Artikel 2 VO (EU) 2023/1651

Bewertung des Liquiditätsrisikos aus Wertpapierdienstleistungen sowie Tätigkeiten und Nebendienstleistungen

(1) Bei Wertpapierfirmen, die eine der in Anhang I Abschnitt A Nummern 1 oder 2 der Richtlinie 2014/65/EU genannten Tätigkeiten ausüben, bewerten die zuständigen Behörden die Höhe des durch liquide Aktiva zu deckenden Liquiditätsbedarfs, indem sie alles Folgende berücksichtigen:

a)
die spezifischen Merkmale der für Kunden erbrachten Dienstleistungen, insbesondere die zeitliche Inkongruenz zwischen den Entgelteingängen von Kunden und den Entgeltzahlungen an Handelsplattformen für die Übermittlung oder Ausführung von Aufträgen für Kunden;
b)
den Liquiditätsabfluss aufgrund verlangter höherer Entgelte für den Zugang zu Handelsplattformen oder aufgrund weniger günstiger Regelungen, insbesondere auch eine verkürzte Verbindlichkeitenreichweite der Wertpapierfirma;
c)
Zahlungsverzögerungen bei fälligen Entgelten von Kunden.

(2) Bei Wertpapierfirmen, die eine der in Anhang I Abschnitt A Nummern 3 oder 6 der Richtlinie 2014/65/EU genannten Tätigkeiten ausüben, bewerten die zuständigen Behörden die Höhe des durch liquide Aktiva zu deckenden Liquiditätsbedarfs, indem sie alles Folgende berücksichtigen:

a)
die Bewertung des Innertagesliquiditätsrisikos für die Handelsbuchpositionen der Wertpapierfirma;
b)
das Liquiditätsrisiko, das aus dem Risiko einer Preisänderung des betreffenden Instruments aufgrund von Faktoren erwächst, die mit dem Emittenten des Instruments oder dem Emittenten des Basisinstruments zusammenhängen, oder das aus der Preisänderung eines Instruments aufgrund einer Veränderung des Zinsniveaus oder einer allgemeinen Aktienmarktbewegung erwächst, die nicht mit den spezifischen Attributen der einzelnen Wertpapiere zusammenhängt;
c)
die spezifischen Merkmale der Handelstätigkeiten der Wertpapierfirma, insbesondere das Fälligkeitsprofil der Geschäfte, das etwaige Vorkommen langfristiger Geschäfte und die Währungen der Geschäfte;
d)
die Höhe der Vermögenswertbelastung, die Eigenschaften der zu stellenden Sicherheiten, insbesondere deren Laufzeit und Währung, und die Möglichkeit der Weiterverwendung oder Weiterverpfändung der als Sicherheit gestellten Vermögenswerte durch die Gegenparteien der Wertpapierfirma;
e)
die Höhe der untertägigen Einschüsse, zu denen die Wertpapierfirma unter normalen und angespannten Bedingungen vertraglich verpflichtet sein könnte;
f)
ob die Wertpapierfirma über ausreichende liquide Aktiva oder sonstige Liquiditätsressourcen verfügt, um ihre Handelstätigkeiten aufrechterhalten zu können, falls Abwicklungen scheitern oder es bei Verwahrstellen oder Korrespondenzbanken zu Dienstleistungsunterbrechungen kommt;
g)
das Scheitern der Abwicklung eines Geschäfts zum vereinbarten Abwicklungstermin, weil der Verkäufer die Wertpapiere oder der Käufer die Gelder nicht rechtzeitig liefert.

(3) Bei Wertpapierfirmen, die eine der in Anhang I Abschnitt A Nummern 4, 5 oder 7 der Richtlinie 2014/65/EU genannten Tätigkeiten ausüben, bewerten die zuständigen Behörden die Höhe des durch liquide Aktiva zu deckenden Liquiditätsbedarfs, indem sie alles Folgende berücksichtigen:

a)
die vertraglichen Regelungen der Wertpapierfirma für Entgelteingänge, die mit der Wertentwicklung der Kundenportfolios zusammenhängen;
b)
die zeitliche Inkongruenz zwischen den Entgelteingängen der Wertpapierfirma von Kunden und den Entgeltzahlungen der Wertpapierfirma an Dienstleister speziell für deren Tätigkeiten, insbesondere für Marktanalysen, Fachberichte, allgemeine oder kundenspezifische Portfolioanalysen und Aggregationsdienstleistungen;
c)
wenn die Wertpapierfirma die Verwaltung von Vermögenswerten weiterüberträgt, die zeitliche Inkongruenz zwischen den Entgelteingängen der Wertpapierfirma von Kunden und den Entgeltzahlungen der Wertpapierfirma an das beauftragte Finanzunternehmen;
d)
wenn ein anderes Finanzunternehmen die Verwaltung von Vermögenswerten förmlich an die Wertpapierfirma übertragen hat, die zeitliche Inkongruenz zwischen den Entgelteingängen der Wertpapierfirma von dem beauftragenden Unternehmen und den Aufwendungen, die die Wertpapierfirma im Zusammenhang mit der Übertragung tätigt;
e)
die vertraglichen Regelungen zwischen der Wertpapierfirma und vertraglich gebundenen Vermittlern, insbesondere auch den Zeitpunkt und die Häufigkeit der Zahlungen an die vertraglich gebundenen Vermittler;
f)
Zahlungsverzögerungen bei fälligen Entgelten von Kunden.

(4) Bei Wertpapierfirmen, die eine der in Anhang I Abschnitt A Nummern 8 oder 9 der Richtlinie 2014/65/EU genannten Tätigkeiten ausüben, bewerten die zuständigen Behörden die Höhe des durch liquide Aktiva zu deckenden Liquiditätsbedarfs, indem sie alles Folgende berücksichtigen:

a)
die zeitliche Inkongruenz zwischen den Entgelteingängen von Kunden und den Entgeltzahlungen an Dienstleister;
b)
Verzögerungen bei fälligen Entgeltzahlungen von Kunden.

(5) Bei Wertpapierfirmen, die die in Anhang I Abschnitt B Nummer 2 der Richtlinie 2014/65/EU genannte Nebendienstleistung erbringen, bewerten die zuständigen Behörden die Höhe des durch liquide Aktiva zu deckenden Liquiditätsbedarfs, indem sie alles Folgende berücksichtigen:

a)
die ausstehenden Beträge der Kredite und Darlehen, die Kunden gewährt wurden;
b)
das Liquiditätsprofil der Sicherheiten und die marktbedingten und rechtlichen Einschränkungen für deren Verwertung;
c)
die ausstehenden Beträge der ausgefallenen Kredite und Darlehen an Kunden.

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