Präambel VO (EU) 2023/1781
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 173 Absatz 3 und Artikel 114,
auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(1),
nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen(2),
gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren(3),
in Erwägung nachstehender Gründe:
- (1)
- Halbleiter sind ein zentraler Baustein aller digitalen Geräte sowie des digitalen Wandels der Union, von Smartphones und Autos über kritische Anwendungen und Infrastrukturen in den Bereichen Gesundheit, Energie, Kommunikation und Automatisierung bis hin zu den meisten anderen Industriesektoren. Da Halbleiter für die digitale Wirtschaft von zentraler Bedeutung sind, sind sie eine wichtige Triebfeder für den Übergang zur Nachhaltigkeit und zu einer grünen Wirtschaft und tragen somit zu den Zielen in der Mitteilung der Kommission vom 11. Dezember 2019 mit dem Titel „Der Europäische Grüne Deal” bei. Halbleiter sind für das Funktionieren der heutigen Wirtschaft und der Gesellschaft sowie der Verteidigung und Sicherheit von entscheidender Bedeutung — gleichwohl ist es in der Union zu beispiellosen Störungen der Versorgung mit ihnen gekommen, die erhebliche Folgen haben. Die derzeitigen Störungen haben in dieser Hinsicht langfristige Schwachstellen zutage treten lassen, insbesondere eine starke Abhängigkeit von Drittländern bei der Fertigung und dem Entwurf von Chips. Die Mitgliedstaaten tragen die Hauptverantwortung dafür, eine starke industrielle, wettbewerbsfähige und nachhaltige Basis in der Union zu erhalten, die Innovation in allen Bereichen der Chipindustrie fördert.
- (2)
- Es sollte ein Rahmen für die Stärkung der Resilienz der Union im Bereich der Halbleitertechnologien geschaffen werden, durch den zum einen das Halbleiter-Ökosystem der Union durch die Verringerung von Abhängigkeiten gestärkt wird, die digitale Souveränität verbessert wird, Investitionen stimuliert und das Vermögen, die Sicherheit, die Anpassungsfähigkeit und die Resilienz der Halbleiter-Lieferkette der Union gestärkt werden und zum anderen die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, der Kommission und den internationalen strategischen Partnern intensiviert wird.
- (3)
- Mit diesem Rahmen werden zwei allgemeine Ziele verfolgt. Das erste Ziel besteht darin, die notwendigen Voraussetzungen für die Wettbewerbs- und Innovationskapazität der Union sicherzustellen und die Anpassung der Industrie an strukturelle Veränderungen sicherzustellen, die sich aus schnellen Innovationszyklen und Nachhaltigkeitserfordernissen ergeben, sowie das unionsweite Halbleiter-Ökosystem mit gebündeltem Wissen, Fachkenntnissen und Ressourcen sowie gemeinsamen Stärken zu verbessern. Das zweite Ziel, das eigenständig ist und das erste Ziel ergänzt, besteht darin, das Funktionieren des Binnenmarkts zu verbessern, indem ein einheitlicher Unionsrechtsrahmen zur Erhöhung der langfristigen Resilienz der Union sowie ihrer Innovationsfähigkeit und Fähigkeit zur Schaffung von Versorgungssicherheit im Bereich der Halbleitertechnologien festgelegt wird, um die Robustheit gegenüber Störungen zu erhöhen.
- (4)
- Im Einklang mit Artikel 173 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) müssen Maßnahmen zum Kapazitätsaufbau und zur Stärkung des Halbleiter-Ökosystems der Union ergriffen werden. Mit diesen Maßnahmen sollte keine Harmonisierung nationaler Rechts- und Verwaltungsvorschriften verbunden sein. Die Union sollte in dieser Hinsicht die Wettbewerbsfähigkeit und Resilienz der technologischen und industriellen Basis für Halbleiter erhöhen und gleichzeitig die Innovationskapazität des Halbleiter-Ökosystems in der gesamten Union stärken, die Abhängigkeit von einigen wenigen Unternehmen in Drittländern und von einigen wenigen geographischen Gebieten verringern und ihre Kapazität zum Entwurf und zur Herstellung, zum Packaging, zur Wiederverwendung und zum Recycling fortschrittlicher Halbleiter stärken. Die mit dieser Verordnung eingerichtete Initiative „Chips für Europa” (im Folgenden „Initiative” ) sollte diese Ziele unterstützen, indem die Kluft zwischen dem fortschrittlichen Forschungs- und Innovationsvermögen der Union einerseits und seiner nachhaltigen industriellen Nutzung andererseits überbrückt wird. Die Initiative sollte den Kapazitätsaufbau unterstützen, um Entwurf, Produktion und Systemintegration in Bezug auf Halbleitertechnologien der nächsten Generation zu ermöglichen, und die Zusammenarbeit zwischen wichtigen Akteuren in der gesamten Union verbessern, um die Halbleiter-Liefer- und -Wertschöpfungsketten in der Union zu stärken, wichtige Industriesektoren zu unterstützen und neue Märkte zu schaffen.
- (5)
- Da Halbleiter überall verwendet werden, haben sich die jüngsten Engpässe entweder direkt oder indirekt negativ auf Unternehmen in der gesamten Union ausgewirkt und starke wirtschaftliche Folgen nach sich gezogen. Die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen haben zu einem erhöhten Bewusstsein der Öffentlichkeit und der Wirtschaftsakteure geführt und Druck auf die Mitgliedstaaten ausgeübt, die strategischen Abhängigkeiten in Bezug auf Halbleiter anzugehen. Zugleich ist der Halbleitersektor durch Interdependenzen entlang der Wertschöpfungskette gekennzeichnet, wobei keine einzelne Region alle Stufen der Wertschöpfungskette dominiert. Dieser grenzüberschreitende Charakter wird dadurch noch deutlicher, dass Halbleiterprodukte eine Grundlage für nachgelagerte Industrien sind. Während die Halbleiterfertigung in einigen Regionen konzentriert sein mag, sind die Nutzerindustrien über die gesamte Union verteilt. Vor diesem Hintergrund können die Versorgungssicherheit mit Halbleitern und die Resilienz des Halbleiter-Ökosystems am besten durch Harmonisierungsrecht der Union auf der Grundlage des Artikels 114 AEUV verbessert werden. Es bedarf eines einheitlichen, kohärenten Rechtsrahmens zur Harmonisierung bestimmter Bedingungen für Akteure zur Durchführung spezifischer Projekte, die zur Versorgungssicherheit und Resilienz des Halbleiter-Ökosystems der Union beitragen. Darüber hinaus sollte ein koordinierter Mechanismus für die Überwachung, strategische Kartierung, Krisenprävention und -reaktion eingerichtet werden, um Versorgungsengpässen entgegenzuwirken und Hindernisse für die Einheit des Binnenmarkts zu verhindern, wobei eine unterschiedliche Reaktion der Mitgliedstaaten zu vermeiden ist.
- (6)
- Die Verbesserung der kritischen Infrastruktur und der Sicherheit der Union sowie ihrer technologischen Führungsrolle erfordert sowohl hochmoderne als auch ausgereifte Halbleiter, insbesondere um strategische Branchen zukunftssicher zu machen.
- (7)
- Die Verwirklichung dieser Ziele sollte durch einen Governance-Mechanismus unterstützt werden. Durch diese Verordnung sollte auf Unionsebene ein Europäisches Halbleitergremium eingerichtet werden, das sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten zusammensetzt und in dem die Kommission den Vorsitz führt, um eine reibungslose, wirksame und harmonisierte Durchführung der vorliegenden Verordnung, die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zu erleichtern. Das Europäische Halbleitergremium sollte die Kommission in bestimmten Fragen beraten und unterstützen, unter anderem bei der einheitlichen Durchführung dieser Verordnung, der Erleichterung der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und dem Informationsaustausch zu Angelegenheiten im Zusammenhang mit dieser Verordnung. Das Europäische Halbleitergremium sollte die Kommission auch zur internationalen Zusammenarbeit im Zusammenhang mit Halbleitern beraten. Das Europäische Halbleitergremium sollte für seine im Rahmen der einzelnen Kapitel dieser Verordnung vorgesehenen Aufgaben gesonderte Sitzungen abhalten. Die einzelnen Sitzungen können unterschiedliche Zusammensetzungen der hochrangigen Vertreter umfassen, und die Kommission kann Untergruppen einsetzen.
- (8)
- Angesichts des globalisierten Charakters der Halbleiter-Lieferkette ist die internationale Zusammenarbeit mit Drittländern ein wichtiges Element, um das Halbleiter-Ökosystem der Union resilient zu machen. Die im Rahmen dieser Verordnung ergriffenen Maßnahmen sollten die Union auch in die Lage versetzen, als Exzellenzzentrum eine stärkere Rolle in einem besser funktionierenden globalen, durch gegenseitige Abhängigkeiten geprägten Halbleiter-Ökosystem zu spielen. Zu diesem Zweck sollte das Europäische Halbleitergremium die Kommission in Fragen der Koordinierung dieser Bemühungen und der Verstärkung der Zusammenarbeit entlang der globalen Halbleiter-Wertschöpfungskette zwischen der Union und Drittländern beraten und dabei gegebenenfalls die Standpunkte der Industrieallianz für Prozessoren und Halbleitertechnologien sowie anderer Interessenträger berücksichtigen.
- (9)
- Im Einklang mit den internationalen Verpflichtungen und geltenden verfahrensrechtlichen Vorschriften könnten die Union und die Mitgliedstaaten — auch auf diplomatischer Ebene — mit internationalen strategischen Partnern, die sich einen Vorsprung in der Halbleiterindustrie verschafft haben, zusammenarbeiten, um nach Lösungen zu suchen, mit denen die Versorgungssicherheit gestärkt und zukünftig Störungen der Halbleiter-Lieferkette, beispielsweise aufgrund von Ausfuhrbeschränkungen in Drittländern, behoben werden können und die Verfügbarkeit von Rohstoffen und Zwischenprodukten ermittelt werden kann. Dies kann bei Bedarf auch eine Koordinierung in einschlägigen internationalen Foren, der Abschluss von Investitions- und Handelsabkommen oder andere diplomatische Bemühungen im Einklang mit den geltenden verfahrensrechtlichen Vorschriften oder die Zusammenarbeit mit einschlägigen Interessenträgern umfassen.
- (10)
- Um auf der Verpflichtung zur Deckung des Arbeitskräftebedarfs in der gesamten Halbleiter-Lieferkette aufzubauen, sollte die Kommission für Synergien mit bestehenden Unionsprogrammen sorgen und die Mitgliedstaaten bei der Schaffung von Initiativen, die zum Austausch von akademischem Wissen mit internationalen strategischen Partnern beitragen, unterstützen und bestärken.
- (11)
- Es ist ein klares Ziel der Union, die internationale Zusammenarbeit und den Wissensaustausch zu fördern, und zwar auf der Grundlage der Interessen der Union, des beiderseitigen Nutzens, internationaler Verpflichtungen und — soweit möglich — der Gegenseitigkeit. Dennoch könnten die Sicherheitsinteressen der Union durch die Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums, die unbefugte Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen oder die Preisgabe sensibler aufkommender Technologien im Halbleitersektor beeinträchtigt werden. Vor diesem Hintergrund prüft die Kommission konkrete Vorschläge zur Stärkung der Rahmen für Investitionsprüfung und für Ausfuhrkontrollen der Union. Darüber hinaus sollten die Union und die Mitgliedstaaten mit strategischen Partnern zusammenarbeiten, um die gemeinsame technologische und industrielle Führungsposition im Einklang mit den geltenden verfahrensrechtlichen Vorschriften zu stärken.
- (12)
- Kennzeichnend für den Halbleitersektor sind die sehr hohen Entwicklungs- und Innovationskosten sowie die sehr hohen Kosten für die Errichtung modernster Anlagen für die Prüfung und Validierung zur Unterstützung der industriellen Produktion. Dies hat unmittelbare Auswirkungen auf die Wettbewerbs- und Innovationskapazität der Unionsindustrie sowie auf die Versorgungssicherheit und die Resilienz des Halbleiter-Ökosystems der Union. Angesichts der Lehren aus den jüngsten Engpässen in der Union und weltweit sowie der raschen Entwicklung der technologischen Herausforderungen und der Innovationszyklen, die Auswirkungen auf die Halbleiter-Wertschöpfungskette haben, ist es erforderlich, mittels dieser Initiative die bestehenden Stärken der Union zu festigen und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit, Resilienz sowie ihre Forschungs- und Innovationskapazität zu erhöhen.
- (13)
- Die Mitgliedstaaten tragen die Hauptverantwortung dafür, eine starke industrielle, wettbewerbsfähige, nachhaltige und innovative Basis der Union zu erhalten. Gleichwohl machen Art und Umfang der Forschungs- und Innovationsherausforderungen bei Halbleitern eine Zusammenarbeit auf Unionsebene erforderlich.
