Präambel VO (EU) 2022/1214

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) 2020/852 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2020 über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2019/2088(1), insbesondere auf Artikel 8 Absatz 4, Artikel 10 Absatz 3 und Artikel 11 Absatz 3,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
In der Delegierten Verordnung (EU) 2021/2139 der Kommission(2) sind technische Bewertungskriterien für mehrere Wirtschaftssektoren und -tätigkeiten festgelegt, die das Potenzial haben, zu den Zielen der Union in den Bereichen Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel beizutragen. Diese Wirtschaftssektoren und -tätigkeiten wurden aufgrund ihres Anteils an den Gesamttreibhausgasemissionen und ihres nachgewiesenen Potenzials, zur Vermeidung oder Verringerung von Treibhausgasemissionen oder zum Abbau von Treibhausgasen beizutragen, ausgewählt. Zudem können diese Wirtschaftssektoren und -tätigkeiten eine solche Vermeidung oder Verringerung, einen solchen Abbau oder eine langfristige Speicherung bei anderen Sektoren und Tätigkeiten nachweislich ermöglichen.
(2)
Etwa 75 % der direkten Treibhausgasemissionen in der Union entfallen auf den Gesamtenergieverbrauch. Der Energiesektor ist somit für die weitere Verringerung der Treibhausgasemissionen von entscheidender Bedeutung. Die in der Delegierten Verordnung (EU) 2021/2139 festgelegten technischen Bewertungskriterien umfassen daher ein breites Spektrum von Wirtschaftssektoren und -tätigkeiten im Zusammenhang mit der Energieversorgungskette — von der Strom- oder Wärmeerzeugung aus verschiedenen Quellen über Übertragungs-/Fernleitungs- und Verteilernetze bis hin zur Speicherung — sowie Wärmepumpen und die Erzeugung von Biogas und Biokraftstoffen. Die Delegierte Verordnung (EU) 2021/2139 enthält jedoch keine technischen Bewertungskriterien für Wirtschaftstätigkeiten in den Bereichen fossiles Gas und Kernenergie, obwohl auch sie das Potenzial haben, zur Dekarbonisierung der Wirtschaft in der Union beizutragen.
(3)
Wie in der Mitteilung der Kommission vom 21. April 2021 ( „EU-Taxonomie, Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen, Nachhaltigkeitspräferenzen und treuhänderische Pflichten: Finanzielle Mittel in Richtung des europäischen Grünen Deals lenken” ) und in der Mitteilung der Kommission vom 6. Juli 2021 ( „Strategie zur Finanzierung einer nachhaltigen Wirtschaft” ) dargelegt, wurde die Festlegung technischer Bewertungskriterien für die Energieerzeugung aus fossilem Gas verschoben, da eine weitere technische Bewertung erforderlich war, insbesondere zur Übergangsrolle von fossilem Gas bei der Dekarbonisierung der Wirtschaft(3). Die Festlegung technischer Bewertungskriterien für Tätigkeiten im Bereich der Kernenergie wurde ebenfalls verschoben, um das Ergebnis einer 2020 eingeleiteten eingehenden Sachverständigenprüfung zu der Frage abzuwarten, ob anzunehmen ist, dass der kerntechnische Lebenszyklus und insbesondere kerntechnische Abfälle mit der Anforderung des Artikels 17 der Verordnung (EU) 2020/852, wonach eine Tätigkeit andere Umweltziele nicht erheblich beeinträchtigen darf, vereinbar sind. Auf der Grundlage dieser Bewertungen ist anzuerkennen, dass Tätigkeiten in den Bereichen fossiles Gas und Kernenergie zur Dekarbonisierung der Wirtschaft in der Union beitragen können.
(4)
