Präambel VO (EU) 2023/611

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) 2016/1036 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Ländern (im Folgenden „Grundverordnung” ),(1)

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 71/97 des Rates vom 10. Januar 1997 zur Ausweitung des mit der Verordnung (EWG) Nr. 2474/93 auf Fahrräder mit Ursprung in der Volksrepublik China eingeführten endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter Fahrradteile aus der Volksrepublik China und zur Erhebung des ausgeweiteten Zolls auf derartige gemäß der Verordnung (EG) Nr. 703/96 zollamtlich erfasste Einfuhren(2), insbesondere auf Artikel 3,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Derzeit wird auf die Einfuhren wesentlicher Fahrradteile mit Ursprung in der Volksrepublik China (im Folgenden „VR China” ) in die Europäische Union infolge der mit der Verordnung (EG) Nr. 71/97 vorgenommenen Ausweitung ein Antidumpingzoll (im Folgenden „ausgeweiteter Zoll” ) erhoben.
(2)
Nach Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 71/97 soll ein Befreiungssystem eingeführt werden, um die Befreiung von Einfuhren wesentlicher Fahrradteile zu genehmigen, mit denen der Antidumpingzoll nicht umgangen wird (im Folgenden „Befreiungssystem” ). Dieses Befreiungssystem ist in Artikel 13 Absatz 4 der Grundverordnung geregelt. Das Befreiungssystem ermöglicht Montagebetrieben, die den Untersuchungsergebnissen zufolge nicht an Praktiken zur Umgehung des Antidumpingzolls auf Fahrräder beteiligt sind, die antidumpingzollfreie Einfuhr von chinesischen Fahrradteilen.
(3)
Der Rechtsrahmen für die Anwendung des Befreiungssystems wurde in der Verordnung (EG) Nr. 88/97(3) (im Folgenden „Befreiungsverordnung” ) in der durch die Verordnung (EU) Nr. 512/2013(4), die Durchführungsverordnung (EU) 2015/831(5) und die Durchführungsverordnung (EU) 2020/1296(6) geänderten Fassung festgelegt.
(4)
Nach Erwägungsgrund 44 der Verordnung (EG) Nr. 71/97 beobachtet die Kommission das Befreiungssystem laufend, damit es zur Berücksichtigung der Erfahrungen mit seiner Anwendung gegebenenfalls angepasst werden kann.
(5)
Zweck dieser Durchführungsverordnung der Kommission zur Änderung der Befreiungsverordnung ist es, die Befreiungsverordnung auf der Grundlage der jüngsten Erfahrungen und Entwicklungen nach der letzten Änderung durch die Durchführungsverordnung (EU) 2020/1296 anzupassen und zu verbessern.
(6)
Um die Rechtssicherheit und Transparenz zu erhöhen, sollte die Definition des Begriffs „Montagebetriebe” hinzugefügt und andere formale Anpassungen eingeführt werden, um den Wortlaut der Befreiungsverordnung zu straffen und die Verweise auf andere Rechtsakte der Union auf ihre neueste Fassung zu aktualisieren, einschließlich der TARIC-Struktur in Anhang III.
(7)
Darüber hinaus sollten Anhang I, in dem die gemäß Artikel 6 der Befreiungsverordnung untersuchten Parteien aufgeführt sind, und Anhang II, in dem die gemäß Artikel 7 der Befreiungsverordnung befreiten Parteien aufgeführt sind, aktualisiert werden. Zum Zeitpunkt der Annahme dieser Verordnung findet jedoch eine erneute Überprüfung der Befreiungsbewilligungen der Parteien, denen die TARIC-Zusatzcodes 8605, A576 und C009 zugewiesen wurden, statt. Das Ergebnis dieser erneuten Überprüfung wird Gegenstand eines eigenen Rechtsakts sein.
(8)
Im Rahmen des Befreiungssystems nach Artikel 5 Absatz 2 der Befreiungsverordnung können die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten die Aussetzung der Entrichtung des ausgeweiteten Zolls von einer Sicherheitsleistung für den ausgeweiteten Zoll abhängig machen. Diese Bestimmung ist jedoch nicht obligatorisch, und aufgrund der Erfahrungen mit der Anwendung des Befreiungssystems stellt die Kommission fest, dass dies zu potenziellen Diskriminierungsproblemen und Lücken bei der Durchsetzung der Bestimmungen der Befreiungsverordnung führt.
(9)
Vor diesem Hintergrund hält es die Kommission für notwendig, für den Fall, dass eine Aussetzung gewährt wird, eine obligatorische Sicherheitsleistung einzuführen, um eine Gleichbehandlung und ordnungsgemäße Durchsetzung zu gewährleisten.
(10)