- (14)
- Um die Union auf dem Gebiet der Halbleitertechnologie mit den Forschungs- und Innovationskapazitäten auszustatten, die erforderlich sind, damit ihre Führungsrolle im Bereich der Forschung und Investitionen in die Industrie auf höchstem Niveau aufrechterhalten werden können, und um die derzeitige Kluft zwischen Forschung und Entwicklung (im Folgenden „FuE” ) einerseits und Fertigung andererseits zu überbrücken, sollten die Union und die Mitgliedstaaten ihre Anstrengungen besser koordinieren und gemeinsame Investitionen tätigen. Die derzeitigen Herausforderungen des Halbleiter-Ökosystems der Union verlangen das Erreichen umfangreicher Kapazitäten und erfordern eine gemeinsame Anstrengung der Mitgliedstaaten mit Unterstützung der Union für die Entwicklung und den Einsatz umfangreicher Kapazitäten. Diese gemeinsame Anstrengung umfasst auch die Bereitstellung finanzieller Ressourcen im Einklang mit dem Ziel der Initiative, die Entwicklung und breite Verfügbarkeit von Innovationskapazitäten und umfassenden digitalen Infrastrukturen zu unterstützen, wozu auch die virtuelle Entwurfsplattform, die Pilotanlagen, einschließlich jener für Quantenchips, und die Verbreitung von Kenntnissen, Fertigkeiten und Kompetenzen zugunsten des gesamten Halbleiter-Ökosystems gehören. Um dies zu verwirklichen, sollten die Union und die Mitgliedstaaten den Zielen des parallelen grünen und digitalen Wandels Rechnung tragen. In dieser Hinsicht bieten Halbleitergeräte und -fertigungsprozesse große Möglichkeiten bei der Verringerung der Umweltbelastung, insbesondere der CO2-Belastung, durch die Industrie und tragen so beispielsweise zu den Zielen der Mitteilung der Kommission vom 14. Juli 2021 mit dem Titel „Fit für 55” : auf dem Weg zur Klimaneutralität — Umsetzung des EU-Klimaziels für 2030, der mit der Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates(4) eingerichteten Aufbau- und Resilienzfazilität und der Mitteilung der Kommission vom 18. Mai 2022 mit dem Titel „REPowerEU-Plan” bei. Die Initiative sollte mit allen Bestandteilen und Maßnahmen zu einer möglichst weitgehenden Übertragung und Maximierung der Anwendungsvorteile von Halbleitertechnologien führen, die die Nachhaltigkeitswende entscheidend vorantreiben und neue Produkte hervorbringen sowie eine effizientere, wirksame, saubere und dauerhafte Nutzung von Ressourcen bewirken können, einschließlich Energie und Materialien, die für die Herstellung und die Nutzung von Halbleitern über den gesamten Lebenszyklus erforderlich sind.
- (15)
- Zur Verwirklichung ihres allgemeinen Ziels und zur Bewältigung der Herausforderungen sowohl auf der Angebots- wie auch auf der Nachfrageseite des derzeitigen Halbleiter-Ökosystems sollte die Initiative fünf operative Ziele beinhalten. Erstens sollte die Initiative Maßnahmen zum Aufbau einer virtuellen, unionsweit verfügbaren Entwurfsplattform unterstützen, um die Entwurfskapazität in der Union zu stärken. Die virtuelle Entwurfsplattform sollte die Gemeinschaften von Entwurfsbetrieben, Start-ups, KMU und Urhebern und Instrumentenanbietern mit Forschungs- und Technologieorganisationen zusammenbringen, um auf der Grundlage gemeinsamer Technologieentwicklung virtuelle Prototyplösungen bereitzustellen.
- (16)
- Zweitens sollte die Initiative, um die Grundlage für die Stärkung der Versorgungssicherheit und des Halbleiter-Ökosystems der Union zu schaffen, den Ausbau bestehender und die Entwicklung neuer fortschrittlicher Pilotanlagen unterstützen, um die Entwicklung und Einführung von hochmodernen Halbleitertechnologien und von Halbleitertechnologien der nächsten Generation zu ermöglichen. Die Pilotanlagen sollten der Industrie eine Möglichkeit bieten, Halbleitertechnologien und Systementwurfskonzepte in den höheren Technologie-Reifegraden, d. h. über Stufe 3 und unter Stufe 8, bei möglichst geringer Umweltbelastung zu testen, zu erproben und zu validieren. Sind solche Möglichkeiten in der Union nicht gegeben und werden dadurch das Innovationspotenzial und die globale Wettbewerbsfähigkeit der Union beeinträchtigt, so muss die Union zusammen mit den Mitgliedstaaten und dem Privatsektor in Pilotanlagen investieren, um den bestehenden Strukturproblemen und dem Marktversagen entgegenzuwirken.
- (17)
- Drittens sollten zur Beschleunigung der innovativen Entwicklung von Quantenchips und damit verbundenen Halbleitertechnologien, einschließlich solcher, die auf Halbleitermaterial basieren oder in Photonik integriert sind, die der Entwicklung des Halbleitersektors dienen, im Rahmen der Initiative auch Maßnahmen in Bezug auf Entwurfsbibliotheken für Quantenchips, Pilotanlagen für die Herstellung von Quantenchips sowie Anlagen für die Prüfung und Validierung für die in den Pilotanlagen hergestellten Quantenchips unterstützt werden.
- (18)
- Viertens sollte die Initiative durch den Ausbau bestehender Zentren oder die Schaffung neuer Anlagen den Mitgliedstaaten die Möglichkeit bieten, mindestens ein Kompetenzzentrum für Halbleiter in jedem Mitgliedstaat einzurichten, um den Einsatz von Halbleitertechnologien zu fördern, den Zugang zu Entwurfs- und Pilotanlagen zu ermöglichen und Qualifikationsdefizite in der gesamten Union zu überbrücken. Der Zugang zu öffentlich finanzierter Infrastruktur wie Pilot- und Testanlagen sowie zu den Kompetenzzentren sollte einem breiten Spektrum von Nutzern offenstehen und sollte großen Unternehmen auf transparente Weise, nichtdiskriminierend und zu Marktbedingungen (oder auf Kostenbasis zuzüglich einer angemessenen Marge) gewährt werden, während KMU und akademische Einrichtungen bevorzugten Zugang oder Preisnachlässe erhalten können. Ein solcher Zugang, auch für internationale Forschungs- und Geschäftspartner, kann die gegenseitige Bereicherung weiter fördern sowie zu einem Zuwachs an Fachkenntnissen und Exzellenz führen und gleichzeitig zur Kostendeckung beitragen.
- (19)
- Fünftens sollte die Kommission in enger Zusammenarbeit mit der Europäischen Investitionsbank-Gruppe und gemeinsam mit anderen Durchführungspartnern wie nationalen Förderbanken und -instituten eine spezielle Investitionsfazilität für Halbleiter einrichten (als Teil der unter dem Begriff „Chip-Fonds” zusammengefassten Investitionsfördertätigkeiten), die sowohl Eigenkapitallösungen als auch Fremdfinanzierungen anbietet, einschließlich einer Mischfinanzierungsfazilität im Rahmen des durch die Verordnung (EU) 2021/523 des Europäischen Parlaments und des Rates(5) eingerichteten Fonds „InvestEU” . Die Tätigkeiten im Rahmen des „Chip-Fonds” sollten die Entwicklung eines dynamischen und resilienten Halbleiter-Ökosystems unterstützen, indem Möglichkeiten für eine bessere Verfügbarkeit von Mitteln geschaffen werden, um das Wachstum von Start-ups und KMU sowie Investitionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette — auch für andere Unternehmen der Halbleiter-Wertschöpfungskette — zu unterstützen. In dieser Hinsicht sollten insbesondere Unterstützung und klare Leitlinien für KMU bereitgestellt werden, um sie beim Antragsverfahren zu unterstützen. Es wird erwartet, dass der Europäische Innovationsrat in dieser Hinsicht weitere gezielte Unterstützung in Form von Finanzhilfen und Beteiligungsinvestitionen zugunsten marktschaffender Innovatoren in Bereichen mit hohem Risiko leisten wird.
- (20)
- Um die Einschränkungen aufgrund der derzeitigen fragmentierten Bemühungen um öffentliche und private Investitionen zu überwinden, die Integration und gegenseitige Bereicherung der laufenden Programme und deren Investitionserträge zu begünstigen sowie zur Verfolgung einer gemeinsamen strategischen Vision der Union in Bezug auf Halbleiter als Mittel zur Verwirklichung des Ziels der Union und der Mitgliedstaaten, eine führende Rolle in der digitalen Wirtschaft zu spielen, sollte die Initiative eine bessere Koordinierung und engere Synergien zwischen den bestehenden Finanzierungsprogrammen auf Unions- und auf nationaler Ebene, eine bessere Abstimmung und Zusammenarbeit mit der Industrie und wichtigen Interessenträgern des Privatsektors sowie zusätzliche gemeinsame Investitionen mit den Mitgliedstaaten erleichtern. Die Initiative ist so konzipiert, dass bei ihrer Umsetzung Ressourcen der Union, der Mitgliedstaaten und von an den bestehenden Unionsprogrammen beteiligten Drittländern sowie des Privatsektors gebündelt werden. Der Erfolg der Initiative kann daher nur auf gemeinsamen Anstrengungen der Mitgliedstaaten und der Union aufbauen, um sowohl die beträchtlichen Kapitalkosten mitzutragen als auch die breite Verfügbarkeit von Ressourcen für virtuellen Entwurf, Tests und Pilotprojekte sowie die Verbreitung von Kenntnissen, Fertigkeiten und Kompetenzen zu unterstützen. Angesichts des besonderen Charakters der betreffenden Maßnahmen sollten die Ziele der Initiative, insbesondere die Tätigkeiten im Rahmen des „Chip-Fonds” , gegebenenfalls auch durch eine Mischfinanzierungsfazilität im Rahmen des Fonds „InvestEU” unterstützt werden.
- (21)
- Die Unterstützung im Rahmen der Initiative sollte genutzt werden, um Marktversagen oder suboptimale Investitionsbedingungen infolge der hohen Kapitalintensität, des hohen Risikos und der komplexen Struktur des Halbleiter-Ökosystems auf verhältnismäßige, kosteneffiziente Weise auszugleichen, wobei die Maßnahmen weder private Finanzierung duplizieren oder verdrängen noch den Wettbewerb im Binnenmarkt verfälschen sollten. Die Maßnahmen sollten einen klaren Mehrwert in der gesamten Union aufweisen.
- (22)
- Mit der Umsetzung der Initiative sollte primär das Gemeinsame Unternehmen für Chips betraut werden, das mit der Verordnung (EU) 2021/2085 des Rates(6) (im Folgenden „Gemeinsames Unternehmen für Chips” ) gegründet wurde.
- (23)
- Die Initiative sollte auf der soliden Kenntnisgrundlage aufbauen und Synergien mit Maßnahmen stärken, die derzeit von der Union und den Mitgliedstaaten durch Programme sowie durch Forschungs- und Innovationsmaßnahmen im Bereich der Halbleiter und der Entwicklung von Teilen der Lieferkette unterstützt werden, insbesondere das mit der Verordnung (EU) 2021/695 des Europäischen Parlaments und des Rates(7) eingerichtete Rahmenprogramm für Forschung und Innovation „Horizont Europa” (im Folgenden „Horizont Europa” ) und das mit der Verordnung (EU) 2021/694 des Europäischen Parlaments und des Rates(8) aufgestellte Programm „Digitales Europa” , mit dem Ziel, die Union bis 2030 als weltweiten Akteur auf dem Gebiet der Halbleitertechnologie und ihrer Anwendungen zu stärken und im Einklang mit der Mitteilung der Kommission vom 9. März 2021 mit dem Titel „Digitaler Kompass 2030: der europäische Weg in die digitale Dekade ihren globalen Anteil an der Fertigung zu steigern. Ferner werden voraussichtlich private Investitionen zur Ergänzung der Mittel der Initiative mobilisiert, um zum Erreichen der Ziele der Initiative beizutragen. Ergänzend zu diesen Tätigkeiten gäbe es im Rahmen der Initiative auch eine enge Zusammenarbeit mit weiteren einschlägigen Interessenträgern, unter anderem der Industrieallianz für Prozessoren und Halbleitertechnologien.
- (24)
- Um Synergien zwischen den Programmen der Union und der Mitgliedstaaten zu ermöglichen, sollte gemäß Artikel 17 Absatz 2 Buchstabe k und Artikel 137 Buchstabe aa der Verordnung (EU) 2021/2085 bei den Arbeitsprogrammen des Gemeinsamen Unternehmens für Chips im Rahmen der Initiative deutlich zwischen Maßnahmen zur Unterstützung von Forschung und Innovation im Halbleiterbereich und Maßnahmen zur Entwicklung von Teilen der Lieferkette unterschieden werden, damit eine angemessene Beteiligung öffentlicher und privater Einrichtungen gewährleistet ist.
