ANHANG X RL 71/320/EWG

Vorschriften für die Prüfung von Bremsanlagen mit automatischen Blockierverhinderern (ABV)

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ALLGEMEINES

1.1 Dieser Anhang legt die erforderlichen Bremswirkungen für Straßenfahrzeuge fest, die mit Bremsanlagen mit automatischen Blockierverhinderern ausgestattet sind. Kraftfahrzeuge, die einen Anhänger ziehen dürfen, sowie Anhänger, die mit Druckluftbremsanlagen ausgerüstet sind, müssen außerdem, wenn sie beladen sind, den Kompatibilitätsbedingungen nach der Anlage zu Punkt 1.1.4.2 des Anhangs II entsprechen.

1.2 Die gegenwärtig bekannten Einrichtungen umfassen einen oder mehrere Sensoren, Auswerteglieder und Stellglieder. Jede mögliche zukünftige Einrichtung anderer Bauart gilt als ABV im Rahmen dieses Anhangs und der Anlage zu Punkt 1.1.4.2 des Anhangs II, wenn ihre Wirkungen den in diesem Anhang vorgeschriebenen gleichwertig sind.

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BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

2.1 Ein „ABV” ist der Teil einer Betriebsbremsanlage, der selbsttätig den Schlupf in der Drehrichtung des Rades (der Räder) an einem oder mehreren Rädern des Fahrzeugs während der Bremsung regelt.

2.2 Der „Sensor” ist das Teil, das die Drehbewegung des Rades (der Räder) oder die dynamischen Verhältnisse des Fahrzeugs erfaßt und an das Auswerteglied weiterleitet.

2.3 Das „Auswerteglied” ist das Teil, das dazu bestimmt ist, die von dem (den) Sensor(en) übermittelten Daten auszuwerten und ein Signal an das Stellglied weiterzugeben.

2.4 Das „Stellglied” ist das Teil, das die Bremskraft (-kräfte) in übereinstimmung mit dem vom Auswerteglied erhaltenen Signal verändert.

2.5 Ein „direkt geregeltes Rad” ist ein Rad, dessen Bremskraft in übereinstimmung mit den Daten geregelt wird, die von seinem eigenen Sensor geliefert werden(1).

2.6 Ein „indirekt geregeltes Rad” ist ein Rad, dessen Bremskraft in übereinstimmung mit den Daten geregelt wird, die von dem Sensor eines anderen Rades bzw. den Sensoren anderer Räder geliefert werden(1).

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AUSFÜHRUNGEN VON ABV

3.1 Ein Kraftfahrzeug gilt als mit einem ABV im Sinne von Punkt 1 der Anlage zu Punkt 1.1.4.2 des Anhangs II ausgerüstet, wenn eine der folgenden Einrichtungen eingebaut ist:

3.1.1 ABV der Kategorie 1 Ein Fahrzeug, das mit einem ABV der Kategorie 1 ausgestattet ist, muß allen den jeweiligen Fahrzeugtyp betreffenden Vorschriften dieses Anhangs entsprechen.

3.1.2 ABV der Kategorie 2 Ein Fahrzeug, das mit einem ABV der Kategorie 2 ausgestattet ist, muß allen den jeweiligen Fahrzeugtyp betreffenden Vorschriften dieses Anhangs entsprechen, mit Ausnahme derer in Punkt 5.3.5.

3.1.3 ABV der Kategorie 3 Ein Fahrzeug, das mit einem ABV der Kategorie 3 ausgestattet ist, muß allen einschlägigen Vorschriften dieses Anhangs entsprechen, mit Ausnahme derer in den Punkten 5.3.4 und 5.3.5. Bei solchen Fahrzeugen muß jede Einzelachse (oder jedes Achsaggregat), die (das) nicht mindestens ein direkt geregeltes Rad besitzt, die Bedingungen der Kraftschlußausnutzung und der Reihenfolge des Rad-Blockierens laut der Anlage zu Punkt 1.1.4.2 des Anhangs II anstelle der in Punkt 5.2 dieses Anhangs beschriebenen Vorschriften zur Kraftschlußausnutzung erfüllen. Entspricht jedoch die jeweilige Lage der Kraftschlußausnutzungskurven nicht den Vorschriften von Punkt 3.1.1 der Anlage zu Punkt 1.1.4.2 des Anhangs II, so muß überprüft werden, daß die Räder wenigstens einer der Hinterachsen unter den in den Punkten 3.1.1 und 3.1.4 der Anlage zu Punkt 1.1.4.2 des Anhangs II vorgeschriebenen Bedingungen in bezug auf die Abbremsung bzw. die Beladung nicht vor denen der Vorderachse oder den Vorderachsen blockieren. Diese Anforderungen können auf Fahrbahnen mit hohem und niedrigem Kraftschlußbeiwert (ungefähr 0,8 und 0,3 maximal) durch Verändern der Betätigungskraft für die Betriebsbremsanlage überprüft werden.

