Präambel VO (EU) 2023/58

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) 2015/2283 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über neuartige Lebensmittel, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 1852/2001 der Kommission(1), insbesondere auf Artikel 12 Absatz 1,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Gemäß der Verordnung (EU) 2015/2283 dürfen in der Union nur zugelassene und in die Unionsliste der neuartigen Lebensmittel aufgenommene neuartige Lebensmittel in Verkehr gebracht werden.
(2)
Gemäß Artikel 8 der Verordnung (EU) 2015/2283 wurde mit der Durchführungsverordnung (EU) 2017/2470 der Kommission(2) eine Unionsliste der neuartigen Lebensmittel erstellt.
(3)
Am 7. Januar 2018 stellte das Unternehmen Ynsect NL B.V. (vormals bekannt als Proti-Farm Holding NV) (im Folgenden der „Antragssteller” ) bei der Kommission gemäß Artikel 10 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2015/2283 einen Antrag auf Genehmigung des Inverkehrbringens von Larven von Alphitobius diaperinus (Getreideschimmelkäfer) in gefrorener, pastenartiger, getrockneter und pulverisierter Form als neuartiges Lebensmittel in der Union. Der Antragsteller beantragte die Genehmigung der Verwendung von Larven von Alphitobius diaperinus in gefrorener, pastenartiger (gemahlener), getrockneter und pulverisierter (gemahlener) Form als Lebensmittelzutat in einer Reihe von Lebensmittelerzeugnissen für die allgemeine Bevölkerung sowie in Pulverform in Nahrungsergänzungsmitteln im Sinne der Richtlinie 2002/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(3) für Erwachsene.
(4)
Ferner beantragte der Antragsteller bei der Kommission den Schutz eigentumsrechtlich geschützter wissenschaftlicher Daten für eine Reihe von zur Stützung des Antrags vorgelegten Studien; im Einzelnen handelt es sich dabei um Analysedaten zur Zusammensetzung des neuartigen Lebensmittels(4), die Studien zur Stabilität des neuartigen Lebensmittels(5), eine In-vitro-Studie zur Proteinverdaulichkeit(6) und eine 90-tägige Studie zur subchronischen Toxizität(7).
(5)
Am 17. Juli 2018 ersuchte die Kommission die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (im Folgenden die „Behörde” ) um eine Bewertung von Larven von Alphitobius diaperinus in gefrorener und gefriergetrockneter Form als neuartiges Lebensmittel.
(6)
Am 26. April 2022 nahm die Behörde ihr wissenschaftliches Gutachten Safety of frozen and freeze-dried formulations of the lesser mealworm (Alphitobius diaperinus larvae) as a novel food pursuant to Regulation (EU) 2015/2283(8) gemäß Artikel 11 der Verordnung (EU) 2015/2283 an.
(7)
In ihrem wissenschaftlichen Gutachten kam die Behörde zu dem Schluss, dass Larven von Alphitobius diaperinus in gefrorener, pastenartiger, getrockneter und pulverisierter Form unter den vorgeschlagenen Verwendungsbedingungen in den vorgeschlagenen Mengen sicher sind. Das Gutachten der Behörde bietet folglich ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass Larven von Alphitobius diaperinus in gefrorener, pastenartiger, getrockneter und pulverisierter Form unter den bewerteten Verwendungsbedingungen die Bedingungen für das Inverkehrbringen gemäß Artikel 12 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2015/2283 erfüllen.
(8)
In dem genannten wissenschaftlichen Gutachten stellte die Behörde außerdem fest, dass auf der Grundlage einiger weniger veröffentlichter Erkenntnisse zu Lebensmittelallergien im Zusammenhang mit Insekten der Verzehr des neuartigen Lebensmittels eine Primärsensibilisierung und allergische Reaktionen auf Proteine des Getreideschimmelkäfers auslösen kann. Die Behörde empfahl, die Allergenität von Larven von Alphitobius diaperinus weiter zu erforschen.
(9)
Um der Empfehlung der Behörde nachzukommen, prüft die Kommission derzeit die Möglichkeiten, die nötigen Forschungsarbeiten zur Allergenität von Larven von Alphitobius diaperinus durchzuführen. Bis zur Bewertung der im Rahmen der Forschung gewonnenen Daten durch die Behörde und in Anbetracht des Umstands, dass Erkenntnisse, die den Verzehr von Larven von Alphitobius diaperinus unmittelbar mit Fällen von Primärsensibilisierung und Allergien in Verbindung bringen, bislang keine eindeutigen Schlüsse zulassen, ist die Kommission der Auffassung, dass keine spezifischen Kennzeichnungsvorschriften bezüglich des Potenzials von Larven von Alphitobius diaperinus, eine Primärsensibilisierung auszulösen, in die Unionsliste zugelassener neuartiger Lebensmittel aufgenommen werden sollten.
(10)