- (25)
- Um bestimmte Maßnahmen, die durch die Initiative unterstützt werden, leichter durchführen zu können, wie etwa die virtuelle Entwurfsplattform oder Pilotanlagen, muss ein neues Rechtsinstrument, das Konsortium für eine europäische Chip-Infrastruktur (ECIC), als Möglichkeit vorgesehen werden. Das ECIC sollte Rechtspersönlichkeit erhalten. Dies bedeutet, dass Finanzierungen einzelner Maßnahmen im Rahmen der Initiative vom ECIC selbst und nicht von den einzelnen Einrichtungen, die ihm angehören, beantragt werden können. Gemäß Artikel 134 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2021/2085 stehen die Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen im Rahmen des Arbeitsprogramms der Initiative jedoch verschiedenen rechtlichen Formen der Zusammenarbeit und anderen Teilnehmern offen, und die Auswahl der Vorschläge für eine Finanzierung erfolgt nicht aufgrund einer bestimmten Rechtsform der Zusammenarbeit. Hauptziel des ECIC sollte es sein, eine wirksame und strukturierte Zusammenarbeit zwischen Rechtsträgern, einschließlich Forschungs- und Technologieorganisationen, Industrie und Mitgliedstaaten, zu fördern. Das ECIC sollte aus mindestens drei Mitgliedern bestehen, nämlich aus Mitgliedstaaten oder öffentlichen oder privaten Rechtsträgern aus mindestens drei Mitgliedstaaten oder einer Kombination davon, um eine breite Vertretung aus der gesamten Union zu erreichen. Aufgrund seiner Rechtspersönlichkeit würde ein ECIC bei der Festlegung seiner Mitgliedschaft, Governance, Finanzierung, Haushaltsbelange, Regelungen für die jeweiligen Finanz- und Sachbeiträge seiner Mitglieder sowie Koordinierung, Verwaltung des geistigen Eigentums und Arbeitsweise über ausreichende Autonomie verfügen. Die Mitglieder des ECIC sollten bei der Festlegung des anwendbaren Rechts, des satzungsgemäßen Sitzes und der Stimmrechte über volle Flexibilität verfügen können. Die Auswahl der öffentlichen und privaten Rechtsträger, die den Arbeitsplan des ECIC umsetzen, sollte fair, transparent und offen sein. Um einen fairen und gleichberechtigten Zugang zur Teilnahme zu gewährleisten, sollte ein ECIC während seiner gesamten Lebensdauer neuen Mitgliedern, nämlich Mitgliedstaaten oder öffentlichen oder privaten Rechtsträgern, offenstehen. Insbesondere sollten Mitgliedstaaten einem ECIC jederzeit als Vollmitglieder oder Beobachter beitreten können, während andere öffentliche oder private Rechtsträger jederzeit zu fairen und angemessenen Bedingungen, die in der Satzung des ECIC festgelegt sind, beitreten können sollten. Der Rat der öffentlichen Körperschaften des gemeinsamen Unternehmens für Chips sollte die Offenheit eines ECIC überprüfen und erforderlichenfalls bestimmte Abhilfemaßnahmen empfehlen können. Die Einrichtung eines ECIC sollte keine tatsächliche Gründung einer neuen Unionseinrichtung beinhalten. Vielmehr sollte die Lücke im Unionsinstrumentarium geschlossen werden, damit Finanzmittel aus den Mitgliedstaaten, Unionshaushaltsmittel und private Investitionen zur Durchführung spezifischer Maßnahmen, die durch die Initiative unterstützt werden, miteinander kombiniert werden können. Die Kommission sollte kein Mitglied des ECIC sein.
- (26)
- Ein ECIC, zu dessen Mitgliedern keine privaten Einrichtungen gehören, ist als internationale Einrichtung im Sinne des Artikels 143 Absatz 1 Buchstabe g und des Artikels 151 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 2006/112/EG des Rates(9) und als internationale Einrichtung im Sinne des Artikels 11 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie (EU) 2020/262 des Rates(10) anzuerkennen. Ein ECIC, zu dessen Mitgliedern auch private Einrichtungen gehören, sollte nicht als eine internationale Einrichtung oder eine internationale Organisation anerkannt werden.
- (27)
- Die FuE in der Union ist zunehmend Praktiken ausgesetzt, die auf die Entwendung von vertraulichen Informationen, Geschäftsgeheimnissen und geschützten Daten abzielen, wie etwa Diebstahl geistigen Eigentums, erzwungene Technologietransfers und Wirtschaftsspionage. Um negative Auswirkungen auf die Interessen der Union und die Ziele der Initiative zu verhindern, muss ein Ansatz verfolgt werden, der den Schutz des Zugangs zu sensiblen Informationen oder Ergebnissen — einschließlich Daten und Fachkenntnissen — und deren Nutzung, die Sicherheit und die Übertragung des Eigentums an Ergebnissen sowie durch Rechte des geistigen Eigentums geschützte Inhalte, die in Verbindung mit von der Initiative unterstützten Tätigkeiten oder als Ergebnis davon generiert werden, sicherstellt. Um diesen Schutz zu gewährleisten, sollten alle durch die Initiative unterstützten und aus den Programmen „Horizont Europa” und „Digitales Europa” finanzierten Maßnahmen den einschlägigen Bestimmungen dieser Programme entsprechen, zum Bespiel in Bezug auf die Teilnahme von Einrichtungen mit Sitz in mit dem Programm assoziierten Drittländern, Finanzhilfevereinbarungen, Eigentum und Schutzrechte, Sicherheit, Nutzung und Verbreitung, Übertragung und Lizenzierung sowie Zugangsrechte. Bei der Durchführung dieser Programme können bestimmte Bestimmungen festgelegt werden, insbesondere in Bezug auf die Beschränkungen von Übertragungen und Lizenzierungen gemäß Artikel 40 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2021/695 und auf die Beschränkung der Teilnahme von Rechtsträgern mit Sitz in bestimmten assoziierten oder sonstigen Drittländern aufgrund von strategischen Vermögenswerten, Interessen, der Autonomie oder Sicherheitsgründen der Union und ihrer Mitgliedstaaten gemäß Artikel 22 Absatz 5 der Verordnung (EU) 2021/695 und gemäß Artikel 12 Absatz 6 der Verordnung (EU) 2021/694. Darüber hinaus sollten die Behandlung sensibler Informationen, die Sicherheit, die Vertraulichkeit sowie der Schutz von Geschäftsgeheimnissen und von Rechten des geistigen Eigentums den Rechtsvorschriften der Union, einschließlich der Richtlinien (EU) 2016/943(11) und 2004/48/EG(12) des Europäischen Parlaments und des Rates und dem nationalen Recht unterliegen. Die Kommission und die Mitgliedstaaten können Technologietransfers aufgrund von Sicherheitsinteressen der Union und nationalen Sicherheitsinteressen im Zusammenhang mit Investitionen in Anlagen, die in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallen, gemäß der Verordnung (EU) 2019/452 des Europäischen Parlaments und des Rates(13) schützen.
- (28)
- Um den Zugang zu technischer Expertise zu erleichtern und die Verbreitung von Kenntnissen in der gesamten Union sowie die Unterstützung verschiedener Qualifikationsinitiativen sicherzustellen, sollte ein Netz von Kompetenzzentren eingerichtet werden. Zu diesem Zweck sollte das Gemeinsame Unternehmen für Chips das Verfahren für die Einrichtung von Kompetenzzentren festlegen, einschließlich der Auswahlkriterien sowie weiterer Einzelheiten zur Durchführung der in dieser Verordnung genannten Aufgaben und Funktionen. Die Kompetenzzentren, die das Netz bilden, sollten vom Gemeinsamen Unternehmen für Chips ausgewählt werden und bei der Festlegung ihrer Organisation, Zusammensetzung und Arbeitsmethoden über weitgehende generelle Autonomie verfügen. Ihre Organisation, Zusammensetzung und Arbeitsmethoden sollten jedoch die Ziele dieser Verordnung und der Initiative einhalten und zu ihnen beitragen.
- (29)
- Die Kompetenzzentren sollten dazu beitragen, den Vorsprung der Union in der Chipforschung, -entwicklung und -innovation sowie bei der Entwurfsfähigkeit aufrechtzuerhalten, indem sie sich auf die Förderung von Forschung, Entwicklung, Innovation und Entwurf konzentrieren und einen Schwerpunkt auf die Fertigung legen. Die Förderung des Potenzials und der Fähigkeiten von Menschen durch Bildungsmaßnahmen in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) bis zur postdoktoralen Ebene ist für die Verwirklichung dieses Ziels von entscheidender Bedeutung. Insbesondere sollten die Kompetenzzentren Dienstleistungen für die Interessenträger im Bereich Halbleiter, einschließlich Start-ups und KMU, erbringen. Beispiele hierfür sind die Erleichterung des Zugangs zu Pilotanlagen und zur virtuellen Entwurfsplattform, die Bereitstellung von Schulungen und Fertigkeitenentwicklung, die Unterstützung bei der Suche nach Investoren, die Nutzung vorhandener lokaler Kompetenzen oder die Kontaktaufnahme zu den einschlägigen vertikalen Bereichen. Die Dienstleistungen sollten offen, transparent und nichtdiskriminierend erbracht werden. Jedes Kompetenzzentrum sollte mit dem europäischen Netz der Kompetenzzentren für Halbleiter verbunden sein, ihm angehören und als Zugangspunkt zu anderen Knotenpunkten des Netzes dienen. In diesem Zusammenhang sollten Synergien mit bestehenden ähnlichen Strukturen wie etwa den durch das Programm „Digitales Europa” eingerichteten Europäischen Digitalen Innovationszentren maximiert werden. So könnten die Mitgliedstaaten beispielsweise ein bestehendes Europäisches Zentrum für digitale Innovation mit Schwerpunkt auf Halbleitern für die Zwecke der vorliegenden Verordnung als Kompetenzzentrum benennen, sofern nicht gegen das Verbot der Doppelfinanzierung verstoßen wird.
- (30)
- Der Chipentwurf ist eine entscheidende Fähigkeit, wenn es darum geht, Innovationen und Funktionen in elektronische Lösungen umzusetzen, die an die unterschiedlichen Anwendungen und an die Bedürfnisse der Nutzer von Halbleitern angepasst sind. Daher steht der Entwurf im Mittelpunkt der Halbleiter-Wertschöpfungskette, und die Unterstützung des Ausbaus der Entwurfsfähigkeiten in der Union ist von entscheidender Bedeutung. Um der Schlüsselrolle von Entwurfszentren und ihrem Beitrag zur europäischen Exzellenz im Bereich des fortschrittlichen Chipentwurfs durch Dienstleistungsangebote oder die Stärkung von Entwurfsfertigkeiten und Entwurfsfähigkeiten in der Union Rechnung zu tragen, sollte die Kommission ein Gütesiegel „Exzellenzzentrum für Entwurf” verleihen können. Angesichts ihrer Bedeutung für die Schaffung eines resilienten Halbleiter-Ökosystems sollten Exzellenzzentren für Entwurf als im öffentlichen Interesse liegend betrachtet werden. Um zur Resilienz des Halbleiter-Ökosystems der Union beizutragen, sollten die Mitgliedstaaten Unterstützungsmaßnahmen in verhältnismäßiger Weise anwenden können, wenn es sich bei diesen Exzellenzzentren für Entwurf um KMU handelt. Die Zuständigkeit der Kommission im Bereich der staatlichen Beihilfen nach den Artikeln 107 und 108 AEUV bleibt hiervon unberührt, soweit einschlägig, ebenso wie die Mitteilung der Kommission vom 19. Oktober 2022 mit dem Titel „Unionsrahmen für staatliche Beihilfen zur Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation” . Der Rahmen für staatliche Beihilfen für Forschung, Entwicklung und Innovation hat zum Ziel, Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationstätigkeiten, die aufgrund von Marktversagen ohne öffentliche Förderung nicht ausgeübt würden, zu erleichtern. In diesem Zusammenhang könnten Mitgliedstaaten auf der Grundlage des Rahmens für staatliche Beihilfen für Forschung, Entwicklung und Innovation unter bestimmten Voraussetzungen erforderliche Anreize für Unternehmen und Wissenschaftler schaffen, diese wichtigen Tätigkeiten und Investitionen in diesen Bereich auszuführen. Innerhalb des Rahmens für staatliche Beihilfen für Forschung, Entwicklung und Innovation könnten für Beihilfen für FuE-Vorhaben von mittleren Unternehmen Beihilfehöchstintensitäten von bis zu 80 % und für Vorhaben von kleinen Unternehmen von bis zu 90 % erlaubt sein. Des Weiteren sollten sich im Rahmen der Initiative eingerichtete Kompetenzzentren mit Schwerpunkt auf dem Entwurf hochmoderner Chips um die Verleihung des Gütesiegels „Exzellenzzentrum für Entwurf” bewerben können, um Synergien zu maximieren. Gleichzeitig könnten die Mitgliedstaaten ein „Exzellenzzentrum für Entwurf” als ihr infrage kommendes Kompetenzzentrum benennen.