3.2 Ein Anhänger gilt als mit einem gemäß Punkt 1 der Anlage zu Punkt 1.1.4.2 des Anhangs II entsprechenden ABV ausgerüstet, wenn zumindest zwei Räder auf verschiedenen Seiten des Fahrzeugs von einem ABV direkt und alle übrigen Räder entweder direkt oder indirekt geregelt werden. Bei Anhängern mit Drehschemellenkung müssen wenigstens zwei Räder einer Vorderachse und zwei Räder einer Hinterachse direkt geregelt werden, wobei jede dieser Achsen mit mindestens einem unabhängigen Stellglied versehen ist, alle übrigen Räder werden entweder direkt oder indirekt geregelt. Außerdem muß ein mit ABV ausgestatteter Anhänger folgende Bedingungen erfüllen:

3.2.1 ABV der Kategorie A Ein Anhänger, der mit einem ABV der Kategorie A ausgestattet ist, muß alle entsprechenden Vorschriften dieses Anhangs erfüllen.

3.2.2 ABV der Kategorie B Ein Anhänger, der mit einem ABV der Kategorie B ausgestattet ist, muß alle entsprechenden Vorschriften dieses Anhangs erfüllen, mit Ausnahme derer in Punkt 6.3.2.

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ALLGEMEINE VORSCHRIFTEN

4.1 Jeder elektrische Fehler oder jede Anomalie des Sensors, der (die) den automatischen Blockierverhinderer bezüglich der Funktions- und Wirkungsanforderungen dieses Anhangs beeinträchtigt, einschließlich derjenigen Fehler in der elektrischen Versorgungsleitung, der externen Leitung zum Auswerteglied (zu den Auswertegliedern)(2) und dem Stellglied (den Stellgliedern) müssen dem Fahrer durch ein spezielles optisches Warnsignal angezeigt werden.

4.1.1 Das Warnsignal muß aufleuchten, wenn Spannung an den ABV angelegt wird, und mit stillstehendem Fahrzeug muß überprüft werden, ob keine der obenerwähnten Fehler vorhanden sind, bevor das Signal ausgeschaltet wird.

4.1.2 Die statische Prüfung des Sensors darf nachweisen, daß ein Sensor nicht funktioniert hat, als das Fahrzeug zum letzten Mal eine Geschwindigkeit von mehr als 10 km/h erreicht hat(3). Außerdem muß (müssen) während dieser Prüfphase das (die) elektrisch geregelte(n) pneumatische(n) Stellglied(er) mindestens einmal zum Schalten gebracht werden.

4.2 Kraftfahrzeuge mit Ausnahme solcher der Klassen M1 und N1, die mit ABV ausgestattet sind und zum Ziehen eines mit einer solchen Einrichtung ausgerüsteten Anhängers zugelassen sind, müssen mit einer getrennten optischen Warneinrichtung für den ABV des Anhängers ausgestattet sein, die die Anforderungen von Punkt 4.1 dieses Anhangs erfüllt.

4.2.1 Das Warnsignal darf nicht aufleuchten, wenn ein Anhänger ohne ABV oder wenn kein Anhänger angehängt ist. Diese Bedingung muß automatisch erfüllt sein.

4.3 Die obenerwähnten optischen Warnsignale müssen auch am Tag erkennbar sein, und ihre einwandfreie Funktion muß vom Fahrer leicht geprüft werden können.

4.4 Außer für Fahrzeuge der Klassen M1, N1, O1 und O2 müssen die elektrischen Anschlüsse, die für die ABV von Zugfahrzeugen und Anhängern verwendet werden, mittels eines speziellen Steckers nach ISO-Norm 7638-1985 oder ISO/DIS-Norm 7638-1996 ausgeführt werden(4).

