Artikel 60 RL 91/674/EWG

Rückstellung für noch nicht abgewickelte Versicherungsfälle

(1) Im Allgemeinen Versicherungsgeschäft:

a)
Die Rückstellung ist grundsätzlich für jeden Versicherungsfall einzeln in Höhe der voraussichtlich noch entstehenden Aufwendungen zu bilden. Statistische Methoden sind zulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der Art der Risiken eine ausreichende Rückstellung ergeben; die Mitgliedstaaten können allerdings vorschreiben, daß die Anwendung solcher Methoden der vorherigen Genehmigung bedarf.
b)
Bei dieser Rückstellung ist auch den bis zum Bilanzstichtag eingetretenen, aber noch nicht gemeldeten Versicherungsfällen Rechnung zu tragen; bei der Berechnung dieser Rückstellung sind die bisherigen Erfahrungen in bezug auf die Anzahl der nach dem Bilanzstichtag gemeldeten Versicherungsfälle und die Höhe der damit verbundenen Aufwendungen zu berücksichtigen.
c)
In die Berechnung der Rückstellung sind die Schadenregulierungsaufwendungen, gleich welchen Ursprungs, einzubeziehen.
d)
Wenn das Versicherungsunternehmen aufgrund von geleisteten Entschädigungen Rückgriff nehmen kann (Regress) oder wenn ihm Ansprüche auf ein versichertes Objekt, für das Ersatz geleistet worden ist, erwachsen (Provenues), wird der Gesamtbetrag der beitreibbaren Forderungen, die bei der Berechnung der Rückstellung Berücksichtigung finden, nach dem Grundsatz der Vorsicht festgesetzt. Erreichen sie einen größeren Umfang, so sind sie im Anhang anzugeben.
e)
Abweichend von Buchstabe d) können die Mitgliedstaaten vorschreiben oder zulassen, daß die beitreibbaren Forderungen als Aktivposten ausgewiesen werden.
f)
Sind die Versicherungsleistungen in Form einer Rente zu erbringen, so müssen die Rückstellungsbeträge nach anerkannten versicherungsmathematischen Methoden berechnet werden.
g)
Verdeckte Diskontabschläge etwa dergestalt, daß Versicherungsleistungen zu einem geringeren Wert angesetzt werden als für die endgültige Schadenabwicklung zu erwarten ist, sind unzulässig.

Die Mitgliedstaaten können einen offenen Diskontabschlag zur Einbeziehung der Anlagenerträge zulassen. Dieser Diskontabschlag kann nur unter folgenden Bedingungen vorgenommen werden:

i)
Der für die Abwicklung der Versicherungsfälle vorgesehene Zeitpunkt liegt durchschnittlich mindestens vier Jahre nach der Erstellung des Jahresabschlusses;
ii)
der Abschlag erfolgt nach einem von der Aufsichtsbehörde anerkannten Verfahren, wobei diese über jede Änderung des Verfahrens vorher unterrichtet werden muß;
iii)
das Unternehmen berücksichtigt bei der Berechnung der gesamten Aufwendungen für die Abwicklung von Schadenfällen alle Faktoren, die möglicherweise zu einer Erhöhung dieses Betrags führen können;
iv)
das Unternehmen verfügt über ausreichende Angaben, um ein verläßliches Modell der Häufigkeit von Schadenregulierungen erstellen zu können;
v)
der angesetzte Abzinsungssatz ist nicht höher als der vorsichtig geschätzte Satz der Rendite auf Anlagen, die den Gegenwert für Rückstellungen für die Abwicklung von Schadenfällen während des für sie erforderlichen Regulierungszeitraums darstellen. Außerdem übersteigt er nicht den niedrigeren der beiden folgenden Sätze:

den der Rendite auf die genannten Anlagen in den letzten fünf Jahren;

den der Rendite auf die genannten Anlagen im Jahr vor der Erstellung der Bilanz.

Nimmt das Unternehmen einen Diskontabschlag vor, müssen im Anhang der gesamte Rückstellungsbetrag vor dem Abschlag, die Arten von Schadenfällen, für die ein Abschlag erfolgt, sowie für jede dieser Arten die jeweils angewandten Verfahren und insbesondere die für die Schätzungen nach dem vorstehenden Unterabsatz Ziffern iii) und v) gewählten Sätze und die Kriterien, die für die Schätzung des Zeitraums bis zur Abwicklung der Schadenfälle verwendet wurden, angegeben werden.

(2) Im Lebensversicherungsgeschäft:

a)
Für die Höhe der Rückstellung für noch nicht abgewikkelte Versicherungsfälle ist die den Begünstigten geschuldete Summe zuzüglich der Regulierungsaufwendungen maßgebend. Sie umfaßt auch die Rückstellung für eingetretene, jedoch noch nicht gemeldete Versicherungsfälle.
b)
Die Mitgliedstaaten können bestimmen, daß der Rückstellungsbetrag nach Buchstabe a) unter dem Passivposten C 2 auszuweisen ist.

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