Artikel 37 VO (EU) 2023/1114

Verwahrung des Reservevermögens

(1) Die Emittenten vermögenswertereferenzierter Token müssen Strategien und Verfahren sowie vertragliche Vereinbarungen für die Verwahrung festlegen, aufrechterhalten und umsetzen, um jederzeit sicherzustellen, dass

a)
das Reservevermögen weder belastet noch als „Finanzsicherheit” im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2002/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(1) verpfändet wird;
b)
das Reservevermögen gemäß Absatz 6 des vorliegenden Artikels verwahrt wird;
c)
die Emittenten vermögenswertereferenzierter Token umgehend Zugang zum Reservevermögen haben, um etwaige Rücktauschforderungen der Inhaber vermögenswertereferenzierter Token bedienen zu können;
d)
Konzentrationen hinsichtlich der Verwahrstellen des Reservevermögens vermieden werden;
e)
das Risiko einer Konzentration des Reservevermögens vermieden wird.

(2) Emittenten vermögenswertereferenzierter Token, die in der Union zwei oder mehr vermögenswertereferenzierter Token ausgeben, legen für jede Vermögenswertreserve eine eigene Strategie für deren Verwahrung fest. Verschiedene Emittenten vermögenswertereferenzierter Token, die den gleichen vermögenswertereferenzierten Token ausgeben, legen nur eine Verwahrstrategie fest und erhalten diese aufrecht.

(3) Das Reservevermögen wird bis höchstens fünf Arbeitstage nach Emission des vermögenswertereferenzierten Token von einer oder mehreren der folgenden Stellen verwahrt:

a)
einem Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen, der Kryptowerte für Kunden verwahrt oder verwaltet, sofern es sich bei dem Reservevermögen um Kryptowerte handelt;
b)
einem Kreditinstitut bei allen Arten von Reservevermögen;
c)
einer Wertpapierfirma, die die Nebendienstleistung der Verwahrung und Verwaltung von Finanzinstrumenten für Rechnung von Kunden gemäß Anhang I Abschnitt B Nummer 1 der Richtlinie 2014/65/EU erbringt, wenn das Reservevermögen die Form von Finanzinstrumenten hat.

(4) Die Emittenten vermögenswertereferenzierter Token gehen bei der Auswahl, Bestellung und Überprüfung der gemäß Absatz 3 als Verwahrstelle für das Reservevermögen bestellten Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen, Kreditinstitute und Wertpapierfirmen mit der erforderlichen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit vor. Die Verwahrstelle muss eine vom Emittenten verschiedene juristische Person sein.

Die Emittenten vermögenswertereferenzierter Token stellen sicher, dass die als Verwahrstelle für das Reservevermögen gemäß Absatz 3 bestellten Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen, Kreditinstitute und Wertpapierfirmen über die erforderliche Sachkenntnis und Marktreputation verfügen, um als Verwahrstelle für ein solches Reservevermögen zu fungieren, wobei die Rechnungslegungsverfahren, die Verfahren für die sichere Aufbewahrung und die internen Kontrollmechanismen dieser Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen, Kreditinstitute und Wertpapierfirmen zu berücksichtigen sind. Durch die vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Emittenten vermögenswertereferenzierter Token und den Verwahrstellen wird sichergestellt, dass das verwahrte Reservevermögen gegen Forderungen der Gläubiger der Verwahrstellen geschützt ist.

(5) In den Strategien und Verfahren für die Verwahrung nach Absatz 1 werden die Auswahlkriterien für die Bestellung von Anbietern von Kryptowerte-Dienstleistungen, Kreditinstituten oder Wertpapierfirmen als Verwahrstellen für das Reservevermögen und das Verfahren zur Überprüfung einer solcher Bestellung festgelegt.

Die Emittenten vermögenswertereferenzierter Token überprüfen regelmäßig die Bestellung von Anbietern von Kryptowerte-Dienstleistungen, Kreditinstituten oder Wertpapierfirmen als Verwahrstellen für das Reservevermögen. für die Zwecke dieser Bewertung bewerten die Emittenten vermögenswertereferenzierter Token ihre Risikopositionen gegenüber solchen Verwahrstellen unter Berücksichtigung ihrer gesamten Beziehungen zu ihnen und überwachen fortlaufend die finanzielle Lage dieser Verwahrstellen.

(6) Die Verwahrstellen für das Reservevermögen gemäß Absatz 4 stellen sicher, dass die Verwahrung dieses Reservevermögens folgendermaßen erfolgt:

a)
Kreditinstitute verwahren Geldbeträge auf einem Konto, das in den Büchern des Kreditinstituts eröffnet wurde;
b)
im Falle verwahrbarer Finanzinstrumente nehmen die Kreditinstitute oder Wertpapierfirmen alle Finanzinstrumente, die auf einem in den Büchern der Kreditinstitute oder Wertpapierfirmen eröffneten Konto für Finanzinstrumente verbucht werden können, sowie alle Finanzinstrumente, die physisch an diese Kreditinstitute oder Wertpapierfirmen geliefert werden können, in Verwahrung;
c)
im Fall verwahrbarer Kryptowerte nehmen die Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen die Kryptowerte, die Teil des Reservevermögens sind, oder die Mittel für den Zugang zu solchen Kryptowerten, gegebenenfalls in Form privater kryptografischer Schlüssel, in Verwahrung;
d)
im Fall anderer Vermögenswerte überprüfen die Kreditinstitute die Eigentumsverhältnisse der Emittenten der vermögenswertereferenzierten Token und führen Aufzeichnungen über das Reservevermögen, bei dem sie sich davon überzeugt haben, dass sein Eigentümer die Emittenten der vermögenswertereferenzierten Token sind.