- (31)
- Um den Aufbau des erforderlichen Fertigungsvermögens und der entsprechenden Entwurfsfähigkeit zu unterstützen und damit die Versorgungssicherheit in der Union sicherzustellen und die Resilienz des Halbleiter-Ökosystems der Union zu stärken, kann eine öffentliche Unterstützung sinnvoll sein, sofern dies nicht zu Verzerrungen im Binnenmarkt führt. In diesem Zusammenhang ist es notwendig, bestimmte Bedingungen für die Durchführung spezifischer zur Verwirklichung der Ziele dieser Verordnung beitragender Projekte durch Akteure auf Unionsebene zu harmonisieren und zwischen zwei Arten von Anlagen zu unterscheiden, nämlich integrierten Produktionsstätten und offenen EU-Fertigungsbetrieben. Das Unterscheidungsmerkmal für die Einstufung als eine der beiden Arten von Anlagen sollte das Geschäftsmodell sein. Offene EU-Fertigungsbetriebe bieten anderen Unternehmen Produktionskapazität an. Integrierte Produktionsstätten produzieren für ihre eigenen kommerziellen Zwecke und könnten neben der Fertigung auch andere Stufen der Lieferkette in ihr Geschäftsmodell integrieren, wie etwa Entwurf und Verkauf der Produkte.
- (32)
- Integrierte Produktionsstätten und offene EU-Fertigungsbetriebe sollten ein Halbleiterfertigungsvermögen oder das Vermögen zur Herstellung von Ausrüstung oder Schlüsselkomponenten für solche Ausrüstung, die überwiegend in der Halbleiterfertigung verwendet wird, bieten, das in der Union neuartig ist und zur Versorgungssicherheit und zur Resilienz des Halbleiter-Ökosystems im Binnenmarkt beiträgt. Das Kriterium für die Einstufung als „neuartige Anlage” ist, dass mit dieser ein innovatives Element in Bezug auf die Fertigungsprozesse oder das Endprodukt in den Binnenmarkt eingeführt wird, das auf neuen oder bestehenden Technologieknoten beruhen könnte. Einschlägige Innovationselemente können der Technologieknoten oder das Trägermaterial sein oder in Ansätzen bestehen, die zu Verbesserungen bei der Rechenleistung oder anderen Leistungsmerkmalen, der Energieeffizienz, dem Sicherheitsniveau, der Gefahrenabwehr oder der Zuverlässigkeit sowie bei der Integration neuer Funktionen wie etwa der künstlichen Intelligenz (KI), bei der Speicherkapazität oder anderen Funktionen führen. Die Integration verschiedener Prozesse, die zu Effizienzsteigerungen führen, oder die Automatisierung von Packaging und Montage sind ebenfalls Beispiele für Innovation. In Bezug auf Umweltvorteile können innovative Elemente eine quantifizierbare Verringerung des Energie-, Wasser- oder Chemikalienverbrauchs oder eine Verbesserung der Recyclingfähigkeit umfassen. Diese Innovationselemente könnten sowohl für ausgereifte als auch für hochmoderne Technologieknoten gelten. Eine solche Innovation sollte im Wesentlichen in der Union noch nicht vorhanden oder konkret geplant sein. Beispielsweise würden ähnliche Innovationen in der FuE oder in der Kleinmengenproduktion eine spätere Einstufung als „neuartige Anlage” nicht zwangsläufig ausschließen. Sowohl die Errichtung einer neuartigen Anlage als auch die Errichtung einer erheblich modernisierten Anlage kann zur Einstufung als „neuartige Anlage” führen.
- (33)
- Bietet ein offener EU-Fertigungsbetrieb Unternehmen, die vom Betreiber der Anlage unabhängig sind, Produktionskapazität an, so sollte der offene EU-Fertigungsbetrieb eine angemessene und wirksame funktionale Trennung vornehmen, umsetzen und aufrechterhalten, um einen Austausch vertraulicher Informationen zwischen der internen und der externen Produktion zu verhindern. Dies sollte für alle Informationen gelten, die in der Entwurfsphase und im Rahmen der Front-End- oder Back-End-Fertigungsprozesse erhalten werden.
- (34)
- Voraussetzung für die Einstufung einer Anlage als integrierte Produktionsstätte oder offener EU-Fertigungsbetrieb sollte sein, dass die Einrichtung der Anlage mittel- bis langfristig eindeutige positive Auswirkungen mit Ausstrahlungseffekten über das Unternehmen oder den betreffenden Mitgliedstaat hinaus auf die Halbleiter-Wertschöpfungskette der Union im Hinblick darauf, die Versorgungssicherheit und Resilienz des Halbleiter-Ökosystems sicherzustellen und zum parallelen digitalen und grünen Wandel der Union beizutragen, hat. Für die Einstufung als integrierte Produktionsstätte oder offener EU-Fertigungsbetrieb können verschiedene Tätigkeiten in Betracht gezogen werden, die positive Ausstrahlungseffekte bewirken sollen. Beispiele hierfür sind die Gewährung des Zugangs zu Fertigungsanlagen gegen eine marktübliche Gebühr, die Bereitstellung von Process-Design-Kits für kleinere Entwurfsunternehmen oder für die virtuelle Entwurfsplattform, die Verbreitung von Ergebnissen ihrer FuE-Tätigkeiten, die Forschungszusammenarbeit mit europäischen Universitäten und Forschungsinstituten, die Zusammenarbeit mit nationalen Behörden oder Bildungs- und Berufsbildungseinrichtungen, um zur Fertigkeitenentwicklung beizutragen, der Beitrag zu unionsweiten Forschungsprojekten oder das Angebot spezieller Unterstützungsmöglichkeiten für Start-ups und KMU. Auswirkungen, die sich auf mehrere Mitgliedstaaten erstrecken, auch in Bezug auf Kohäsionsziele, sollten als einer der Indikatoren für eindeutig positive Auswirkungen einer integrierten Produktionsstätte bzw. eines offenen EU-Fertigungsbetriebs auf die Halbleiter-Wertschöpfungskette in der Union betrachtet werden.
- (35)
- Es ist wichtig, dass integrierte Produktionsstätten und offene EU-Fertigungsbetriebe nicht der extraterritorialen Anwendung von Gemeinwohlverpflichtungen unterliegen, die von Drittländern auferlegt werden und die ihre Fähigkeit beeinträchtigen könnten, ihre Infrastruktur, Software, Dienste, Anlagen, Vermögenswerte oder Ressourcen, ihr geistiges Eigentum oder ihre Fachkenntnisse zu nutzen, die bzw. das sie zur Erfüllung der Verpflichtung benötigen, vorrangige Aufträge gemäß dieser Verordnung auszuführen, zu denen sie sich verpflichten müssten.
- (36)
- Angesichts der raschen Entwicklung der Halbleitertechnologien und im Hinblick auf die Stärkung der künftigen industriellen Wettbewerbsfähigkeit der Union sollten integrierte Produktionsstätten und offene EU-Fertigungsbetriebe in der Union in kontinuierliche Innovation investieren, um konkrete Fortschritte in der Halbleitertechnologie zu erzielen oder Technologien der nächsten Generation vorzubereiten. Vor diesem Hintergrund sollten integrierte Produktionsstätten und offene EU-Fertigungsbetriebe in der Lage sein, neue Entwicklungen zu testen und zu erproben, und zwar dank ihres bevorzugten Zugangs zu den Pilotanlagen der gegründeten Initiative, der durch im Schnellverfahren bearbeitete Anträge auf ihre Dienste gewährt wird. Durch einen solchen vorrangigen Zugang sollte der effektive Zugang anderer interessierter Unternehmen, insbesondere Start-ups und KMU, zu den Pilotanlagen unter fairen Bedingungen weder ausgeschlossen noch verhindert werden.
- (37)
- Unter Berücksichtigung der Bedeutung qualifizierter Arbeitskräfte für die Verwirklichung der Ziele dieser Verordnung sollten integrierte Produktionsstätten und offene EU-Fertigungsbetriebe die Talentpipeline der Union durch die Entwicklung und den Einsatz von Bildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen und durch die Ausweitung des Pools an qualifizierten Arbeitskräften unterstützen.
- (38)
- Um ein einheitliches und transparentes Verfahren für die Erlangung des Status einer integrierten Produktionsstätte und eines offenen EU-Fertigungsbetriebs zu ermöglichen, sollte die Kommission den Beschluss über die Zuerkennung dieses Status jeweils auf Antrag einzelner Unternehmen oder von Unternehmenskonsortien erlassen. Der Status sollte sowohl für die Errichtung einer neuen Halbleiterfertigungsanlage als auch für die erhebliche Vergrößerung oder innovative Umgestaltung einer bestehenden Halbleiterfertigungsanlage gelten. Um der Bedeutung einer koordinierten und kooperativen Umsetzung der geplanten Anlage Rechnung zu tragen, sollte die Kommission bei ihrer Bewertung die Bereitschaft eines oder mehrerer Mitgliedstaaten, in dem bzw. denen der Antragsteller seine Anlage einzurichten beabsichtigt, berücksichtigen, die Einrichtung dieser Anlagen zu unterstützen. Darüber hinaus könnte die Kommission bei der Bewertung der Tragfähigkeit des Geschäftsplans die Gesamtergebnisse des Antragstellers berücksichtigen.
- (39)
- Angesichts der mit der Anerkennung als integrierte Produktionsstätte oder offener EU-Fertigungsbetrieb verbundenen Rechte sollte die Kommission überwachen, ob Anlagen, denen dieser Status zuerkannt wurde, die in dieser Verordnung festgelegten Anforderungen weiterhin erfüllen. Ist dies nicht mehr der Fall, so sollte die Kommission das Recht haben, den Status und die damit verbundenen Rechte zu überprüfen und erforderlichenfalls aufzuheben. Ein etwaiger Beschluss über die Aufhebung des Status sollte nur nach Konsultation des Europäischen Halbleitergremiums und ordnungsgemäßer Begründung angenommen werden. Dementsprechend sollte das Unternehmen, das eine integrierte Produktionsstätte oder einen offenen EU-Fertigungsbetrieb betreibt, die Möglichkeit haben, proaktiv eine Überprüfung der Dauer des Status oder der Durchführungspläne zu beantragen, wenn unvorhergesehene äußere Umstände, wie etwa schwerwiegende Störungen mit unmittelbaren wirtschaftlichen Auswirkungen auf die anerkannte Anlage, Auswirkungen auf seine Fähigkeit haben könnten, die Kriterien zu erfüllen. Um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass die meisten Rechte in der Gründungsphase gewährt werden, sollten Anlagen auch im Fall einer Aufhebung des Status für die verbleibende Zeit bis zum ursprünglich vorgesehenen Ablauf des Status der Verpflichtung zur Erfüllung vorrangiger Aufträge unterliegen.
- (40)
- Angesichts ihrer Bedeutung für die Gewährleistung der Versorgungssicherheit und die Schaffung eines resilienten Halbleiter-Ökosystems sollten integrierte Produktionsstätten und offene EU-Fertigungsbetriebe als im öffentlichen Interesse liegend betrachtet werden. Die Gewährleistung der Sicherheit der Versorgung mit Halbleitern ist auch für die Digitalisierung wichtig, die den grünen Wandel in vielen anderen Sektoren ermöglicht. Um Investitionen in den Halbleitersektor der Union anzuziehen und zur Sicherheit der Versorgung mit Halbleitern und zur Resilienz des Halbleiter-Ökosystems der Union beizutragen, können die Mitgliedstaaten Unterstützungsmaßnahmen, einschließlich Anreize, anwenden und administrative Unterstützung in nationalen Genehmigungsverfahren für integrierte Produktionsstätten und offene EU-Fertigungsbetriebe vorsehen. Die Zuständigkeit der Kommission im Bereich der staatlichen Beihilfen nach den Artikeln 107 und 108 AEUV bleibt hiervon unberührt, soweit relevant. Um die korrekte und effiziente Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen sicherzustellen, hat die Kommission in ihrer Mitteilung vom 8. Februar 2022 mit dem Titel „Ein Chip-Gesetz für Europa” bereits anerkannt, dass die Gewährung staatlicher Beihilfen für fortschrittliche Halbleiterherstellungsanlagen auf Einzelfallbasis bewertet werden muss, um die Versorgungssicherheit der Union und die Resilienz der Lieferkette zu gewährleisten und zugleich erhebliche positive Auswirkungen auf die Wirtschaft insgesamt zu erzielen. Darüber hinaus werden die Verfahren für die Anerkennung als integrierte Produktionsstätte oder offener EU-Fertigungsbetrieb und für die etwaige Genehmigung staatlicher Beihilfen parallel durchgeführt werden, um das Beschlussverfahren zu beschleunigen. Die Mitgliedstaaten sollten die Einrichtung integrierter Produktionsstätten und offener EU-Fertigungsbetriebe im Einklang mit dem Unionsrecht unterstützen. Bei der Bereitstellung von Unterstützungsmaßnahmen für integrierte Produktionsstätten und offene EU-Fertigungsbetriebe sollten die Mitgliedstaaten die Festlegung von Anforderungen der Nichtdiskriminierung in Bezug auf den Schutz und die Sicherheit geistigen Eigentums, einschließlich Cybersicherheit, und die Vertraulichkeit in Erwägung ziehen können und könnten Gegenmaßnahmen empfehlen, um spezifischen Risiken im Zusammenhang mit Eingriffen, erzwungenen Technologietransfers und Diebstahl geistigen Eigentums durch Einrichtungen aus Drittländern entgegenzuwirken.
