Artikel 16 VO (EU) 2023/1543
Vollstreckungsverfahren
(1) Leistet der Adressat ohne Angabe von Gründen, die von der Anordnungsbehörde akzeptiert werden, einem EPOC nicht fristgerecht oder einem EPOC-PR nicht Folge und hat die Vollstreckungsbehörde, sofern anwendbar, keinen der in Artikel 12 vorgesehenen Ablehnungsgründe geltend gemacht, so kann die Anordnungsbehörde die Vollstreckungsbehörde darum ersuchen, die Europäische Herausgabeanordnung oder die Europäische Sicherungsanordnung zu vollstrecken.
Für die Zwecke der Vollstreckung gemäß Unterabsatz 1 übermittelt die Anordnungsbehörde die betreffende Anordnung, das in Anhang III festgelegte, vom Adressaten ausgefüllte Formular und alle einschlägigen Dokumente gemäß Artikel 19. Die Anordnungsbehörde übersetzt die betreffende Anordnung und alle zu übermittelnden Unterlagen in eine der von dem Vollstreckungsstaat akzeptierten Sprachen und setzt den Adressaten von der Übermittlung in Kenntnis.
(2) Nach dem Erhalt erkennt die Vollstreckungsbehörde die folgenden Anordnungen ohne weitere Formalitäten an und ergreift die zu ihrer Vollstreckung erforderlichen Maßnahmen:
- a)
- eine Europäische Herausgabeanordnung, es sei denn, die Vollstreckungsbehörde ist der Auffassung, dass einer der in Absatz 4 genannten Gründe zutrifft, oder
- b)
- eine Europäische Sicherungsanordnung, es sei denn, die Vollstreckungsbehörde ist der Auffassung, dass einer der in Absatz 5 genannten Gründe zutrifft.
Die Vollstreckungsbehörde trifft die Entscheidung über die Anerkennung der betreffenden Anordnung unverzüglich, spätestens jedoch fünf Arbeitstage nach Erhalt der Anordnung.
(3) Die Vollstreckungsbehörde fordert die Adressaten förmlich auf, ihren entsprechenden Verpflichtungen nachzukommen, und setzt sie von Folgendem in Kenntnis:
- a)
- der Möglichkeit, gegen die Ausführung der betreffenden Anordnung unter Geltendmachung eines oder mehrerer der in Absatz 4 Buchstaben a bis f oder Absatz 5 Buchstaben a bis e aufgeführten Gründe Einwände zu erheben,
- b)
- den bei Nichtbefolgung anwendbaren Sanktionen und
- c)
- der Frist für die Befolgung oder die Erhebung von Einwänden.
(4) Die Vollstreckung der Europäischen Herausgabeanordnung kann nur aus einem oder mehreren der folgenden Gründe abgelehnt werden:
- a)
- Die Europäische Herausgabeanordnung wurde nicht von einer Anordnungsbehörde nach Artikel 4 erlassen oder validiert;
- b)
- die Europäische Herausgabeanordnung wurde nicht wegen einer Straftat nach Artikel 5 Absatz 4 erlassen;
- c)
- der Adressat konnte dem EPOC nicht Folge leisten, weil dies faktisch aufgrund von Umständen, die nicht dem Adressaten angelastet werden können, nicht möglich war oder weil das EPOC offensichtliche Fehler enthält;
- d)
- die Europäische Herausgabeanordnung betrifft keine zum Zeitpunkt des Erhalts des EPOC von einem Diensteanbieter oder in dessen Auftrag gespeicherten Daten;
- e)
- die Dienstleistung fällt nicht unter diese Verordnung;
- f)
- die angeforderten Daten sind durch Immunitäten oder Vorrechte geschützt, die nach dem Recht des Vollstreckungsstaats gewährt werden, oder die angeforderten Daten unterliegen Vorschriften über die Bestimmung oder Beschränkung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit in Bezug auf die Freiheit der Presse und die freie Meinungsäußerung in anderen Medien, wodurch die Ausführung oder Vollstreckung der Europäischen Sicherungsanordnung verhindert wird;
- g)
- es ist in Ausnahmefällen ausschließlich anhand der in dem EPOC enthaltenen Informationen ersichtlich, dass aufgrund genauer und objektiver Belege berechtigte Gründe zu der Annahme bestehen, dass die Ausführung der Europäischen Herausgabeanordnung unter den besonderen Umständen des Falles eine offensichtliche Verletzung eines einschlägigen in Artikel 6 EUV und der Charta verankerten Grundrechts bedeuten würde.