4.5 Wenn der ABV ausgefallen ist, so muß die Restbremswirkung derjenigen entsprechen, die beim Ausfall eines Teils der übertragungseinrichtung der Betriebsbremsanlage für das betreffende Fahrzeug vorgeschrieben ist (siehe Punkt 2.2.1.4 des Anhangs I). Diese Vorschrift ist nicht als Abweichung von den Vorschriften bezüglich der Hilfsbremsanlage auszulegen. Bei Anhängern muß die Restbremswirkung bei Ausfall des ABV gemäß Punkt 4.1 dieses Anhangs mindestens 80 % der vorgeschriebenen Bremswirkung der Betriebsbremsanlage des entsprechenden Anhängers in beladenem Zustand betragen.

4.6 Die Funktion des ABV darf nicht durch magnetische oder elektrische Felder beeinträchtigt werden(5).

4.7 Es darf keine manuelle Vorrichtung zur Abschaltung oder änderung der Betriebsweise des ABV vorhanden sein(6), außer bei Geländefahrzeugen der Klasse N2 oder N3. Wenn Geländefahrzeuge der Klasse N2 oder N3 mit einer solchen Vorrichtung ausgestattet sind, müssen folgende Vorschriften erfüllt sein:

4.7.1 Das Kraftfahrzeug, bei dem gemäß Punkt 4.7 der ABV abgeschaltet oder die Betriebsweise geändert ist, muß den entsprechenden Anforderungen der Anlage zu 1.1.4.2 des Anhangs II genügen.

4.7.2 Ein optisches Warnsignal muß dem Fahrer anzeigen, daß der ABV abgeschaltet oder die Betriebsweise geändert wurde; zu diesem Zweck kann die ABV-Fehlerwarnanzeige benutzt werden.

4.7.3 Der ABV muß automatisch wieder eingeschaltet/auf den Betrieb auf der Straße umgeschaltet werden, wenn die Zünd-(Start-)-Einrichtung wieder auf Anlaßstellung gebracht wird.

4.7.4 In der vom Hersteller gelieferten Betriebsanleitung für das Fahrzeug ist der Fahrer auf die Folgen der manuellen Abschaltung oder änderung der Betriebsweise des ABV hinzuweisen.

4.7.5 Durch die im obigen Punkt 4.7 genannte Vorrichtung darf der automatische Blockierverhinderer des Anhängers in Verbindung mit dem Zugfahrzeug abgeschaltet oder die Betriebsweise geändert werden (siehe 4.7); eine getrennte Vorrichtung ausschließlich für den Anhänger ist nicht zulässig.

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BESONDERE VORSCHRIFTEN FüR KRAFTFAHRZEUGE

5.1 Energieverbrauch Bremsanlagen mit ABV müssen ihre Wirkung über längere Zeit bei voll betätigter Betätigungseinrichtung der Betriebsbremsanlage beibehalten. Dieses ist mit folgender Prüfung festzustellen:

5.1.1 Prüfverfahren

5.1.1.1 Der Anfangswert des Energievorrats in dem (den) Energiespeicher(n) muß dem vom Hersteller angegebenen Wert entsprechen. Dieser Wert muß bei beladenem Fahrzeug mindestens die vorgeschriebene Betriebsbremswirkung des beladenen Fahrzeugs sicherstellen. Energiespeicher für pneumatische Nebenverbraucher sind abzusperren.

5.1.1.2 Aus einer Anfangsgeschwindigkeit von mindestens 50 km/h auf einer Oberfläche mit einem Kraftschlußbeiwert von 0,3(7) oder weniger müssen die Bremsen des beladenen Fahrzeugs für einen Zeitraum t voll betätigt werden; die während dieses Zeitraums von den indirekt geregelten Rädern verbrauchte Energie ist zu berücksichtigen; alle direkt geregelten Räder müssen während dieser Zeit vom ABV geregelt bleiben.

5.1.1.3 Danach ist der Motor des Fahrzeugs abzustellen oder die Zufuhr zu dem (den) Energiespeicher(n) zu unterbrechen.

5.1.1.4 Die Betätigungseinrichtung der Betriebsbremsanlage ist danach viermal hintereinander bei Stillstand des Fahrzeugs voll zu betätigen.

5.1.1.5 Bei der fünften Bremsbetätigung muß es möglich sein, das Fahrzeug mit mindestens der Wirkung zu bremsen, die für die Hilfsbremsung des Fahrzeugs im beladenen Zustand vorgeschrieben ist.

