Artikel 56 RL 2012/34/EU
Aufgaben der Regulierungsstelle
(1) Ist ein Antragsteller der Auffassung, ungerecht behandelt, diskriminiert oder auf andere Weise in seinen Rechten verletzt worden zu sein, so hat er unbeschadet des Artikels 46 Absatz 6 das Recht, die Regulierungsstelle zu befassen, und zwar insbesondere gegen Entscheidungen des Infrastrukturbetreibers oder gegebenenfalls des Eisenbahnunternehmens oder des Betreibers einer Serviceeinrichtung betreffend:
- a)
- den Entwurf und die Endfassung der Schienennetz-Nutzungsbedingungen;
- b)
- die darin festgelegten Kriterien;
- c)
- das Zuweisungsverfahren und dessen Ergebnis;
- d)
- die Entgeltregelung;
- e)
- die Höhe oder Struktur der Wegeentgelte, die er zu zahlen hat oder hätte;
- f)
- die Zugangsregelungen gemäß Artikel 10 bis 13;
- g)
- den Zugang zu Leistungen gemäß Artikel 13 und die dafür erhobenen Entgelte;
- h)
- das Verkehrsmanagement;
- i)
- die Erneuerungsplanung und die geplante oder ungeplante Instandhaltung;
- j)
- die Erfüllung der Anforderungen, einschließlich der Anforderungen in Hinsicht auf Interessenkonflikte, gemäß Artikel 2 Absatz 13 und den Artikeln 7, 7a, 7b, 7c und 7d.
(2) Unbeschadet der Befugnisse der nationalen Wettbewerbsbehörden für die Sicherstellung des Wettbewerbs in den Schienenverkehrsmärkten ist die Regulierungsstelle berechtigt, die Wettbewerbssituation in den Schienenverkehrsmärkten zu überwachen, insbesondere auch den Markt für Hochgeschwindigkeits-Personenverkehrsdienste und die Tätigkeiten der Infrastrukturbetreiber in Bezug auf Absatz 1 Buchstaben a bis j. Die Regulierungsstelle überprüft von sich aus insbesondere die Einhaltung der in Absatz 1 Buchstaben a bis j genannten Punkte, um der Diskriminierung von Antragstellern vorzubeugen. Sie prüft insbesondere, ob die Schienennetz-Nutzungsbedingungen diskriminierende Bestimmungen enthalten oder den Infrastrukturbetreibern einen Ermessensspielraum geben, der zur Diskriminierung von Antragstellern genutzt werden kann.
(3) Die Regulierungsstelle arbeitet auch eng mit der nationalen Sicherheitsbehörde im Sinne der Richtlinie 2008/57/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über die Interoperabilität des Eisenbahnsystems in der Gemeinschaft(1) und der Genehmigungsbehörde im Sinne dieser Richtlinie zusammen.
Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass diese Behörden gemeinsam einen Rahmen für den Austausch von Informationen und die Zusammenarbeit schaffen, der dazu dient, eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs oder der Sicherheit auf dem Eisenbahnmarkt zu verhindern. In diesem Rahmen ist auch ein Mechanismus vorgesehen, mit dem einerseits die Regulierungsstelle den nationalen Sicherheits- und Genehmigungsbehörden Empfehlungen zu Belangen unterbreiten kann, die den Wettbewerb auf dem Eisenbahnmarkt beeinträchtigen können, und andererseits die nationale Sicherheitsbehörde der Regulierungsstelle und der Genehmigungsbehörde Empfehlungen zu Belangen unterbreiten kann, die die Sicherheit beeinträchtigen können. Unbeschadet der Unabhängigkeit der betreffenden Behörde in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich prüft die betreffende Behörde solche Empfehlungen, bevor sie entsprechende Entscheidungen trifft. Beschließt die betreffende Behörde, von diesen Empfehlungen abzuweichen, so führt sie in ihren Entscheidungen die Gründe dafür an.
