Artikel 9b VO (EU, Euratom) 2013/883
Beschwerdeverfahren
(1) Ein Betroffener hat das Recht, bei dem Kontrollbeauftragten Beschwerde wegen Missachtung der in Artikel 9 festgelegten Verfahrensgarantien durch das Amt sowie wegen eines Verstoßes gegen die für die Untersuchungen des Amtes geltenden Bestimmungen, insbesondere wegen Verstößen gegen Verfahrensanforderungen und Grundrechte, einzulegen. Das Einlegen einer Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung, was die Durchführung der laufenden Untersuchung, die Gegenstand der Beschwerde ist, betrifft.
(2) Beschwerden sind binnen eines Monats, nachdem der Beschwerdeführer Kenntnis von den einschlägigen Umständen erlangt hat, die einen Verstoß gegen die Verfahrensgarantien oder die in Absatz 1 des vorliegenden Artikels genannten Bestimmungen darstellen könnten, einzulegen. In jedem Fall sind sie nicht später als einen Monat nach Abschluss der Untersuchung einzulegen.
Beschwerden im Zusammenhang mit den in Artikel 9 Absätze 2 und 4 genannten Fristen sind jedoch vor Ablauf der in diesen Bestimmungen genannten Zehntagesfrist einzulegen.
(3) Nach Eingang einer Beschwerde unterrichtet der Kontrollbeauftragte umgehend den Generaldirektor.
Der Kontrollbeauftragte prüft innerhalb von zehn Arbeitstagen ab dem Tag des Eingangs der Beschwerde, ob die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 erfüllt sind.
Sind die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 erfüllt, fordert der Kontrollbeauftragte das Amt auf, binnen 15 Werktagen tätig zu werden, um der Beschwerde abzuhelfen und den Kontrollbeauftragten entsprechend zu informieren.
Sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 oder 2 nicht erfüllt, schließt der Kontrollbeauftragte das Dossier und setzt den Betroffenen unverzüglich darüber in Kenntnis.
(4) Unbeschadet des Artikels 10 übermittelt das Amt dem Kontrollbeauftragten alle Informationen, die er benötigt, um zu prüfen, ob die Beschwerde gerechtfertigt ist, sowie Informationen, um der Beschwerde abzuhelfen und es dem Kontrollbeauftragten zu ermöglichen, eine Empfehlung abzugeben.
(5) Der Kontrollbeauftragte gibt unverzüglich und in jedem Fall innerhalb von zwei Monaten, nachdem das Amt ihn von der Abhilfemaßnahme gegen die Beschwerde in Kenntnis setzt, oder nach Ablauf der in Absatz 2 genannten Frist eine Empfehlung dazu ab, wie der Beschwerde abgeholfen werden kann. Gehen innerhalb der in Absatz 3 Unterabsatz 3 genannten Frist von 15 Tagen keine Informationen ein, gibt der Kontrollbeauftragte eine Empfehlung binnen zwei Monaten ab Ablauf dieser Frist ab.
In Ausnahmefällen kann der Kontrollbeauftragte beschließen, die Frist zur Abgabe einer Empfehlung um weitere 15 Kalendertage zu verlängern. Der Kontrollbeauftragte unterrichtet den Generaldirektor schriftlich über die Gründe einer solchen Fristverlängerung.
Der Kontrollbeauftragte kann dem Amt empfehlen, seine Empfehlungen oder Berichte wegen eines Verstoßes gegen die in Artikel 9 genannten Verfahrensgarantien oder gegen die für die Untersuchungen des Amtes geltenden Bestimmungen, insbesondere wegen Verstößen gegen Verfahrensvorschriften und Grundrechte, zu ändern oder aufzuheben.
Vor der Abgabe einer Empfehlung holt der Kontrollbeauftragte die Stellungnahme des Überwachungsausschusses ein.
Der Kontrollbeauftragte übermittelt die Empfehlung dem Amt und informiert den Beschwerdeführer entsprechend.
Übermittelt der Kontrollbeauftragte binnen der in diesem Absatz genannten Fristen keine Empfehlung, so gilt dies als Abweisung der Beschwerde ohne Empfehlung.
(6) Der Kontrollbeauftragte prüft die Beschwerde in einem kontradiktorischen Verfahren, ohne in die laufende Untersuchung einzugreifen.
Der Kontrollbeauftragte kann ferner Zeugen um schriftliche oder mündliche Erläuterungen bitten, die er zur Feststellung des Sachverhalts für sachdienlich hält. Zeugen können sich weigern, solche Erläuterungen zu machen.
(7) Der Generaldirektor trifft geeignete Maßnahmen, die durch die Empfehlung gerechtfertigt sind. Beschließt der Generaldirektor von der Empfehlung des Kontrollbeauftragten abzuweichen, so teilt er dem Beschwerdeführer und dem Kontrollbeauftragten die Hauptgründe dieser Entscheidung mit, es sei denn, eine solche Mitteilung würde die laufende Untersuchung beeinträchtigen. In einem Vermerk, der dem abschließenden Untersuchungsbericht hinzugefügt wird, nennt er die Gründe, warum er der Empfehlung des Kontrollbeauftragten nicht gefolgt ist.
(8) Das Beschwerdeverfahren nach diesem Artikel berührt nicht die in den Verträgen vorgesehenen Rechtsbehelfe, einschließlich Klagen auf Ersatz des Schadens.
(9) Der Generaldirektor kann zu allen Angelegenheiten in Bezug auf die Verfahrensgarantien oder Grundrechte, die in das Mandat des Kontrollbeauftragten fallen, dessen Stellungnahme anfordern; dies umfasst auch einen Beschluss, die in Artikel 9 Absatz 3 genannten Betroffenen erst zu einem späteren Zeitpunkt in Kenntnis zu setzen. Der Generaldirektor gibt in einem solchen Antrag die Frist an, bis zu deren Ablauf der Kontrollbeauftragte antworten muss.
(10) Hat ein Beamter oder sonstiger Bediensteter der Union gemäß Artikel 90 des Statuts Beschwerde beim Generaldirektor und in derselben Sache Beschwerde bei dem Kontrollbeauftragten eingelegt, so wartet der Generaldirektor unbeschadet der in Artikel 90a des Statuts vorgesehenen Fristen die Empfehlung des Kontrollbeauftragten ab, bevor er auf die Beschwerde reagiert.
(11) Nach Konsultation des Überwachungsausschusses nimmt der Kontrollbeauftragte Durchführungsvorschriften für die Bearbeitung der Beschwerden an.
Diese Durchführungsvorschriften legen insbesondere detaillierte Vorschriften fest:
- a)
- für das Einlegen einer Beschwerde;
- b)
- für den Austausch von Informationen zwischen dem Überwachungsausschuss, dem Kontrollbeauftragten und dem Generaldirektor;
- c)
- das Verfahren für Abhilfemaßnahmen gegen die in einer Beschwerde aufgeworfenen Probleme durch das Amt;
- d)
- für die Prüfung einer Beschwerde in einem kontradiktorischen Verfahren gemäß Absatz 6 Unterabsatz 1;
- e)
- für Abgabe und Übermittlung der Empfehlung des Kontrollbeauftragten;
- f)
- für hinreichend begründete Fälle, in denen der Generaldirektor von der Empfehlung des Kontrollbeauftragten abweichen kann, und das Verfahren, das in diesen Fällen einzuhalten ist.
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