Nach Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2020/852 über Wirtschaftstätigkeiten, die einen Beitrag zum Übergang leisten, ist es erforderlich, technische Bewertungskriterien für die Stromerzeugung, die hocheffiziente Kraft-Wärme/Kälte-Kopplung und die Erzeugung von Wärme/Kälte aus fossilem Gas in effizienten Fernwärme- und -kältesystemen festzulegen, soweit die Treibhausgasemissionen aus fossilem Gas unter einem angemessenen Schwellenwert liegen. Zudem müssen technische Bewertungskriterien auch für die Nutzung von fossilem Gas für die Stromerzeugung, die hocheffiziente Kraft-Wärme/Kälte-Kopplung und die Erzeugung von Wärme/Kälte in effizienten Fernwärme- und -kältesystemen festgelegt werden, wenn der angemessene Schwellenwert bei dieser Stromerzeugung, hocheffizienten Kraft-Wärme/Kälte-Kopplung und Erzeugung von Wärme/Kälte in effizienten Fernwärme- und -kältesystemen noch nicht erreicht wird, da für den Übergang — neben der Nutzung klimaneutraler Energie und verstärkten Investitionen in bereits CO2-arme Wirtschaftstätigkeiten — auch die Treibhausgasemissionen anderer Wirtschaftstätigkeiten und -sektoren erheblich verringert werden müssen, für die es noch keine technisch machbaren und wirtschaftlichen CO2-armen Alternativen gibt. Alle diese Wirtschaftstätigkeiten sollten als Übergangstätigkeiten im Sinne des Artikels 10 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2020/852 eingestuft werden, da technisch machbare und wirtschaftliche CO2-arme Alternativen möglicherweise noch nicht in ausreichendem Umfang zur Verfügung stehen, um den Energiebedarf kontinuierlich und zuverlässig zu decken. Insbesondere sollte für die Stromerzeugung eine Alternative zur direkten Begrenzung der Treibhausgasemissionen vorgesehen werden. Nach diesem alternativen Ansatz, der über einen Zeitraum von zwanzig Jahren zu ähnlichen Ergebnissen führen sollte, können Anlagen diese Ergebnisse durch Beschränkung der Zahl ihrer Betriebsstunden oder durch die beschleunigte Umstellung auf erneuerbare oder CO2-arme Gase erreichen. Die technischen Bewertungskriterien sollten einen beschleunigten Ausstieg aus emissionsintensiveren Energiequellen wie festen fossilen Brennstoffen erleichtern. Angesichts der Anforderungen des Artikels 10 Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstaben a, b und c der Verordnung (EU) 2020/852 sollten die technischen Bewertungskriterien für die Nutzung von fossilem Gas auch sicherstellen, dass zuverlässige Nachweise dafür vorliegen, dass dieselbe Energieerzeugungskapazität mit erneuerbaren Quellen nicht erreichbar wäre, und dass für jede Anlage im Einklang mit der besten Leistung in diesem Sektor wirksame Pläne erstellt werden, um bis zu einem bestimmten Zeitpunkt vollständig zu erneuerbaren oder CO2-armen Gasen überzugehen. Darüber hinaus sollten die technischen Bewertungskriterien eine befristete Anerkennung des Beitrags dieser Tätigkeiten zur Dekarbonisierung vorsehen.
(5)
Erneuerbare Energien werden bei der Umsetzung der Klima- und Umweltziele der Union eine grundlegende Rolle spielen. Es sind daher zusätzliche Investitionen in erneuerbare Energien erforderlich, um den höheren Bedarf des Energiemarkts der Union an erneuerbarer und sauberer Energie zu decken.
(6)
Tätigkeiten im Bereich der Kernenergie sind CO2-arme Tätigkeiten und fallen nicht in den Bereich der Energie aus erneuerbaren Quellen gemäß Artikel 2 Absatz 2 Nummer 1 der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates(4) und gemäß Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2020/852; sie gehören auch nicht zu den unter den Buchstaben b bis i dieser Bestimmung aufgeführten weiteren Kategorien von Wirtschaftstätigkeiten. Diese Wirtschaftstätigkeiten im Bereich der Kernenergie sollten nach Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2020/852 eingestuft werden, solange noch keine technisch machbaren und wirtschaftlichen CO2-arme Alternativen in ausreichendem Umfang zur Verfügung stehen, um den Energiebedarf kontinuierlich und zuverlässig zu decken. Ferner wurde im Abschlussbericht der Sachverständigengruppe für nachhaltiges Finanzwesen vom März 2020(5) darauf hingewiesen, dass die Kernenergie in der Phase der Stromerzeugung nahezu keine Treibhausgasemissionen verursache und dass zahlreiche und eindeutige Nachweise für einen potenziell wesentlichen Beitrag der Kernenergie zu Klimaschutzzielen vorlägen. Zudem zählt die Kernenergie in den Plänen einiger Mitgliedstaaten neben erneuerbaren Energien zu den Energiequellen, die genutzt werden