(5) Die Vollstreckung der Europäischen Sicherungsanordnung kann nur aus einem oder mehreren der folgenden Gründe abgelehnt werden:
- a)
- Die Europäische Sicherungsanordnung wurde nicht von einer Anordnungsbehörde nach Artikel 4 erlassen oder validiert;
- b)
- der Adressat konnte dem EPOC-PR nicht Folge leisten, weil dies faktisch aufgrund von Umständen, die nicht dem Adressaten angelastet werden können, nicht möglich war oder weil das EPOC-PR offensichtliche Fehler enthält;
- c)
- die Europäische Sicherungsanordnung betrifft keine zum Zeitpunkt des Erhalts des EPOC-PR von einem Diensteanbieter oder in dessen Auftrag gespeicherten Daten;
- d)
- die Dienstleistung fällt nicht unter diese Verordnung;
- e)
- die angeforderten Daten sind durch Immunitäten oder Vorrechte geschützt, die nach dem Recht des Vollstreckungsstaats gewährt werden, oder die angeforderten Daten unterliegen Vorschriften über die Bestimmung oder Beschränkung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit in Bezug auf die Freiheit der Presse und die freie Meinungsäußerung in anderen Medien, wodurch die Ausführung oder Vollstreckung der Europäischen Sicherungsanordnung verhindert wird;
- f)
- es ist in Ausnahmefällen ausschließlich anhand der in dem EPOC-PR enthaltenen Informationen ersichtlich, dass aufgrund genauer und objektiver Belege berechtigte Gründe zu der Annahme bestehen, dass die Ausführung der Europäischen Sicherungsanordnung unter den besonderen Umständen des Falles eine offensichtliche Verletzung eines einschlägigen in Artikel 6 EUV und der Charta verankerten Grundrechts bedeuten würde.
(6) Erhebt der Adressat gemäß Absatz 3 Buchstabe a Einwände, so entscheidet die Vollstreckungsbehörde auf der Grundlage etwaiger von dem Adressaten bereitgestellter Informationen und erforderlichenfalls der von der Anordnungsbehörde gemäß Absatz 7 erhaltenen zusätzlichen Informationen, ob sie die Europäische Herausgabeanordnung bzw. die Europäische Sicherungsanordnung vollstreckt.
(7) Bevor die Vollstreckungsbehörde beschließt, die Europäische Herausgabeanordnung bzw. die Europäische Sicherungsanordnung gemäß Absatz 2 bzw. Absatz 6 nicht anzuerkennen oder nicht zu vollstrecken, konsultiert sie in geeigneter Weise die Anordnungsbehörde. Erforderlichenfalls ersucht sie die Anordnungsbehörde um weitere Auskünfte. Die Anordnungsbehörde beantwortet ein solches Ersuchen innerhalb von fünf Arbeitstagen.
(8) Die Vollstreckungsbehörde teilt der Anordnungsbehörde und dem Adressaten alle ihre Beschlüsse unverzüglich mit.
(9) Erhält die Vollstreckungsbehörde die im Wege einer Europäischen Herausgabeanordnung angeforderten Daten von dem Adressaten, so übermittelt sie diese Daten unverzüglich der Anordnungsbehörde.
(10) Kommt der Adressat seinen Verpflichtungen aus einer anerkannten Europäischen Herausgabeanordnung oder Europäischen Sicherungsanordnung, deren Vollstreckbarkeit von der Vollstreckungsbehörde bestätigt wurde, nicht nach, so verhängt diese Behörde eine finanzielle Sanktion gemäß Artikel 15. Gegen einen Beschluss zur Verhängung einer finanziellen Sanktion muss ein wirksamer Rechtsbehelf eingelegt werden können.
© Europäische Union 1998-2021
Tipp: Verwenden Sie die Pfeiltasten der Tastatur zur Navigation zwischen Normen.