Für die Zwecke von Unterabsatz 1 Buchstabe a stellen die Kreditinstitute sicher, dass Geldbeträge in den Büchern der Kreditinstitute gemäß den nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung des Artikels 16 der Richtlinie 2006/73/EG der Kommission(2) auf getrennten Konten verbucht werden. Dieses Konto wird für die Zwecke der Verwaltung des Reservevermögens jeden vermögenswertereferenzierten Token auf den Namen des Emittenten der vermögenswertereferenzierten Token eröffnet, sodass die verwahrten Geldbeträge eindeutig als Teil jeder Vermögenswertreserve identifiziert werden können.

Für die Zwecke von Unterabsatz 1 Buchstabe b stellen die Kreditinstitute und Wertpapierfirmen sicher, dass alle Finanzinstrumente, die auf einem in den Büchern des Kreditinstituts und Wertpapierfirmen eröffneten Konto für Finanzinstrumente verbucht werden können, in den Büchern der Kreditinstitute und Wertpapierfirmen gemäß den nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung des Artikels 16 der Richtlinie 2006/73/EG auf getrennten Konten verbucht werden. Die Konten für Finanzinstrumente werden für die Zwecke der Verwaltung des Reservevermögens jedes vermögenswertereferenzierten Token auf den Namen der Emittenten der vermögenswertereferenzierten Token eröffnet, sodass die verwahrten Finanzinstrumente eindeutig als Teil jeder Vermögenswertreserve identifiziert werden können.

Für die Zwecke von Unterabsatz 1 Buchstabe c öffnen die Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen zur Verwaltung des Reservevermögens jedes vermögenswertereferenzierten Token ein Register der Risikopositionen auf den Namen der Emittenten der vermögenswertereferenzierten Token, sodass die verwahrten Kryptowerte eindeutig als Teil jeder Vermögenswertreserve identifiziert werden können

Für die Zwecke von Unterabsatz 1 Buchstabe d stützt sich die Bewertung, ob Emittenten vermögenswertereferenzierter Token Eigentümer des Reservevermögens sind, auf Informationen oder Unterlagen, die die Emittenten der vermögenswertereferenzierten Token zur Verfügung stellen, und, soweit verfügbar, auf externe Nachweise.

(7) Die Bestellung von Anbietern von Kryptowerte-Dienstleistungen, Kreditinstituten oder Wertpapierfirmen als Verwahrstellen für das Reservevermögen gemäß Absatz 4 des vorliegenden Artikels wird durch den in Artikel 34 Absatz 5 Unterabsatz 2 genannten schriftlichen Vertrag belegt. In diesen vertraglichen Vereinbarungen wird unter anderem geregelt, welcher Informationsfluss als notwendig erachtet wird, damit die Emittenten vermögenswertereferenzierter Token sowie die Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen, die Kreditinstitute und die Wertpapierfirmen ihre Aufgaben als Verwahrstellen erfüllen können.

(8) Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen, Kreditinstitute und Wertpapierfirmen, die gemäß Absatz 4 als Verwahrstellen bestellt werden, handeln ehrlich, redlich, professionell, unabhängig und im Interesse der Emittenten und der Inhaber der vermögenswertereferenzierten Token.

(9) Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen, Kreditinstitute und Wertpapierfirmen, die gemäß Absatz 4 als Verwahrstellen bestellt werden, unterlassen im Umgang mit Emittenten vermögenswertereferenzierter Token jede Tätigkeit, die zu Interessenkonflikten zwischen diesen Emittenten, den Inhabern der vermögenswertereferenzierten Token und ihnen selbst führen könnte, es sei denn, alle folgenden Bedingungen sind erfüllt:

a)
Die Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen, Kreditinstitute oder Wertpapierfirmen haben die Wahrnehmung ihrer Verwahraufgaben in funktionaler und hierarchischer Hinsicht von potenziell kollidierenden Aufgaben getrennt;
b)
die potenziellen Interessenkonflikte werden von den Emittenten der vermögenswertereferenzierten Token gemäß Artikel 32 ordnungsgemäß ermittelt, überwacht, geregelt und den Inhabern der vermögenswertereferenzierten Token offengelegt.

(10) Im Falle des Verlusts eines nach Absatz 6 verwahrten Finanzinstruments oder Kryptowerts sorgen der Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen, das Kreditinstitut oder die Wertpapierfirma, die das Finanzinstrument oder den Kryptowert verloren haben, unverzüglich für die Entschädigung oder Rückerstattung durch ein Finanzinstrument oder einen Kryptowert derselben Art oder des entsprechenden Wertes an den Emittenten des vermögenswertereferenzierten Token. Die betreffenden Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen, Kreditinstitute oder Wertpapierfirmen müssen keine Entschädigung oder Rückerstattung leisten, wenn sie nachweisen können, dass der Verlust auf ein äußeres Ereignis zurückzuführen ist, das sich nach vernünftigem Ermessen ihrer Kontrolle entzieht und dessen Folgen trotz aller zumutbaren Anstrengungen nicht vermieden werden konnten.

Fußnote(n):

(1)

Richtlinie 2002/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juni 2002 über Finanzsicherheiten (ABl. L 168 vom 27.6.2002, S. 43).

(2)

Richtlinie 2006/73/EG der Kommission vom 10. August 2006 zur Durchführung der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die organisatorischen Anforderungen an Wertpapierfirmen und die Bedingungen für die Ausübung ihrer Tätigkeit sowie in Bezug auf die Definition bestimmter Begriffe für die Zwecke der genannten Richtlinie (ABl. L 241 vom 2.9.2006, S. 26).

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