Artikel 3 VO (EU) 2022/612
Roamingvorleistungszugang
(1) Mobilfunknetzbetreiber kommen allen angemessenen Anträgen auf Roamingvorleistungszugang nach, wobei sie insbesondere dem Roaminganbieter die Möglichkeit geben, die den Endkunden im Inland angebotenen Mobilfunkdienste zu replizieren, sofern dies in dem besuchten Netz technisch machbar ist.
(2) Mobilfunknetzbetreiber dürfen Anträge auf Roamingvorleistungszugang nur auf der Grundlage objektiver Kriterien wie der technischen Machbarkeit und der Netzintegrität ablehnen. Anträge auf Roamingvorleistungszugang dürfen nicht aufgrund kommerzieller Erwägungen abgelehnt werden, um die Bereitstellung konkurrierender Roamingdienste einzuschränken.
(3) Roamingvorleistungszugang umfasst den Zugang zu allen für die Erbringung von regulierten Roamingdiensten für Endkunden erforderlichen Netzkomponenten und zugehörigen Einrichtungen, einschlägigen Diensten, Software- und Informationssystemen und deckt alle verfügbaren Netztechnologien und alle verfügbaren Netzgenerationen ab.
(4) Die Vorschriften über regulierte Roamingvorleistungsentgelte in den Artikeln 9, 10 und 11 gelten für die Gewährung des Zugangs zu allen Komponenten eines Roamingvorleistungszugangs im Sinne des Absatzes 3 des vorliegenden Artikels, es sei denn, beide Parteien der Roamingvorleistungsvereinbarung vereinbaren ausdrücklich, dass ein durchschnittliches Roamingvorleistungsentgelt, das sich aus der Anwendung der Vereinbarung ergibt, während der Laufzeit der Vereinbarung nicht dem maximalen regulierten Roamingvorleistungsentgelt unterliegt.
Unbeschadet des ersten Unterabsatzes des vorliegenden Absatzes können Mobilfunknetzbetreiber im Falle eines Roamingvorleistungs-Wiederverkaufszugangs für Komponenten, die nicht von Absatz 3 erfasst sind, faire und angemessene Entgelte erheben.
(5) Mobilfunknetzbetreiber veröffentlichen unter Berücksichtigung der GEREK-Leitlinien gemäß Absatz 8 ein Standardangebot und stellen dieses Angebot einem Unternehmen, das Roamingvorleistungszugang beantragt, zur Verfügung. Mobilfunknetzbetreiber legen dem Unternehmen, das Zugang beantragt, innerhalb spätestens eines Monats nach Antragseingang beim Mobilfunknetzbetreiber einen Entwurf einer Roamingvorleistungsvereinbarung über den Zugang gemäß diesem Artikel vor. Der Roamingvorleistungszugang wird innerhalb einer angemessenen Frist von höchstens drei Monaten ab der Roamingvorleistungsvereinbarung gewährt. Mobilfunknetzbetreiber, die einen Antrag auf Roamingvorleistungszugang erhalten, und die den Zugang beantragenden Unternehmen verhandeln nach Treu und Glauben.
(6) Das Standardangebot gemäß Absatz 5 muss hinreichend detailliert sein und alle für einen Roamingvorleistungszugang erforderlichen Komponenten gemäß Absatz 3, eine Beschreibung der für einen direkten Roamingvorleistungszugang und einen Roamingvorleistungs-Wiederverkaufszugang relevanten Angebotsbestandteile und die entsprechenden Geschäftsbedingungen enthalten. Das Standardangebot enthält alle Informationen, die der Roaminganbieter benötigt, damit seine Kunden bei der Nutzung von Roamingdiensten kostenlos Zugang zu Notdiensten über Notrufe zur am besten geeigneten Notrufabfragestelle haben und kostenlos Angaben zum Anruferstandort an die am besten geeignete Notrufabfragestelle übermittelt werden können.
Dieses Standardangebot kann Bedingungen zur Verhinderung dauerhaften Roamings oder einer zweckwidrigen oder missbräuchlichen Nutzung des Roamingvorleistungszugangs für andere Zwecke als die Erbringung regulierter Roamingdienste für die Kunden des Roaminganbieters bei deren vorübergehenden Reisen innerhalb der Union umfassen. Sind solche Bedingungen in einem Standardangebot angegeben, so müssen sie die besonderen Maßnahmen, die der Betreiber des besuchten Netzes treffen darf, um dauerhaftes Roaming oder die zweckwidrige oder missbräuchliche Nutzung des Roamingvorleistungszugangs zu verhindern, ebenso enthalten wie die objektiven Kriterien, auf deren Grundlage diese Maßnahmen getroffen werden dürfen. In diesen Kriterien darf auf aggregierte Informationen über den Roamingverkehr Bezug genommen werden. Auf spezifische Informationen über den persönlichen Verkehr von Kunden des Roaminganbieters darf in ihnen hingegen nicht Bezug genommen werden.