sollen, um die Klimaziele einschließlich des Dekarbonisierungsziels für 2050 aus der Verordnung (EU) 2021/1119 des Europäischen Parlaments und des Rates(6) zu erreichen. Darüber hinaus erleichtert die Kernenergie die Einbeziehung intermittierender erneuerbarer Quellen, da sie eine stabile Grundlastversorgung sicherstellt, und steht deren Ausbau somit im Einklang mit Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2020/852 nicht im Weg. Für Tätigkeiten im Bereich der Kernenergie sollte daher die Übereinstimmung mit Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2020/852 angenommen werden.
(7)
Wie wissenschaftliche Prüfungen durch Sachverständige(7) ergeben haben, sollten technische Bewertungskriterien für Wirtschaftstätigkeiten im Bereich der Kernenergie sicherstellen, dass sie keine erhebliche Beeinträchtigung anderer Umweltziele aufgrund potenzieller Risiken im Zusammenhang mit der Langzeit- und Endlagerung kerntechnischer Abfälle nach sich ziehen. Diese technischen Bewertungskriterien sollten daher höchsten Standards entsprechen, was die nukleare Sicherheit, den Strahlenschutz und die Entsorgung radioaktiver Abfälle betrifft, und sich auf die Anforderungen des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (im Folgenden „Euratom-Vertrag” ) und der im Rahmen dieses Vertrags erlassenen Rechtsvorschriften stützen, insbesondere auf die Anforderungen der Richtlinie 2009/71/Euratom des Rates(8). Die genannte Richtlinie enthält ein übergeordnetes Ziel für ein hohes Maß an nuklearer Sicherheit, das alle Phasen des Lebenszyklus jeder kerntechnischen Anlage umfasst, einschließlich Standortwahl, Auslegung, Bau, Inbetriebnahme, Betrieb und Stilllegung dieser Anlagen. Insbesondere werden in der genannten Richtlinie erhebliche Sicherheitsverbesserungen bei der Auslegung neuer Reaktoren gefordert, darunter die sogenannten Reaktoren der Generation III+, für die unter Berücksichtigung der neuesten internationalen Sicherheitsanforderungen Erkenntnisse und Technologien auf dem neuesten Stand genutzt werden sollten. Diese Anforderungen sehen eine wirksame Umsetzung des Ziels für die nukleare Sicherheit vor, einschließlich der Anwendung eines gestaffelten Sicherheitskonzepts und einer effektiven Sicherheitskultur. Die Anforderungen stellen sicher, dass die Auswirkungen vom Menschen verursachter oder natürlicher Extremereignisse, wie Erdbeben und Hochwasser, minimiert werden und dass Unfälle, abnormale Betriebszustände und Fehlfunktionen oder der Ausfall von Steuerungssystemen verhindert werden, unter anderem durch Schutzstrukturen oder Reservesysteme für die Kühlung und Stromversorgung.
(8)
Unfalltolerante Brennstoffe für Kernkraftwerke, die einen zusätzlichen Schutz bei Unfällen aufgrund struktureller Schäden an Brennelementen oder Reaktorkomponenten aufweisen, sind heute auf dem Markt verfügbar. Angesichts dieser neuen technischen Entwicklungen sollte die Verwendung dieser Art von Brennstoffen als Anforderung in den technischen Bewertungskriterien festgelegt werden, soweit sie in der Union zugelassen sind.
(9)
Weltweit laufen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zur Entwicklung neuer Kernreaktortechnologien, die unter anderem geschlossene Brennstoffkreisläufe oder Konzepte für sich selbst erhaltende Brennstoffkreisläufe nutzen und die Erzeugung hochradioaktiver Abfälle minimieren (im Folgenden „Reaktoren der IV. Generation” ). Wenngleich die Reaktoren der IV. Generation noch nicht wirtschaftlich sind, sollten für diese Reaktoren technische Bewertungskriterien festgelegt werden, da sie potenziell zum Dekarbonisierungsziel und zur Minimierung radioaktiver Abfälle beitragen können.
(10)
