Artikel 12 RL 2016/2341/EU

Grenzüberschreitende Übertragung

(1) Die Mitgliedstaaten gestatten den in ihrem Hoheitsgebiet eingetragenen oder zugelassenen EbAV die vollständige oder teilweise Übertragung der Verbindlichkeiten und versicherungstechnischen Rückstellungen eines Altersversorgungssystems sowie anderer Rechte und Pflichten und entsprechender Vermögenswerte oder diesen entsprechende flüssige Mittel auf eine übernehmende EbAV.

(2) Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass die Kosten der Übertragung nicht von den übrigen Versorgungsanwärtern und Leistungsempfängern der übertragenden EbAV oder den bisherigen Versorgungsanwärtern und Leistungsempfängern der übernehmenden EbAV getragen werden.

(3) Die Übertragung bedarf der vorherigen Zustimmung

a)
der Mehrheit der betroffenen Versorgungsanwärter und der Mehrheit der betroffenen Leistungsempfänger oder gegebenenfalls der Mehrheit ihrer Vertreter. Die Mehrheit wird nach nationalem Recht definiert. Informationen zu den Bedingungen der Übertragung werden den betroffenen Versorgungsanwärtern und Leistungsempfängern oder gegebenenfalls ihren Vertretern von der übertragenden EbAV rechtzeitig vor Einreichung des Antrags nach Absatz 4 zugänglich gemacht; und
b)
des Trägerunternehmens, falls angezeigt.

(4) Die vollständige oder teilweise Übertragung der Verbindlichkeiten oder versicherungstechnischen Rückstellungen eines Altersversorgungssystems und anderer Rechte und Pflichten sowie entsprechender Vermögenswerte oder diesen entsprechende flüssige Mittel zwischen übertragenden und übernehmenden EbAV erfordert die Genehmigung durch die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats der übernehmenden EbAV nach vorheriger Zustimmung der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaats der übertragenden EbAV. Die Genehmigung der Übertragung wird von der übernehmenden EbAV beantragt. Die zuständige Behörde des Mitgliedstaats der übernehmenden EbAV erteilt oder verweigert die Genehmigung und teilt der übernehmenden EbAV ihre Entscheidung binnen drei Monaten ab Eingang des Antrags mit.

(5) Der Antrag auf die in Absatz 4 genannte Genehmigung der Übertragung muss folgende Angaben enthalten:

a)
die schriftliche Vereinbarung zwischen der übertragenden und der übernehmenden EbAV, in der die Bedingungen für die Übertragung festgelegt sind;
b)
eine Beschreibung der Hauptmerkmale des Altersversorgungssystems;
c)
eine Beschreibung der zu übertragenden Verbindlichkeiten oder versicherungstechnischen Rückstellungen und anderer Rechte und Pflichten sowie entsprechender Vermögenswerte oder diesen entsprechende flüssige Mittel;
d)
Namen und Orte der Hauptverwaltungen der übertragenden und der übernehmenden EbAV sowie des Mitgliedstaats, in dem jede EbAV eingetragen oder zugelassen ist;
e)
Hauptstandort und Name des Trägerunternehmens;
f)
Nachweis der vorherigen Zustimmung gemäß Absatz 3;
g)
gegebenenfalls Namen der Mitgliedstaaten, deren sozial- und arbeitsrechtliche Vorschriften im Bereich der betrieblichen Altersversorgung für das betreffende Altersversorgungssystem maßgeblich sind.

(6) Die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats der übernehmenden EbAV übermittelt den Antrag nach Absatz 4 nach dessen Erhalt unverzüglich an die zuständige Behörde der übertragenden EbAV.

(7) Die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats der übernehmenden EbAV bewertet nur, ob

a)
alle in Absatz 5 genannten Informationen von der übernehmenden EbAV geliefert wurden;
b)
die Verwaltungsstruktur, die Finanzlage der übernehmenden EbAV und die persönliche Zuverlässigkeit und fachliche Qualifikation bzw. Berufserfahrung der Führungskräfte der übernehmenden EbAV der geplanten Übertragung angemessen sind;
c)
die langfristigen Interessen der Versorgungsanwärter und Leistungsempfänger der übernehmenden EbAV und der übertragene Teil des Systems während und nach der Übertragung angemessen geschützt sind;
d)
die versicherungstechnischen Rückstellungen der übernehmenden EbAV zum Zeitpunkt der Übertragung vollständig kapitalgedeckt sind, wenn die Übertragung eine grenzüberschreitende Tätigkeit zur Folge hat; und
e)
die zu übertragenden Vermögenswerte ausreichend und angemessen sind, um die Verbindlichkeiten, versicherungstechnischen Rückstellungen und sonstigen zu übertragenden Verpflichtungen und Ansprüche gemäß den einschlägigen Bestimmungen des Herkunftsmitgliedstaates der übernehmenden EbAV zu decken.