5.1.1.6 Bei Kraftfahrzeugen, die zum Ziehen von Anhängefahrzeugen mit Druckluftbremsanlagen zugelassen sind, ist während der Prüfung die Vorratsleitung zu unterbrechen und an die Bremsleitung (entsprechend Punkt 1.2.2.3 des Anhangs IV Abschnitt A) ein Vorratsbehälter von 0,5 l Inhalt anzuschließen. Bei der fünften nach Punkt 5.1.1.5 vorgeschriebenen Bremsbetätigung darf der Druck in der Bremsleitung nicht unter die Hälfte des Wertes absinken, der bei einer vollen Bremsbetätigung erreicht wurde, bei der zu Beginn der Anfangswert des Energievorrats vorhanden war.

5.1.2 Zusätzliche Anforderungen

5.1.2.1 Der Kraftschlußbeiwert der Fahrbahnoberfläche ist mit dem betreffenden Fahrzeug nach dem in 1.1 der Anlage 2 zu diesem Anhang beschriebenen Verfahren zum messen.

5.1.2.2 Die Bremsprüfung ist bei ausgekuppeltem Motor im Leerlauf und mit beladenem Fahrzeug durchzuführen.

5.1.2.3 Die Bremsdauer t ist mit folgender Formel zu bestimmen: (aber nicht weniger als 15 Sek.), wobei t in Sekunden ausgedrückt wird und vmax die bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeugs in km/h mit einer oberen Grenze von 160 km/h darstellt.

5.1.2.4 Kann die Bremsdauer t nicht in einem einzigen Bremsvorgang erreicht werden, so sind maximal vier Vorgänge zulässig.

5.1.2.5 Erfolgt die Prüfung in mehreren Bremsvorgängen, so darf dem (den) Energiespeicher(n) zwischen den einzelnen Vorgängen keine neue Energie zugeführt werden. Ab dem zweiten Vorgang kann der der Anfangsbremsbetätigung entsprechende Energieverbrauch berücksichtigt werden, indem jeweils beim zweiten, dritten und vierten Bremsvorgang, die bei der Prüfung nach 5.1.1 dieses Anhangs gegebenenfalls erfolgen, von den vier vollen Bremsbetätigungen, die in 5.1.1.4 (sowie 5.1.1.5, 5.1.1.6 und 5.1.2.6) dieses Anhangs vorgeschrieben sind, eine volle Bremsbetätigung abgezogen wird.

5.1.2.6 Die in Punkt 5.1.1.5 vorgeschriebene Wirkung gilt als erbracht, wenn am Ende der vierten Betätigung bei Stillstand des Fahrzeugs der Energievorrat in dem (den) Energiespeicher(n) gleich groß oder größer ist als derjenige, der bei beladenem Fahrzeug zur Erzielung der Hilfsbremswirkung benötigt wird.

5.2 Kraftschlußausnutzung

5.2.1 Die Ausnutzung des Kraftschlusses durch den ABV berücksichtigt die tatsächliche Zunahme des Bremswegs über seinen theoretischen Minimalwert. Der ABV gilt als ausreichend, wenn die Bedingung erfüllt ist, wobei ε die Kraftschlußausnutzung bedeutet, wie in Punkt 1.2 der Anlage 2 zu diesem Anhang definiert.

5.2.2 Die Kraftschlußausnutzung (ε) wird auf Fahrbahnen mit einem Kraftschlußbeiwert (k) von höchstens 0,3(8) und von etwa 0,8 (trockene Straße) aus einer Anfangsgeschwindigkeit von 50 km/h ermittelt. Um Temperaturunterschiede der Bremsen auszuschließen, wird empfohlen, daß zAL vor k bestimmt wird.

5.2.3 Das Prüfverfahren zur Bestimmung des Kraftschlußbeiwerts (k) und die Formel zur Berechnung der Kraftschlußausnutzung (ε) sind in der Anlage 2 zu diesem Anhang beschrieben.

5.2.4 Die Kraftschlußausnutzung durch den ABV muß bei Blockierverhinderern der Kategorie 1 oder 2 am kompletten Fahrzeug überprüft werden. Bei Fahrzeugen, die mit Blockierverhinderern der Kategorie 3 ausgerüstet sind, muß (müssen) nur die Achse (die Achsen), die mindestens ein direkt geregeltes Rad hat (haben), diese Vorschrift erfüllen.