- (41)
- Um den Aufbau der erforderlichen entsprechenden Entwurfsfähigkeit zu fördern, können die Mitgliedstaaten solche Tätigkeiten im Einklang mit den Vorschriften über staatliche Beihilfen auf der Grundlage der Artikel 107 und 108 AEUV, einschließlich aufgrund des Rahmens für staatliche Beihilfen für Forschung, Entwicklung und Innovation oder der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission(14), unterstützen.
- (42)
- Es ist notwendig, dass integrierte Produktionsstätten und offene EU-Fertigungsbetriebe so schnell wie möglich eingerichtet werden, wobei der Verwaltungsaufwand auf ein Minimum zu beschränken ist. Aus diesem Grund sollten die Mitgliedstaaten Anträge im Zusammenhang mit Planung, Bau und Betrieb integrierter Produktionsstätten und offener EU-Fertigungsbetriebe so zügig wie möglich bearbeiten. Die Mitgliedstaaten sollten eine Behörde benennen können, die die Genehmigungsverfahren erleichtert und koordiniert sowie einen Koordinator benennen können, der als zentrale Anlaufstelle für das Projekt fungiert. Zudem können, soweit dies für die Gewährung von Ausnahmen nach der Richtlinie 92/43/EWG des Rates(15) und der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(16) erforderlich ist, die Einrichtung und der Betrieb dieser Anlagen als von überwiegendem öffentlichen Interesse im Sinne dieser Richtlinien betrachtet werden, sofern die übrigen in diesen Bestimmungen festgelegten Bedingungen erfüllt sind. Dies lässt die Anwendbarkeit oder Durchführung anderen Umweltrechts der Union unberührt.
- (43)
- Innovative High-Tech-Unternehmen sind zunehmend Praktiken ausgesetzt, die auf die Entwendung von vertraulichen Informationen, Geschäftsgeheimnissen und geschützten Daten abzielen, wie etwa Diebstahl geistigen Eigentums, unerlaubte Vervielfältigung, erzwungene Technologietransfers, Wirtschaftsspionage oder Verstöße gegen Vertraulichkeitsanforderungen, und zwar von innerhalb, vor allem aber von außerhalb der Union. Jüngste Entwicklungen wie etwa zunehmendes Outsourcing, längere globale Wertschöpfungsketten und der verstärkte Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien tragen dazu bei, das Risiko solcher Praktiken zu erhöhen. Die unrechtmäßige Aneignung, Nutzung oder Offenlegung von vertraulichen Informationen, Geschäftsgeheimnissen und geschützten Daten beeinträchtigt die Fähigkeit, aus Innovationsanstrengungen Vorreiterrenditen zu erzielen. Um den Schutz von vertraulichen Informationen, Geschäftsgeheimnissen und geschützten Daten sicherzustellen, sollte diese Verordnung unter uneingeschränkter Achtung des Unions- und internationalen Rahmens für den Schutz und die Durchsetzung von Rechten an Daten und geistigem Eigentum, einschließlich der Richtlinien 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(17), die Richtlinien 2004/48/EG und (EU) 2016/943 und die Richtlinie (EU) 2019/790des Europäischen Parlaments und des Rates(18), durchgeführt werden. Um wichtigen Lieferkettenrisiken weiter entgegenzuwirken, können die Mitgliedstaaten von der in der Richtlinie (EU) 2022/2555 des Europäischen Parlaments und des Rates(19) vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch machen, koordinierte Sicherheitsrisikobewertungen kritischer Lieferketten durchzuführen, wie sie für 5G-Netze gemäß der Empfehlung (EU) 2019/534 der Kommission(20) durchgeführt werden, um für jeden Sektor relevante Bedrohungen und Schwachstellen sowie Maßnahmen, Minderungspläne und bewährte Verfahren zu ermitteln und so kritischen Abhängigkeiten, potenziellen zentralen Ausfallpunkten, Bedrohungen, Schwachstellen und anderen mit der Lieferkette verbundenen Risiken zu begegnen.
- (44)
- Für den Binnenmarkt wären gemeinsame Normen für grüne, nachhaltig gefertigte, vertrauenswürdige und sichere Chips von großem Nutzen. Künftige intelligente Geräte, Systeme und Vernetzungsplattformen werden sich auf fortschrittliche Halbleiterchips stützen und in Bezug auf Umweltverträglichkeit, Vertrauenswürdigkeit und Cybersicherheit Anforderungen erfüllen müssen, die weitgehend von den Merkmalen der zugrunde liegenden Technologie abhängen werden. Zu diesem Zweck sollte die Union Referenzverfahren für die Zertifizierung entwickeln und die Industrie verpflichten, solche Verfahren für spezifische Sektoren und Technologien mit potenziell hoher sozialer Wirkung gemeinsam zu entwickeln.
- (45)
- Vor diesem Hintergrund sollte die Kommission im Benehmen mit dem Europäischen Halbleitergremium und unter gebührender Einbeziehung von Interessenträgern die Sektoren und Produkte ermitteln, die auf Halbleitertechnologien beruhen oder diese umfassend nutzen und einen Bedarf an zertifizierten grünen, vertrauenswürdigen und sicheren Chips haben. Die Ermittlung dieser Sektoren und Produkte könnte das Aufgreifen europäischer und internationaler Normen für das Risikomanagement fördern.
- (46)
- Angesichts der Komplexität der Halbleiter-Lieferkette und des Risikos künftiger Engpässe sollte diese Verordnung Instrumente für einen koordinierten Ansatz zur strategischen Kartierung und Überwachung des Halbleitersektors und zur wirksamen und verhältnismäßigen Bewältigung möglicher Marktstörungen vorsehen.
- (47)
- Das Ziel einer strategischen Kartierung des Halbleitersektors sollte darin bestehen, eine Analyse der Stärken und Schwächen der Union in den globalen Halbleitersektoren vorzulegen, um eine Grundlage für Maßnahmen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit und Resilienz des Halbleiter-Ökosystems der Union zu schaffen. Zu diesem Zweck sollten bei der strategischen Kartierung Faktoren wie etwa Schlüsselprodukte und kritische Infrastrukturen im Binnenmarkt, die von der Versorgung mit Halbleitern abhängen, wesentliche Nutzerindustrien und deren derzeitiger und erwarteter Bedarf, Schlüsselsegmente der Halbleiter-Lieferkette der Union, technologische Merkmale, Abhängigkeiten von Technologien und Anbietern aus Drittländern sowie Engpässe des Halbleitersektors der Union, der derzeitige und erwartete Bedarf an Fertigkeiten und der Zugang zu qualifizierten Arbeitskräften und gegebenenfalls die potenziellen Auswirkungen der Maßnahmen des Notfallinstrumentariums ermittelt werden. Die strategische Kartierung sollte sich auf öffentlich und kommerziell verfügbare Daten stützen und erforderlichenfalls auf Daten, die aufgrund freiwilliger Informationsersuchen an Unternehmen erlangt wurden, die im Benehmen mit dem Europäischen Halbleitergremium durchgeführt wurden.
- (48)
- Um künftige Störungen in den verschiedenen Stufen der Halbleiter-Wertschöpfungskette in der Union und des Handels innerhalb der Union vorherzusagen und entsprechend Vorsorge zu treffen, sollte die Kommission mit Unterstützung des Europäischen Halbleitergremiums und auf der Grundlage der Ergebnisse der strategischen Kartierung eine Liste von Frühwarnindikatoren ermitteln und erarbeiten. Solche Indikatoren könnten sich beziehen auf atypische Verlängerungen der Vorlaufzeit, auf die Verfügbarkeit von Rohstoffen, Zwischenprodukten und Humankapital, die für die Fertigung von Halbleitern benötigt werden, oder von geeigneter Fertigungsausrüstung, auf die prognostizierte Nachfrage nach Halbleitern auf dem Unionsmarkt und den Weltmärkten, auf Preissteigerungen, die über die normalen Preisschwankungen hinausgehen, auf Auswirkungen von Unfällen, Angriffen, Naturkatastrophen oder anderen schwerwiegenden Ereignissen, auf Auswirkungen von handelspolitischen Maßnahmen, Zöllen, Ausfuhrbeschränkungen, Handelshemmnissen und anderen handelsbezogenen Maßnahmen sowie auf die Auswirkungen von Unternehmensschließungen, Standortverlagerungen oder Übernahmen wichtiger Marktakteure. Die Überwachungstätigkeiten der Kommission sollten sich auf diese Frühwarnindikatoren konzentrieren.
- (49)
- Aufgrund der komplexen, sich rasch weiterentwickelnden und miteinander verflochtenen Halbleiter-Wertschöpfungsketten, an denen verschiedene Akteure beteiligt sind, ist ein koordinierter Ansatz für die Überwachung erforderlich, um die Fähigkeit zur Minderung von Risiken zu verbessern, die die Versorgung mit Halbleitern nachteilig beeinflussen können, und um das Verständnis der Dynamik der Halbleiter-Wertschöpfungskette zu verbessern. Die Kommission sollte die Halbleiter-Wertschöpfungskette im Benehmen mit dem Europäischen Halbleitergremium überwachen und dabei den Schwerpunkt auf Frühwarnindikatoren legen und bewährte Verfahren für die Risikominderung und mehr Transparenz in der Halbleiter-Wertschöpfungskette ermitteln, sodass dies keinen übermäßigen Verwaltungsaufwand für Unternehmen, insbesondere KMU, darstellt.
- (50)
- Um den Aufwand für die Unternehmen, an die sich die Überwachung richtet, so gering wie möglich zu halten und sicherzustellen, dass die erlangten Informationen sinnvoll zusammengestellt werden können, sollte die Kommission für jegliche Informationserhebung standardisierte und sichere Mittel vorsehen. Diese Mittel sollten sicherstellen, dass alle erhobenen Informationen vertraulich behandelt werden, wobei das Geschäftsgeheimnis und die Cybersicherheit zu gewährleisten sind.
- (51)
- Einschlägige Erkenntnisse, einschließlich Informationen einschlägiger Interessenträger und Industrieverbände, sollten dem Europäischen Halbleitergremium übermittelt werden, um einen regelmäßigen Informationsaustausch und die Einbeziehung der Informationen in eine Übersicht für die Überwachung der Halbleiter-Wertschöpfungsketten zu ermöglichen.
- (52)
- Um diese Überwachungstätigkeiten zu ermöglichen, sollten die zuständigen nationalen Behörden der Mitgliedstaaten eine Kontaktliste aller einschlägigen entlang der Halbleiter-Lieferkette tätigen Unternehmen, die in ihrem Hoheitsgebiet niedergelassen sind, erstellen. Diese Kontaktliste sollte es ermöglichen, geeignete Adressaten für freiwillige Informationsersuchen zu ermitteln. Diese Liste sollte nicht vollständig sein müssen. Die Liste sollte so verwendet werden, dass die geltenden Vertraulichkeitsvorschriften vollständig eingehalten werden.
- (53)
- Die Verfügbarkeit angemessener personeller, finanzieller und technischer Ressourcen würde eine effiziente Durchführung der Aufgaben im Rahmen dieser Verordnung ermöglichen und wäre der Verwirklichung der darin festgelegten Ziele förderlich. Daher sollte die Kommission unbeschadet des Haushaltsverfahrens und ihrer Verwaltungsautonomie die Ressourcen optimal nutzen, um sicherzustellen, dass sie ihre Aufgaben und Befugnisse gemäß dieser Verordnung wirksam wahrnehmen kann.
- (54)
- Eine Reihe von Unternehmen, die Halbleiterdienstleistungen oder -waren anbieten, sind angesichts der Zahl der Unternehmen in der Union, die auf ihre Produkte angewiesen sind, ihres Anteils am Unions- oder Weltmarkt, ihrer Bedeutung für die Gewährleistung eines ausreichenden Angebots oder der möglichen Auswirkungen einer Störung der Versorgung mit ihren Produkten oder Dienstleistungen als für eine wirksame Halbleiter-Lieferkette im Halbleiter-Ökosystem der Union von wesentlicher Bedeutung einzuschätzen. Die Mitgliedstaaten sollten diese wichtigen Marktakteure in ihren Hoheitsgebieten in Zusammenarbeit mit der Kommission ermitteln.
