Artikel 55 RL 2012/34/EU

Regulierungsstelle

(1) Jeder Mitgliedstaat richtet für den Eisenbahnsektor eine einzige nationale Regulierungsstelle ein. Diese Stelle ist unbeschadet des Absatzes 2 eine eigenständige Behörde, die in Bezug auf ihre Organisation, Funktion, hierarchische Stellung und Entscheidungsfindung rechtlich getrennt und unabhängig von anderen öffentlichen oder privaten Stellen ist. Sie ist außerdem organisatorisch, bei ihren Finanzierungsbeschlüssen, rechtlich und in ihrer Entscheidungsfindung von Infrastrukturbetreibern, entgelterhebenden Stellen, Zuweisungsstellen und Antragstellern unabhängig. Darüber hinaus ist die Regulierungsstelle funktionell unabhängig von allen zuständigen Behörden, die bei der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge mitwirken.

(2) Die Mitgliedstaaten können Regulierungsstellen einrichten, die für mehrere regulierte Wirtschaftszweige zuständig sind, sofern diese integrierten Regulierungsstellen die in Absatz 1 dieses Artikels genannten Unabhängigkeitsanforderungen erfüllen. Die Regulierungsstelle für den Eisenbahnsektor kann organisatorisch auch mit der in Artikel 11 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 101 und 102 des Vertrags(1) niedergelegten Wettbewerbsregeln genannten nationalen Wettbewerbsbehörde, der durch die Richtlinie 2004/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Eisenbahnsicherheit in der Gemeinschaft(2) eingerichteten Sicherheitsbehörde oder der in Kapitel III der vorliegenden Richtlinie genannten Genehmigungsbehörde zusammengelegt werden, wenn diese gemeinsame Stelle die in Absatz 1 dieses Artikels genannten Unabhängigkeitsanforderungen erfüllt.

(3) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Regulierungsstelle so mit Personal ausgestattet ist und geleitet wird, dass ihre Unabhängigkeit garantiert ist. Sie stellen insbesondere sicher, dass die Personen, die für die von der Regulierungsstelle nach Artikel 56 zu treffenden Entscheidungen verantwortlich sind, beispielsweise, soweit zutreffend, Mitglieder ihres Verwaltungsrats, nach klaren und transparenten Regeln, die ihre Unabhängigkeit gewährleisten, vom nationalen Kabinett oder Ministerrat oder von einer anderen Behörde, die keine direkten Eigentumsrechte an regulierten Unternehmen ausübt, ernannt werden.

Die Mitgliedstaaten befinden darüber, ob diese Personen für einen festgelegten und verlängerbaren Zeitraum oder unbefristet ernannt werden, wobei eine Entlassung nur aus disziplinarischen Gründen, die nicht mit ihren Entscheidungen zusammenhängen, zulässig ist. Sie werden in einem transparenten Verfahren aufgrund ihrer Leistungen einschließlich angemessener Kompetenzen und einschlägiger Erfahrung, vorzugsweise im Bereich der Eisenbahnen oder anderer netzgebundener Branchen, ausgewählt.

Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass diese Personen unabhängig von allen Marktinteressen in Bezug auf den Eisenbahnsektor handeln und daher keinerlei Beteiligungs- oder Geschäftsbeziehungen zu Unternehmen oder Stellen unterhalten, die der Regulierung unterliegen. Zu diesem Zweck geben diese Personen jährlich eine Verpflichtungserklärung und eine Erklärung ihrer Interessen ab, in der sie jegliche unmittelbaren oder mittelbaren Interessen angeben, die als ihre Unabhängigkeit beeinträchtigend angesehen werden und die Wahrnehmung eines Amtes beeinflussen könnten. Diese Personen ziehen sich in Fällen, die ein Unternehmen betreffen, mit dem sie innerhalb eines Jahres vor dem Beginn eines Verfahrens in einer unmittelbaren oder mittelbaren Verbindung standen, von der Entscheidungsfindung zurück.

Sie holen bei der Wahrnehmung der Aufgaben der Regulierungsstelle weder Weisungen von staatlichen, öffentlichen oder privaten Stellen ein noch nehmen sie welche entgegen und verfügen bei der Einstellung und Verwaltung des Personals der Regulierungsstelle über umfassende Entscheidungsgewalt.

Nach dem Ende ihrer Amtszeit in der Regulierungsstelle dürfen sie bei den regulierten Unternehmen oder Stellen für einen Zeitraum von mindestens einem Jahr weder eine berufliche Position bekleiden noch berufliche Aufgaben wahrnehmen.

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 1 vom 4.1.2003, S. 1.

Anmerkung: Der Titel der Richtlinie (EG) Nr. 1/2003 wurde angepasst, um der Umnummerierung der Artikel des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft gemäß Artikel 5 des Vertrags von Lissabon Rechnung zu tragen; die ursprüngliche Bezugnahme betraf die Artikel 81 und 82 des Vertrags.

(2)

ABl. L 164 vom 30.4.2004, S. 44.

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