Nimmt der Antragsteller seinen Antrag auf Befreiung (im Folgenden „Antrag” ) zurück oder wird der Antrag anschließend für unzulässig erklärt oder abgelehnt, so kann der der Aussetzung unterliegende ausgeweitete Zoll nicht nacherhoben werden. Insbesondere sind die Wirkungen der Rücknahme des Antrags in der geänderten Fassung der Befreiungsverordnung nicht ausdrücklich geregelt. Die Kommission ist der Auffassung, dass durch die obligatorische Sicherheitsleistung die Entrichtung des ausgeweiteten Zolls auch im Falle späterer Unzulässigkeit, Ablehnung und Rücknahme des Antrags gewährleisten sein sollte.
(11)
Außerdem hält es die Kommission für angebracht, die Wirkungen der Rücknahme des Antrags ausdrücklich zu regeln. Im Falle einer Rücknahme sollte daher davon ausgegangen werden, dass der Antrag nicht gestellt wurde, und die Aussetzung der Entrichtung des ausgeweiteten Zolls sollte aufgehoben werden. Dieser Ansatz ähnelt dem in Artikel 5 Absatz 8 der Grundverordnung.
(12)
In diesem Zusammenhang hält es die Kommission ferner für angebracht, die vorläufigen Auswirkungen der Aussetzung im Vergleich zu den längerfristigen Auswirkungen der Befreiung hervorzuheben. Zu diesem Zweck sollten Bezugnahmen auf die Befreiung bei Bedarf durch Bezugnahmen auf die Aussetzung ergänzt oder ersetzt werden.
(13)
Nach Überprüfung der Erfahrungen mit der Anwendung des Befreiungssystems wird es von der Kommission als notwendig erachtet, bestimmte Änderungen vorzunehmen, um seine ordnungsgemäße Anwendung und Durchsetzung zu gewährleisten.
(14)
Erstens stellt die Kommission fest, dass in der Befreiungsverordnung die Möglichkeit vorgesehen ist, zwölf Monate nach der Ablehnung eines Antrags oder nach dem Widerruf der Befreiung erneut einen Antrag auf Befreiung zu stellen. Dieser Zeitrahmen ist nicht lang genug, um den Montagevorgang an die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Befreiungssystems anzupassen, insbesondere an die in den Artikeln 4, 5 und 8 aufgeführten Bedingungen.
(15)
Daher sollte die Befreiungsverordnung einen längeren Zeitraum von mindestens 36 Monaten vorsehen, bevor ein Antragsteller einen Antrag auf Befreiung erneut stellen kann. Darüber hinaus sollte die Ausschlussfrist von 36 Monaten auch für Anträge gelten, die in der Zulässigkeitsphase abgelehnt wurden.
(16)
Ferner stellt die Kommission fest, dass unbedingt die Möglichkeit bestehen muss, zu überprüfen, ob die befreiten Parteien die Antiumgehungsvorschriften bei Einfuhren wesentlicher Fahrradteile einhalten.
(17)
Daher sollte in der Befreiungsverordnung vorgesehen sein, befreite oder untersuchte Parteien dazu zu verpflichten, Bücher über die an sie gelieferten wesentlichen Fahrradteile und die Verwendung dieser Teile länger als die derzeit vorgesehenen drei Jahre, d. h. mindestens fünf Jahre, aufzubewahren. Dieser Zeitrahmen würde die Dauer von Antiumgehungsuntersuchungen und anderen Verfahren in verschiedenen Politikbereichen wie Zoll- oder Betrugsbekämpfungsverfahren umfassen.
(18)
In Bezug auf die Durchsetzung stellt die Kommission fest, dass die Befreiung während des Überprüfungsverfahrens bestehen bleibt, wenn eine Überprüfung der befreiten Partei eingeleitet wird. Im Falle eines Widerrufs der Befreiung kann der ausgeweitete Zoll, der während der Überprüfung nicht entrichtet wurde, nicht nacherhoben werden.
(19)
Daher sollte in einem solchen Fall in der Befreiungsverordnung festgelegt werden, dass die Einfuhren wesentlicher Fahrradteile der überprüften Parteien in dem Zeitraum, in dem die Überprüfung durchgeführt wird, zollamtlich erfasst werden sollten, bis die Ergebnisse dieser Überprüfung vorliegen, um sicherzustellen, dass, sollte die Überprüfung zu einem Widerruf der Befreiung führen, in der Folge Maßnahmen gegenüber diesen Einfuhren ab dem Zeitpunkt dieser zollamtlichen Erfassung angewandt werden können.
(20)
Die Kommission hebt zudem hervor, dass sich die Feststellung, dass eine befreite Partei den chinesischen Ursprung der Waren falsch deklariert, unmittelbar auf die Einhaltung der Verpflichtungen der befreiten Parteien, insbesondere der Verpflichtungen nach Artikel 8 der Befreiungsverordnung, auswirkt.
(21)
