Präambel VO (EU) 2022/1317

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) 2021/2115 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 2. Dezember 2021 mit Vorschriften für die Unterstützung der von den Mitgliedstaaten im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik zu erstellenden und durch den Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) zu finanzierenden Strategiepläne (GAP-Strategiepläne) und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 sowie der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013(1), insbesondere auf Artikel 148 Absatz 1,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Gemäß Artikel 13 der Verordnung (EU) 2021/2115 stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass alle landwirtschaftlichen Flächen einschließlich derjenigen, die nicht mehr für die Erzeugung genutzt werden, in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand erhalten werden, und legen auf nationaler oder regionaler Ebene für jeden der in Anhang III der genannten Verordnung aufgelisteten Standards für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand (GLÖZ-Standards) im Einklang mit dem Hauptziel dieser Standards gemäß dem genannten Anhang Mindeststandards für Landwirte und andere Begünstigte fest. Die GLÖZ-Standards gelten ab dem Antragsjahr 2023, ausgenommen der GLÖZ-Standard 2, der erst ab dem Antragsjahr 2024 oder 2025 in hinreichend begründeten Fällen angewendet werden kann.
(2)
In ihrer Mitteilung zur Gewährleistung der Ernährungssicherheit und zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Lebensmittelsysteme(2) legte die Kommission dar, welch schwerwiegende Folgen der russische Einfall in die Ukraine für die weltweite Ernährungssicherheit hat. Russlands Invasion der Ukraine hat zu einem drastischen Anstieg der Rohstoffpreise geführt und wirkt sich auf das Angebot von und die Nachfrage nach landwirtschaftlichen Erzeugnissen weltweit aus. Insbesondere die weltweite Weizenproduktion ist sowohl durch den Angebotsschock aufgrund des großen wegbrechenden ukrainischen und russischen Anteils am Weizenmarkt als auch durch den Schock bei den Betriebsmittelkosten, insbesondere bei Erdgas, Stickstoffdünger und Sauerstoff, gefährdet. Die Unsicherheiten bezüglich des globalen Lebensmittelangebots sind beträchtlich, was Anlass zur Sorge um die weltweite Ernährungssicherheit gibt. Um dazu beizutragen, diesem Problem frühzeitig zu begegnen und die Lebensmittelversorgung aufrechtzuerhalten, sollte die Union ihr landwirtschaftliches Potenzial für die Lebensmittelerzeugung bewahren. Gleichzeitig sollte sie die mittel- und langfristige Nachhaltigkeit der Lebensmittelversorgung sicherstellen, indem sie den Übergang zu einer nachhaltigen Lebensmittelerzeugung gemäß der Strategie „Vom Hof auf den Tisch” und der Biodiversitätsstrategie vorantreibt.
(3)
Sowohl der GLÖZ-Standard 7 „Fruchtwechsel auf Ackerland, mit Ausnahme von Kulturen im Nassanbau” als auch die erste Anforderung des GLÖZ-Standards 8 „Mindestanteil der landwirtschaftlichen Fläche für nichtproduktive Flächen oder Landschaftselemente” gemäß Anhang III der Verordnung (EU) 2021/2115, die ab dem Antragsjahr 2023 gelten, wirken sich auf die Nutzung von Ackerland für produktive Zwecke aus. Indem der GLÖZ-Standard 7 zur Erhaltung des Bodenpotenzials und zur Stärkung der Bodenfruchtbarkeit Mindestanforderungen für einen zeitlich und räumlich gestaffelten Anbau unterschiedlicher Kulturen vorsieht, wirkt er sich potenziell auf die Entscheidung der Landwirte aus, welche Kulturen sie anbauen. Da gemäß der ersten Anforderung des GLÖZ-Standards 8 ein Mindestanteil des Ackerlands für nichtproduktive Flächen oder Landschaftselemente bereitgestellt werden muss, um die für intakte und produktive Ökosysteme notwendige Biodiversität innerhalb landwirtschaftlicher Betriebe zu stärken, können die Landwirte über das Vorhandensein von Landschaftselementen hinaus auch einen bestimmten Anteil an Ackerland für Biodiversitätszwecke brachliegen lassen.
