Artikel 2 VO (EU) 2023/1115

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

1.
„relevante Rohstoffe” Rinder, Kakao, Kaffee, Ölpalme, Kautschuk, Soja und Holz;
2.
„relevante Erzeugnisse” Erzeugnisse gemäß Anhang I, die relevante Rohstoffe enthalten, mit diesen gefüttert wurden oder unter deren Verwendung hergestellt wurden;
3.
„Entwaldung” die Umwandlung von Wäldern in landwirtschaftlich genutzte Flächen, unabhängig davon, ob sie vom Menschen herbeigeführt wird oder nicht;
4.
„Wald” Flächen von mehr als 0,5 Hektar mit über 5 m hohen Bäumen und einer Überschirmung von mehr als 10 % oder mit Bäumen, die auf dem jeweiligen Standort diese Werte erreichen können, ausgenommen Flächen, die überwiegend landwirtschaftlich oder städtisch genutzt werden;
5.
„landwirtschaftliche Nutzung” die Nutzung einer Fläche für landwirtschaftliche Zwecke, einschließlich landwirtschaftlicher Plantagen und stillgelegter landwirtschaftlicher Flächen, sowie für Flächen für die Aufzucht von Tieren
6.
„landwirtschaftliche Plantagen” Flächen mit Baumbeständen in landwirtschaftlichen Erzeugungssystemen wie Obstbaumplantagen, Ölpalmenplantagen oder Olivenhainen und in agroforstwirtschaftlichen Systemen, wenn Kulturen unter Bäumen angebaut werden; dazu gehören alle Plantagen relevanter Rohstoffe außer Holz; landwirtschaftliche Plantagen sind von der Definition des Begriffs „Wald” ausgenommen;
7.
„Waldschädigung” strukturelle Veränderungen der Waldbedeckung in Form der Umwandlung von

a)
Primärwäldern oder sich natürlich verjüngenden Wäldern in Plantagenwälder oder in sonstige bewaldete Flächen oder
b)
Primärwäldern in durch Pflanzung entstandene Wälder;

8.
„Primärwald” natürlich verjüngte Wälder mit einheimischen Baumarten, in denen es keine deutlich sichtbaren Anzeichen für menschliche Eingriffe gibt und die ökologischen Prozesse nicht wesentlich gestört sind;
9.
„sich natürlich verjüngende Wälder” Wälder, die vorwiegend aus Bäumen bestehen, die durch Naturverjüngung entstanden sind; dies schließt die folgenden Punkte mit ein:

a)
Wälder, in deren Fall eine Unterscheidung zwischen Entstehung durch Pflanzung und Entstehung durch Naturverjüngung nicht möglich ist,
b)
Wälder mit einer Mischung aus natürlich verjüngten einheimischen Baumarten und durch Pflanzung oder Aussaat entstandenen Bäumen, in deren Fall die natürlich verjüngten Bäume bei Reife voraussichtlich den Hauptteil des Holzbestands ausmachen werden,
c)
Ausschlag von Bäumen, die ursprünglich durch Naturverjüngung entstanden sind,
d)
natürlich verjüngte Bäume eingeführter Arten;

10.
„durch Pflanzung entstandener Wald” einen Wald, dessen Bäume überwiegend angepflanzt und/oder absichtlich ausgesät wurden, vorausgesetzt die durch Anpflanzung oder Aussaat entstandenen Bäume bei Reife voraussichtlich mehr als 50 % des Holzbestands ausmachen werden; dazu zählt auch Ausschlag von Bäumen, deren Bestand ursprünglich auf Anpflanzen oder Aussaat zurückzuführen ist;
11.
„Plantagenwald” einen durch Pflanzung entstandenen Wald, der intensiv bewirtschaftet wird, und der bei reifer Bepflanzung und reifem Bestand alle der folgenden Kriterien erfüllt: ein oder zwei Arten, einheitliche Altersklasse und regelmäßige Baumabstände; dazu zählen Plantagen mit Kurzumtrieb für die Holz-, Faser- und Energiegewinnung, aber keine Wälder, die zum Schutz oder zur Wiederherstellung von Ökosystemen gepflanzt wurden, und keine durch Anpflanzen oder Aussaat angelegten Wälder, die bei reifem Bestand sich natürlich verjüngenden Wäldern ähnlich sind oder sein werden;
12.
„sonstige bewaldete Flächen” nicht als „Wald” eingestufte Flächen von mehr als 0,5 Hektar mit über 5 m hohen Bäumen und einer Überschirmung von 5 bis 10 % oder mit Bäumen, die auf dem jeweiligen Standort diese Werte erreichen können, oder Flächen, die zu über 10 % mit Sträuchern, Büschen und Bäumen bewachsen sind, ausgenommen Flächen, die überwiegend landwirtschaftlich oder städtisch genutzt werden;
13.
„entwaldungsfrei” die Tatsache,

