Artikel 138 RL 2009/138/EG

Nichtbedeckung der Solvenzkapitalanforderung

(1) Stellen Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen fest, dass die Solvenzkapitalanforderung nicht mehr bedeckt ist oder die Gefahr besteht, dass dieser Fall innerhalb der nächsten drei Monate eintritt, so unterrichten sie unverzüglich die Aufsichtsbehörde darüber.

(2) Innerhalb von zwei Monaten nach Feststellung der Nichtbedeckung der Solvenzkapitalanforderung legt das betreffende Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen der Aufsichtsbehörde einen realistischen Sanierungsplan zur Wiederherstellung gesunder Finanzverhältnisse zur Genehmigung vor.

(3) Die Aufsichtsbehörde verlangt vom betreffenden Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen angemessene Maßnahmen, um innerhalb von sechs Monaten nach Feststellung der Nichtbedeckung der Solvenzkapitalanforderung die anrechnungsfähigen Eigenmittel entsprechend aufzustocken oder das Risikoprofil so zu senken, dass die Solvenzkapitalanforderung wieder bedeckt ist.

Die Aufsichtsbehörde kann diese Frist gegebenenfalls um drei Monate verlängern.

(4) Im Falle außergewöhnlicher widriger Umstände, die sich auf Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen auswirken, die einen wesentlichen Anteil am Markt oder an den betroffenen Geschäftsbereichen ausmachen, kann die Aufsichtsbehörde, wie von der EIOPA festgelegt und gegebenenfalls in Abstimmung mit dem ESRB, die in Absatz 3 Unterabsatz 2 genannte Frist für betroffene Unternehmen unter Berücksichtigung aller relevanten Faktoren, einschließlich der durchschnittlichen Laufzeit der versicherungstechnischen Rückstellungen, um maximal sieben Jahre verlängern.

Unbeschadet der Befugnisse der EIOPA gemäß Artikel 18 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 stellt die EIOPA für die Zwecke dieses Absatzes auf Antrag der betreffenden Aufsichtsbehörde das Vorliegen außergewöhnlicher widriger Umstände fest. Die zuständige Aufsichtsbehörde kann einen entsprechenden Antrag stellen, wenn Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen, die einen wesentlichen Anteil am Markt oder an den betroffenen Geschäftsbereichen ausmachen, aller Voraussicht nach eine der in Absatz 3 genannten Bedingungen nicht erfüllen werden. Außergewöhnliche widrige Umstände liegen vor, wenn die finanzielle Situation von Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen, die einen wesentlichen Anteil am Markt oder an den betroffenen Geschäftsbereichen ausmachen, erheblich oder nachteilig durch eine oder mehrere der folgenden Umstände beeinträchtigt wird:

a)
ein unvorhergesehener heftiger und steiler Einbruch an den Finanzmärkten;
b)
ein von dauerhaft niedrigen Zinssätzen geprägtes Umfeld;
c)
ein katastrophales Ereignis mit schweren Folgen.

Die EIOPA beurteilt nach Anhörung der betreffenden Aufsichtsbehörde regelmäßig, ob die im vorstehenden Absatz genannten Bedingungen weiterhin vorliegen. Die EIOPA stellt nach Anhörung der betreffenden Aufsichtsbehörde fest, wann keine außergewöhnlichen widrigen Umstände mehr vorliegen.

Das betroffene Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen legt seiner Aufsichtsbehörde alle drei Monate einen Fortschrittsbericht vor, in dem die Maßnahmen zur Aufstockung der anrechnungsfähigen Eigenmittel bis auf die zur Bedeckung der Solvenzkapitalanforderung erforderliche Höhe oder zur Senkung des Risikoprofils bis zur erneuten Bedeckung der Solvenzkapitalanforderung sowie der hierbei erzielte Fortschritt dargestellt sind.

Die in Unterabsatz 1 erwähnte Verlängerung wird zurückgenommen, wenn aus dem Fortschrittsbericht hervorgeht, dass zwischen dem Zeitpunkt der Feststellung der Nichtbedeckung der Solvenzkapitalanforderung und dem der Übermittlung des Fortschrittsberichts kein wesentlicher Fortschritt bei der Erreichung einer Aufstockung der anrechnungsfähigen Eigenmittel bis auf die zur Bedeckung der Solvenzkapitalanforderung erforderlichen Höhe oder zur Senkung des Risikoprofils bis zur erneuten Bedeckung der Solvenzkapitalanforderung stattgefunden hat.

(5) Unter außergewöhnlichen Umständen kann die Aufsichtsbehörde, wenn sie der Auffassung ist, dass sich die finanzielle Lage des betreffenden Versicherungsunternehmens weiter verschlechtern wird, auch die freie Verfügung über die Vermögenswerte des betreffenden Versicherungsunternehmens einschränken oder untersagen. Sie unterrichtet die Aufsichtsbehörden der Aufnahmemitgliedstaaten von allen Maßnahmen, die sie ergriffen hat. Diese treffen auf Ersuchen der Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaats die gleichen Maßnahmen. Die Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaats bezeichnet die Vermögenswerte, die Gegenstand dieser Maßnahmen sein sollen.

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