Artikel 8 RL 2020/2184/EU

Risikobewertung und Risikomanagement der Einzugsgebiete von Entnahmestellen von Wasser für den menschlichen Gebrauch

(1) Unbeschadet der Artikel 4 bis 8 der Richtlinie 2000/60/EG tragen die Mitgliedstaaten dafür Sorge, dass die Einzugsgebiete von Entnahmestellen von Wasser für den menschlichen Gebrauch einer Risikobewertung und einem Risikomanagement unterzogen werden.

(2) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Risikobewertung Folgendes umfasst:

a)
Charakterisierung der Einzugsgebiete von Entnahmestellen einschließlich

i)
Angabe und Kartierung der Einzugsgebiete von Entnahmestellen;
ii)
Kartierung der Schutzgebiete, soweit Schutzgebiete gemäß Artikel 7 Absatz 3 der Richtlinie 2000/60/EG festgelegt wurden;
iii)
Georeferenzierung aller Entnahmestellen in den Einzugsgebieten; da es sich bei diesen Daten möglicherweise um sensible Daten handelt, insbesondere im Kontext der öffentlichen Gesundheit und der öffentlichen Sicherheit, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass solche Daten geschützt und nur an die zuständigen Behörden und Wasserversorger übermittelt werden;
iv)
Beschreibung der Flächennutzungs-, Abfluss- und Anreicherungsprozesse in den Einzugsgebieten von Entnahmestellen.

b)
Identifizierung der Gefährdungen und Gefährdungsereignisse in den Einzugsgebieten von Entnahmestellen sowie Bewertung deren möglicher Risiken für die Qualität des Wassers für den menschlichen Gebrauch; bei dieser Bewertung werden mögliche Risiken bewertet, die eine Verschlechterung der Wasserqualität in einem Ausmaß bewirken könnten, das ein Risiko für die menschliche Gesundheit darstellen könnte;
c)
geeignete Überwachung des Oberflächenwassers oder Grundwassers oder von beidem in den Einzugsgebieten von Entnahmestellen oder des Rohwassers auf relevante Parameter, Stoffe oder Schadstoffe, die auszuwählen sind aus:

i)
den Parametern in Anhang I Teile A und B oder gemäß Artikel 5 Absatz 3 festgelegte Parameter;
ii)
den Grundwasserschadstoffen in Anhang I der Richtlinie 2006/118/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(1) sowie Schadstoffe und Verschmutzungsindikatoren, für die die Mitgliedstaaten gemäß Anhang II der genannten Richtlinie Schwellenwerte festgesetzt haben;
iii)
den prioritären Stoffen und bestimmten anderen Schadstoffen in Anhang I der Richtlinie 2008/105/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(2);
iv)
den einzugsgebietsspezifischen Schadstoffen, die die Mitgliedstaaten nach der Richtlinie 2000/60/EG festgelegt haben;
v)
anderen für Wasser für den menschlichen Gebrauch relevanten Schadstoffen, die die Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung der gemäß Buchstabe b des vorliegenden Unterabsatzes gesammelten Informationen festgelegt haben;
vi)
natürlich vorkommenden Stoffen, die durch die Verwendung von Wasser für den menschlichen Gebrauch eine mögliche Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen könnten;
vii)
Stoffen und Verbindungen auf der gemäß Artikel 13 Absatz 8 dieser Richtlinie erstellten Beobachtungsliste.

Für die Zwecke von Unterabsatz 1 Buchstabe a können die Mitgliedstaaten die gemäß der Artikel 5 und 7 der Richtlinie 2000/60/EG gesammelten Information nutzen.

Für die Zwecke von Unterabsatz 1 Buchstabe b können Mitgliedstaaten die Überprüfung der Umweltauswirkungen menschlicher Tätigkeiten gemäß Artikel 5 der Richtlinie 2000/60/EG und die gemäß Anhang II Nummern 1.4, 1.5 sowie 2.3 bis 2.5 der genannten Richtlinie gesammelten Informationen über signifikante Belastungen heranziehen.

Die Mitgliedstaaten wählen unter den Ziffern i bis vii von Unterabsatz 1 Buchstabe c die Parameter, Stoffe oder Schadstoffe aus, die sie aufgrund der gemäß Unterabsatz 1 Buchstabe b ermittelten Gefährdungen oder Gefährdungsereignisse oder der von den Wasserversorgern gemäß Absatz 3 bereitgestellten Informationen für überwachungsrelevant halten.

Die Mitgliedstaaten können für die Zwecke der geeigneten Überwachung nach Unterabsatz 1 Buchstabe c, einschließlich des Nachweises neuer Stoffe, die durch die Verwendung von Wasser für den menschlichen Gebrauch schädlich für die menschliche Gesundheit sind, auf die Überwachungsmaßnahmen zurückgreifen, die gemäß den Artikeln 7 und 8 der Richtlinie 2000/60/EG oder anderen Rechtsvorschriften der Union durchgeführt werden und die für die Einzugsgebiete von Entnahmestellen relevant sind.

(3) Wasserversorger, die in den Einzugsgebieten von Entnahmestellen oder in Rohwasser Überwachungsmaßnahmen durchführen, müssen die zuständigen Behörden über Trends und eine ungewöhnliche Anzahl oder Konzentration der überwachten Parameter, Stoffe oder Schadstoffe informieren.

