Artikel 26 VO (EU) 2023/1781

Vorrangige Aufträge

(1) Wird die Krisenstufe gemäß Artikel 23 aktiviert, so kann die Kommission integrierte Produktionsstätten und offene EU-Fertigungsbetriebe dazu verpflichten, einen Auftrag über krisenrelevante Produkte anzunehmen und vorrangig zu behandeln (im Folgenden „vorrangiger Auftrag” ). Diese Verpflichtung geht jeder anderen Erfüllungsverpflichtung nach privatem oder öffentlichem Recht vor.

(2) Gegebenenfalls kann die Verpflichtung nach Absatz 1 anderen Halbleiterunternehmen auferlegt werden, die diese Möglichkeit im Rahmen des Erhalts öffentlicher Unterstützung akzeptiert haben.

(3) Unterliegt ein in der Union niedergelassenes Halbleiterunternehmen einer Maßnahme zur Erfüllung eines vorrangigen Auftrags gegenüber einem Drittland, so unterrichtet es die Kommission. Wirkt sich diese Verpflichtung erheblich auf den Betrieb bestimmter kritischer Sektoren aus, so kann die Kommission das Unternehmen, sofern erforderlich und verhältnismäßig, dazu verpflichten, Aufträge über krisenrelevante Produkte gemäß den Absätzen 5, 6 und 7 anzunehmen und vorrangig zu behandeln.

(4) Vorrangige Aufträge sind Begünstigten vorbehalten, bei denen es sich um Nutzer von Halbleitern aus kritischen Sektoren oder um Unternehmen, die kritische Sektoren beliefern, handelt, deren Tätigkeiten gestört sind oder gestört zu werden drohen und die nach Durchführung geeigneter Risikominderungsmaßnahmen nicht in der Lage waren, die Auswirkungen des Engpasses durch andere Mittel zu vermeiden und abzufedern. Die Kommission kann einen Begünstigten auffordern, entsprechende Nachweise vorzulegen.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1, 2 und 3 des vorliegenden Artikels werden von der Kommission als letztes Mittel durch einen Beschluss auferlegt. Die Kommission fasst diesen Beschluss nach Konsultation des Europäischen Halbleitergremiums und unter Beachtung aller in der Union für die Umstände des Falls geltenden rechtlichen Verpflichtungen, einschließlich der Grundsätze der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit. Der Beschluss trägt insbesondere den legitimen Zielen des betreffenden Unternehmens sowie den Kosten, dem Aufwand und den technischen Anpassungen Rechnung, die für jede Änderung der Produktionsreihenfolge erforderlich sind. In ihrem Beschluss nennt die Kommission die Rechtsgrundlage des vorrangigen Auftrags, setzt die Frist für die Erfüllung des Auftrags, legt gegebenenfalls das Produkt und die Menge fest und weist gegebenenfalls auf die in Artikel 33 für die Missachtung dieser Verpflichtung vorgesehenen Sanktionen hin. Der vorrangige Auftrag wird zu einem fairen und angemessenen Preis vergeben.

(6) Vor der Erteilung vorrangiger Aufträge gemäß Absatz 1 gibt die Kommission dem vorgesehenen Empfänger eines vorrangigen Auftrags Gelegenheit, sich zur Durchführbarkeit und zu den Einzelheiten des Auftrags zu äußern. Die Kommission erteilt den vorrangigen Auftrag nicht, wenn

a)
das Unternehmen wegen unzureichenden Produktionsvermögens oder wegen unzureichender Produktionskapazität oder aus technischen Gründen nicht in der Lage ist, den vorrangigen Auftrag zu erfüllen, selbst wenn es diesen Auftrag vorrangig behandelt;
b)
die Annahme des Auftrags eine unzumutbare wirtschaftliche Belastung und eine besondere Härte für das Unternehmen darstellen würde, einschließlich erheblicher Risiken im Zusammenhang mit der Betriebskontinuität.

(7) Ist ein Unternehmen verpflichtet, einen vorrangigen Auftrag anzunehmen und vorrangig zu behandeln, so haftet es nicht für etwaige Verstöße gegen vertragliche Pflichten, die erforderlich sind, um die vorrangigen Aufträge zu erfüllen. Die Haftungsbefreiung gilt nur insoweit, als der Verstoß gegen vertragliche Pflichten für die Einhaltung der vorgeschriebenen Rangfolge erforderlich war.

(8) Die Kommission erlässt einen Durchführungsrechtsakt zur Festlegung der praktischen und operativen Modalitäten für die Funktionsweise vorrangiger Aufträge. Dieser Durchführungsrechtsakt wird gemäß dem in Artikel 38 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

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