Artikel 2 RL 2002/55/EG

(1) Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet:

a) Inverkehrbringen:

der Verkauf, der Besitz im Hinblick auf den Verkauf, das Anbieten zum Verkauf und jede Überlassung, Lieferung oder Übertragung von Saatgut an Dritte, entgeltlich oder unentgeltlich, zum Zwecke der kommerziellen Nutzung.

Nicht als Inverkehrbringen gilt der Handel mit Saatgut, der nicht auf die kommerzielle Nutzung der Sorte abzielt, wie z. B. die nachstehenden Vorgänge:

die Lieferung von Saatgut an amtliche Prüf- und Kontrollstellen;

die Lieferung von Saatgut an Erbringer von Dienstleistungen zur Verarbeitung oder Verpackung, sofern der Erbringer der Dienstleistungen keinen Rechtsanspruch auf das gelieferte Saatgut erwirbt.

Nicht als Inverkehrbringen gilt die an bestimmte Bedingungen geknüpfte Lieferung von Saatgut an Erbringer von Dienstleistungen zur Erzeugung bestimmter landwirtschaftlicher Rohstoffe zu gewerblichen Zwecken oder zur Saatgutvermehrung zu diesem Zweck, sofern der Erbringer der Dienstleistungen keinen Rechtsanspruch auf das gelieferte Saatgut oder das Erntegut erwirbt. Der Lieferant des Saatguts legt der Anerkennungsstelle eine Kopie der betreffenden Teile des Vertrags mit dem Dienstleistungserbringer vor; hierzu gehören Angaben darüber, welchen Normen und Bedingungen das gelieferte Saatgut derzeit entspricht.

Die Durchführungsbestimmungen zu diesem Artikel werden nach dem in Artikel 46 Absatz 2 genannten Verfahren festgelegt.

b) Gemüse:

Pflanzen der folgenden Arten, die zur landwirtschaftlichen oder gartenbaulichen Erzeugung — ausgenommen Zierzwecke — bestimmt sind:

Allium cepa L.

Cepa-Gruppe (Zwiebel, Echalion)

Aggregatum-Gruppe (Schalotte)

Allium fistulosum L. (Winterheckenzwiebel)

alle Sorten

Allium porrum L. (Porree)

alle Sorten

Allium sativum L. (Knoblauch)

alle Sorten

Allium schoenoprasum L. (Schnittlauch)

alle Sorten

Anthriscus cerefolium (L.) Hoffm. (Kerbel)

alle Sorten

Apium graveolens L.

Sellerie-Gruppe

Knollensellerie-Gruppe

Asparagus officinalis L. (Spargel)

alle Sorten

Beta vulgaris L.

Rote Rüben-Gruppe (Rote Rübe oder Rote Bete)

Blattmangold-Gruppe (Mangold)

Brassica oleracea L.

Grünkohl-Gruppe

Blumenkohl- oder Karfiol-Gruppe

Capitata-Gruppe (Rotkohl und Weißkohl)

Rosenkohl- oder Kohlsprossen-Gruppe

Kohlrabi-Gruppe

Wirsing- oder Wirsingkohl-Gruppe

Brokkoli-Gruppe

Palmkohl-Gruppe

Tronchuda-Gruppe (portugiesischer Kohl)

Brassica rapa L.

Chinakohl-Gruppe

Herbstrüben-, Mairüben- oder Stoppelrüben-Gruppe

Capsicum annuum L. (Chili oder Paprika oder Pfefferoni)

alle Sorten

Cichorium endivia L. (Endivie)

alle Sorten

Cichorium intybus L.

Chicorée- oder Zichorie-Gruppe

Blattzichorie-Gruppe (gewöhnliche Blattzichorie oder Gemüsezichorie)

Wurzelzichorie- oder Industriezichorie-Gruppe

Citrullus lanatus (Thunb.) Matsum. et Nakai (Wassermelone)

alle Sorten

Cucumis melo L. (Melone oder Zuckermelone)

alle Sorten

Cucumis sativus L.

Gurken- oder Salatgurken-Gruppe

Einlegegurken-Gruppe

Cucurbita maxima Duchesne (Riesenkürbis)

alle Sorten

Cucurbita pepo L. (Gartenkürbis, einschließlich reifer Gartenkürbis, und Patisson oder Zucchini, einschließlich unreifer Patisson)

alle Sorten

Cynara cardunculus L.

Artischocken-Gruppe

Cardy- oder Kardonenartischocken-Gruppe

Daucus carota L. (Karotte oder Möhre oder Futtermöhre)

alle Sorten

Foeniculum vulgare Mill. (Fenchel)

Azoricum-Gruppe

Lactuca sativa L. (Salat)

alle Sorten

Solanum lycopersicum L. (Tomate)

alle Sorten

Petroselinum crispum (Mill.) Nyman ex A. W. Hill

Blatt-Petersilien-Gruppe

Wurzelpetersilien-Gruppe

Phaseolus coccineus L. (Prunkbohne oder Feuerbohne)

alle Sorten

Phaseolus vulgaris L.

