Artikel 11 RL 2014/41/EU

Gründe für die Versagung der Anerkennung oder der Vollstreckung

(1) Unbeschadet des Artikels 1 Absatz 4 kann die Anerkennung oder Vollstreckung einer EEA im Vollstreckungsstaat versagt werden, wenn

a)
nach dem Recht des Vollstreckungsstaats Immunitäten oder Vorrechte bestehen, die es unmöglich machen, die EEA zu vollstrecken, oder wenn Vorschriften zur Bestimmung und Beschränkung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit in Bezug auf die Pressefreiheit und die Freiheit der Meinungsäußerung in anderen Medien bestehen, die es unmöglich machen, die EEA zu vollstrecken;
b)
die Vollstreckung der EEA in einem bestimmten Fall wesentlichen nationalen Sicherheitsinteressen schaden, die Informationsquelle gefährden oder die Verwendung von Verschlusssachen über spezifische nachrichtendienstliche Tätigkeiten voraussetzen würde;
c)
die EEA in einem Verfahren nach Artikel 4 Buchstaben b und c erlassen wurde und die Ermittlungsmaßnahme nach dem Recht des Vollstreckungsstaats in einem vergleichbaren innerstaatlichen Fall nicht zulässig wäre;
d)
die Vollstreckung der EEA dem Grundsatz „ne bis in idem” zuwiderlaufen würde;
e)
die EEA sich auf eine Straftat bezieht, die außerhalb des Hoheitsgebiets des Anordnungsstaats und ganz oder teilweise im Hoheitsgebiet des Vollstreckungsstaats begangen worden sein soll, und die Handlung, aufgrund deren die EEA erlassen wird, im Vollstreckungsstaat keine Straftat darstellt;
f)
berechtigte Gründe für die Annahme bestehen, dass die Vollstreckung einer in der EEA angegebenen Ermittlungsmaßnahme mit den Verpflichtungen des Vollstreckungsstaats nach Artikel 6 EUV und der Charta unvereinbar wäre;
g)
die Handlung, aufgrund deren die EEA erlassen wurde, nach dem Recht des Vollstreckungsstaats keine Straftat darstellt, es sei denn, sie betrifft eine Straftat, die unter den in Anhang D aufgeführten Kategorien von Straftaten genannt wird — wie von der Anordnungsbehörde in der EEA angegeben —, und sofern die Straftat im Anordnungsstaat mit einer Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehenden Maßregel der Sicherung im Höchstmaß von mindestens drei Jahren bedroht ist, oder
h)
die Anwendung der in der EEA angegebenen Ermittlungsmaßnahme nach dem Recht des Vollstreckungsstaats auf eine Liste oder Kategorie von Straftaten oder auf Straftaten, die mit einem bestimmten Mindeststrafmaß bedroht sind, beschränkt ist, und die Straftat, die der EEA zugrunde liegt, keine dieser Straftaten ist.

(2) Absatz 1 Buchstaben g und h finden keine Anwendung auf die unter Artikel 10 Absatz 2 aufgeführten Ermittlungsmaßnahmen.

(3) Betrifft die EEA eine Straftat in Verbindung mit Steuern oder Abgaben, Zöllen und Devisen, so kann die Vollstreckungsbehörde die Anerkennung oder Vollstreckung nicht aus dem Grund ablehnen, dass das Recht des Vollstreckungsstaats keine gleichartigen Steuern oder Abgaben vorschreibt oder keine gleichartige Steuer- oder Abgabe-, Zoll- und Devisenregelung enthält wie das Recht des Anordnungsstaats.

(4) Bevor die Vollstreckungsbehörde in den Fällen des Absatzes 1 Buchstaben a, b, d, e und f beschließt, eine EEA ganz oder teilweise nicht anzuerkennen oder nicht zu vollstrecken, konsultiert sie in geeigneter Weise die Anordnungsbehörde und ersucht sie gegebenenfalls um unverzügliche Übermittlung aller erforderlichen zusätzlichen Angaben.

(5) Ist in einem Fall nach Absatz 1 Buchstabe a eine Behörde des Vollstreckungsstaats für die Aufhebung des Vorrechts oder der Immunität zuständig, so ersucht die Vollstreckungsbehörde sie unverzüglich, die entsprechende Zuständigkeit auszuüben. Ist eine Behörde eines anderen Mitgliedstaates oder eine internationale Organisation für die Aufhebung des Vorrechts oder der Immunität zuständig, so ist es an der Anordnungsbehörde, die betreffende Behörde um Ausübung dieser Zuständigkeit zu ersuchen.

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