- (55)
- Gemäß Artikel 4 der Verordnung (EU) 2019/452 können die Mitgliedstaaten und die Kommission bei der Feststellung, ob eine ausländische Direktinvestition die Sicherheit oder die öffentliche Ordnung voraussichtlich beeinträchtigt, ihre potenziellen Auswirkungen auf kritische Technologien und Güter mit doppeltem Verwendungszweck im Sinne des Artikels 2 Nummer 1 der Verordnung (EG) Nr. 428/2009 des Rates(21), einschließlich Halbleiter, berücksichtigen.
- (56)
- Im Rahmen der Überwachung sollten die Mitgliedstaaten insbesondere die Integrität der von wichtigen Marktakteuren durchgeführten Tätigkeiten berücksichtigen. Solche Aspekte könnten dem Europäischen Halbleitergremium von dem betreffenden Mitgliedstaat zur Kenntnis gebracht werden.
- (57)
- Um die Antizipation potenzieller Engpässe zu ermöglichen, sollten die zuständigen nationalen Behörden die Kommission warnen, wenn sie Kenntnis von einem Risiko einer schwerwiegenden Störung der Versorgung mit Halbleitern erlangen oder über konkrete und zuverlässige Informationen über das Eintreten eines anderen einschlägigen Risikofaktors oder Ereignisses verfügen. Um ein koordiniertes Vorgehen sicherzustellen, sollte die Kommission in Fällen, in denen sie von einem Risiko einer schwerwiegenden Störung der Versorgung mit Halbleitern erfährt oder über konkrete und zuverlässige Informationen über das Eintreten eines anderen einschlägigen Risikofaktors oder Ereignisses verfügt, und zwar aufgrund einer Warnung oder von internationalen Partnern, eine außerordentliche Sitzung des Europäischen Halbleitergremiums einberufen, um die Schwere der Störungen und ein mögliches Einleiten des Verfahrens zur Aktivierung der Krisenstufe zu erörtern und zu prüfen, ob es angemessen, notwendig und verhältnismäßig sein könnte, dass die Mitgliedstaaten als Präventivmaßnahme eine koordinierte gemeinsame Beschaffung durchführen, sowie in einen Dialog mit Interessenträgern zu treten, um diese Präventivmaßnahmen zu ermitteln, vorzubereiten und gegebenenfalls zu koordinieren. Das Europäische Halbleitergremium und die Kommission sollten im Rahmen dieses Dialogs die Ansichten von Interessenträgern der Halbleiter-Wertschöpfungskette berücksichtigen. Die Kommission sollte einschlägige Drittländer konsultieren und mit ihnen zusammenarbeiten, um Störungen der Lieferkette unter Einhaltung der internationalen Verpflichtungen und unbeschadet der verfahrensrechtlichen Vorschriften gemeinsam zu bewältigen.
- (58)
- Die Halbleiter-Krisenstufe sollte aktiviert werden, wenn konkrete, schwerwiegende und zuverlässige Belege für eine solche Krise vorliegen. Eine Halbleiterkrise tritt ein, wenn schwerwiegende Störungen der Versorgung mit Halbleitern oder schwerwiegende Hemmnisse für den Handel mit Halbleitern in der Union bestehen, die zu erheblichen Versorgungsengpässen bei Halbleitern, Zwischenprodukten oder Rohstoffen oder verarbeiteten Werkstoffen führen, und wenn diese erheblichen Versorgungsengpässe die Bereitstellung, Reparatur und Wartung wesentlicher Produkte, die von kritischen Sektoren verwendet werden, z. B. medizinischer und diagnostischer Ausrüstung, in einem Ausmaß verhindern, dass das Funktionieren der kritischen Sektoren aufgrund ihrer Auswirkungen auf Gesellschaft, Wirtschaft und Sicherheit der Union ernsthaft beeinträchtigt würde.
- (59)
- Um eine flexible und wirksame Reaktion auf eine solche Halbleiterkrise sicherzustellen, sollte die Kommission in Fällen, in denen sie Kenntnis von einer potenziellen Halbleiterkrise erlangt, bewerten, ob die Bedingungen für die Aktivierung der Krisenstufe erfüllt sind. Ergibt diese Bewertung konkrete, schwerwiegende und zuverlässige Belege für eine Halbleiterkrise, so sollte die Kommission dem Rat unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Europäischen Halbleitergremiums einen Vorschlag zur Aktivierung der Krisenstufe für einen im Voraus festgelegten Zeitraum von höchstens zwölf Monaten vorlegen können. Die Kommission sollte bewerten, ob die Krisenstufe verlängert oder vorzeitig beendet werden muss, und ein entsprechendes Verfahren einleiten, sofern eine solche Notwendigkeit festgestellt wird, wobei die Stellungnahme des Europäischen Halbleitergremiums zu berücksichtigen ist.
- (60)
- Aufgrund des sensiblen Charakters der Aktivierung der Krisenstufe und der möglichen Maßnahmen, die als Reaktion darauf ergriffen werden können, einschließlich der erheblichen Auswirkungen, die solche Maßnahmen auf private Unternehmen in der Union haben könnten, sollte dem Rat die Befugnis übertragen werden, in einer Halbleiterkrise einen Durchführungsrechtsakt über die Aktivierung, Verlängerung und Beendigung der Krisenstufe zu erlassen.
- (61)
- Während der Krisenstufe sind eine enge Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten und die Koordinierung aller nationalen Maßnahmen, die in Bezug auf die Halbleiter-Lieferkette ergriffen werden, unerlässlich, um Störungen mit der erforderlichen Kohärenz, Resilienz und Wirksamkeit zu bewältigen. Zu diesem Zweck sollte das Europäische Halbleitergremium bei Bedarf außerordentliche Sitzungen abhalten. Alle Maßnahmen, die ergriffen werden, sollten strikt auf die Dauer der Krisenstufe beschränkt sein.
- (62)
- Für eine rasche, effiziente und koordinierte Reaktion der Union auf eine Halbleiterkrise ist es erforderlich, der Kommission und den Mitgliedstaaten durch das Europäische Halbleitergremium zeitnahe und aktuelle Informationen über den Verlauf der operativen Situation zur Verfügung zu stellen und sicherzustellen, dass wirksame Maßnahmen ergriffen werden können, um die Versorgung der betroffenen kritischen Sektoren mit Halbleitern zu sichern. Bei Aktivierung der Krisenstufe sollten geeignete, wirksame und verhältnismäßige Maßnahmen ermittelt und durchgeführt werden, unbeschadet einer etwaigen Fortsetzung der internationalen Zusammenarbeit mit einschlägigen Partnern im Hinblick auf die Abmilderung der sich wandelnden Krisensituation. Gegebenenfalls sollte die Kommission Unternehmen entlang der Halbleiter-Lieferkette um Informationen ersuchen. Darüber hinaus sollte die Kommission, sofern erforderlich und verhältnismäßig, integrierte Produktionsstätten und offene EU-Fertigungsbetriebe dazu verpflichten können, einen Auftrag zur Herstellung krisenrelevanter Produkte anzunehmen und vorrangig zu behandeln, und die Rolle einer zentralen Beschaffungsstelle übernehmen können, wenn sie von den Mitgliedstaaten damit beauftragt wird. Die Kommission sollte die Maßnahmen auf bestimmte kritische Sektoren beschränken. Das Europäische Halbleitergremium kann ebenfalls geeignete und wirksame Maßnahmen bewerten und diesbezüglich beraten. Des Weiteren kann das Europäische Halbleitergremium in Bezug auf die Notwendigkeit der Einführung von Schutzmaßnahmen gemäß der Verordnung (EU) 2015/479 des Europäischen Parlaments und des Rates(22) beraten. Der Einsatz aller Notfallmaßnahmen sollte verhältnismäßig und auf das zur Bewältigung der Halbleiterkrise im besten Interesse der Union erforderliche Maß beschränkt sein. Die Kommission sollte das Europäische Parlament und den Rat regelmäßig über die ergriffenen Maßnahmen und die entsprechenden Gründe unterrichten. Die Kommission kann nach Konsultation des Europäischen Halbleitergremiums weitere Leitlinien für die Durchführung und den Einsatz der Notfallmaßnahmen herausgeben.
- (63)
- Eine Reihe von Sektoren ist für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts von kritischer Bedeutung. Für die Zwecke dieser Verordnung sollten diese kritischen Sektoren in einem Anhang dieser Verordnung aufgeführt werden. Diese Liste sollte sich auf die Sektoren und Teilsektoren des Anhangs der Richtlinie (EU) 2022/2557 des Europäischen Parlaments und des Rates(23) in der am 19. September 2023 geltenden Fassung beschränken, unter Hinzufügung der Sektoren Verteidigung und Sicherheit aufgrund ihrer wichtigen Rolle bei der Gewährleistung wesentlicher gesellschaftlicher Funktionen. Bestimmte Maßnahmen sollten nur ergriffen werden, um die Versorgung kritischer Sektoren zu sichern. Die Kommission kann die Notfallmaßnahmen auf bestimmte dieser Sektoren oder auf bestimmte Teile davon beschränken, wenn die Halbleiterkrise deren Betrieb stört oder zu stören droht.
- (64)
- Der Zweck des Ersuchens um Informationen von in der Union niedergelassenen Unternehmen entlang der Halbleiter-Lieferkette in der Krisenstufe ist die Ermöglichung genauer Bewertungen der Halbleiterkrise oder die Ermittlung und Vorbereitung möglicher Gegen- oder Notfallmaßnahmen auf Unions- oder nationaler Ebene. Das kann Informationen über das Produktionsvermögen, die Produktionskapazität und die derzeitigen Hauptstörungen und Engpässe betreffen. Das könnte die folgenden Aspekte einschließen: den typischen und aktuellen Bestand an krisenrelevanten Produkten in den Produktionsanlagen in der Union und in Produktionsanlagen in Drittländern, in denen diese Unternehmen tätig sind, mit denen sie Verträge schließen oder von denen sie Lieferungen beziehen; die typische und aktuelle durchschnittliche Vorlaufzeit für die gängigsten hergestellten Produkte; die erwartete Produktionsleistung für die folgenden drei Monate für jede Produktionsanlage in der Union oder Gründe, die die Ausschöpfung von Produktionskapazität verhindern. Solche Informationen sollten sich auf das beschränken, was erforderlich ist, um die Art der Halbleiterkrise oder mögliche Gegen- oder Notfallmaßnahmen auf Unions- und nationaler Ebene zu bewerten. Informationsersuchen sollten nicht zur Bereitstellung von Informationen führen, deren Offenlegung den nationalen Sicherheitsinteressen der Mitgliedstaaten zuwiderläuft. Die konkreten Informationen, die eingeholt werden sollen, können auf der Grundlage einer vorherigen Stellungnahme einer repräsentativen Zahl einschlägiger Unternehmen im Rahmen einer freiwilligen Konsultation in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Halbleitergremium erarbeitet werden. Jedes Ersuchen sollte verhältnismäßig sein, den legitimen Zielen des Unternehmens sowie den Kosten und dem Aufwand der Bereitstellung der Daten Rechnung tragen und angemessene Fristen für die Bereitstellung der verlangten Informationen setzen. Unternehmen sollten verpflichtet sein, dem Ersuchen nachzukommen, und können mit Sanktionen belegt werden, wenn sie dem Ersuchen nicht nachkommen oder unrichtige Informationen bereitstellen. Alle erlangten Informationen sollten ausschließlich für die Zwecke dieser Verordnung verwendet werden und Vertraulichkeitsvorschriften unterliegen. Um eine umfassende Einbeziehung der Mitgliedstaaten zu gewährleisten, in denen das Unternehmen seine Produktionsstätte hat, sollte die Kommission der zuständigen nationalen Behörde unverzüglich eine Kopie des Informationsersuchens übermitteln und die erlangten Informationen der zuständigen nationalen Behörde auf deren Ersuchen auf sicherem Wege weitergeben. Erhält ein Unternehmen im Zusammenhang mit seinen Halbleitertätigkeiten von einem Drittland ein Ersuchen um Informationen, so sollte es die Kommission unterrichten, damit die Kommission bewerten kann, ob ein Informationsersuchen durch die Kommission gerechtfertigt ist.
