Artikel 23 RL 2001/34/EG

Unbeschadet des Artikels 39 Absatz 1 können die Mitgliedstaaten die zuständigen Stellen, die mit der Prospektkontrolle im Sinne dieser Richtlinie beauftragt sind, ermächtigen, eine teilweise oder gänzliche Befreiung von der Pflicht zur Veröffentlichung des Prospekts in folgenden Fällen vorzusehen:

1.
Wenn die Wertpapiere, deren Zulassung zur amtlichen Notierung beantragt wird,

a)
Wertpapiere sind, die Gegenstand einer öffentlichen Emission waren, oder
b)
Wertpapiere sind, die anlässlich eines öffentlichen Umtauschangebots ausgegeben werden,

oder

c)
Wertpapiere sind, die anlässlich einer Verschmelzung durch Aufnahme einer Gesellschaft oder durch Gründung einer neuen Gesellschaft, durch Spaltung einer Gesellschaft, Übertragung des gesamten Vermögens oder eines Teils des Vermögens eines Unternehmens oder als Gegenleistung für andere als Bareinlagen ausgegeben werden,

und wenn innerhalb von zwölf Monaten vor der Zulassung der genannten Wertpapiere zur amtlichen Notierung in demselben Mitgliedstaat ein Dokument veröffentlicht worden ist, das nach Ansicht der zuständigen Stellen Angaben enthält, die dem durch diese Richtlinie vorgeschriebenen Prospekt gleichwertig sind. Alle seit der Erstellung dieses Dokuments eingetretenen wesentlichen Änderungen sind ebenfalls zu veröffentlichen. Dieses Dokument muss dem Publikum am Sitz des Emittenten und den Finanzinstituten, die für diesen als Zahlstelle fungieren, zur Verfügung gestellt werden, und diese Änderungen sind gemäß Artikel 98 Absatz 1 und Artikel 99 Absatz 1 zu veröffentlichen.

2.
Wenn die Wertpapiere, deren Zulassung zur amtlichen Notierung beantragt wird,

a)
Aktien sind, die den Inhabern bereits an derselben Börse notierter Aktien unentgeltlich zugeteilt werden, oder
b)
Aktien sind, die zwecks Umwandlung von Wandelschuldverschreibungen oder infolge eines Austauschs gegen austauschbare Schuldverschreibungen ausgegeben werden, sofern Aktien der Gesellschaft, deren Aktien zur Umwandlung oder im Austausch angeboten werden, bereits an derselben Börse notiert werden, oder
c)
Aktien sind, die bei der Ausübung von Rechten aufgrund von Optionsscheinen ausgegeben werden, sofern Aktien der Gesellschaft, deren Aktien den Optionsscheininhabern angeboten werden, bereits an derselben Börse notiert werden, oder
d)
Aktien sind, die anstelle von bereits an derselben Börse notierten Aktien ausgegeben werden, ohne dass die Ausgabe dieser neuen Aktien eine Erhöhung des Gesellschaftskapitals mit sich gebracht hat,

und die Angaben nach Schema A von Kapitel 2 des Anhangs I, soweit zutreffend, gemäß Artikel 98 Absatz 1 und Artikel 99 Absatz 1 veröffentlicht worden sind.

3.
Wenn die Wertpapiere, deren Zulassung zur amtlichen Notierung beantragt wird,

a)
Aktien sind, bei denen entweder die Zahl oder der geschätzte Börsenwert oder der Nennbetrag oder, wenn ein solcher nicht vorhanden ist, der rechnerische Wert niedriger ist als 10 % der Zahl oder des entsprechenden Werts von Aktien der gleichen Gattung, die bereits an derselben Börse notiert werden, oder
b)
Schuldverschreibungen sind, die von Gesellschaften oder anderen juristischen Personen aus einem Mitgliedstaat ausgegeben werden,

i)
die ihre Tätigkeit unter einem Staatsmonopol ausüben
ii)
und die durch oder aufgrund eines besonderen Gesetzes geschaffen worden sind oder geregelt werden oder deren Anleihen von einem Mitgliedstaat oder einem seiner Bundesländer unbedingt und unwiderruflich garantiert werden, oder

c)
Schuldverschreibungen sind, welche von juristischen Personen aus einem Mitgliedstaat ausgegeben werden, die keine Gesellschaften sind und

i)
die durch ein Sondergesetz geschaffen worden sind
ii)
und deren Tätigkeit durch dieses Sondergesetz geregelt ist und ausschließlich in Folgendem besteht:

Aufnahme von Kapital unter Aufsicht der Behörden durch die Ausgabe von Schuldverschreibungen und