Im Rahmen ihrer Dekarbonisierungsbemühungen setzen mehrere Mitgliedstaaten auf Kernenergie als eine ihrer künftigen Energiequellen. Die von der Kommission bewerteten Szenarien führen zu einem dekarbonisierten Energiesystem, das zu einem sehr großen Teil auf erneuerbaren Energien und auf Kernenergie mit einer im Vergleich zum derzeitigen Stand stabilen installierten Kapazität beruht. Angesichts der Alterung der derzeit genutzten kerntechnischen Anlagen ist es erforderlich, vor einer Laufzeitverlängerung sicherheitstechnische Verbesserungen vorzunehmen und veraltete Anlagen durch neue kerntechnische Anlagen zu ersetzen. Dieser kontinuierliche Prozess sollte sicherstellen, dass die erforderliche Kapazität für die Dekarbonisierung des Energiesystems bis 2050 und erforderlichenfalls auch danach noch zur Verfügung steht. Daher werden im gesamten Zeitraum bis 2050 und darüber hinaus erhebliche Investitionen in die Kernenergie erforderlich. Dabei ist sicherzustellen, dass neue Kernkraftwerke die modernsten Lösungen nutzen, die durch den technischen Fortschritt verfügbar werden. Die technischen Bewertungskriterien für diese neuen Kernkraftwerke sollten daher regelmäßige Überprüfungen jedes Investitionsvorhabens vorsehen und technische Parameter umfassen, die vor dem Hintergrund der Ergebnisse kontinuierlicher Forschung und Entwicklung der besten verfügbaren Technologie und kontinuierlichen technischen Verbesserungen entsprechen. Es sollten konkrete Zeitpunkte festgelegt werden, um sicherzustellen, dass neue mit einer nachhaltigen Dekarbonisierung zu vereinbarenden Technologien eingeführt werden, sobald sie verfügbar werden.
(11)
In Anhang II des Euratom-Vertrags und der Verordnung (Euratom) Nr. 2587/1999 des Rates(9) sind Schwellenwerte und andere Anforderungen in Bezug auf die Meldung von Investitionen in die Kernenergie an die Kommission festgelegt. Damit bei der Verwirklichung der Ziele der Taxonomie die Grundsätze und Anforderungen der Euratom-Rechtsvorschriften, einschließlich des Ziels der nuklearen Sicherheit, so weit wie möglich berücksichtigt werden, sollte die Kommission eine Stellungnahme zu diesen Investitionen abgeben, unabhängig davon, ob nach Anhang II des Euratom-Vertrags und der Verordnung (Euratom) Nr. 2587/1999 eine Meldung erforderlich ist. Aus demselben Grund sollten alle von der Kommission in ihrer Stellungnahme genannten Punkte im Zusammenhang mit der Anwendung des Artikels 10 Absatz 2 und des Artikels 17 der Verordnung (EU) 2020/852 sowie der technischen Bewertungskriterien ausreichend berücksichtigt werden.
(12)
Angesichts der langen Vorlaufzeiten für Investitionen in neue kerntechnische Erzeugungskapazitäten kann die Dekarbonisierung des Energiesystems durch eine Verlängerung der Laufzeit ausgewählter vorhandener kerntechnischer Anlagen auf kurze bis mittlere Sicht unterstützt werden. Die technischen Bewertungskriterien für diese Verlängerungen sollten jedoch die Verpflichtung umfassen, Änderungen und sicherheitstechnische Verbesserungen vorzunehmen, um sicherzustellen, dass diese kerntechnischen Anlagen den höchsten erreichbaren Sicherheitsstandards und allen sicherheitsbezogenen Anforderungen der im Rahmen des Euratom-Vertrags erlassenen Rechtsvorschriften entsprechen.
(13)
Angesichts der erwarteten technischen und wissenschaftlichen Entwicklungen sollten Investitionen in den Bau und den sicheren Betrieb neuer kerntechnischer Anlagen, die die besten verfügbaren Technologien nutzen und bis zu einem angemessenen Zeitpunkt im Einklang mit dem geltenden nationalen Recht von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten genehmigt werden, technischen Bewertungskriterien und Fristen unterliegen, die dazu anregen, Reaktoren der IV. Generation mit geschlossenem Brennstoffkreislauf oder sich selbst erhaltenden Brennstoffkreisläufen zu entwickeln und einzusetzen, sobald sie kommerziell verfügbar sind. Diese Fristen sollten vor dem Hintergrund der Fortschritte bei der Entwicklung dieser Technologien auf geeignete Weise überprüft werden.
(14)
