Präambel VO (EU) 2023/657
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 43 Absatz 2, Artikel 91 Absatz 1, Artikel 100 Absatz 2, Artikel 173 Absatz 3, Artikel 182 Absatz 5, Artikel 188, Artikel 189 Absatz 2 und Artikel 207 Absatz 2,
auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(1),
nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,
gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren(2),
in Erwägung nachstehender Gründe:
- (1)
- Am 30. Januar 2020 schloss der Rat das Abkommen über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft(3) (im Folgenden „Austrittsabkommen” ). Dieses Abkommen trat am 1. Februar 2020 in Kraft.
- (2)
- Am 29. April 2021 schloss der Rat im Namen der Union das Abkommen über Handel und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland andererseits(4) (im Folgenden „Abkommen über Handel und Zusammenarbeit” ). Dieses Abkommen wurde ab dem 1. Januar 2021 vorläufig angewendet und trat am 1. Mai 2021 in Kraft.
- (3)
- Sowohl das Austrittsabkommen als auch das Abkommen über Handel und Zusammenarbeit sehen vor, dass eine Vertragspartei in den Fällen, unter den Voraussetzungen und nach den Verfahren, die darin festgelegt sind, bestimmte Maßnahmen erlassen kann. Diese Maßnahmen können die Aussetzung bestimmter Verpflichtungen aus dem betreffenden Abkommen bewirken.
- (4)
- Die Union und das Vereinigte Königreich können weitere bilaterale Abkommen miteinander schließen, die als Zusatzabkommen zum Abkommen über Handel und Zusammenarbeit gelten; solche Zusatzabkommen sind ein integraler Bestandteil der durch dieses Abkommen geregelten bilateralen Gesamtbeziehungen und Teil des Gesamtrahmens. Es wird darauf hingewiesen, dass das Abkommen über Handel und Zusammenarbeit gemäß seinem Artikel 774 Absatz 3 nicht für Gibraltar gilt und in diesem Gebiet keine Wirkung hat.
- (5)
- Sollte es sich als notwendig erweisen, einseitige Maßnahmen zu ergreifen, wie im Austrittsabkommen, einschließlich des Protokolls zu Irland/Nordirland, und im Abkommen über Handel und Zusammenarbeit vorgesehen, so sollte die Union in der Lage sein, unter Berücksichtigung des allgemeinen Interesses der Union von den ihr zur Verfügung stehenden Instrumenten in geeigneter Weise zeitnah, angemessen, wirksam und flexibel unter umfassender Beteiligung der Mitgliedstaaten Gebrauch zu machen. Die Union sollte auch geeignete Maßnahmen treffen können, wenn ein wirksamer Rückgriff auf die verbindliche Streitbeilegung nach dem Austrittsabkommen oder dem Abkommen über Handel und Zusammenarbeit nicht möglich ist, weil das Vereinigte Königreich nicht bei der Ermöglichung eines solchen Rückgriffs kooperiert. Daher müssen Vorschriften und Verfahren für die Einführung solcher Maßnahmen festgelegt werden.
- (6)
- Es wird darauf hingewiesen, dass das Verfahren für den Erlass autonomer Maßnahmen nach der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates(5) im Einklang mit der vorliegenden Verordnung die fortgesetzte und ständige Ausübung der durch die Verträge übertragenen Politikgestaltungs-, Koordinierungs- und Beschlussfassungsaufgaben durch den Rat in Bezug auf die Durchführung der Abkommen zwischen der Union und dem Vereinigten Königreich unberührt lässt.
- (7)
- Um den in Artikel 16 Absatz 1 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) und in Artikel 218 Absatz 9 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) festgelegten Befugnissen Wirkung zu verleihen, ist die interne Beschlussfassung im Zusammenhang mit der Durchführung des Austrittsabkommens und des Abkommens über Handel und Zusammenarbeit in den Beschlüssen (EU) 2020/135(6) und (EU) 2021/689(7) des Rates geregelt. Damit der Rat seine Politikgestaltungs-, Koordinierungs- und Beschlussfassungsaufgaben in dieser Hinsicht uneingeschränkt wahrnehmen kann, sollte er dauerhaft und regelmäßig über die Durchführung dieser Abkommen informiert werden, auch über sämtliche Schwierigkeiten, die sich gegebenenfalls dabei ergeben, insbesondere über mögliche Verstöße gegen die Abkommen und andere Situationen, die Anlass zu nach dieser Verordnung getroffenen Maßnahmen geben können. Diesbezüglich sollte der Rat gebührend und rechtzeitig über alle möglichen Reaktionen, die der Union zur Verfügung stehen, um eine vollständige und ordnungsgemäße Durchführung dieser Abkommen zu ermöglichen, sowie über Folgevorgänge zu den getroffenen Maßnahmen informiert werden.
- (8)
- Das Europäische Parlament sollte gemäß Artikel 218 Absatz 10 AEUV unverzüglich und umfassend unterrichtet werden, um es ihm zu ermöglichen, seine Vorrechte gemäß den Verträgen uneingeschränkt wahrzunehmen. Die Kommission sollte das Europäische Parlament rechtzeitig über alle Schwierigkeiten unterrichten, die sich gegebenenfalls ergeben, insbesondere über mögliche Verstöße gegen das Austrittsabkommen und das Abkommen über Handel und Zusammenarbeit und andere Situationen, die dazu führen könnten, dass Maßnahmen gemäß dieser Verordnung ergriffen werden.