In dem Standardangebot darf unter anderem festgelegt werden, dass der Betreiber des besuchten Netzes, wenn er hinreichende Gründe zu der Annahme hat, dass dauerhaftes Roaming durch einen erheblichen Anteil von Kunden des Roaminganbieters oder die zweckwidrige oder missbräuchliche Nutzung des Roamingvorleistungszugangs erfolgt, vom Roaminganbieter verlangen kann, unbeschadet der Datenschutzvorschriften der Union und der Mitgliedstaaten Informationen bereitzustellen, anhand deren festgestellt werden kann, ob ein erheblicher Anteil der Kunden des Roaminganbieters sich im Zustand dauerhaften Roamings befindet oder ob eine zweckwidrige oder missbräuchliche Nutzung des Roamingvorleistungszugangs im Netz des besuchten Betreibers erfolgt; darunter fallen beispielsweise Informationen über den Anteil der Kunden, bei denen anhand objektiver Indikatoren, die gemäß den auf der Grundlage von Artikel 7 erlassenen Durchführungsrechtsakten über die Anwendung der Regelungen der angemessenen Nutzung festgelegt wurden, das Risiko festgestellt wurde, dass sie regulierte Endkunden-Roamingdienste, die zu den geltenden inländischen Endkundenpreisen erbracht werden, zweckwidrig oder missbräuchlich nutzen.
In dem Standardangebot kann als letztes Mittel, wenn das Problem durch weniger strenge Maßnahmen nicht gelöst werden konnte, die Möglichkeit vorgesehen sein, eine Roamingvorleistungsvereinbarung zu beenden, wenn der Betreiber des besuchten Netzes auf der Grundlage objektiver Kriterien festgestellt hat, dass dauerhaftes Roaming durch einen erheblichen Anteil von Kunden des Roaminganbieters oder die zweckwidrige oder missbräuchliche Nutzung des Roamingvorleistungszugangs erfolgt, und den Heimatnetzbetreiber davon in Kenntnis gesetzt hat.
Der Betreiber des besuchten Netzes darf die Roamingvorleistungsvereinbarung wegen dauerhaften Roamings oder der zweckwidrigen und missbräuchlichen Nutzung des Roamingvorleistungszugangs nur dann einseitig beenden, wenn die nationale Regulierungsbehörde des Betreibers des besuchten Netzes diese Beendigung zuvor genehmigt hat.
Innerhalb von drei Monaten nach Eingang des Antrags des Betreibers des besuchten Netzes auf Genehmigung der Beendigung einer Roamingvorleistungsvereinbarung entscheidet die nationale Regulierungsbehörde des Betreibers des besuchten Netzes nach Konsultation der nationalen Regulierungsbehörde des Heimatnetzbetreibers, ob sie die Genehmigung erteilt oder ablehnt, und setzt die Kommission davon in Kenntnis.
Die nationalen Regulierungsbehörden des Betreibers des besuchten Netzes und des Heimatnetzbetreibers können jeweils das GEREK ersuchen, eine Stellungnahme zu den gemäß dieser Verordnung zu treffenden Maßnahmen anzunehmen. Das GEREK nimmt seine Stellungnahme binnen eines Monats nach Eingang dieses Ersuchens an.
Wurde das GEREK konsultiert, so hat die nationale Regulierungsbehörde des Betreibers des besuchten Netzes die Stellungnahme des GEREK abzuwarten und ihr so weit wie möglich Rechnung zu tragen, bevor sie entscheidet, vorbehaltlich der in Unterabsatz 6 genannten Drei-Monats-Frist, ob sie die Genehmigung für die Beendigung der Roamingvorleistungsvereinbarung erteilt oder ablehnt.
Die nationale Regulierungsbehörde des Betreibers des besuchten Netzes veröffentlicht Informationen über Genehmigungen der Beendigung von Roamingvorleistungsvereinbarungen unter Wahrung des Geschäftsgeheimnisses.
Die Unterabsätze 5 bis 9 des vorliegenden Absatzes gelten unbeschadet des Rechts einer nationalen Regulierungsbehörde, gemäß Artikel 17 Absatz 7 die sofortige Abstellung eines Verstoßes gegen die Verpflichtungen aus dieser Verordnung anzuordnen, und des Rechts des Betreibers des besuchten Netzes, angemessene Maßnahmen gegen Betrug zu treffen.
Die nationalen Regulierungsbehörden schreiben erforderlichenfalls Änderungen des Standardangebots vor, und zwar auch bezüglich der besonderen Maßnahmen, die der Betreiber des besuchten Netzes treffen darf, um dauerhaftes Roaming oder die zweckwidrige oder missbräuchliche Nutzung des Roamingvorleistungszugangs zu verhindern, und bezüglich der objektiven Kriterien, auf deren Grundlage der Betreiber des besuchten Netzes diese Maßnahmen treffen darf, um den in diesem Artikel festgelegten Verpflichtungen Geltung zu verschaffen.
(7) Möchte das den Zugang beantragende Unternehmen Geschäftsverhandlungen im Hinblick darauf aufnehmen, dass Komponenten einbezogen werden, die nicht vom Standardangebot erfasst sind, so kommen die Mobilfunknetzbetreiber diesem Wunsch innerhalb einer angemessenen Frist von höchstens zwei Monaten ab dem Antragseingang nach. Für die Zwecke des vorliegenden Absatzes gelten die Absätze 2 und 5 nicht.
(8) Um zu einer einheitlichen Anwendung des vorliegenden Artikels beizutragen, aktualisiert das GEREK nach Konsultation der Beteiligten und in enger Zusammenarbeit mit der Kommission bis zum 5. Oktober 2022 die im Einklang mit Artikel 3 Absatz 8 der Verordnung (EU) Nr. 531/2012 aufgestellten Leitlinien für den Roamingvorleistungszugang.
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