Die technischen Bewertungskriterien, die den Klimaschutz oder die Anpassung an den Klimawandel betreffen, sollten sicherstellen, dass Wirtschaftstätigkeiten keine erhebliche Beeinträchtigung eines der anderen Umweltziele verursachen. Speziell für Wirtschaftstätigkeiten im Bereich der Kernenergie ist es erforderlich, gemäß Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer iii der Verordnung (EU) 2020/852 sicherzustellen, dass die langfristige Entsorgung von Abfällen nicht mit einer erheblichen und langfristigen Umweltbeeinträchtigung verbunden ist. Die technischen Bewertungskriterien sollten daher — im Einklang mit dem Grundsatz, dass die Erzeuger von Abfällen auch die Kosten für deren Entsorgung tragen sollten — spezielle Verpflichtungen zur Einrichtung eines Fonds für die Entsorgung radioaktiver Abfälle sowie eines Fonds für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen, die miteinander kombiniert werden können, umfassen; eine weitere Bedingung sollte darin bestehen, dass betriebsbereite Endlager für alle radioaktiven Abfälle vorhanden sind, um die Ausfuhr radioaktiver Abfälle zur Entsorgung in Drittländern zu verhindern. In mehreren Mitgliedstaaten werden schwach- und mittelradioaktive Abfälle derzeit bereits in oberflächennahen Endlagern entsorgt, und beim jahrzehntelangen Betrieb dieser oberflächennahen Endlager konnten umfangreiche Erfahrungen und Kenntnisse im Bereich der Abfallentsorgung gewonnen werden. Für hochradioaktive Abfälle und abgebrannte Brennelemente ist die Endlagerung in tiefen geologischen Formationen nach aktuellem Kenntnisstand die beste Lösung und bei Sachverständigen weltweit allgemein als sicherste und nachhaltigste Option für die Endphase der Entsorgung hochradioaktiver Abfälle und abgebrannter Brennelemente anerkannt. Die Mitgliedstaaten sollten weiterhin selbst die Verantwortung für ihre Strategie bei der Entsorgung abgebrannten Brennelemente und schwach-, mittel- oder hochradioaktiver Abfälle tragen und die Planung und Umsetzung von Endlagerungsoptionen in ihre nationalen Strategien aufnehmen, insbesondere im Rahmen der nationalen Programme für die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle, wobei alle Arten abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle sowie alle Phasen des Umgangs mit abgebrannten Brennelementen und radioaktiven Abfällen — von der Erzeugung bis hin zur Endlagerung — zu berücksichtigen sind. Der Inhalt der nationalen Programme ist in der Richtlinie 2011/70/Euratom des Rates(10) festgelegt und umfasst Leistungskennzahlen für eine transparente Überwachung der Fortschritte. Die Mitgliedstaaten müssen der Kommission regelmäßig über die Fortschritte bei der Durchführung der nationalen Programme Bericht erstatten. Wie die Berichte der Mitgliedstaaten aus dem Jahr 2021 zeigen, kommen sie bei der Errichtung der ersten Endlager in tiefen geologischen Formationen im Gebiet der Union gut voran. Es erscheint daher realistisch, dass diese Anlagen in den Mitgliedstaaten bis 2050 entwickelt und in Betrieb genommen werden können. Durch die Aufnahme einer entsprechenden Anforderung in die technischen Bewertungskriterien wird eine erhebliche Beeinträchtigung der Umwelt somit vermieden.
(15)
Nicht-Finanzunternehmen und Finanzunternehmen müssen in Bezug auf ihre Investitionen in Tätigkeiten in den Bereichen fossiles Gas und Kernenergie für ein hohes Maß an Transparenz für die Anleger sorgen; daher sollten dafür technische Bewertungskriterien festgelegt werden. Zur Gewährleistung dieser Transparenz sollten besondere Offenlegungspflichten für Nicht-Finanzunternehmen und Finanzunternehmen festgelegt werden. Im Interesse der Vergleichbarkeit der den Anlegern offengelegten Informationen sollten diese Informationen in einem Meldebogen bereitgestellt werden, aus dem der Anteil der Tätigkeiten in den Bereichen fossiles Gas und Kernenergie im Nenner und gegebenenfalls im Zähler der wichtigsten Leistungsindikatoren dieser Unternehmen klar hervorgeht. Damit für Anleger, die in die in den Artikeln 5 und 6 der Verordnung (EU) 2020/852 genannten Finanzprodukte investieren, ein hohes Maß an Transparenz