5.2.5 Die Bedingung ε ≥ 0,75 muß mit beladenem und unbeladenem Fahrzeug überprüft werden. Die Prüfung mit beladenem Fahrzeug auf einer Oberfläche mit hohem Kraftschlußbeiwert kann entfallen, wenn die vorgeschriebene Betätigungskraft, die auf die Betätigungseinrichtung ausgeübt wird, keine vollständige Regelung durch den ABV bewirkt. Bei der Prüfung mit unbeladenem Fahrzeug kann die Betätigungskraft bis auf 100 daN erhöht werden, wenn keine Regelung mit der vollen Kraft erreicht werden kann(9). Wenn 100 daN nicht ausreichen, um den ABV zum Regeln zu bringen, kann diese Prüfung wegfallen. Bei Druckluftbremsanlagen darf der Luftdruck bei dieser Prüfung nicht über den Abschaltdruck erhöht werden.

5.3 Zusatzprüfungen Die folgenden Zusatzprüfungen müssen mit beladenem und mit unbeladenem Fahrzeug bei ausgekuppeltem Motor durchgeführt werden.

5.3.1 Die durch einen ABV direkt geregelten Räder dürfen nicht blockieren, wenn die volle Betätigungskraft(9) plötzlich auf die Betätigungseinrichtung aufgebracht wird und das Fahrzeug sich auf in Punkt 5.2.2 dieses Anhangs beschriebenen Fahrbahnen befindet; dies gilt für eine Anfangsgeschwindigkeit von 40 km/h und eine hohe Anfangsgeschwindigkeit gemäß der nachstehenden Tabelle(10):
BedingungFahrzeugklasseHöchste Prüfgeschwindigkeit
Oberfläche mit hohem Kraftschlußbeiwert
Alle Klassen außer N2, N3, beladen
0,8 vmax ≤ 120 km/h
N2, N3, beladen
0,8 vmax ≤ 80 km/h
Oberfläche mit niedrigem Kraftschlußbeiwert
M1, N1
0,8 vmax ≤ 120 km/h
— M2, M3 N2 außer Sattelzugmaschinen0,8 vmax ≤ 80 km/h
N3 und Sattelzugmaschinen

N2

0,8 vmax ≤ 70 km/h

5.3.2 Bei einem achsweisen übergang von einer Oberfläche mit hohem Kraftschlußbeiwert (kH) auf eine solche mit niedrigem Kraftschlußbeiwert (kL), mit kH ≥ 0,5 und kH/kL ≥ 2(11) dürfen die direkt geregelten Räder nicht blockieren, wenn die volle Betätigungskraft(12) auf die Betätigungseinrichtung aufgebracht wird. Die Fahrgeschwindigkeit und der Zeitpunkt der Bremsbetätigung müssen so gewählt werden, daß, wenn der ABV auf der Oberfläche mit hohem Kraftschlußbeiwert voll regelt, der übergang von einer Fahrbahnoberfläche zur anderen bei hoher und bei niedriger Geschwindigkeit unter den in Punkt 5.3.1 festgelegten Bedingungen erfolgt(13).

5.3.3 Bei einem übergang des Fahrzeugs von einer Oberfläche mit niedrigem Kraftschlußbeiwert (kL) auf eine Oberfläche mit hohem Kraftschlußbeiwert (kH), mit kH ≥ 0,5 und kH/kL ≥ 2, muß die Fahrzeugverzögerung auf den entsprechenden hohen Wert innerhalb einer annehmbaren Zeit ansteigen, und das Fahrzeug darf nicht von seinem ursprünglichen Kurs abweichen, wenn die volle Betätigungskraft(12) auf die Betätigungseinrichtung aufgebracht wird. Die Fahrgeschwindigkeit und der Zeitpunkt der Bremsbetätigung müssen so gewählt werden, daß, wenn der ABV auf der Oberfläche mit dem niedrigen Kraftschlußbeiwert voll regelt, der übergang von einer Fahrbahnoberfläche zur anderen bei annähernd 50 km/h geschieht.

5.3.4 Bei Kraftfahrzeugen mit ABV der Kategorien 1 und 2, bei denen die rechten und die linken Räder sich auf Oberflächen mit unterschiedlichen Kraftschlußbeiwerten (kH und kL) befinden, wobei kH ≥ 0,5 und kH/kL ≥ 2 ist, dürfen die direkt geregelten Räder nicht blockieren, wenn die volle Bremskraft(12) plötzlich auf die Betätigungseinrichtung bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h aufgebracht wird.