In ihrem wissenschaftlichen Gutachten stellte die Behörde zudem fest, dass der Verzehr von Larven von Alphitobius diaperinus allergische Reaktionen bei Personen auslösen kann, die gegen Krebstiere und Hausstaubmilben allergisch sind. Ferner befand die Behörde, dass weitere Allergene in das neuartige Lebensmittel gelangen können, wenn diese Allergene in dem Substrat enthalten sind, das an die Insekten verfüttert wird. Daher ist es angezeigt, dass Larven von Alphitobius diaperinus in gefrorener, pastenartiger, getrockneter und pulverisierter Form als solche sowie Lebensmittel, die diese enthalten, gemäß Artikel 9 der Verordnung (EU) 2015/2283 entsprechend gekennzeichnet werden.
(11)
Nahrungsergänzungsmittel, die Larven von Alphitobius diaperinus in Pulverform enthalten, sollten nicht von Personen unter 18 Jahren verzehrt werden, weshalb eine Kennzeichnungsvorschrift zur ordnungsgemäßen Information der Verbraucher hierüber vorgesehen werden sollte.
(12)
In ihrem wissenschaftlichen Gutachten erklärte die Behörde, dass sich ihre Schlussfolgerung zur Sicherheit des neuartigen Lebensmittels auf die vom Antragsteller vorgelegten Analysedaten zur Zusammensetzung des neuartigen Lebensmittels, die Studien zur Stabilität des neuartigen Lebensmittels, die In-vitro-Studie zur Proteinverdaulichkeit und die 90-tägige Studie zur subchronischen Toxizität stützt, ohne die sie keine Bewertung des neuartigen Lebensmittels hätte vornehmen und ihre Schlussfolgerung nicht hätte ziehen können.
(13)
Die Kommission forderte den Antragsteller auf, seine Begründung für die Beantragung des eigentumsrechtlichen Schutzes dieser Studien sowie für den Antrag auf ausschließlichen Anspruch auf deren Nutzung gemäß Artikel 26 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2015/2283 weiter auszuführen.
(14)
Der Antragsteller hat erklärt, dass er zum Zeitpunkt der Antragstellung Eigentumsrechte an den wissenschaftlichen Daten aus diesen Studien und das ausschließliche Recht auf deren Nutzung hielt.
(15)
Die Kommission hat alle vom Antragsteller vorgelegten Informationen bewertet und ist zu dem Schluss gelangt, dass dieser die Erfüllung der in Artikel 26 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2015/2283 festgelegten Anforderungen hinreichend belegt hat. Daher sollten die wissenschaftlichen Daten zur Zusammensetzung des neuartigen Lebensmittels, die Studien zur Stabilität des neuartigen Lebensmittels, die In-vitro-Studie zur Proteinverdaulichkeit und die 90-tägige Studie zur subchronischen Toxizität gemäß Artikel 27 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2015/2283 geschützt werden. Dementsprechend sollte es für die Dauer von fünf Jahren ab dem Datum des Inkrafttretens dieser Verordnung nur dem Antragsteller gestattet sein, Larven von Alphitobius diaperinus in gefrorener, pastenartiger, getrockneter und pulverisierter Form in der Union in Verkehr zu bringen.
(16)
Die Beschränkung der Zulassung von Larven von Alphitobius diaperinus in gefrorener, pastenartiger, getrockneter und pulverisierter Form und der Nutzung der in den Antragsunterlagen enthaltenen wissenschaftlichen Daten ausschließlich zugunsten des Antragstellers hindert spätere Antragsteller jedoch nicht daran, eine Genehmigung für das Inverkehrbringen desselben neuartigen Lebensmittels zu beantragen, sofern der Antrag auf rechtmäßig erlangten Informationen basiert, die eine Zulassung stützen.
(17)
Der Eintrag für Larven von Alphitobius diaperinus in gefrorener, pastenartiger, getrockneter und pulverisierter Form in der Unionsliste der neuartigen Lebensmittel sollte die in Artikel 9 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2015/2283 genannten Informationen enthalten.
(18)
Larven von Alphitobius diaperinus in gefrorener, pastenartiger, getrockneter und pulverisierter Form sollten in die Unionsliste der neuartigen Lebensmittel in der Durchführungsverordnung (EU) 2017/2470 aufgenommen werden. Der Anhang der Durchführungsverordnung (EU) 2017/2470 sollte daher entsprechend geändert werden.
(19)
Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 327 vom 11.12.2015, S. 1.

(2)

Durchführungsverordnung (EU) 2017/2470 der Kommission vom 20. Dezember 2017 zur Erstellung der Unionsliste der neuartigen Lebensmittel gemäß der Verordnung (EU) 2015/2283 des Europäischen Parlaments und des Rates über neuartige Lebensmittel (ABl. L 351 vom 30.12.2017, S. 72).

(3)

Richtlinie 2002/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Juni 2002 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Nahrungsergänzungsmittel (ABl. L 183 vom 12.7.2002, S. 51).

(4)

Ynsect NL B.V. 2018, 2019, 2020 und 2021 (unveröffentlicht).

(5)

Ynsect NL B.V. 2019 und 2020 (unveröffentlicht).

(6)

Ynsect NL B.V. 2018 und 2019 (unveröffentlicht).

(7)

Ynsect NL B.V. 2021 (unveröffentlicht).

(8)

EFSA Journal 2022; 20(7):7325.

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