gewährleistet ist, was Risikopositionen im Zusammenhang mit Tätigkeiten in den Bereichen fossiles Gas und Kernenergie betrifft, für die technische Bewertungskriterien gelten, wird die Kommission den Offenlegungsrahmen für diese Finanzprodukte erforderlichenfalls ändern oder Änderungen vorschlagen, um während der gesamten Lebensdauer dieser Finanzprodukte die Transparenz vollständig sicherzustellen. Damit die Endanleger diese Informationen klar erkennen können, wird die Kommission Änderungen der Vorschriften zu der von den Anbietern angebotenen Anlage- und Versicherungsberatung in Erwägung ziehen.
(16)
Um das Vertrauen der Anleger zu stärken, sollte von einem unabhängigen Dritten überprüft werden, ob Tätigkeiten im Bereich fossiles Gas diese technischen Bewertungskriterien erfüllen. Damit eine unparteiische und sorgfältige Überprüfung der Einhaltung sichergestellt ist, sollte der unabhängige Dritte über die dafür erforderlichen Ressourcen und Fachkenntnisse verfügen, unabhängig sein, um Interessenkonflikte mit dem Eigentümer oder Geldgeber zu vermeiden, und nicht an der Entwicklung oder am Betrieb dieser Tätigkeiten im Bereich fossiles Gas beteiligt sein. Neben dem Überprüfungsmechanismus können Finanzunternehmen und Nicht-Finanzunternehmen bestimmten Überprüfungsanforderungen unterliegen, die in anderen Rechtsvorschriften der Union für ein nachhaltiges Finanzwesen vorgesehen sind und die Einhaltung der technischen Bewertungskriterien umfassen. Nach Artikel 26 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung (EU) 2020/852 sollte die Kommission die Bestimmungen überprüfen, die für die Einführung von Mechanismen zur Überprüfung der Einhaltung der in der genannten Verordnung festgelegten Kriterien erforderlich sind.
(17)
Die Bereiche fossiles Gas und Kernenergie sind durch eine rasche technische Entwicklung gekennzeichnet. Daher ist es erforderlich, die technischen Bewertungskriterien für Energieerzeugungstätigkeiten in diesen Bereichen gemäß Artikel 19 Absatz 5 der Verordnung (EU) 2020/852 regelmäßig zu überprüfen. Auf der Grundlage der in Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2020/852 festgelegten Bedingungen sollte bei dieser Überprüfung auch die Angemessenheit der in den technischen Bewertungskriterien festgelegten Fristen bewertet werden.
(18)
Die Delegierte Verordnung (EU) 2021/2139 und die Delegierte Verordnung (EU) 2021/2178 der Kommission(11) sollten daher entsprechend geändert werden. Mit den Änderungen der Delegierten Verordnung (EU) 2021/2139 und der Delegierten Verordnung (EU) 2021/2178 wird keine Verpflichtung zu Investitionen eingeführt; vielmehr sollen sie den Finanzmärkten und Anlegern dabei helfen, unter strengen Bedingungen relevante Tätigkeiten in den Bereichen Gas und Kernenergie zu ermitteln, die für die Umstellung der Energiesysteme der Mitgliedstaaten auf Klimaneutralität im Einklang mit den Klimazielen und Verpflichtungen der Union erforderlich sind.
(19)
Die in der vorliegenden delegierten Verordnung vorgesehenen Änderungen der Delegierten Verordnung (EU) 2021/2139 und der Delegierten Verordnung (EU) 2021/2178 sind eng miteinander verknüpft. Damit diese Bestimmungen, die zeitgleich in Kraft treten sollten, kohärent sind und Interessenträger einen umfassenden Überblick über den Rechtsrahmen erhalten und die Verordnung (EU) 2020/852 leichter anwenden können, sollten diese Bestimmungen in eine einzige Verordnung aufgenommen werden.
(20)
Nicht-Finanzunternehmen und Finanzunternehmen benötigen ausreichend Zeit, um die Übereinstimmung ihrer Wirtschaftstätigkeiten in den Bereichen fossiles Gas und Kernenergie mit den technischen Bewertungskriterien der vorliegenden Verordnung zu prüfen und auf dieser Grundlage gemäß der Delegierten Verordnung (EU) 2021/2178 Bericht zu erstatten. Die vorliegende Verordnung sollte daher erst am 1. Januar 2023 anwendbar werden —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 198 vom 22.6.2020, S. 13.