5.3.5 Außerdem müssen beladene, mit ABV der Kategorie 1 ausgestattete Fahrzeuge unter den Bedingungen des Punktes 5.3.4 die in der Anlage 3 zu diesem Anhang geforderte Abbremsung erbringen.

5.3.6 In den Prüfungen nach 5.3.1, 5.3.2, 5.3.3, 5.3.4 und 5.3.5 sind jedoch kurze Zeiten des Blockierens der Räder zulässig. Außerdem ist ein Blockieren der Räder erlaubt, wenn die Fahrgeschwindigkeit kleiner als 15 km/h ist; ebenfalls ist das Blockieren von indirekt geregelten Rädern bei jeder Geschwindigkeit erlaubt, sofern Fahrstabilität und Lenkbarkeit nicht beeinträchtigt werden.

5.3.7 Lenkkorrekturen sind während der in den Punkten 5.3.4 und 5.3.5 vorgesehenen Prüfungen erlaubt, wenn der Drehwinkel des Lenkrades während der ersten zwei Sekunden maximal 120° und insgesamt nicht größer als 240° ist. Weiterhin muß bei Prüfbeginn die Längsmittelebene des Fahrzeugs über der Grenzlinie zwischen den Oberflächen mit hohem und niedrigem Kraftschlußbeiwert liegen, und während der genannten Prüfungen darf kein Teil der (äußeren) Räder diese Grenzlinie überschreiten.

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BESONDERE VORSCHRIFTEN FÜR ANHÄNGERFAHRZEUGE

6.1 Energieverbrauch Mit ABV ausgerüstete Anhänger müssen so beschaffen sein, daß selbst dann, wenn die Betätigungseinrichtung der Betriebsbremsanlage über einen gewissen Zeitraum voll betätigt wurde, im Fahrzeug eine ausreichende Energiemenge verbleibt, um sein Anhalten innerhalb eines angemessenen Wegs sicherzustellen.

6.1.1 Die Einhaltung der obigen Vorschrift ist durch das nachstehend beschriebene Verfahren mit einem leeren Fahrzeug auf einer waagerechten, geradlinigen Fahrbahn mit gutem Kraftschlußbeiwert zu prüfen(14). Außerdem müssen die Bremsen so eng wie möglich eingestellt sein, und ein eventuell vorhandener lastabhängiger Bremskraftregler muß sich während der Prüfungen in der Stellung „beladen” befinden.

6.1.2 Bei Druckluftbremsanlagen muß der Anfangswert des Energievorrats in dem (den) Energiespeicher(n) einem Druck von 8 bar am Kupplungskopf der Anhängervorratsleitung entsprechen.

6.1.3 Die Bremsen sind bei einer Anfangsgeschwindigkeit von mindestens 30 km/h während eines Zeitraums von t = 15 s voll zu betätigen; die während dieses Zeitraums von den indirekt geregelten Rädern verbrauchte Energie ist zu berücksichtigen, und alle direkt geregelten Räder müssen vom ABV geregelt bleiben. Während dieser Prüfung ist die Energiezufuhr zu dem (den) Energiespeicher(n) zu unterbrechen. Kann die Zeit t = 15 s nicht während einer einzigen Bremsung erreicht werden, dürfen weitere Bremsungen erfolgen. Während dieser Bremsungen darf dem (den) Energiespeicher(n) keine neue Energie zugeführt werden, und ab der zweiten Bremsung ist der zusätzliche Energieverbrauch für die Füllung der Bremszylinder zu berücksichtigen, indem z. B. das folgende Prüfverfahren benutzt wird. Zu Beginn der ersten Bremsung muß der Druck in dem (den) Energiespeicher(n) den Vorschriften von 6.1.2 entsprechen. Zu Beginn der folgenden Bremsung(en) darf der Druck in dem (den) Energiespeicher(n) nicht geringer als am Ende der vorangegangenen Bremsung sein. Bei der (den) folgenden Bremsung(en) wird nur die Zeit ab dem Augenblick berücksichtigt, in dem der Druck in dem (den) Energiespeicher(n) gleich dem Druck am Ende der vorangegangenen Bremsung ist.

