Artikel 10 VO (EU) 2022/869

Dauer und Durchführung des Genehmigungsverfahrens

(1) Das Genehmigungsverfahren umfasst zwei Abschnitte:

a)
Der Vorantragsabschnitt umfasst den Zeitraum zwischen dem Beginn des Genehmigungsverfahrens und der Annahme der eingereichten Antragsunterlagen durch die zuständige nationale Behörde und findet binnen einer indikativen Frist von 24 Monaten statt; und
b)
der formale Genehmigungsabschnitt, der den Zeitraum vom Datum der Annahme der eingereichten Antragsunterlagen bis zum Erlass einer umfassenden Entscheidung umfasst und 18 Monate nicht überschreiten darf.

In Bezug auf Unterabsatz 1 Buchstabe b können die Mitgliedstaaten gegebenenfalls einen formalen Genehmigungsabschnitt von weniger als 18 Monaten vorsehen.

(2) Die zuständige nationale Behörde stellt sicher, dass die Gesamtdauer der beiden in Absatz 1 genannten Abschnitte 42 Monate nicht überschreitet.

Wenn die zuständige nationale Behörde jedoch zu dem Schluss gelangt, dass einer der beiden oder beide Abschnitte nicht innerhalb der in Absatz 1 genannten Fristen abgeschlossen sein werden, kann sie die Frist eines oder beider Abschnitte im Einzelfall und vor Fristablauf verlängern. Die zuständige nationale Behörde kann die Gesamtfrist für beide Abschnitte nicht um mehr als neun Monate verlängern, sofern nicht außergewöhnliche Umstände vorliegen.

Wenn die zuständige nationale Behörde die Fristen verlängert, setzt sie die betroffene Gruppe in Kenntnis und legt ihr die Maßnahmen vor, die getroffen wurden oder zu treffen sind, um das Genehmigungsverfahren mit möglichst geringer Verzögerung abzuschließen. Die Gruppe kann darum ersuchen, dass die zuständige nationale Behörde regelmäßig über die diesbezüglich erzielten Fortschritte und über die Gründe der Verzögerungen Bericht erstattet.

(3) Zur Einleitung des Genehmigungsverfahrens übermitteln die Vorhabenträger der zuständigen nationalen Behörde jedes betroffenen Mitgliedstaats eine schriftliche Mitteilung über das Vorhaben zusammen mit einer ausführlichen Vorhabenbeschreibung.

Die zuständige nationale Behörde muss die Mitteilung spätestens drei Monate nach ihrem Eingang auch im Namen anderer betroffener Behörden in schriftlicher Form bestätigen oder, falls sie der Ansicht ist, dass das Vorhaben noch nicht reif für den Beginn des Genehmigungsverfahrens ist, ablehnen. Im Fall einer Ablehnung begründet die zuständige nationale Behörde ihre Entscheidung auch im Namen anderer betroffener Behörden. Das Genehmigungsverfahren beginnt am Tag der Unterschrift der Bestätigung der Mitteilung durch die zuständige nationale Behörde. Sind zwei oder mehr Mitgliedstaaten betroffen, beginnt das Genehmigungsverfahren am Tag der Annahme der letzten Mitteilung durch die betroffene zuständige nationale Behörde.

Die zuständigen nationalen Behörden sorgen im Einklang mit diesem Kapitel für eine Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens für alle Kategorien von Vorhaben von gemeinsamem Interesse. Zu diesem Zweck passen die zuständigen nationalen Behörden ihre Anforderungen in Bezug auf den Beginn des Genehmigungsverfahrens und die Annahme der Antragsunterlagen an, um Vorhaben gerecht zu werden, bei denen aufgrund der Art des Vorhabens oder seines Umfangs oder im Fall einer im nationalen Recht nicht bestehenden Anforderung einer Umweltverträglichkeitsprüfung möglicherweise weniger Zulassungen und Genehmigungen zum Erreichen der Baureife erforderlich sind. Die Mitgliedstaaten können beschließen, dass das Vorantragsverfahren gemäß den Absätzen 1 und 6 für die in diesem Unterabsatz genannten Projekte nicht erforderlich ist.

(4) Die zuständigen nationalen Behörden berücksichtigen im Genehmigungsverfahren alle gültigen Studien sowie Genehmigungen oder Zulassungen für ein bestimmtes Projekt auf der Unionsliste, die durchgeführt bzw. erteilt wurden, bevor das Projekt in das Genehmigungsverfahren gemäß diesem Artikel aufgenommen wurde, und verlangen keine doppelten Studien und Genehmigungen oder Zulassungen.