Buschbohnen-Gruppe

Stangenbohnen-Gruppe

Pisum sativum L.

Schalerbsen-Gruppe

Markerbsen oder Runzelerbsen-Gruppe

Zuckererbsen-Gruppe

Raphanus sativus L.

Radieschen-Gruppe

Rettich-Gruppe

Rheum rhabarbarum L. (Rhabarber)

alle Sorten

Scorzonera hispanica L. (Schwarzwurzel)

alle Sorten

Solanum melongena L. (Aubergine oder Eierfrucht)

alle Sorten

Spinacia oleracea L. (Spinat)

alle Sorten

Valerianella locusta (L.) Laterr. (Rapunzel- oder Feldsalat oder Vogerlsalat)

alle Sorten

Vicia faba L. (Dicke Bohne oder Puffbohne)

alle Sorten

Zea mays L.

Zuckermais-Gruppe

Puffmais-Gruppe

Alle Hybriden der oben aufgeführten Arten und Gruppen.

c) Basissaatgut:

Samen,

i)
der unter der Verantwortung des Züchters nach den Regeln systematischer Erhaltungszüchtung im Hinblick auf die Sorte gewonnen worden ist;
ii)
der zur Erzeugung von Saatgut der Kategorie „Zertifiziertes Saatgut” bestimmt ist;
iii)
der vorbehaltlich von Artikel 22 die Voraussetzungen der Anhänge I und II für Basissaatgut erfüllt und
iv)
bei dem durch amtliche Prüfung oder — im Falle der Anforderungen gemäß Anhang II — entweder durch amtliche Prüfung oder durch amtlich überwachte Prüfung festgestellt worden ist, dass die Bedingungen gemäß den Ziffern i), ii) und iii) erfüllt sind.
d) Zertifiziertes Saatgut:

Samen,

i)
der unmittelbar von Basissaatgut oder, wenn der Züchter dies beantragt, von Saatgut einer dem Basissaatgut vorhergehenden Generation stammt, das die Voraussetzungen der Anhänge I und II für Basissaatgut erfüllen kann und diese in amtlicher Prüfung erfüllt hat;
ii)
der vorwiegend zur Erzeugung von Gemüse bestimmt ist;
iii)
der vorbehaltlich von Artikel 22 Buchstabe b) die Voraussetzung der Anhänge I und II für Zertifiziertes Saatgut erfüllt;
iv)
bei dem durch amtliche Prüfung oder durch amtlich überwachte Prüfung festgestellt worden ist, dass die Bedingungen gemäß den Ziffern i), ii) und iii) erfüllt sind;
v)
der einer stichprobenweisen amtlichen Nachkontrolle hinsichtlicher seiner Sortenechtheit und Sortenreinheit unterworfen ist.
e) Standardsaatgut:

Samen,

i)
der ausreichend sortenecht und sortenrein ist;
ii)
der vorwiegend zur Erzeugung von Gemüse bestimmt ist;
iii)
der die Voraussetzungen des Anhangs II erfüllt und
iv)
der einer stichprobenweisen amtlichen Nachkontrolle hinsichtlich seiner Sortenechtheit und Sortenreinheit unterworfen ist.
f) Amtliche Maßnahmen:

Maßnahmen, die durchgeführtwerden

i)
durch Behörden eines Staates oder
ii)
unter der Verantwortung eines Staates durch juristische Personen des öffentlichen oder privaten Rechts oder
iii)
bei Hilfstätigkeiten unter der Überwachung eines Staates durch vereidigte natürliche Personen

unter der Voraussetzung, dass die unter den Buchstaben ii) und iii) genannten Personen an dem Ergebnis dieser Maßnahme kein Gewinninteresse haben.

g) Kleinpackungen EG:

Packungen bis zu einem Nettogewicht des Saatguts von

i)
5 kg für Hülsenfrüchte;
ii)
500 g für Zwiebeln, Kerbel, Spargel, Mangold, Rote Rüben, Mai- und Herbstrüben, Wassermelone, Riesenkürbis, Gartenspeisekürbis, Möhren, Radieschen, Rettich, Schwarzwurzeln, Spinat und Feldsalat;
iii)
100 g für alle übrigen Gemüsearten.

(2) Änderungen der Liste der in Absatz 1 Buchstabe b) aufgeführten Arten werden nach dem in Artikel 46 Absatz 2 genannten Verfahren vorgenommen.

(3) Die jeweiligen Sortentypen einschließlich der Komponenten können besonders beschrieben und nach dem Verfahren des Artikels 46 Absatz 2 festgelegt werden.