(4) Die Mitgliedstaaten können beschließen, dass die Regulierungsstelle damit betraut wird, unverbindliche Stellungnahmen zu den Entwürfen des Geschäftsplans gemäß Artikel 8 Absatz 3, der vertraglichen Vereinbarung und des Plans zur Erhöhung der Fahrwegkapazität abzugeben und insbesondere anzugeben, ob diese Instrumente mit der Wettbewerbssituation in den Schienenverkehrsmärkten vereinbar sind.
(5) Die Regulierungsstelle verfügt in Bezug auf personelle und materielle Ressourcen über die erforderlichen organisatorischen Kapazitäten, die der Bedeutung des Eisenbahnsektors in dem Mitgliedstaat entsprechen.
(6) Die Regulierungsstelle gewährleistet, dass die vom Infrastrukturbetreiber festgesetzten Entgelte dem Kapitel IV Abschnitt 2 entsprechen und nichtdiskriminierend sind. Verhandlungen zwischen Antragstellern und einem Infrastrukturbetreiber über die Höhe von Wegeentgelten sind nur zulässig, sofern sie unter Aufsicht der Regulierungsstelle erfolgen. Die Regulierungsstelle hat einzugreifen, wenn bei den Verhandlungen ein Verstoß gegen die Bestimmungen dieses Kapitels droht.
(7) Die Regulierungsstelle konsultiert regelmäßig und in jedem Fall mindestens alle zwei Jahre Vertreter der Nutzer von Dienstleistungen in den Bereichen Schienengütertransport und -personenverkehr und trägt ihren Ansichten zum Eisenbahnmarkt Rechnung.
(8) Die Regulierungsstelle ist berechtigt, sachdienliche Auskünfte von dem Infrastrukturbetreiber, Antragstellern und betroffenen Dritten in dem betreffenden Mitgliedstaat einzuholen.
Die verlangten Auskünfte sind innerhalb eines von der Regulierungsstelle festgesetzten angemessenen Zeitraums von höchstens einem Monat zu erteilen, es sei denn, es liegen außergewöhnliche Umstände vor und die Regulierungsstelle stimmt einer befristeten Verlängerung von nicht mehr als zwei zusätzlichen Wochen zu und genehmigt diese. Die Regulierungsstelle erhält die Möglichkeit, die Erteilung solcher Auskünfte durchzusetzen und geeignete Sanktionen, einschließlich Geldbußen, zu verhängen. Die der Regulierungsstelle zu erteilenden Auskünfte umfassen sämtliche Daten, die sie in ihrer Eigenschaft als Beschwerdeinstanz und für die Überwachung des Wettbewerbs in den Schienenverkehrsmärkten gemäß Absatz 2 benötigt. Dazu gehören auch Daten, die für statistische und Marktbeobachtungszwecke erforderlich sind.
(9) Binnen eines Monats ab Erhalt einer Beschwerde prüft die Regulierungsstelle die Beschwerde und fordert gegebenenfalls einschlägige Auskünfte an und leitet Gespräche mit allen Betroffenen ein. Innerhalb einer vorab bestimmten angemessenen Frist, in jedem Fall aber binnen sechs Wochen nach Erhalt aller sachdienlichen Informationen entscheidet sie über die betreffenden Beschwerden, trifft Abhilfemaßnahmen und setzt die Betroffenen über ihre begründete Entscheidung in Kenntnis. Unbeschadet der Zuständigkeiten der nationalen Wettbewerbsbehörden für die Sicherstellung des Wettbewerbs in den Schienenverkehrsmärkten entscheidet sie gegebenenfalls von sich aus über geeignete Maßnahmen zur Korrektur von Fällen der Diskriminierung von Antragstellern, Marktverzerrung und anderer unerwünschter Entwicklungen in diesen Märkten, insbesondere in Bezug auf Absatz 1 Buchstaben a bis j.
Entscheidungen der Regulierungsstelle sind für alle davon Betroffenen verbindlich und unterliegen keiner Kontrolle durch eine andere Verwaltungsinstanz. Die Regulierungsstelle muss ihre Entscheidungen durchsetzen können und geeignete Sanktionen, einschließlich Geldbußen, verhängen können.