Daher sollte das Befreiungssystem in solchen Fällen die Einleitung einer Überprüfung der Befreiung vorsehen, die einer Partei gewährt wurde, die nachweislich den chinesischen Ursprung der eingeführten Fahrradteile falsch angegeben hat.
(22)
Darüber hinaus sollten wiederholte falsche Zollanmeldungen von Fahrradteilen durch eine befreite Partei zum Widerruf der Befreiung führen.
(23)
Eine Befreiung sollte zudem widerrufen werden, wenn festgestellt wird, dass eine befreite Partei Praktiken anwendet, mit denen der ausgeweitete Zoll umgangen wird, indem sie unter anderem die Abhilfewirkung des Zolls durch die Einfuhr erheblicher Mengen untergräbt. Nach Artikel 14 Buchstabe c der Befreiungsverordnung wird die Abhilfewirkung des Zolls untergraben, wenn 300 Stück eines bestimmten wesentlichen Fahrradteils oder mehr entweder von einer Partei zum zollrechtlich freien Verkehr angemeldet oder an sie geliefert werden.
(24)
Um Rechtssicherheit und Transparenz zu gewährleisten, sollte dieser Schwellenwert in der Befreiungsverordnung ausdrücklich genannt werden.
(25)
Die Kommission hält es ferner für angebracht, klarzustellen, wie der in Artikel 14 Buchstabe c festgelegte Schwellenwert auszulegen ist. In diesem Zusammenhang sollte sich der Schwellenwert von monatlich weniger als 300 Stück eines bestimmten wesentlichen Fahrradteils auf den monatlichen Durchschnitt der Stückzahl eines bestimmten wesentlichen Fahrradteils in Zeiträumen von 12 Monaten ab dem Tag des Inkrafttretens der betreffenden Genehmigung für die besondere Verwendung beziehen. In jedem Fall darf die Gesamtdauer eines Zeitraums oder mehrerer Zeiträume die Geltungsdauer der betreffenden Genehmigung für die besondere Verwendung nicht übersteigen.
(26)
In Bezug auf die von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten erteilten Bewilligungen für die besondere Verwendung stellt die Kommission fest, dass eine befreite Partei, die den oben genannten Schwellenwert für die Anwendung des Befreiungssystems nicht erreicht, weiterhin das Befreiungssystem in Anspruch nehmen könnte, obwohl sie eine der Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Antrags nicht erfüllt.
(27)
Daher sollte die Befreiungsverordnung den Widerruf von Befreiungen für Parteien ermöglichen, deren Einfuhren unter dem in Artikel 14 Buchstabe c der Befreiungsverordnung genannten Schwellenwert liegen.
(28)
Darüber hinaus kann eine untersuchte Partei nach den geltenden Vorschriften eine Bewilligung für die besondere Verwendung beantragen und beide Instrumente in Anspruch nehmen, obwohl diese sich gegenseitig ausschließen.
(29)
Daher sollte die Kategorie der Parteien, die für eine Bewilligung für die besondere Verwendung in Betracht kommen, sowohl eine befreite Partei als auch eine Partei ausschließen, die im Rahmen des Befreiungssystems untersucht wird.
(30)
Die Kommission hält es ferner für sinnvoll, daran zu erinnern, dass in der in Erwägungsgrund (3) aufgeführten Verordnung (EU) Nr. 512/2013 klargestellt wurde, dass Fahrradteile, die für die Montage von Fahrrädern mit Hilfsmotor verwendet werden, weder dem Antidumpingzoll noch dem ausgeweiteten Antidumpingzoll unterliegen und dass die Montagevorgänge solcher Fahrräder daher nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 71/97 und folglich der Befreiungsverordnung fallen.
(31)
Aus Gründen der Rechtssicherheit und im Einklang mit den Verfahren für Durchführungsrechtsakte, auch in Handelsschutzverfahren, sollte in der Befreiungsverordnung festgelegt werden, dass der Beschluss zum Abschluss der Überprüfung eine Verordnung der Kommission sein sollte, die nach dem in Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates(7) genannten Prüfverfahren erlassen wird.
(32)
Nach dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung haben die in dieser Verordnung vorgesehenen Änderungen der Befreiungsverordnung so schnell wie möglich für alle neuen und alle noch nicht abgeschlossenen Untersuchungen zu gelten.
(33)
Die Verordnung (EG) Nr. 88/97 ist daher entsprechend zu ändern.
(34)
Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen stehen im Einklang mit der Stellungnahme des nach Artikel 15 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/1036 eingesetzten Ausschusses —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 176 vom 30.6.2016, S. 21.