(2)

Delegierte Verordnung (EU) 2021/2139 der Kommission vom 4. Juni 2021 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2020/852 des Europäischen Parlaments und des Rates durch Festlegung der technischen Bewertungskriterien, anhand deren bestimmt wird, unter welchen Bedingungen davon auszugehen ist, dass eine Wirtschaftstätigkeit einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz oder zur Anpassung an den Klimawandel leistet, und anhand deren bestimmt wird, ob diese Wirtschaftstätigkeit erhebliche Beeinträchtigungen eines der übrigen Umweltziele vermeidet (ABl. L 442 vom 9.12.2021, S. 1).

(3)

Mitteilung der Kommission vom 21. April 2021 an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: EU-Taxonomie, Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen, Nachhaltigkeitspräferenzen und treuhänderische Pflichten: Finanzielle Mittel in Richtung des europäischen Grünen Deals lenken (COM(2021) 188 final) und Mitteilung der Kommission vom 6. Juli 2021 an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Strategie zur Finanzierung einer nachhaltigen Wirtschaft (COM(2021) 390 final).

(4)

Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82).

(5)

Der TEG-Bericht ist verfügbar unter: https://ec.europa.eu/info/sites/default/files/business_economy_euro/banking_and_finance/documents/200309-sustainable-finance-teg-final-report-taxonomy_en.pdf.

(6)

Verordnung (EU) 2021/1119 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 2021 zur Schaffung des Rahmens für die Verwirklichung der Klimaneutralität und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 401/2009 und (EU) 2018/1999 ( „Europäisches Klimagesetz” ) (ABl. L 243 vom 9.7.2021, S. 1).

(7)

JRC-Bericht: Technische Bewertung der Kernenergie im Hinblick auf die Kriterien der „Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen” der Verordnung (EU) 2020/852 ( „Taxonomie-Verordnung” ); abrufbar unter: https://ec.europa.eu/info/file/210329-jrc-report-nuclear-energy-assessment_en.

(8)

Richtlinie 2009/71/Euratom des Rates vom 25. Juni 2009 über einen Gemeinschaftsrahmen für die nukleare Sicherheit kerntechnischer Anlagen (ABl. L 172 vom 2.7.2009, S. 18).

(9)

Verordnung (Euratom) Nr. 2587/1999 des Rates vom 2. Dezember 1999 zur Bestimmung der Investitionsvorhaben, die der Kommission gemäß Artikel 41 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft anzuzeigen sind (ABl. L 315 vom 9.12.1999, S. 1).

(10)

Richtlinie 2011/70/Euratom des Rates vom 19. Juli 2011 über einen Gemeinschaftsrahmen für die verantwortungsvolle und sichere Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle (ABl. L 199 vom 2.8.2011, S. 48).

(11)

Delegierte Verordnung (EU) 2021/2178 der Kommission vom 6. Juli 2021 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2020/852 des Europäischen Parlaments und des Rates durch Festlegung des Inhalts und der Darstellung der Informationen, die von Unternehmen, die unter Artikel 19a oder Artikel 29a der Richtlinie 2013/34/EU fallen, in Bezug auf ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten offenzulegen sind, und durch Festlegung der Methode, anhand deren die Einhaltung dieser Offenlegungspflicht zu gewährleisten ist (ABl. L 443 vom 10.12.2021, S. 9).

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