Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China (ABl. L 92 vom 6.4.2017, S. 68); Durchführungsverordnung (EU) 2017/969 der Kommission vom 8. Juni 2017 zur Einführung endgültiger Ausgleichszölle auf die Einfuhren bestimmter warmgewalzter Flacherzeugnisse aus Eisen, nicht legiertem Stahl oder legiertem Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China und zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) 2017/649 der Kommission zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter warmgewalzter Flacherzeugnisse aus Eisen, nicht legiertem Stahl oder legiertem Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China (ABl. L 146 vom 9.6.2017, S. 17).

(15)

Siehe unter anderem Tabelle 7 und Erwägungsgrund 339 der Durchführungsverordnung (EU) 2017/1795 der Kommission vom 5. Oktober 2017 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter warmgewalzter Flacherzeugnisse aus Eisen, nicht legiertem Stahl oder anderem legiertem Stahl mit Ursprung in Brasilien, Iran, Russland und der Ukraine und zur Einstellung der Untersuchung betreffend die Einfuhren bestimmter warmgewalzter Flacherzeugnisse aus Eisen, nicht legiertem Stahl oder anderem legiertem Stahl mit Ursprung in Serbien (ABl. L 258 vom 6.10.2017, S. 24).

(16)

Durchführungsverordnung (EU) 2017/1795 der Kommission (siehe Fußnote 4).

(17)

Es sei darauf hingewiesen, dass die von Eurostat ausgewiesenen Preise der Einfuhren aus der Türkei im Untersuchungszeitraum 7,5 % unter dem Verkaufspreis des Wirtschaftszweigs der Union lagen, während der in dieser Untersuchung je Warentyp separat vorgenommene Vergleich wesentlich geringere Preisunterbietungsspannen zwischen 1,3 % und 2,9 % ergab.

(18)

https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/IP_19_2169

(19)

Nähere Informationen zu den früheren Untersuchungen betreffend diese Ware sind Abschnitt 4.5.2.5 zu entnehmen.

(20)

Einzelnen Mitgliedern des Konsortiums wurde Anonymität gewährt (Dokument vom 31. Juli 2020, Aktenzeichen t20.005357).

(21)

Vorbringen des Konsortiums von HRFS-Verwendern vom 2. Juli 2020, Aktenzeichen t20.004517.

(22)

Es gelten Antidumping- und/oder Ausgleichsmaßnahmen für Brasilien, China, Iran, Russland und die Ukraine.

(23)

Diese Länder erhöhten ihre Einfuhren von HRFS zwischen der Zeit vor der Einführung von Antidumpingmaßnahmen (d. h. vor 2016) und dem Untersuchungszeitraums um mehr als 1,5 Mio. Tonnen.

(24)

Fragebogenantwort (offene Fassung) von San Polo Lamiere, S. 20 (22. Juni 2020, Aktenzeichen 20.004293).

(25)

Am 7. Oktober 2016 wurden vorläufige Antidumpingmaßnahmen gegenüber chinesischen Einfuhren eingeführt (ABl. L 272 vom 7.10.2016, S. 33).

(26)

Durchführungsverordnung (EU) 2017/649 der Kommission vom 5. April 2017 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter warmgewalzter Flacherzeugnisse aus Eisen, nicht legiertem Stahl oder legiertem Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China (ABl. L 92 vom 6.4.2017, S. 68); Durchführungsverordnung (EU) 2017/1795 der Kommission vom 5. Oktober 2017 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter warmgewalzter Flacherzeugnisse aus Eisen, nicht legiertem Stahl oder anderem legiertem Stahl mit Ursprung in Brasilien, Iran, Russland und der Ukraine und zur Einstellung der Untersuchung betreffend die Einfuhren bestimmter warmgewalzter Flacherzeugnisse aus Eisen, nicht legiertem Stahl oder anderem legiertem Stahl mit Ursprung in Serbien (ABl. L 258 vom 6.10.2017, S. 24).

(27)

Fragebogenantwort (offene Fassung) von Marcegaglia Carbon Steel S.P.A., Tabelle C (29. Juni 2020, Aktenzeichen t20.004420).

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