Wird die Regulierungsstelle mit einer Beschwerde wegen der Verweigerung der Zuweisung von Fahrwegkapazität oder wegen der Bedingungen eines Angebots an Fahrwegkapazität befasst, entscheidet die Regulierungsstelle entweder, dass keine Änderung der Entscheidung des Infrastrukturbetreibers erforderlich ist, oder schreibt eine Änderung dieser Entscheidung gemäß den Vorgaben der Regulierungsstelle vor.
(10) Die Mitgliedstaaten gewährleisten die gerichtliche Nachprüfbarkeit von Entscheidungen der Regulierungsstelle. Die Beschwerde kann nur dann aufschiebende Wirkung auf die Entscheidung der Regulierungsstelle haben, wenn die Entscheidung der Regulierungsstelle dem Beschwerdeführer unmittelbar irreversiblen oder offensichtlich unverhältnismäßigen Schaden zufügen kann. Diese Bestimmung lässt die etwaigen durch Verfassungsrecht übertragenen Befugnisse des mit der Beschwerde befassten Gerichts unberührt.
(11) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Entscheidungen der Regulierungsstelle veröffentlicht werden.
(12) Um festzustellen, ob die Bestimmungen zur getrennten Rechnungsführung gemäß Artikel 6 und die Bestimmungen zur finanziellen Transparenz gemäß Artikel 7d eingehalten werden, ist die Regulierungsstelle befugt, Prüfungen vorzunehmen oder externe Kontrollen von Infrastrukturbetreibern, Betreibern von Serviceeinrichtungen und gegebenenfalls Eisenbahnunternehmen einzuleiten. Handelt es sich um vertikal integrierte Unternehmen, erstrecken sich diese Befugnisse auf alle rechtlichen Einheiten. Die Regulierungsstelle ist befugt, alle sachdienlichen Informationen zu verlangen. Die Regulierungsstelle ist insbesondere befugt, von den Infrastrukturbetreibern, den Betreibern von Serviceeinrichtungen sowie von sämtlichen Unternehmen oder sonstigen Stellen, die unterschiedliche Leistungen im Bereich des Schienenverkehrs oder des Infrastrukturbetriebs gemäß Artikel 6 Absätze 1 und 2 und Artikel 13 erbringen oder in sich integrieren, zu verlangen, dass sie alle oder einen Teil der in Anhang VIII genannten Buchführungsdaten so hinreichend detailliert vorlegen, wie es für erforderlich und angemessen erachtet wird.
Unbeschadet der Befugnisse der für staatliche Beihilfen zuständigen nationalen Behörden kann die Regulierungsstelle aus diesen Finanzdaten auch Rückschlüsse auf staatliche Beihilfen ziehen, die sie diesen Behörden mitteilt.
Finanzströme im Sinne des Artikels 7d Absatz 1, Darlehen im Sinne des Artikels 7d Absätze 4 und 5 sowie Schulden im Sinne des Artikels 7d Absatz 7 unterliegen der Überprüfung durch die Regulierungsstelle.
Hat ein Mitgliedstaat die Regulierungsstelle als unabhängige zuständige Stelle gemäß Artikel 7c Absatz 4 benannt, so prüft die Regulierungsstelle die in jenem Artikel genannten Kooperationsvereinbarungen.
(13) Die Kommission wird ermächtigt, in Einklang mit Artikel 60 delegierte Rechtsakte in Bezug auf bestimmte Änderungen des Anhangs VIII zu erlassen. Dementsprechend kann Anhang VIII zwecks Anpassung an die Entwicklung der Rechnungslegungs- und Prüfpraxis und/oder Ergänzung um zusätzliche Elemente, die zur Überprüfung der Trennung der Rechnungsführung erforderlich sind, geändert werden.
Fußnote(n):
- (1)
ABl. L 191 vom 18.7.2008, S. 1.
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