Finanzierung von Produktionstätigkeiten mit den durch sie aufgenommenen und den von einem Mitgliedstaat bereitgestellten Mitteln,

iii)
und deren Schuldverschreibungen für die Zulassung zur amtlichen Notierung durch innerstaatliches Recht den Schuldverschreibungen gleichgestellt sind, die vom Staat ausgegeben oder garantiert werden, oder

d)
an die Arbeitnehmer ausgegebene Aktien sind, sofern Aktien derselben Gattung bereits an derselben Börse notiert werden; Aktien, die sich lediglich in Bezug auf den Beginn der Dividendenberechtigung unterscheiden, werden nicht als anderen Gattungen zugehörig betrachtet, oder
e)
Wertpapiere sind, die bereits zur amtlichen Notierung an einer anderen Börse desselben Mitgliedstaats zugelassen sind, oder
f)
Aktien sind, die als Vergütung für den teilweisen oder gänzlichen Verzicht der Geschäftsführung einer Kommanditgesellschaft auf Aktien auf ihre satzungsmäßigen Rechte bezüglich der Gewinne ausgegeben werden, sofern Aktien der gleichen Gattung bereits an derselben Börse notiert werden; Aktien, die sich lediglich in Bezug auf den Beginn der Dividendenberechtigung unterscheiden, werden nicht als anderen Gattungen zugehörig betrachtet, oder
g)
zusätzliche Zertifikate sind, die Aktien vertreten und im Austausch gegen die ursprünglichen Wertpapiere ausgegeben werden, ohne dass die Ausgabe dieser neuen Zertifikate eine Erhöhung des Gesellschaftskapitals mit sich gebracht hat, und sofern Zertifikate, die diese Aktien vertreten, bereits an derselben Börse notiert werden,

und wenn

im Fall von Buchstabe a) der Emittent die von den einzelstaatlichen Stellen auferlegten Bedingungen im Bereich der Börsenpublizität erfüllt und Jahresabschlüsse sowie Jahres- und Zwischenberichte veröffentlicht hat, die von diesen Stellen für ausreichend erachtet worden sind,

im Fall von Buchstabe e) bereits ein dieser Richtlinie entsprechender Prospekt veröffentlicht worden ist,

in allen unter den Buchstaben a) bis g) genannten Fällen Angaben über die Zahl und Art der zur amtlichen Notierung zuzulassenden Wertpapiere und die Umstände, unter denen die Wertpapiere ausgegeben worden sind, gemäß Artikel 98 Absatz 1 und Artikel 99 Absatz 1 veröffentlicht werden.

4.
Wenn

a)
diese Wertpapiere oder die Aktien des Emittenten oder diese Aktien verbriefende Zertifikate vor dem Antrag auf Zulassung zur amtlichen Notierung mindestens drei Jahre lang in einem anderen Mitgliedstaat amtlich notiert waren, und
b)
den zuständigen Stellen des Mitgliedstaats, in dem die Zulassung zur amtlichen Notierung beantragt wird, von den zuständigen Stellen des Mitgliedstaats oder der Mitgliedstaaten, in dem bzw. denen die Wertpapiere des Emittenten bereits amtlich notiert sind, glaubhaft bestätigt wird, dass der Emittent während der vorangegangenen drei Jahre bzw. seit der Zulassung zur amtlichen Notierung, sofern diese vor weniger als drei Jahren erfolgt ist, stets den durch diese Richtlinie erlassenen Vorschriften betreffend die Unterrichtung und die Zulassung zur amtlichen Notierung genügt hat, denen Unternehmen, deren Wertpapiere amtlich notiert werden, unterliegen, und
c)
folgende Informationen nach Maßgabe von Artikel 98 und von Artikel 99 Absatz 1 veröffentlicht werden:

i)
ein Dokument, das folgende Angaben enthält:

eine Erklärung, dass die Zulassung der Wertpapiere zur amtlichen Notierung beantragt wurde. Bei Aktien sind Anzahl und Gattung der betreffenden Aktien anzugeben; außerdem ist eine kurze Beschreibung der damit verbundenen Rechte beizufügen. Bei Aktien verbriefenden Zertifikaten enthält die Erklärung außerdem Angaben zu den mit den zugrunde liegenden Wertpapieren verbundenen Rechten und Informationen über die Möglichkeit der Umwandlung der Zertifikate in die zugrunde liegenden Wertpapiere und über das Verfahren für eine solche Umwandlung. Bei Schuldverschreibungen enthält die Erklärung außerdem den Gesamtbetrag der Anleihe (ist dieser Betrag nicht festgesetzt, so ist hierauf eigens hinzuweisen) sowie die Ausstattung und Art der Anleihe; außer bei Daueremissionen sind Ausgabe- und Rücknahmepreis sowie der Nominalzinssatz zu nennen (sind mehrere Zinssätze vorgesehen, so werden auch die Bedingungen für den Zinssatzwechsel angegeben); im Fall von Wandelschuldverschreibungen, austauschbaren Schuldverschreibungen, Optionsanleihen und Optionsscheinen enthält die Erklärung auch Angaben über die Art der zur Umwandlung, zum Tausch oder zum Bezug angebotenen Aktien und die mit ihnen verbundenen Rechte, die Umwandlungs-, Tausch- oder Bezugsbedingungen und -modalitäten sowie die Angabe der Fälle, in denen sie geändert werden können,