6.1.4 Am Ende des Bremsvorgangs ist bei Stillstand des Fahrzeugs die Betriebsbremsanlage viermal voll zu betätigen. Bei der fünften Bremsbetätigung muß der Druck in den Bremskreisen noch hoch genug sein, um am Umfang der Räder eine Bremskraft zu erzielen, die mindestens 22,5 % der von den Rädern bei stillstehendem Fahrzeug getragenen Gesamtmasse entspricht, und es darf dabei zu keiner selbsttätigen Betätigung einer Bremsanlage kommen, die nicht von dem ABV geregelt wird.

6.2 Kraftschlußausnutzung

6.2.1 Die mit einem ABV ausgerüsteten Bremsanlagen gelten als ausreichend, wenn die Bedingung ε ≥ 0,75 erfüllt ist, wobei ε die Kraftschlußausnutzung bedeutet, wie in Punkt 2 der Anlage 2 zu diesem Anhang definiert. Diese Vorschrift ist mit leerem Fahrzeug auf einer waagerechten, geradlinigen Fahrbahn mit einer Oberfläche mit gutem Kraftschlußbeiwert zu prüfen(15)(16).

6.2.2 Um Auswirkungen unterschiedlicher Bremstemperaturen auszuschließen, wird empfohlen, zRAL vor kR zu bestimmen.

6.3 Zusatzprüfungen

6.3.1 Bei Geschwindigkeiten über 15 km/h dürfen die durch einen ABV direkt geregelten Räder nicht blockieren, wenn die volle Betätigungskraft(17) plötzlich auf die Betätigungseinrichtung des Zugfahrzeugs aufgebracht wird. Dies ist gemäß den Bedingungen von Punkt 6.2 dieses Anhangs bei Anfangsgeschwindigkeiten von 40 km/h und 80 km/h nachzuprüfen.

6.3.2 Die Vorschriften dieses Absatzes gelten nur für Anhänger, die mit ABV der Kategorie A ausgerüstet sind. Befinden sich die rechten und linken Räder auf Oberflächen, die verschiedene maximale Bremsverzögerungswerte (zRALH und zRALL) ergeben, wobei and ist, dürfen die direkt geregelten Räder nicht blockieren, wenn die volle Betätigungskraft(17) plötzlich auf die Betätigungseinrichtung des Zugfahrzeugs bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h aufgebracht wird. Das Verhältnis zRALH/zRALL kann mit dem Verfahren gemäß Punkt 2 der Anlage 2 zu diesem Anhang oder durch Berechnung des Verhältnisses zRALH/zRALL bestimmt werden. Unter diesen Bedingungen muß das unbeladene Fahrzeug die zu Anlage 3 dieses Anhangs(16) vorgeschriebenen Abbremswerte erreichen.

6.3.3 Bei Fahrzeuggeschwindigkeiten ≥ 15 km/h dürfen die direkt geregelten Räder kurzzeitig blockieren, bei Geschwindigkeiten < 15 km/h ist Blockieren zulässig; indirekt geregelte Räder dürfen bei jeder Geschwindigkeit blockieren; in allen Fällen darf jedoch die Stabilität nicht beeinträchtigt werden.

Fußnote(n):

(1)

Bei ABV-Einrichtungen mit Select-high-Regelung wird davon ausgegangen, daß sie sowohl direkt als auch indirekt geregelte Räder haben; in Einrichtungen mit Select-low-Regelung gelten alle Räder mit Sensoren als direkt geregelte Räder.

(2)

Bis einheitliche Prüfverfahren vereinbart worden sind, stellen die Hersteller dem Technischen Dienst eine Analyse potentieller Fehler in dem Regler (den Reglern) und ihrer Auswirkungen zur Verfügung. Diese Informationen müssen zwischen dem Technischen Dienst und dem Fahrzeughersteller erörtert und abgestimmt werden.

(3)

Das Warnsignal darf bei stehendem Fahrzeug erneut aufleuchten, sofern es vor Erreichen einer Geschwindigkeit von 10 km/h ausgeschaltet wird, wenn keine Störung vorliegt.

(4)

Die Vorschrift in 6.2 der ISO-Norm 7638-1985 bzw. in 5.4 der ISO/DIS-Norm 7638-1996 für die elektrischen Leitungen des Anhängers darf nur gelockert werden, wenn der Anhänger mit einer eigenen unabhängigen Sicherung versehen ist. Die Nennleistung der Sicherung darf nicht die Nennstromstärke der Leitungen überschreiten.

