Artikel 63 VO (EU) 2023/2631

Verfahrensvorschriften für Aufsichtsmaßnahmen und Geldbußen

(1) Stellt die ESMA bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach dieser Verordnung fest, dass es ernsthafte Anhaltspunkte für das mögliche Vorliegen von Tatsachen gibt, die einen oder mehrere der in Artikel 60 Absatz 1 aufgeführten Verstöße darstellen können, benennt sie aus dem Kreis ihrer Bediensteten einen unabhängigen Untersuchungsbeauftragten zur Untersuchung des Sachverhalts. Der Untersuchungsbeauftragte darf nicht direkt oder indirekt in die Beaufsichtigung oder das Registrierungsverfahren des betreffenden externen Prüfers einbezogen sein oder gewesen sein und nimmt seine Aufgaben unabhängig vom Rat der Aufseher der ESMA wahr.

(2) Der Untersuchungsbeauftragte untersucht die mutmaßlichen Verstöße, wobei er alle Bemerkungen der Personen, die Gegenstand der Untersuchung sind, berücksichtigt, und legt dem Rat der Aufseher der ESMA eine vollständige Verfahrensakte mit seinen Feststellungen vor.

(3) Der Untersuchungsbeauftragte kann zur Erfüllung seiner Aufgaben von der Befugnis Gebrauch machen, nach Artikel 54 Informationen anzufordern und nach den Artikeln 55 und 56 Untersuchungen und Überprüfungen vor Ort durchzuführen. Bei der Ausübung dieser Befugnisse befolgt der Untersuchungsbeauftragte die Bestimmungen von Artikel 57.

(4) Bei der Erfüllung seiner Aufgaben hat der Untersuchungsbeauftragte Zugang zu allen Unterlagen und Informationen, die die ESMA bei ihren Aufsichtstätigkeiten zusammengetragen hat.

(5) Bei Abschluss seiner Untersuchung gibt der Untersuchungsbeauftragte den Personen, die Gegenstand der Untersuchung sind, Gelegenheit, zu den untersuchten Fragen angehört zu werden, bevor er dem Rat der Aufseher der ESMA die Verfahrensakte mit seinen Feststellungen vorlegt. Der Untersuchungsbeauftragte stützt seine Feststellungen nur auf Tatsachen, zu denen sich die Personen, die Gegenstand der Untersuchung sind, äußern konnten.

(6) Die Verteidigungsrechte der betreffenden Personen müssen während der Untersuchungen nach diesem Artikel in vollem Umfang gewahrt werden.

(7) Wenn der Untersuchungsbeauftragte dem Rat der Aufseher der ESMA die Verfahrensakte mit seinen Feststellungen vorlegt, setzt er die Personen, die Gegenstand der Untersuchungen sind, davon in Kenntnis. Vorbehaltlich des berechtigten Interesses anderer Personen an der Wahrung ihrer Geschäftsgeheimnisse haben die Personen, die Gegenstand der Untersuchungen sind, das Recht auf Einsicht in die Verfahrensakte. Vom Recht auf Einsicht in die Verfahrensakte ausgenommen sind vertrauliche Informationen, die Dritte betreffen.

(8) Anhand der Verfahrensakte mit den Feststellungen des Untersuchungsbeauftragten und — wenn die betreffenden Personen darum ersuchen — nach der gemäß Artikel 64 erfolgten Anhörung dieser Personen entscheidet die ESMA darüber, ob die Personen, die Gegenstand der Untersuchung sind, einen oder mehrere der in Artikel 60 Absatz 1 aufgeführten Verstöße begangen haben; ist dies der Fall, ergreift sie eine Aufsichtsmaßnahme nach Artikel 59 und verhängt eine Geldbuße gemäß Artikel 60.

(9) Der Untersuchungsbeauftragte nimmt nicht an den Beratungen des Rates der Aufseher der ESMA teil und greift auch nicht in anderer Weise in dessen Beschlussfassungsprozess ein.

(10) Die Kommission erlässt bis zum 21. Dezember 2024 delegierte Rechtsakte nach Artikel 68, um diese Verordnung zu ergänzen, indem sie das Verfahren für die Ausübung der Befugnis der ESMA zur Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern genauer festlegt, einschließlich Bestimmungen zu den Verteidigungsrechten, zu Zeitpunkten und Fristen und zur Einziehung der Geldbußen und Zwangsgelder, sowie detaillierte Bestimmungen zur Verjährung bezüglich der Verhängung und Vollstreckung von Sanktionen.

(11) Stellt die ESMA bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach dieser Verordnung ernsthafte Anhaltspunkte für das mögliche Vorliegen von Tatsachen fest, die Straftaten darstellen könnten, verweist sie diese Sachverhalte zur strafrechtlichen Verfolgung an die zuständigen nationalen Behörden. Ferner sieht die ESMA davon ab, Geldbußen oder Zwangsgelder zu verhängen, wenn ein früherer Freispruch oder eine frühere Verurteilung aufgrund identischer oder im Wesentlichen gleichartiger Tatsachen als Ergebnis eines Strafverfahrens nach nationalem Recht Rechtskraft erlangt hat.

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