Einzelheiten über alle bedeutsamen Veränderungen oder Entwicklungen, die seit den Stichdaten der unter den Ziffern ii) und iii) genannten Unterlagen eingetreten sind;

spezifische Angaben über den Markt des Landes, in dem die Zulassung beantragt wird, insbesondere in Bezug auf die steuerliche Behandlung der Erträge, die Zahlstellen des Emittenten und die Art der Veröffentlichung von Wertpapierbekanntmachungen;

eine Erklärung der Personen, die für die gemäß den vorstehenden Gedankenstrichen zu liefernden Angaben verantwortlich sind, wonach diese Angaben den Tatsachen entsprechen und nichts weggelassen wurde, was die Aussagefähigkeit des Dokuments beeinträchtigen könnte; ferner

ii)
der letzte Jahresbericht, der letzte geprüfte Jahresabschluss (soweit der Emittent sowohl einen eigenen als auch einen konsolidierten Jahresabschluss erstellt, sind beide zur Verfügung zu stellen; die zuständigen Stellen können jedoch dem Emittenten die Möglichkeit einräumen, entweder den eigenen oder den konsolidierten Jahresabschluss zur Verfügung zu stellen, vorausgesetzt, dass der Abschluss, der nicht zur Verfügung gestellt wird, keine wesentlichen zusätzlichen Informationen enthält) und der letzte Halbjahresbericht des Emittenten für das betreffende Jahr, sofern dieser bereits veröffentlicht wurde; sowie
iii)
alle gegebenenfalls vom Emittenten während der letzten zwölf Monate vor dem Antrag auf Zulassung zur amtlichen Notierung herausgegebenen Zulassungs- oder Verkaufsprospekte oder entsprechende Dokumente; ferner
iv)
die folgenden Informationen, soweit diese nicht bereits in den unter den Ziffern i), ii) und iii) genannten Dokumenten enthalten sind:

Zusammensetzung der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane des Unternehmens sowie die Funktion eines jeden ihrer Mitglieder;

allgemeine Angaben über das gezeichnete Kapital;

die aktuelle Lage aufgrund der dem Emittenten gemäß den Artikeln 85 bis 97 übermittelten Angaben;

etwaige von den gesetzlich vorgeschriebenen Abschlussprüfern erstellte Berichte über den letzten veröffentlichten Jahresabschluss, die nach dem Recht des Mitgliedstaats, in dem sich der eingetragene Geschäftssitz des Emittenten befindet, vorgeschrieben sind;

und

d)
aus den Bekanntmachungen, Anzeigen, Plakaten und Dokumenten, die die Zulassung der Wertpapiere zur amtlichen Notierung unter Angabe ihrer wesentlichen Merkmale ankündigen, sowie aus allen anderen Unterlagen über diese Zulassung, die vom Emittenten oder in seinem Namen veröffentlicht werden sollen, zu ersehen ist, dass die Angaben gemäß Buchstabe c) vorhanden sind und wo diese nach Maßgabe des Artikels 98 veröffentlicht worden sind oder veröffentlicht werden,

und

e)
die Informationen gemäß Buchstabe c) sowie die unter Buchstabe d) vorgesehenen Bekanntmachungen, Anzeigen, Plakate und Dokumente den zuständigen Stellen vorgelegt wurden, bevor sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden.

5.
Wenn Unternehmen, deren Aktien zumindest während der letzten zwei Jahre zum Handel an einem nachgeordneten Markt zugelassen waren, der durch amtlich anerkannte Stellen geregelt und beaufsichtigt wird, die Zulassung ihrer Wertpapiere zur amtlichen Notierung in demselben Mitgliedstaat beantragen und den Anlegern vor dem Termin, zu dem die Zulassung zur amtlichen Notierung wirksam wird, Informationen zur Verfügung stehen, die nach Ansicht der zuständigen Stellen im wesentlichen den in dieser Richtlinie geforderten entsprechen.

© Europäische Union 1998-2021

Tipp: Verwenden Sie die Pfeiltasten der Tastatur zur Navigation zwischen Normen.