(4)
Da es notwendig ist, den Problemen im Bereich der Ernährungssicherheit im Sinne einer weltweiten Verfügbarkeit und Erschwinglichkeit von Lebensmitteln Rechnung zu tragen und das Potenzial der Union für die Lebensmittelerzeugung aufrechtzuerhalten und gleichzeitig zu den Zielen des europäischen Grünen Deals, insbesondere der Strategie „Vom Hof auf den Tisch” und der Biodiversitätsstrategie, beizutragen, ist es angebracht, den Landwirten ausnahmsweise die Wahlmöglichkeit einzuräumen, ihr verfügbares Ackerland zur Lebensmittelerzeugung zu nutzen, und gleichzeitig die negativen Auswirkungen einer solchen Wahl auf die Umwelt und den Klimawandel abzumildern. Die Mitgliedstaaten sollten daher ermächtigt werden, für das Antragsjahr 2023 von der Anwendung des GLÖZ-Standards 7 und der ersten Anforderung des GLÖZ-Standards 8 gemäß Anhang III der Verordnung (EU) 2021/2115 in der von ihnen in ihren GAP-Strategieplänen festgelegten Form abzuweichen. Da die Ausnahmeregelung dazu beitragen soll, den Problemen im Bereich der Ernährungssicherheit kurzfristig abzuhelfen, sollte festgelegt werden, dass Ackerland, das aufgrund der Ausnahme von der ersten Anforderung des GLÖZ-Standards 8 gemäß Anhang III der Verordnung (EU) 2021/2115 in der von den Mitgliedstaaten in ihren GAP-Strategieplänen festgelegten Form nicht für nichtproduktive Flächen bereitgestellt wird, nicht für den Anbau von Mais und Sojabohnen genutzt werden darf; denn diese Kulturen sind größtenteils nicht für die Lebensmittelerzeugung bestimmt. Darüber hinaus sollten die Mitgliedstaaten, die von der Ausnahmeregelung für den GLÖZ-Standard 7 oder 8 Gebrauch machen, grundsätzlich sowohl die Nutzung von Kulturen zur Lebensmittelerzeugung als auch die Inanspruchnahme der in ihren GAP-Strategieplänen vorgesehenen Öko-Regelungen und Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen fördern, die die Stärkung der Biodiversität innerhalb landwirtschaftlicher Betriebe und die Erhaltung des Bodenpotenzials zum Ziel haben.
(5)
Angesichts der Bedeutung der GLÖZ-Standards 7 und 8 für die Ziele, im Interesse der langfristigen Nachhaltigkeit des Sektors das Bodenpotenzial zu erhalten und die Biodiversität innerhalb landwirtschaftlicher Betriebe zu stärken sowie das Potenzial für die Lebensmittelerzeugung zu bewahren, sollte die Ausnahmeregelung auf das Antragsjahr 2023 beschränkt werden, die in den Jahren nach 2023 geltenden Vorschriften unberührt lassen und nur das umfassen, was im Hinblick auf die Probleme im Bereich der weltweiten Ernährungssicherheit unbedingt erforderlich ist. Daher sollten die anderen drei Anforderungen des GLÖZ-Standards 8 in Anhang III der Verordnung (EU) 2021/2115 einschließlich der Anforderung, Landschaftselemente zu erhalten, im Interesse des Hauptziels des Standards, nämlich der Stärkung der Biodiversität innerhalb landwirtschaftlicher Betriebe, für das Antragsjahr 2023 anwendbar bleiben.
(6)