(2)

ABl. L 16 vom 18.1.1997, S. 55.

(3)

Verordnung (EG) Nr. 88/97 der Kommission vom 20. Januar 1997 betreffend die Genehmigung der Befreiung der Einfuhren bestimmter Fahrradteile mit Ursprung in der Volksrepublik China von dem mit der Verordnung (EWG) Nr. 2474/93 eingeführten und mit der Verordnung (EG) Nr. 71/97 des Rates ausgeweiteten Antidumpingzoll (ABl. L 17 vom 21.1.1997, S. 17).

(4)

Verordnung (EU) Nr. 512/2013 der Kommission vom 4. Juni 2013 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 88/97 betreffend die Genehmigung der Befreiung der Einfuhren bestimmter Fahrradteile mit Ursprung in der Volksrepublik China von dem mit der Verordnung (EWG) Nr. 2474/93 eingeführten und mit der Verordnung (EG) Nr. 71/97 des Rates ausgeweiteten Antidumpingzoll (ABl. L 152 vom 5.6.2013, S. 1).

(5)

Durchführungsverordnung (EU) 2015/831 der Kommission vom 28. Mai 2015 zur Aktualisierung der Liste der Parteien, die nach der mit der Bekanntmachung 2014/C 299/08 der Kommission eingeleiteten Überprüfung kraft der Verordnung (EG) Nr. 88/97 vom ausgeweiteten Antidumpingzoll auf bestimmte Fahrradteile mit Ursprung in der Volksrepublik China befreit sind (ABl. L 132 vom 29.5.2015, S. 32).

(6)

Durchführungsverordnung (EU) 2020/1296 der Kommission vom 16. September 2020 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 88/97 betreffend die Genehmigung der Befreiung der Einfuhren bestimmter Fahrradteile mit Ursprung in der Volksrepublik China von dem mit der Verordnung (EWG) Nr. 2474/93 des Rates eingeführten und mit der Verordnung (EG) Nr. 71/97 des Rates ausgeweiteten Antidumpingzoll (ABl. L 303 vom 17.9.2020, S. 20).

(7)

Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13).

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