a)
dass die relevanten Erzeugnisse relevante Rohstoffe enthalten, mit diesen gefüttert wurden oder unter deren Verwendung hergestellt wurden, die auf Flächen erzeugt wurden, die nach dem 31. Dezember 2020 nicht entwaldet wurden, und
b)
im Fall relevanter Erzeugnisse, die Holz enthalten oder unter Verwendung von Holz hergestellt wurden — dass das Holz aus dem Wald geschlagen wurde, ohne dass es dort nach dem 31. Dezember 2020 zu Waldschädigung gekommen ist;

14.
„erzeugt” angebaut, geerntet, gewonnen oder aufgezogen auf betreffenden Grundstücken oder — in Bezug auf Rinder — in Betrieben;
15.
„Marktteilnehmer” jede natürliche oder juristische Person, die im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit relevante Erzeugnisse in Verkehr bringt oder ausführt;
16.
„Inverkehrbringen” die erstmalige Bereitstellung eines relevanten Rohstoffs oder relevanten Erzeugnisses auf dem Unionsmarkt;
17.
„Händler” jede Person in der Lieferkette mit Ausnahme des Marktteilnehmers, die im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit relevante Erzeugnisse auf dem Markt bereitstellt;
18.
„Bereitstellung auf dem Markt” jede entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe eines relevanten Erzeugnisses zum Vertrieb, Verbrauch oder zur Verwendung auf dem Unionsmarkt im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit;
19.
„im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit” zum Zweck der Verarbeitung, zum Vertrieb an gewerbliche oder nichtgewerbliche Verbraucher oder zur Verwendung im Unternehmen des Marktteilnehmers oder Händlers selbst;
20.
„Person” eine natürliche Person, eine juristische Person oder jegliche Personenvereinigung, die keine juristische Person, jedoch nach Unionsrecht oder nach einzelstaatlichem Recht rechtsfähig ist;
21.
„in der Union niedergelassene Person”

a)
im Falle einer natürlichen Person, jede Person, deren Wohnsitz in der Union liegt;
b)
im Falle einer juristischen Person oder einer Personenvereinigung, jede Person, deren eingetragener Sitz, Hauptsitz oder ständige Niederlassung in der Union liegt;