- (9)
- Die in dieser Verordnung festgelegten Vorschriften und Verfahren sollten Vorrang vor unionsrechtlichen Bestimmungen haben, die auf der Grundlage des AEUV erlassen wurden und denselben Gegenstand regeln.
- (10)
- Um sicherzustellen, dass diese Verordnung weiterhin ihren Zweck erfüllt, sollte die Kommission innerhalb von drei Jahren nach ihrem Inkrafttreten eine Überprüfung ihres Anwendungsbereichs und ihrer Durchführung vornehmen und dem Europäischen Parlament, dem Rat, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und dem Ausschuss der Regionen über ihre Erkenntnisse Bericht erstatten. Dieser Überprüfung sollten gegebenenfalls entsprechende Legislativvorschläge beigefügt werden.
- (11)
- Zur Gewährleistung einheitlicher Bedingungen für die Durchführung dieser Verordnung und insbesondere zur Gewährleistung der zeitnahen, wirksamen und flexiblen Ausübung der entsprechenden Rechte der Union nach dem Austrittsabkommen und dem Abkommen über Handel und Zusammenarbeit sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden, um die gemäß dieser Verordnung ergriffenen Maßnahmen und gegebenenfalls Maßnahmen zur Beschränkung des Handels oder anderer Tätigkeiten erlassen zu können. Diese Befugnisse sollten sich auch auf die Änderung, Aussetzung und Aufhebung der erlassenen Maßnahmen erstrecken. Sie sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 ausgeübt werden. Da die vorgesehenen Maßnahmen den Erlass von Rechtsakten von allgemeiner Tragweite bewirken und sich die meisten der vorgesehenen Maßnahmen auf die in Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe b der genannten Verordnung aufgeführten Bereiche beziehen, sollte für den Erlass dieser Maßnahmen das Prüfverfahren angewendet werden. Die Kommission sollte sofort geltende Durchführungsrechtsakte erlassen, wenn dies in hinreichend begründeten Fällen aus Gründen äußerster Dringlichkeit für einen angemessenen Schutz der Interessen der Union erforderlich ist.
- (12)
- Wenn der Rat gemäß Artikel 43 Absatz 3 AEUV beschließt, den Zugang von Fischereifahrzeugen des Vereinigten Königreichs zu Unionsgewässern zum Zwecke der Fischerei gemäß Teilbereich Fünf des Abkommens über Handel und Zusammenarbeit ganz oder teilweise auszusetzen, sollte er der Wirksamkeit einer solchen Aussetzung in dem Sinne berücksichtigen, dass sie das Vereinigte Königreich zur Einhaltung des entsprechenden Abkommens, sowie spezifischer Kriterien, die in diesem Abkommen festgelegt sind, veranlassen. Eine solche Aussetzung sollte in Bezug auf einzelne Fischereifahrzeuge des Vereinigten Königreichs nach Maßgabe von Titel III der Verordnung (EU) 2017/2403 des Europäischen Parlaments und des Rates(8) durchgeführt werden.
- (13)
- Da die Ziele dieser Verordnung, nämlich Vorschriften und Verfahren für die Ausübung der Rechte der Union nach dem Austrittsabkommen und dem Abkommen über Handel und Zusammenarbeit festzulegen und der Kommission die Befugnis zu übertragen, die notwendigen Maßnahmen und gegebenenfalls auch Beschränkungen von Handel, Investitionen oder anderen Tätigkeiten im Anwendungsbereich des Abkommens über Handel und Zusammenarbeit zu erlassen, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr wegen ihres Umfangs und ihrer Wirkungen auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 EUV verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Da zudem nur die Union Vertragspartei des Austrittsabkommens und des Abkommens über Handel und Zusammenarbeit ist, können Maßnahmen auf völkerrechtlicher Ebene hinsichtlich dieser Abkommen nur von der Union getroffen werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Verwirklichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus —
HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
Fußnote(n):
- (1)
ABl. C 365 vom 23.9.2022, S. 66.
- (2)
Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 14. Februar 2023 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 7. März 2023.
- (3)
ABl. L 29 vom 31.1.2020, S. 7.
- (4)
ABl. L 149 vom 30.4.2021, S. 10.
- (5)
Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13).
- (6)
Beschluss (EU) 2020/135 des Rates vom 30. Januar 2020 über den Abschluss des Abkommens über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft (ABl. L 29 vom 31.1.2020, S. 1).
- (7)
Beschluss (EU) 2021/689 des Rates vom 29. April 2021 über den Abschluss — im Namen der Union — des Abkommens über Handel und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland andererseits und des Abkommens zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland über die Sicherheitsverfahren für den Austausch und den Schutz von Verschlusssachen (ABl. L 149 vom 30.4.2021, S. 2).
- (8)
Verordnung (EU) 2017/2403 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2017 über die nachhaltige Bewirtschaftung von Außenflotten und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1006/2008 des Rates (ABl. L 347 vom 28.12.2017, S. 81).
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