Die Möglichkeit, von der Anwendung der GLÖZ-Standards in der von den Mitgliedstaaten in ihren GAP-Strategieplänen festgelegten Form abzuweichen, enthebt die Mitgliedstaaten nicht der Verpflichtung gemäß Artikel 109 Absatz 2 Buchstabe a Ziffer i der Verordnung (EU) 2021/2115, eine Beschreibung der Vorgehensweise zur Umsetzung jedes der GLÖZ-Standards in Anhang III der genannten Verordnung und der damit zusammenhängenden Elemente in ihre GAP-Strategiepläne aufzunehmen.
(7)
Da die GLÖZ-Standards zu den Ausgangsbedingungen für Öko-Regelungen und Agrarumwelt-, Klima- und andere Bewirtschaftungsverpflichtungen gehören, sollten Vorschriften für die Einhaltung der Ausgangsbedingungen festgelegt werden, wenn ein Mitgliedstaat von den Ausnahmeregelungen für die Anwendung des GLÖZ-Standards 7 oder der ersten Anforderung des GLÖZ-Standards 8 Gebrauch macht. Um die Stabilität der GAP-Strategiepläne zu gewährleisten und den Ehrgeiz der Interventionen, die Teil der grünen Architektur der Gemeinsamen Agrarpolitik sind, ab 2023 zu wahren, sollten die Ausgangsbedingungen unabhängig von der Anwendung der Ausnahmeregelung unverändert bleiben. Insbesondere sollten die Ausgangsbedingungen des GLÖZ-Standards 7 oder der ersten Anforderung des GLÖZ-Standards 8 weiterhin eingehalten werden müssen, um Unterstützung im Rahmen von Interventionen zu erhalten, bei denen die Verpflichtungen diese Ausgangsbedingungen umfassen oder darauf aufbauen.
(8)
Es ist wesentlich, die Auswirkungen dieser Ausnahmeregelungen auf die weltweite Ernährungssicherheit sowie auf die Umwelt und den Klimawandel zu überwachen. Daher sollten die Mitgliedstaaten die Umsetzung dieser Ausnahmeregelungen bewerten und der Kommission darüber Bericht erstatten.
(9)
Um sicherzustellen, dass die mit der vorliegenden Verordnung genehmigten Ausnahmeregelungen im Hinblick auf ihren Zweck wirksam sind und die Landwirte ab dem Sommer 2022 die Aussaat für die Ernte 2023 planen können, sollten die Beschlüsse über die Inanspruchnahme der Ausnahmeregelungen rasch getroffen werden. Daher sollten die Mitgliedstaaten ihre Beschlüsse der Kommission innerhalb von 30 Tagen nach Inkrafttreten dieser Verordnung mittels des von der Kommission gemäß der Durchführungsverordnung (EU) 2017/1185 der Kommission(3) zur Verfügung gestellten IT-gestützten Systems mitteilen. Die Beschlüsse sollten bei der ersten Gelegenheit in die GAP-Strategiepläne aufgenommen werden, entweder bei der erneuten Vorlage des GAP-Strategieplans gemäß Artikel 118 Absatz 3 Unterabsatz 2 der Verordnung (EU) 2021/2115 oder beim ersten Antrag auf Änderung des GAP-Strategieplans gemäß Artikel 119 der genannten Verordnung. Angesichts der Notwendigkeit einer zügigen Umsetzung sollten die Beschlüsse nicht von der Kommission genehmigt werden müssen.
(10)
Da die Mitgliedstaaten ihre Beschlüsse rechtzeitig vor den Entscheidungen der Landwirte über die Aussaat treffen müssen, sollte die Verordnung aus Gründen der Dringlichkeit am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft treten.
(11)
Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ausschusses für die Gemeinsame Agrarpolitik —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 435 vom 6.12.2021, S. 1.

(2)

COM(2022) 133 final.

(3)

Durchführungsverordnung (EU) 2017/1185 der Kommission vom 20. April 2017 mit Durchführungsbestimmungen zu den Verordnungen (EU) Nr. 1307/2013 und (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die Übermittlung von Informationen und Dokumenten an die Kommission und zur Änderung und Aufhebung mehrerer Verordnungen der Kommission (ABl. L 171 vom 4.7.2017, S. 113).

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