(5) In Mitgliedstaaten, in denen ein speziell für das geplante Vorhaben festgelegter Trassenverlauf oder Standort — einschließlich der Planung bestimmter Korridore für die Netzinfrastruktur — nicht im Rahmen des Verfahrens zum Erlass einer umfassenden Entscheidung berücksichtigt werden kann, wird die betreffende Entscheidung innerhalb einer gesonderten Frist von sechs Monaten getroffen, die am Tag der Einreichung der endgültigen und vollständigen Antragsunterlagen durch den Vorhabenträger beginnt.

In dem in Unterabsatz 1 des vorliegenden Absatzes genannten Fall reduziert sich die in Absatz 2 Unterabsatz 2 genannte Verlängerung auf sechs Monate, sofern nicht außergewöhnliche Umstände vorliegen, einschließlich für das in diesem Absatz genannte Verfahren.

(6) Der Vorantragsabschnitt umfasst die folgenden Stufen:

a)
So früh wie möglich und spätestens sechs Monate nach Bestätigung der Mitteilung nach Absatz 3 Unterabsatz 1 legt die zuständige nationale Behörde auf der Grundlage der in Anhang VI Nummer 1 Buchstabe e genannten Prüfliste und in enger Zusammenarbeit mit den anderen betroffenen Behörden sowie gegebenenfalls auf der Grundlage eines Vorschlags des Vorhabenträgers den Umfang der Berichte und Dokumente sowie den Detailgrad der Informationen fest, die vom Vorhabenträger als Teil der Antragsunterlagen für die Beantragung der umfassenden Entscheidung einzureichen sind.
b)
Die zuständige nationale Behörde erstellt in enger Zusammenarbeit mit dem Vorhabenträger und mit anderen betroffenen Behörden unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Tätigkeiten gemäß Buchstabe a dieses Absatzes und im Einklang mit den Leitlinien nach Anhang VI Nummer 2 einen detaillierten Plan für das Genehmigungsverfahren.
c)
Nach Eingang der Antragsunterlagen fordert die zuständige nationale Behörde den Vorhabenträger bei Bedarf im eigenen Namen oder im Namen anderer betroffener Behörden auf, fehlende Informationen zu den unter Buchstabe a genannten erforderlichen Elementen vorzulegen.

Soweit erforderlich, erstellen die Vorhabenträger während des Vorantragsabschnitts etwaige Umweltberichte, einschließlich der Dokumentation zur Anpassung an den Klimawandel.

Innerhalb von drei Monaten nach Vorlage der fehlenden Informationen gemäß Unterabsatz 1 Buchstabe c wird der Antrag von der zuständigen Behörde schriftlich zur Prüfung oder auf digitalen Plattformen akzeptiert und der formale Genehmigungsabschnitt gemäß Absatz 1 Buchstabe b eingeleitet. Ersuchen um zusätzliche Informationen können nur gestellt werden, wenn sie aufgrund neuer Gegebenheiten gerechtfertigt sind.

(7) Der Vorhabenträger sorgt dafür, dass die Antragsunterlagen vollständig und angemessen sind, und holt dazu so früh wie möglich während des Genehmigungsverfahrens die Stellungnahme der zuständigen nationalen Behörde ein. Der Vorhabenträger arbeitet in jeder Hinsicht mit der zuständigen nationalen Behörde zusammen, um die in dieser Verordnung festgelegten Fristen einzuhalten.

(8) Die Mitgliedstaaten bemühen sich, sicherzustellen, dass Änderungen der nationalen Rechtsvorschriften nicht dazu führen, dass die Dauer von Genehmigungsverfahren, die vor dem Inkrafttreten dieser Änderungen eingeleitet wurden, verlängert wird. Um ein beschleunigtes Genehmigungsverfahren für Vorhaben auf der Unionsliste aufrechtzuerhalten, passen die zuständigen nationalen Behörden den gemäß Absatz 6 Buchstabe b des vorliegenden Artikels festgelegten Zeitplan angemessen an, um so weit wie möglich sicherzustellen, dass die in diesem Artikel festgelegten Fristen für das Genehmigungsverfahren nicht überschritten werden.

(9) Die in diesem Artikel vorgesehenen Fristen berühren weder die aus Unions- und Völkerrecht resultierenden Verpflichtungen noch die Rechtsbehelfsverfahren vor Verwaltungsbehörden und die für ein Verfahren vor einem Gericht vorgesehenen Rechtsbehelfe.

Die in diesem Artikel für jedes Genehmigungsverfahren festgelegten Fristen lassen von den Mitgliedstaaten festgelegte kürzere Fristen unberührt.

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