- (65)
- Als letztes Mittel, um sicherzustellen, dass kritische Sektoren in Krisenzeiten weiterhin tätig sein können, und nur dann, wenn dies für diesen Zweck erforderlich und verhältnismäßig ist, könnten integrierte Produktionsstätten und offene EU-Fertigungsbetriebe von der Kommission dazu verpflichtet werden, Aufträge über krisenrelevante Produkte anzunehmen und vorrangig zu behandeln. Potenzielle Begünstigte vorrangiger Aufträge sollten Einrichtungen aus kritischen Sektoren, deren Tätigkeiten aufgrund des Engpasses gestört sind oder gestört zu werden drohen, oder Unternehmen, die diese kritischen Sektoren beliefern, sein. Um sicherzustellen, dass vorrangige Aufträge nur im Bedarfsfall verwendet werden, sollten sie auf Begünstigte beschränkt werden, die nach Durchführung von Risikominderungsmaßnahmen nicht in der Lage waren, die Auswirkungen des Engpasses zu verhindern, z. B. durch ihre Vergabeverfahren, und durch andere Mittel abzufedern, z. B. durch die Nutzung bestehender Lagerbestände. Diese Verpflichtung kann auch auf Halbleiterfertigungsanlagen ausgeweitet werden, die diese Möglichkeit im Rahmen des Erhalts öffentlicher Unterstützung akzeptiert haben, wenn diese öffentliche Unterstützung darauf abzielt, die Fähigkeit zur Steigerung der Produktionskapazität zu fördern. Der Beschluss über einen vorrangigen Auftrag sollte im Einklang mit allen in der Union für die Umstände des Falls geltenden rechtlichen Verpflichtungen gefasst werden. Die Verpflichtung zur vorrangigen Behandlung sollte jeder anderen Erfüllungsverpflichtung nach privatem oder öffentlichem Recht vorgehen, wobei den legitimen Zielen des betreffenden Unternehmens sowie den Kosten und dem Aufwand jeder Änderung der Produktionsreihenfolge Rechnung getragen werden sollte. Jeder vorrangige Auftrag sollte zu einem fairen und angemessenen Preis vergeben werden. Die Berechnung dieses Preises kann auf der Grundlage der durchschnittlichen Marktpreise der vergangenen Jahre erfolgen, vorbehaltlich einer Begründung jeder Erhöhung, z. B. unter Berücksichtigung der Inflation oder eines Anstiegs der Energiekosten. Unternehmen, die ihrer Verpflichtung zur Erfüllung vorrangiger Aufträge nicht nachkommen, können mit Sanktionen belegt werden.
- (66)
- In Bezug auf Anlagen, die einen vorrangigen Auftrag ausführen, kann es für die Kommission, unterstützt durch das Europäische Halbleitergremium, und die Mitgliedstaaten von Vorteil sein, sich über bewährte Verfahren für die Ausführung solcher Aufträge, einschließlich bewährter Verwaltungsverfahren, auszutauschen.
- (67)
- Das betreffende Unternehmen sollte verpflichtet sein, einen vorrangigen Auftrag anzunehmen und vorrangig zu behandeln. Um sicherzustellen, dass vorrangige Aufträge auf die Kapazitäten und das Produktionsportfolio der Anlage abgestimmt sind, sollte die Kommission der betreffenden Anlage Gelegenheit geben, sich zur Durchführbarkeit und zu den Einzelheiten des vorrangigen Auftrags zu äußern. Die Kommission sollte den vorrangigen Auftrag nicht erteilen, wenn die Anlage den Auftrag auch bei vorrangiger Behandlung nicht erfüllen kann, sei es aufgrund unzureichenden Produktionsvermögens, aufgrund unzureichender Produktionskapazität oder aus technischen Gründen, oder wenn das Produkt oder die Dienstleistung von der Anlage nicht bereitgestellt bzw. erbracht wird oder weil dies eine unzumutbare wirtschaftliche Belastung und eine besondere Härte für das Unternehmen darstellen würde, einschließlich eines erheblichen Risikos im Zusammenhang mit der Betriebskontinuität.
- (68)
- Um einen transparenten und klaren Rahmen für die Durchführung vorrangiger Aufträge zu gewährleisten, sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, einen Durchführungsrechtsakt zu erlassen, in dem die praktischen und operativen Modalitäten festgelegt werden. Dieser Durchführungsrechtsakt sollte Vorkehrungen enthalten, mit denen sichergestellt wird, dass vorrangige Aufträge im Einklang mit den Grundsätzen der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit durchgeführt werden, z. B. einen Mechanismus, der bestehende Aufträge berücksichtigt, und einen Mechanismus, mit dem sichergestellt wird, dass das Volumen vorrangiger Aufträge das erforderliche Maß nicht überschreitet.
- (69)
- Unter dem außergewöhnlichen Umstand, dass ein entlang der Halbleiter-Lieferkette in der Union tätiges Unternehmen von einem Drittland ein Ersuchen zur Erfüllung eines vorrangigen Auftrags erhält, sollte das Unternehmen die Kommission über dieses Ersuchen unterrichten, damit bewertet werden kann, ob die Kommission — falls erhebliche Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit in kritischen Sektoren bestehen und die anderen Anforderungen der Notwendigkeit, Verhältnismäßigkeit und Rechtmäßigkeit unter den Umständen des Falls erfüllt sind — ebenfalls eine Verpflichtung zur Erfüllung vorrangiger Aufträge auferlegen sollte.
- (70)
- Angesichts der Bedeutung, die der Gewährleistung der Versorgungssicherheit in kritischen Sektoren, die wesentliche gesellschaftliche Funktionen wahrnehmen, zukommt, sollte die Einhaltung der Verpflichtung zur Erfüllung vorrangiger Aufträge keine Haftung für Schäden gegenüber Dritten aufgrund etwaiger Verstöße gegen vertragliche Pflichten nach sich ziehen, die sich aus der notwendigen vorübergehenden Änderung der Betriebsabläufe des betreffenden Herstellers ergeben können, begrenzt auf das Ausmaß, in dem der Verstoß gegen vertragliche Pflichten für die Einhaltung der vorgeschriebenen Rangfolge erforderlich war. Unternehmen, die möglicherweise in den Anwendungsbereich vorrangiger Aufträge fallen, sollten diese Möglichkeit in den Bedingungen ihrer Geschäftsverträge vorwegnehmen. Unbeschadet der Anwendbarkeit anderer Bestimmungen bleibt die Haftung für fehlerhafte Produkte gemäß der Richtlinie 85/374/EWG des Rates(24) von diesem Haftungsausschluss unberührt.
- (71)
- Die Verpflichtung zur vorrangigen Herstellung bestimmter Produkte achtet den Wesensgehalt der unternehmerischen Freiheit und der Vertragsfreiheit gemäß Artikel 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „Charta” ) sowie des Eigentumsrechts gemäß Artikel 17 der Charta und beeinträchtigt sie nicht unverhältnismäßig. Jede Einschränkung jener Rechte durch diese Verordnung wird gemäß Artikel 52 Absatz 1 der Charta gesetzlich geregelt sein und den Wesensgehalt jener Rechte und Freiheiten achten sowie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren.
- (72)
- Bei Aktivierung der Krisenstufe könnten zwei oder mehr Mitgliedstaaten der Kommission das Mandat erteilen, die Nachfrage zu bündeln und bei der Vergabe öffentlicher Aufträge im öffentlichen Interesse im Einklang mit den geltenden Vorschriften und Verfahren der Union in ihrem Namen zu handeln, um dadurch eine Hebelwirkung für die Kaufkraft der Kommission zu erzielen. Die gemeinsame Beschaffung sollte nur zur Behebung von Störungen der Halbleiter-Lieferkette während einer Krise genutzt werden. Mit dem Mandat könnte die Kommission ermächtigt werden, Vereinbarungen über den Erwerb krisenrelevanter Produkte für bestimmte kritische Sektoren zu schließen. Die Kommission sollte im Benehmen mit dem Europäischen Halbleitergremium den Nutzen, die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit jedes Antrags bewerten. Beabsichtigt sie, dem Antrag nicht nachzukommen, so sollte sie die betreffenden Mitgliedstaaten und das Europäische Halbleitergremium unterrichten und die Gründe für ihre Ablehnung nennen. Die Einzelheiten des Verfahrens sollten in einer Vereinbarung zwischen der Kommission und den teilnehmenden Mitgliedstaaten festgelegt werden, in welcher die Gründe für die Verwendung des Mechanismus der gemeinsamen Beschaffung und der einzugehenden Verbindlichkeiten angegeben sind. Diese Vereinbarung kann die Zahl der zu schließenden Verträge und die Bedingungen für die gemeinsame Beschaffung, wie etwa Preise, Lieferfristen, Mengen und Opt-in- oder Opt-out-Klauseln, umfassen. Die gemeinsame Beschaffung kann zur Unterzeichnung eines einzigen Vertrags, der den Bedarf aller Mitgliedstaaten deckt, oder mehrerer Verträge, die jeweils den Bedarf eines oder mehrerer Mitgliedstaaten decken, führen. Darüber hinaus sollten die teilnehmenden Mitgliedstaaten das Recht haben, Vertreter zu benennen, die das Vergabeverfahren und die Aushandlung der Kaufvereinbarungen anleitend und beratend begleiten. Für die Einführung, die Verwendung oder den Weiterverkauf der erworbenen Produkte sollten die teilnehmenden Mitgliedstaaten zuständig bleiben.
- (73)
- Während einer Krise infolge von Versorgungsengpässen bei Halbleitern könnte es notwendig werden, dass die Union Schutzmaßnahmen in Betracht zieht. Das Europäische Halbleitergremium sollte Stellung nehmen können, um die Kommission bei ihrer Bewertung der Frage zu unterstützen, ob die Marktlage einen erheblichen Mangel an lebenswichtigen Gütern gemäß der Verordnung (EU) 2015/479 darstellt.
- (74)
- Der institutionelle Rahmen für Expertengruppen, einschließlich der Transparenzvorschriften für das Gremium und seine Untergruppen, sollte unbeschadet dieser Verordnung für das Europäische Halbleitergremium gelten. Das Europäische Halbleitergremium sollte die Kommission in spezifischen Fragen beraten und unterstützen. Diese Fragen sollten Folgendes umfassen: die Beratung des Rates der öffentlichen Körperschaften des Gemeinsamen Unternehmens für Chips in Bezug auf die Initiative; den Austausch von Informationen über die Funktionsweise der integrierten Produktionsstätten und offenen EU-Fertigungsbetriebe; die Erörterung und Vorbereitung der Ermittlung spezifischer Sektoren und Technologien mit potenziell hoher sozialer Wirkung und großer Bedeutung für die Sicherheit, für die eine Zertifizierung vertrauenswürdiger Produkte nötig ist, sowie eine koordinierte Überwachung und Krisenreaktion. Ferner sollte das Europäische Halbleitergremium die einheitliche Anwendung dieser Verordnung sicherstellen sowie die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und den Informationsaustausch über Fragen im Zusammenhang mit dieser Verordnung erleichtern. Das Europäische Halbleitergremium sollte auch einen Gedankenaustausch mit der Kommission über die besten Wege, einen wirksamen Schutz und eine wirksame Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums, vertraulichen Informationen und Geschäftsgeheimnissen unter gebührender Einbeziehung von Interessenträgern in Bezug auf den Halbleitersektor sicherzustellen, führen. Das Europäische Halbleitergremium sollte die Kommission in Fragen der internationalen Zusammenarbeit im Einklang mit internationalen Verpflichtungen unterstützen. Es sollte als Forum dienen, in dem unter anderem erörtert wird, wie die Zusammenarbeit entlang der globalen Halbleiter-Wertschöpfungskette verbessert werden kann, unbeschadet der Vorrechte des Europäischen Parlaments und des Rates gemäß den Verträgen. Zu diesem Zweck sollte das Europäische Halbleitergremium die Standpunkte der Industrieallianz für Prozessoren und Halbleitertechnologien und anderer Interessenträger berücksichtigen. Darüber hinaus sollte sich das Europäische Halbleitergremium mit anderen Krisenreaktions- und Krisenvorsorgestrukturen der Union abstimmen sowie mit ihnen zusammenarbeiten und Informationen austauschen, um ein kohärentes und koordiniertes Vorgehen der Union in Bezug auf Krisenreaktions- und Krisenvorsorgemaßnahmen für Halbleiterkrisen sicherzustellen.
- (75)
- Den Vorsitz im Europäischen Halbleitergremium sollte ein Vertreter der Kommission führen. Jeder Mitgliedstaat sollte mindestens einen hochrangigen Vertreter im Europäischen Halbleitergremium benennen. Sie könnten auch verschiedene Vertreter in Bezug auf verschiedene Aufgaben des Europäischen Halbleitergremiums benennen, z. B. je nachdem, welcher Teil dieser Verordnung in den Sitzungen des Europäischen Halbleitergremiums erörtert wird. Um wichtige Ratschläge zu den Tätigkeiten des Europäischen Halbleitergremiums einzuholen und eine angemessene Beteiligung von Interessenträgern zu ermöglichen, sollte der Vorsitz Untergruppen einsetzen können und befugt sein, Arbeitsvereinbarungen zu treffen, indem er Experten und Beobachter zur Teilnahme an den Sitzungen auf Ad-hoc-Basis einlädt, oder Interessenträger, insbesondere Organisationen, die die Interessen der Halbleiterindustrie der Union vertreten, wie etwa die Industrieallianz für Prozessoren und Halbleitertechnologien, als Beobachter in die Untergruppen einzuladen.