(4) Bei der amtlich überwachten Prüfung gemäß Absatz 1 Buchstabe c), Ziffer iv) und Absatz 1 Buchstabe d) Ziffer iv) müssen folgende Anforderungen erfüllt sein:

A.
Feldbesichtigung

a)
Die Inspektoren

i)
müssen die notwendige fachliche Befähigung haben;
ii)
dürfen an der Durchführung der Prüfungen keinerlei Gewinninteresse haben;
iii)
müssen von der Saatgutanerkennungsstelle des betreffenden Mitgliedstaats amtlich zugelassen worden sein; damit sie zugelassen werden können, müssen sie entweder vereidigt worden sein oder eine schriftliche Erklärung unterzeichnet haben, mit der sie sich zur Einhaltung der für amtliche Prüfungen geltenden Regeln verpflichten;
iv)
müssen die amtlich überwachten Prüfungen gemäß den für die amtlichen Prüfungen geltenden Regeln durchführen.

b)
Die zu prüfenden Feldbestände müssen von Saatgut erwachsen sein, das einer amtlichen Nachprüfung unterzogen wurde, die zufrieden stellend ausgefallen ist.
c)
Ein Teil der Feldbestände muss von amtlichen Inspektoren geprüft werden. Dieser Teil beträgt mindestens 5 %.
d)
Ein Teil der Proben der von den Feldbeständen geernteten Saatgutpartien ist für amtliche Nachprüfungen und gegebenenfalls für amtliche Laboruntersuchungen des Saatguts auf Sortenechtheit und Sortenreinheit zu entnehmen.
e)
Die Mitgliedstaaten legen Sanktionsvorschriften für den Fall von Verstößen gegen die gemäß dieser Richtlinie erlassenen nationalen Rechtsvorschriften für amtlich überwachte Prüfungen fest. Die Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Zu diesen Sanktionen kann es gehören, dass den Inspektoren bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Zuwiderhandlung gegen die für amtliche Prüfungen geltenden Regeln die amtliche Zulassung nach Buchstabe a) Ziffer iii) entzogen wird. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass eine gegebenenfalls schon erfolgte Anerkennung von geprüftem Saatgut im Fall einer solchen Zuwiderhandlung rückgängig gemacht wird, es sei denn, es kann nachgewiesen werden, dass das betreffende Saatgut tatsächlich alle einschlägigen Anforderungen erfüllt.

B.
Saatgutprüfung

a)
Die Saatgutprüfung wird nach Maßgabe der Buchstaben b) bis d) von Saatgutprüflabors durchgeführt, die von der Saatgutanerkennungsstelle des betreffenden Mitgliedstaats zu diesem Zweck zugelassen wurden.
b)
Das Labor beschäftigt einen Saatgutprüfer, der für den technischen Betrieb des Labors unmittelbar verantwortlich ist und der über die notwendige Befähigung für die technische Leitung eines Saatgutprüflabors verfügt.

Die Saatgutprüfer des Labors müssen die erforderlichen Fachkenntnisse in Ausbildungslehrgängen unter den für die amtlichen Prüfer der Anerkennungsstelle geltenden Bedingungen erworben und in amtlichen Prüfungen nachgewiesen haben.

Das Labor muss über Räumlichkeiten und Geräte verfügen, für die die zuständige Saatgutanerkennungsstelle im Rahmen der Zulassung amtlich bestätigt, dass sie für die Untersuchung von Saatgut geeignet sind.

Das Labor muss die Saatgutprüfung nach den international üblichen Verfahren durchführen.

c)
Das Saatgutprüflabor muss

i)
ein unabhängiges Labor

oder

ii)
das Labor eines Saatgutunternehmens

sein.

In dem in Ziffer ii) genannten Fall darf das Labor nur Saatgutpartien untersuchen, die für das betreffende Unternehmen erzeugt wurden, es sei denn, zwischen dem Saatgutunternehmen, dem Antragsteller und der Saatgutanerkennungsstelle wurde eine andere Vereinbarung getroffen.

d)
Die Tätigkeit des Prüflabors wird durch die Saatgutanerkennungsstelle angemessen überwacht.
e)
Zum Zwecke der Überwachung gemäß Buchstabe d) wird ein Prozentanteil der zur amtlichen Anerkennung angemeldeten Saatgutpartien im Wege einer amtlichen Saatgutprüfung gegengeprüft. Dieser Prozentsatz wird in der Regel so gleichmäßig wie möglich auf alle natürlichen und juristischen Personen, die Saatgut zur Anerkennung anmelden, sowie auf die eingereichten Arten verteilt, kann jedoch zur Beseitigung bestimmter Zweifel auch gezielt ausgewählt werden. Der Prozentsatz beträgt mindestens 5 %.
f)
Die Mitgliedstaaten legen Sanktionsvorschriften für den Fall von Verstößen gegen die gemäß dieser Richtlinie erlassenen nationalen Rechtsvorschriften für amtlich überwachte Prüfungen fest. Die Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Zu diesen Sanktionen kann es gehören, dass den Prüflabors bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Zuwiderhandlung gegen die für amtliche Prüfungen geltenden Regeln die amtliche Zulassung nach Buchstabe a) entzogen wird. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass eine gegebenenfalls schon erfolgte Anerkennung von geprüftem Saatgut im Fall einer solchen Zuwiderhandlung rückgängig gemacht wird, es sei denn, es kann nachgewiesen werden, dass das betreffende Saatgut tatsächlich alle einschlägigen Anforderungen erfüllt.

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