(4) Auf der Grundlage der Ergebnisse der gemäß Absatz 2 durchgeführten Risikobewertung stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass gegebenenfalls die folgenden Risikomanagementmaßnahmen zur Verhinderung oder Beherrschung der erkannten Risiken getroffen werden, beginnend mit den Präventivmaßnahmen:

a)
Festlegung und Durchführung von Präventivmaßnahmen in den Einzugsgebieten von Entnahmestellen, zusätzlich zu den gemäß Artikel 11 Absatz 3 Buchstabe d der Richtlinie 2000/60/EG vorgesehenen oder getroffenen Maßnahmen, soweit das zur Sicherung der Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch erforderlich ist; gegebenenfalls werden diese Präventivmaßnahmen in die Maßnahmenprogramme gemäß Artikel 11 jener Richtlinie aufgenommen; gegebenenfalls stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Verursacher in Zusammenarbeit mit den Wasserversorgern und sonstigen relevanten Interessenträgern diese Präventivmaßnahmen nach Maßgabe der Richtlinie 2000/60/EG ergreifen;
b)
Festlegung und Durchführung von Minderungsmaßnahmen in den Einzugsgebieten von Entnahmestellen, zusätzlich zu den gemäß Artikel 11 Absatz 3 Buchstabe d der Richtlinie 2000/60/EG vorgesehenen oder getroffenen Maßnahmen, soweit das zur Sicherung der Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch erforderlich ist; gegebenenfalls werden diese Minderungsmaßnahmen in die Maßnahmenprogramme gemäß Artikel 11 jener Richtlinie aufgenommen; gegebenenfalls stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Verursacher in Zusammenarbeit mit den Wasserversorgern und sonstigen relevanten Interessenträgern diese Minderungsmaßnahmen nach Maßgabe der Richtlinie 2000/60/EG ergreifen;
c)
Sicherstellung einer angemessenen Überwachung des Oberflächenwassers oder Grundwassers oder von beidem in den Einzugsgebieten von Entnahmestellen oder des Rohwassers auf Parameter, Stoffe oder Schadstoffe, die ein Risiko für die menschliche Gesundheit durch den Konsum von Wasser darstellen oder zu einer nicht hinnehmbaren Verschlechterung der Qualität des Wassers für den menschlichen Gebrauch führen könnten und bei der Überwachung gemäß den Artikeln 7 und 8 der Richtlinie 2000/60/EG nicht berücksichtigt wurden; gegebenenfalls wird diese Überwachung in die Überwachungsprogramme gemäß Artikel 8 jener Richtlinie aufgenommen;
d)
Bewertung der Notwendigkeit, Schutzgebiete für Grund- und Oberflächenwasser gemäß Artikel 7 Absatz 3 der Richtlinie 2000/60/EG oder andere einschlägige Gebiete festzulegen oder anzupassen.

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Wirksamkeit von in diesem Absatz genannten Maßnahmen in angemessenen Zeitabständen überprüft wird.

(5) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Wasserversorger und die zuständigen Behörden Zugang zu den in den Absätzen 2 und 3 genannten Informationen haben. Die betroffenen Wasserversorger haben insbesondere Zugang zu den gemäß Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe c gewonnenen Überwachungsergebnissen.

Auf der Grundlage der in den Absätzen 2 und 3 genannten Informationen können die Mitgliedstaaten

a)
die Wasserversorger zur Durchführung zusätzlicher Überwachung oder Aufbereitung in Bezug auf bestimmte Parameter verpflichten;
b)
den Wasserversorgern gestatten, die Überwachungshäufigkeit für einen Parameter zu verringern oder einen Parameter aus der Liste der vom Wasserversorger nach Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe a zu überwachenden Parameter zu streichen, ohne eine Risikobewertung des Versorgungssystems durchführen zu müssen, sofern

i)
es sich bei dem Parameter nicht um einen Schlüsselparameter im Sinne von Anhang II Teil B Nummer 1 handelt und
ii)
nach vernünftigem Ermessen kein Umstand abzusehen ist, der eine Verschlechterung der Qualität des Wassers für den menschlichen Gebrauch verursachen würde.

(6) Wird einem Wasserversorger gemäß Absatz 5 Unterabsatz 2 Buchstabe b gestattet, die Überwachungshäufigkeit für einen Parameter zu verringern oder einen Parameter aus der Liste der zu überwachenden Parameter zu streichen, so stellen die Mitgliedstaaten bei der Überprüfung der Risikobewertung und des Risikomanagements der Einzugsgebiete von Entnahmestellen nach Artikel 7 Absatz 4 die Durchführung einer geeigneten Überwachung dieser Parameter sicher.

Fußnote(n):

(1)

Richtlinie 2006/118/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zum Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung und Verschlechterung (ABl. L 372 vom 27.12.2006, S. 19).

(2)

Richtlinie 2008/105/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über Umweltqualitätsnormen im Bereich der Wasserpolitik und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien des Rates 82/176/EWG, 83/513/EWG, 84/156/EWG, 84/491/EWG und 86/280/EWG sowie zur Änderung der Richtlinie 2000/60/EG (ABl. L 348 vom 24.12.2008, S. 84).

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