(8) Die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats der übertragenden EbAV bewertet nur, ob

a)
bei einer teilweisen Übertragung der Verbindlichkeiten, versicherungstechnischen Rückstellungen, sonstigen Verpflichtungen und Ansprüche des Altersversorgungssystems sowie der entsprechenden Vermögenswerte und deren Zahlungsmitteläquivalente die langfristigen Interessen der Versorgungsanwärter und Leistungsempfänger des übrigen Teils des Systems angemessen geschützt sind;
b)
die individuellen Ansprüche der Versorgungsanwärter und Leistungsempfänger nach der Übertragung mindestens gleich hoch sind;
c)
die dem Altersversorgungssystem entsprechenden zu übertragenden Vermögenswerte ausreichend und angemessen sind, um die Verbindlichkeiten, versicherungstechnischen Rückstellungen und sonstigen zu übertragenden Verpflichtungen und Ansprüche gemäß den einschlägigen Bestimmungen des Herkunftsmitgliedstaates der übernehmenden EbAV zu decken.

(9) Die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats der übertragenden EbAV übermittelt die Ergebnisse der in Absatz 8 genannten Bewertung binnen acht Wochen nach Erhalt des Antrags nach Absatz 6, damit die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats der übernehmenden EbAV eine Entscheidung in Einklang mit Absatz 4 treffen kann.

(10) Wird die Genehmigung verweigert, nennt die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats der übernehmenden EbAV innerhalb der in Absatz 4 festgelegten Dreimonatsfrist die Gründe für diese Ablehnung. Gegen eine solche Ablehnung oder Untätigkeit der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaats der übernehmenden EbAV können bei den Gerichten im Herkunftsmitgliedstaat der übernehmenden EbAV Rechtsmittel eingelegt werden.

(11) Die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats der übernehmenden EbAV teilt der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaats der übertragenden EbAV die Entscheidung nach Absatz 4 innerhalb von zwei Wochen mit.

Wenn die Übertragung eine grenzüberschreitende Tätigkeit zur Folge hat, informiert die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats der übertragenden EbAV die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats der übernehmenden EbAV auch über die für die Tätigkeit des Altersversorgungssystems maßgeblichen sozial- und arbeitsrechtlichen Vorschriften und die in Titel IV geregelten Auskunftspflichten des Tätigkeitsmitgliedstaats bei grenzüberschreitender Tätigkeit. Dies geschieht binnen weiterer vier Wochen.

Die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats der übernehmenden EbAV übermittelt dieser die Informationen innerhalb einer Woche nach deren Erhalt.

(12) Nach Eingang einer Genehmigungsentscheidung gemäß Absatz 4 oder bei nicht vorliegenden Informationen über die Entscheidung seitens der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaats der übernehmenden EbAV nach Ablauf der in Absatz 11 dritter Unterabsatz genannten Frist kann die übernehmende EbAV die Tätigkeit des Altersversorgungssystems aufnehmen.

(13) Besteht Uneinigkeit über das Vorgehen oder den Inhalt einer Maßnahme oder eines Nichttätigwerdens der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaats der übertragenden oder der übernehmenden EbAV, einschließlich einer Entscheidung, eine grenzüberschreitende Übertragung zu genehmigen oder zu verweigern, kann die EIOPA auf Antrag einer der zuständigen Behörden oder aus eigener Initiative eine nicht bindende Vermittlertätigkeit gemäß Artikel 31 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 wahrnehmen.

(14) Führt die übernehmende EbAV eine grenzüberschreitende Tätigkeit aus, kommen Artikel 11 Absätze 9, 10 und 11 zur Anwendung.

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