Bis zur Verabschiedung einer internationalen Norm muß die elektrische Verbindung zwischen Zugfahrzeugen und Anhängern einem elektrischen System mit 12 Volt gemäß DIN 72570, Teil 4, entsprechen; ausgenommen hiervon sind Fahrzeuge der Klassen N3 und O4.

(5)

Dies muß durch Erfüllung der technischen Anforderungen der Richtlinie 72/245/EWG des Rates (ABl. L 152 vom 6.7.1972, S. 15), zuletzt geändert durch die Richtlinie 95/54/EG (ABl. L 266 vom 8.11.1995, S. 1) nachgewiesen werden.

(6)

Vorrichtungen zur änderung des Regelungsmodus der ABV unterliegen nicht den Vorschriften von 4.7, wenn bei dem geänderten Regelungsmodus alle Vorschriften für die Kategorie des ABV, mit dem das Fahrzeug ausgerüstet ist, eingehalten werden. In diesem Fall müssen jedoch die Vorschriften von 4.7.2, 4.7.3 und 4.7.4 eingehalten werden.

(7)

Solange solche Fahrbahnoberflächen nicht allgemein zur Verfügung stehen, dürfen nach Ermessen des Technischen Dienstes bis zur Verschleißgrenze abgenutzte Reifen und höhere Kraftschlußbeiwerte bis maximal 0,4 verwendet werden. Der ermittelte Wert, der Reifentyp und die Beschaffenheit der Fahrbahn sind anzugeben.

(8)

Solange solche Fahrbahnoberflächen nicht allgemein zur Verfügung stehen, dürfen nach Ermessen des Technischen Dienstes bis zur Verschleißgrenze abgenutzte Reifen und höhere Kraftschlußbeiwerte bis maximal 0,4 verwendet werden. Der ermittelte Wert, der Reifentyp und die Beschaffenheit der Fahrbahn sind anzugeben.

(9)

„Volle Betätigungskraft” bedeutet die in Anhang II für diese Fahrzeugklasse festgelegte maximale Betätigungskraft; gegebenenfalls kann auch eine größere Kraft angewendet werden, um den ABV zum Ansprechen zu bringen.

(10)

Mit diesen Prüfungen soll sichergestellt werden, daß die Räder nicht blockieren und das Fahrzeug stabil bleibt; es ist deshalb nicht notwendig, auf einer Oberfläche mit niedrigem Kraftschlußbeiwert voll zu bremsen und das Fahrzeug zum völligen Stillstand zu bringen.

(11)

kH ist der hohe Kraftschlußbeiwert. kL ist der niedrige Kraftschlußbeiwert. kH und kL werden gemessen, wie in der Anlage 2 zu diesem Anhang beschrieben.

(12)

„Volle Betätigungskraft” bedeutet die in Anhang II für diese Fahrzeugklasse festgelegte maximale Betätigungskraft; gegebenenfalls kann auch eine größere Kraft angewendet werden, um den ABV zum Ansprechen zu bringen.

(13)

Mit diesen Prüfungen soll sichergestellt werden, daß die Räder nicht blockieren und das Fahrzeug stabil bleibt; es ist deshalb nicht notwendig, auf einer Oberfläche mit niedrigem Kraftschlußbeiwert voll zu bremsen und das Fahrzeug zum völligen Stillstand zu bringen.

(14)

Wenn der Kraftschlußbeiwert der Prüfstrecke zu hoch ist und dadurch der ABV nicht zum Regeln kommt, kann die Prüfung auf einer Oberfläche mit einem niedrigeren Kraftschlußbeiwert durchgeführt werden.

(15)

Wenn der Kraftschlußbeiwert der Prüfstrecke zu hoch ist und dadurch der ABV nicht zum Regeln kommt, kann die Prüfung auf einer Oberfläche mit einem niedrigeren Kraftschlußbeiwert durchgeführt werden.

(16)

Bei Anhängern, die mit einem lastabhängigen Bremskraftregler ausgerüstet sind, kann der Druck höhergestellt werden, um ein vollständiges Regeln sicherzustellen.

(17)

„Volle Betätigungskraft” bedeutet die in Anhang II für diese Fahrzeugklasse festgelegte maximale Betätigungskraft; gegebenenfalls kann auch eine größere Kraft angewendet werden, um den ABV zum Ansprechen zu bringen.

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