22.
„Bevollmächtigter” jede in der Union niedergelassene natürliche oder juristische Person, die gemäß Artikel 6 von einem Marktteilnehmer oder von einem Händler schriftlich beauftragt wurde, in seinem Namen bestimmte Aufgaben zur Erfüllung seiner aus dieser Verordnung resultierenden Verpflichtungen wahrzunehmen;
23.
„Ursprungsland” ein Land oder Gebiet im Sinne des Artikels 60 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013;
24.
„Erzeugerland” das Land oder Gebiet, in dem die relevanten Rohstoffe oder die relevanten Rohstoffe, die bei der Erzeugung eines Erzeugnisses verwendet wurden oder darin enthalten sind, erzeugt wurden;
25.
„nichtkonforme Erzeugnisse” relevante Erzeugnisse, die gegen Artikel 3 verstoßen;
26.
„vernachlässigbares Risiko” das Risikoniveau, das bei relevanten Rohstoffen und relevanten Erzeugnissen vorliegt, wenn bei diesen aufgrund einer vollständigen Bewertung der produktspezifischen und der allgemeinen Informationen sowie gegebenenfalls der Anwendung geeigneter Risikominderungsmaßnahmen kein Anlass zur Besorgnis darüber besteht, dass sie gegen Artikel 3 Buchstaben a oder b verstoßen;
27.
„Grundstück” ein Stück Land innerhalb einer einzigen Immobilie gemäß den Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes, das homogen genug ist, um eine Bewertung des aggregierten Risikoniveaus in Bezug auf Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung mit relevanten Rohstoffen, die auf dieser Fläche erzeugt werden, zu ermöglichen;
28.
„Geolokalisierung” die geografische Lage eines Grundstücks, angegeben durch Breiten- und Längenkoordinaten in Form von mindestens einem Breitengrad- und einem Längengradwert und unter Verwendung von mindestens sechs Dezimalstellen; bei Grundstücken mit einer Fläche von mehr als vier Hektar, die für die Erzeugung der anderen relevanten Rohstoffen als Rinder genutzt werden, wird dies in Gestalt von Polygonen, unter Verwendung von genügend Breitengrad- und Längengradwerten angegeben, um den Umriss jedes Grundstücks zu beschreiben;
29.
„Betrieb” jedes Betriebsgelände bzw. jede Räumlichkeit, Struktur oder im Fall der Freilandhaltung jede Umgebung oder jeden Ort, in der bzw. an dem vorübergehend oder dauerhaft Tiere gehalten werden;
30.
„Kleinstunternehmen, kleine und mittlere Unternehmen” oder „KMU” Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen im Sinne des Artikels 3 der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(1);
31.
„begründete Bedenken” eine gebührend begründete Behauptung auf der Grundlage objektiver und überprüfbarer Informationen über Verstöße gegen diese Verordnung, die ein Tätigwerden der zuständigen Behörden erfordern könnte;
32.
„zuständige Behörden” die nach Artikel 14 Absatz 1 benannten Behörden;
33.
„Zollbehörden” die Zollbehörden gemäß der Begriffsbestimmung in Artikel 5 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013;
34.
„Zollgebiet” das Gebiet im Sinne von Artikel 4 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013;
35.
„Drittland” ein Land oder Gebiet außerhalb des Zollgebiets der Union;
36.
„Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr” das Verfahren gemäß Artikel 201 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013;
37.
„Ausfuhr” das Verfahren gemäß Artikel 269 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013;
38.
„relevante Erzeugnisse, die auf den Markt gelangen” relevante Erzeugnisse aus Drittländern, die in das Zollverfahren zur Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr übergeführt werden, und die für das Inverkehrbringen auf dem Unionsmarkt und nicht für private Zwecke oder für den privaten Verbrauch im Zollgebiet der Union bestimmt sind;
39.
„relevante Erzeugnisse, die den Markt verlassen” relevante Erzeugnisse, die in das Zollverfahren zur Ausfuhr übergeführt werden;
40.
„einschlägige Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes” die im Erzeugerland geltenden gesetzlichen Bestimmungen zum rechtlichen Status des Erzeugungsgebiets in Bezug auf

a)
Landnutzungsrechte,
b)
Umweltschutz,
c)
forstbezogene Vorschriften, einschließlich Regelungen der Forstwirtschaft und zur Erhaltung der biologischen Vielfalt, wenn sie in direktem Bezug zur Holzgewinnung stehen,
d)
Rechte Dritter,
e)
Arbeitnehmerrechte,
f)
völkerrechtlich geschützte Menschenrechte,
g)
den Grundsatz der freiwilligen und in Kenntnis der Sachlage erteilten vorherigen Zustimmung (the principle of free, prior and informed consent — FPIC), auch entsprechend der Verankerung in der Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte indigener Völker,
h)
Steuer-, Korruptionsbekämpfungs-, Handels- und Zollvorschriften.

Fußnote(n):

(1)

Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates (ABl. L 182 vom 29.6.2013, S. 19).

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