- (76)
- Das Europäische Halbleitergremium sollte für seine Aufgaben im Zusammenhang mit der Initiative sowie für seine Aufgaben in Verbindung mit der Versorgungssicherheit und Resilienz sowie der Überwachung und Krisenreaktion jeweils getrennte Sitzungen abhalten. Die Mitgliedstaaten sollten sich bemühen, eine wirksame und effiziente Zusammenarbeit im Europäischen Halbleitergremium zu gewährleisten. Der Vorsitz sollte den Austausch zwischen dem Europäischen Halbleitergremium und anderen Einrichtungen, Ämtern, Agenturen und Experten- und Beratungsgruppen der Union fördern können. Angesichts der Bedeutung der Versorgung mit Halbleitern für andere Sektoren und des sich daraus ergebenden Koordinierungsbedarfs sollte der Vorsitz sicherstellen, dass andere Organe und Einrichtungen der Union als Beobachter an den Sitzungen des Europäischen Halbleitergremiums teilnehmen, sofern dies im Zusammenhang mit dem mit dieser Verordnung eingerichteten Überwachungs- und Krisenreaktionsmechanismus relevant und angemessen ist. Um die Arbeiten im Anschluss an die Umsetzung der Empfehlung (EU) 2022/210 der Kommission(25) fortzusetzen und zu nutzen, sollte das Europäische Halbleitergremium die Aufgaben der Europäischen Expertengruppe für Halbleiter übernehmen. Sobald das Europäische Halbleitergremium seine Arbeit aufgenommen hat, sollte diese Expertengruppe aufgelöst werden.
- (77)
- Den Mitgliedstaaten kommt bei der Anwendung und Durchsetzung dieser Verordnung eine Schlüsselrolle zu. In diesem Zusammenhang sollte jeder Mitgliedstaat eine oder mehrere für die wirksame Durchführung dieser Verordnung zuständige nationale Behörden benennen und sicherstellen, dass diese Behörden über angemessene Befugnisse und Ressourcen verfügen. Die Mitgliedstaaten könnten eine oder mehrere bereits bestehende Behörden benennen. Um die Organisationseffizienz in den Mitgliedstaaten zu erhöhen und eine offizielle Anlaufstelle für die Öffentlichkeit und andere Partner auf Ebene der Union und der Mitgliedstaaten, einschließlich der Kommission und des Europäischen Halbleitergremiums, einzurichten, sollte jeder Mitgliedstaat innerhalb einer der von ihm gemäß dieser Verordnung als zuständig benannten Behörden eine nationale zentrale Anlaufstelle benennen, die für die Koordinierung von Fragen im Zusammenhang mit dieser Verordnung und die grenzübergreifende Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden anderer Mitgliedstaaten zuständig ist.
- (78)
- Zur Gewährleistung einer vertrauensvollen und konstruktiven Zusammenarbeit der zuständigen Behörden auf Unions- und nationaler Ebene sollten alle an der Anwendung dieser Verordnung beteiligten Parteien die Vertraulichkeit der im Rahmen der Durchführung ihrer Tätigkeiten erlangten Informationen und Daten wahren, um insbesondere Rechte des geistigen Eigentums, sensible Geschäftsinformationen und Geschäftsgeheimnisse zu schützen. Alle Informationen, die im Rahmen der Bewerbung auf Anerkennung als integrierte Produktionsstätte oder offener EU-Fertigungsbetrieb oder im Rahmen von Informationsersuchen oder Mitteilungspflichten gemäß dieser Verordnung erlangt werden, sollten ausschließlich für die Zwecke dieser Verordnung verwendet werden und gemäß Artikel 339 AEUV sowie den internen Vorschriften der Kommission über den sicheren Umgang mit Daten, insbesondere dem Beschluss (EU, Euratom) 2015/443 der Kommission(26), unter das Berufsgeheimnis fallen. Die Kommission und die zuständigen nationalen Behörden, ihre Beamten, ihre Bediensteten und sonstige Personen, die unter Aufsicht dieser Behörden tätig sind, sowie Beamte und Bedienstete anderer Behörden der Mitgliedstaaten sollten die Vertraulichkeit der bei der Durchführung ihrer Aufgaben und Tätigkeiten erlangten Informationen gewährleisten. Dies sollte auch für das Europäische Halbleitergremium und den Halbleiterausschuss gelten, die mit dieser Verordnung eingerichtet werden. Die Kommission sollte gegebenenfalls Durchführungsrechtsakte erlassen können, um die praktischen Modalitäten der Behandlung vertraulicher Informationen im Rahmen der Einholung von Informationen festzulegen.
- (79)
- Die Einhaltung der in dieser Verordnung festgelegten Verpflichtungen sollte mittels Geldbußen und Zwangsgeldern durchsetzbar sein. Zu diesem Zweck sollten angemessene Geldbußen für die Missachtung von Informationsersuchen und Mitteilungspflichten gemäß dieser Verordnung festgelegt werden, wobei die unterschiedliche Schwere der Missachtung beider Pflichten zu berücksichtigen ist und für KMU andere Höchstbeträge gelten sollten. Außerdem sollten Zwangsgelder für die Missachtung der Verpflichtung zur Annahme und Erfüllung vorrangiger Aufträge festgelegt werden, die verhältnismäßig sein und das Preisniveau auf dem Markt während der letzten 90 Tage widerspiegeln sollten, wobei für KMU andere Höchstbeträge gelten sollten. Zusätzlich zu den Verjährungsfristen für die Durchsetzung von Sanktionen sollten auch Verjährungsfristen für die Verhängung von Geldbußen und Zwangsgeldern gelten. Darüber hinaus sollte die Kommission dem betreffenden Unternehmen oder den entsprechenden Unternehmensverbänden Anspruch auf rechtliches Gehör einräumen.
- (80)
- Um dem technologischen Wandel und den Marktentwicklungen Rechnung zu tragen, um die wirksame Durchführung und Evaluierung der Initiative sicherzustellen und um die Einzelheiten für das Gütesiegel für Exzellenzzentren festzulegen, sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, gemäß Artikel 290 AUEV Rechtsakte zur Änderung dieser Verordnung bezüglich der Maßnahmen zu erlassen, die durch die Initiative unterstützt werden und einer Weise, die mit den Zielen der Initiative im Einklang steht, sowie bezüglich der messbaren Indikatoren für die Überwachung der Durchführung der Initiative und zur Berichterstattung über deren Fortschritte bei der Verwirklichung ihrer Ziele und um diese Verordnung durch die Festlegung des Verfahrens für die Anwendung und der Anforderungen und der Bedingungen für die Gewährung, die Überwachung und den Entzug des Gütesiegels für Exzellenzzentren für Entwurf zu ergänzen. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt, die mit den Grundsätzen in Einklang stehen, die in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung(27) niedergelegt wurden. Um insbesondere für eine gleichberechtigte Beteiligung an der Vorbereitung delegierter Rechtsakte zu sorgen, erhalten das Europäische Parlament und der Rat alle Dokumente zur gleichen Zeit wie die Sachverständigen der Mitgliedstaaten, und ihre Sachverständigen haben systematisch Zugang zu den Sitzungen der Sachverständigengruppen der Kommission, die mit der Vorbereitung der delegierten Rechtsakte befasst sind.
- (81)
- Zur Gewährleistung einheitlicher Bedingungen für die Durchführung dieser Verordnung sollten der Kommission im Zusammenhang mit der Auswahl von ECIC Durchführungsbefugnisse übertragen werden, damit die Ziele der Initiative verwirklicht werden, indem die praktischen und operativen Modalitäten für die Funktionsweise vorrangiger Aufträge sowie die praktischen Modalitäten der Behandlung vertraulicher Informationen festgelegt werden. Diese Befugnisse sollten gemäß der Verordnung (EU) Nr. 182/2011(28) ausgeübt werden.
- (82)
- Da das Ziel der vorliegenden Verordnung, nämlich die Schaffung eines Rahmens für die Stärkung des Halbleiter-Ökosystems auf Unionsebene, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann und vielmehr wegen des Umfangs und der Wirkungen der Maßnahme auf Unionsebene besser zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem im selben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das zur Verwirklichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.
- (83)
- Damit mit der Durchführung dieser Verordnung im Hinblick auf die Verwirklichung ihrer Ziele so bald wie möglich begonnen werden kann, sollte sie schnell in Kraft treten —
HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
Fußnote(n):
- (1)
ABl. C 365 vom 23.9.2022, S. 34.
- (2)
ABl. C 498 vom 30.12.2022, S. 94.
- (3)
Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 11. Juli 2023 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 25. Juli 2023.
- (4)
Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17).
- (5)
Verordnung (EU) 2021/523 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. März 2021 zur Einrichtung des Programms „InvestEU” und zur Änderung der Verordnung (EU) 2015/1017 (ABl. L 107 vom 26.3.2021, S. 30).
- (6)
Verordnung (EU) 2021/2085 des Rates vom 19. November 2021 zur Gründung der gemeinsamen Unternehmen im Rahmen von „Horizont Europa” und zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 219/2007, (EU) Nr. 557/2014, (EU) Nr. 558/2014, (EU) Nr. 559/2014, (EU) Nr. 560/2014, (EU) Nr. 561/2014 und (EU) Nr. 642/2014 (ABl. L 427 vom 30.11.2021, S. 17).
- (7)
Verordnung (EU) 2021/695 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. April 2021 zur Einrichtung von „Horizont Europa” , dem Rahmenprogramm für Forschung und Innovation, sowie über dessen Regeln für die Beteiligung und die Verbreitung der Ergebnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) Nr. 1290/2013 und (EU) Nr. 1291/2013 (ABl. L 170 vom 12.5.2021, S. 1).
- (8)
Verordnung (EU) 2021/694 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2021 zur Aufstellung des Programms „Digitales Europa” und zur Aufhebung des Beschlusses (EU) 2015/2240 (ABl. L 166 vom 11.5.2021, S. 1).
- (9)
Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1).
- (10)
Richtlinie (EU) 2020/262 des Rates vom 19. Dezember 2019 zur Festlegung des allgemeinen Verbrauchsteuersystems (ABl. L 58 vom 27.2.2020, S. 4).
- (11)
Richtlinie (EU) 2016/943 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung (ABl. L 157 vom 15.6.2016, S. 1).
- (12)
Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (ABl. L 157 vom 30.4.2004, S. 45).
- (13)
Verordnung (EU) 2019/452 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. März 2019 zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Union (ABl. L 79 I vom 21.3.2019, S. 1).
- (14)
Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 187 vom 26.6.2014, S. 1).
- (15)
Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206 vom 22.7.1992, S. 7).
- (16)
Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (ABl. L 327 vom 22.12.2000, S. 1).
- (17)
Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 167 vom 22.6.2001, S. 10).
- (18)
Richtlinie (EU) 2019/790 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinien 96/9/EG und 2001/29/EG (ABl. L 130 vom 17.5.2019, S. 92).
- (19)
Richtlinie (EU) 2022/2555 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2022 über Maßnahmen für ein hohes gemeinsames Cybersicherheitsniveau in der Union, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 und der Richtlinie (EU) 2018/1972 sowie zur Aufhebung der Richtlinie (EU) 2016/1148 (NIS-2-Richtlinie) (ABl. L 333 vom 27.12.2022, S. 80).
- (20)
Empfehlung (EU) 2019/534 der Kommission vom 26. März 2019 Cybersicherheit der 5G-Netze (ABl. L 88 vom 29.3.2019, S. 42).
- (21)
Verordnung (EG) Nr. 428/2009 des Rates vom 5. Mai 2009 über eine Gemeinschaftsregelung für die Kontrolle der Ausfuhr, der Verbringung, der Vermittlung und der Durchfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck (ABl. L 134 vom 29.5.2009, S. 1).
- (22)
Verordnung (EU) 2015/479 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2015 über eine gemeinsame Ausfuhrregelung (ABl. L 83 vom 27.3.2015, S. 34).
- (23)
Richtlinie (EU) 2022/2557 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2022 über die Resilienz kritischer Einrichtungen und zur Aufhebung der Richtlinie 2008/114/EG des Rates (ABl. L 333 vom 27.12.2022, S. 164).
- (24)
Richtlinie 85/374/EWG des Rates vom 25. Juli 1985 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte (ABl. L 210 vom 7.8.1985, S. 29).
- (25)
Empfehlung (EU) 2022/210 der Kommission vom 8. Februar 2022 über ein gemeinsames Instrumentarium der Union zur Behebung von Lieferengpässen bei Halbleitern und einen EU-Mechanismus zur Überwachung des Halbleiter-Ökosystems (ABl. L 35 vom 17.2.2022, S. 17).
- (26)
Beschluss (EU, Euratom) 2015/443 der Kommission vom 13. März 2015 über Sicherheit in der Kommission (ABl. L 72 vom 17.3.2015, S. 41).
- (27)
ABl. L 123 vom 12.5.2016, S. 1.
- (28)
Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13).
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