ANHANG II RL 97/24/EG

SCHEIBENWISCHER, SCHEIBENWASCHER, ENTFROSTUNGS- UND TROCKNUNGSANLAGEN VON DREIRÄDRIGEN KLEINKRAFTRÄDERN SOWIE DREIRÄDRIGEN UND VIERRÄDRIGEN KRAFTRÄDERN MIT AUFBAU

1.
BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Im Sinne dieses Anhangs bedeutet

1.1. „Fahrzeugtyp hinsichtlich der Scheibenwischer, der Scheibenwascher, der Entfrostungs- und Trocknungsanlagen für die Windschutzscheibe” : Fahrzeuge, die sich in folgenden wesentlichen Punkten nicht unterscheiden:

1.1.1. äußere und innere Formen und Anordnungen nach Anlage 1 Abschnitt 1, die einen Einfluß auf die Sichtverhältnisse haben können;

1.1.2. Form, Abmessungen und Merkmale der Windschutzscheibe und ihrer Befestigung;

1.1.3. Eigenschaften der Scheibenwischer, der Scheibenwascher und des Beheizungssystems des Führerhauses;

1.2. „V-Punkte” : die Punkte, deren Lage im Fahrzeuginnenraum bestimmt ist durch die vertikalen Längsebenen durch die Mitte der am weitesten außen liegenden Sitzplätze der Vordersitze und in bezug auf den R-Punkt sowie auf den konstruktiv festgelegten Rückenlehnenwinkel, die zur Prüfung der Übereinstimmung mit den Vorschriften über das Sichtfeld verwendet werden (siehe Anlage 1);

1.3. „R-Punkt oder Sitzplatzbezugspunkt und H-Punkt” : es gelten die Begriffsbestimmungen in Kapitel XI über die Verankerungen von Sicherheitsgurten und die Sicherheitsgurte;

1.4. „Windschutzscheibenbezugspunkte” : die Punkte an den Schnittstellen zwischen der Windschutzscheibe und den Linien, die von den V-Punkten nach vorn zur äußeren Windschutzscheibenfläche verlaufen;

1.5. „Durchsichtige Fläche der Windschutzscheibe” : die Fläche auf der Windschutzscheibe, deren senkrecht zur Scheibenfläche gemessene Lichtdurchlässigkeit mindestens 70 % beträgt;

1.6. „Scheibenwischer” : eine Einrichtung zum Abwischen der Außenseite der Windschutzscheibe einschließlich des Zubehörs und der Betätigungseinrichtungen zur In- und Außerbetriebsetzung dieser Einrichtung;

1.7. „Scheibenwischerfeld” : der Bereich auf der Außenseite der nassen Windschutzscheibe, der vom Scheibenwischer abgewischt wird;

1.8. „Scheibenwascher” : eine Einrichtung, in der eine Flüssigkeit aufbewahrt und auf die Außenseite der Windschutzscheibe gespritzt wird, einschließlich der Betätigungseinrichtungen zur In- und Außerbetriebsetzung dieser Einrichtung;

1.9. „Betätigungseinrichtung des Scheibenwaschers” : ein Bau- oder Zubehörteil zur In- und Außerbetriebsetzung des Scheibenwaschers; die In- und Außerbetriebsetzung kann mit dem Betrieb des Scheibenwischers koordiniert oder von diesem vollkommen unabhängig sein;

1.10. „Pumpe des Scheibenwaschers” : eine Einrichtung zur Beförderung der Scheibenwaschflüssigkeit aus dem Behälter auf die Windschutzscheibenoberfläche;

1.11. „Spritzdüse” : eine in der Richtung verstellbare Einrichtung, die dazu dient, den Flüssigkeitsstrahl auf die Windschutzscheibe zu richten;

1.12. „Funktionsfähigkeit des Scheibenwaschers” : die Fähigkeit eines Scheibenwaschers, Flüssigkeit auf die Zielzone der Windschutzscheibe zu spritzen, ohne daß bei ordnungsgemäßem Gebrauch der Einrichtung anderweitig Flüssigkeit ausläuft oder sich ein Schlauch des Scheibenwaschers löst;

1.13. „Entfrostungsanlage” : eine Einrichtung zum Abtauen von Reif oder Eis von der Windschutzscheibe und somit zur Wiederherstellung der Sicht;

1.14. „Entfrostung” : die Entfernung der Reif- oder Eisschicht auf verglasten Flächen mit Hilfe der Entfrostungs- und Scheibenwischanlagen;

1.15. „Entfrosteter Bereich” : der trockene Bereich der verglasten Flächen bzw. der Bereich dieser Flächen, der von ganz oder teilweise geschmolzenem (feuchtem) Reif, der auf der Außenseite durch Scheibenwischer entfernt werden kann, bedeckt ist, ausschließlich des mit trockenem Reif bedeckten Bereichs der Windschutzscheibe;

1.16. „Trocknungsanlage” : eine Einrichtung zur Entfernung des Feuchtigkeitsbeschlags auf der Innenfläche der Windschutzscheibe und somit zur Wiederherstellung der Sicht;

1.17. „Feuchtigkeitsbeschlag” : eine Kondensatschicht auf der Innenseite der verglasten Flächen;

1.18. „Scheibentrocknung” : die Entfernung des Feuchtigkeitsbeschlags auf den verglasten Flächen mit Hilfe der Trocknungsanlage.

2.
VORSCHRIFTEN

2.1.
Scheibenwischer

2.1.1. Jedes Fahrzeug muß mit mindestens einem automatischen Scheibenwischer ausgestattet sein, der bei laufendem Motor ohne andere Betätigung als das Ein- und Ausschalten durch den Fahrer funktioniert.

2.1.1.1. Ferner muß sich das Scheibenwischerfeld über mindestens 90 % des in Abschnitt 2.2 der Anlage 1 festgelegten Sichtfelds A erstrecken.

2.1.2. Der Scheibenwischer muß eine Wischfrequenz von mindestens 40 Wischzyklen pro Minute haben, wobei ein Wischzyklus der Bewegung des Scheibenwischers aus der Ruhestellung heraus und in diese zurück entspricht.

2.1.3. Die in Abschnitt 2.1.2 angegebene(n) Frequenz(en) muß (müssen) wie unter den Abschnitten 3.1.1 bis 3.1.6, 3.1.7 und 3.1.8 beschrieben, erzielt werden können.

2.1.4. Der Scheibenwischerarm muß so montiert sein, daß er von der Windschutzscheibe entfernt werden kann, um deren Reinigung von Hand zu ermöglichen.

2.1.5. Der Scheibenwischer muß zwei Minuten lang auf trockener Windschutzscheibe unter den in Abschnitt 3.1.9 beschriebenen Bedingungen funktionieren können.

2.1.6. Das System muß 15 Sekunden — ohne Schaden zu nehmen — mit den Scheibenwischerarmen in vertikaler Stellung blockiert werden können, wobei die höchste Wischfrequenz eingestellt ist.

2.2.
Scheibenwascher

2.2.1. Jedes Fahrzeug muß mit einem Scheibenwascher ausgestattet sein, der die Belastungen aushält, die entstehen, wenn bei Inbetriebsetzung der Einrichtung nach dem in Abschnitt 3.2.1 beschriebenen Verfahren die Spritzdüsen verstopft sind.

2.2.2. Der Betrieb der Scheibenwascher und Scheibenwischer darf durch die in den Abschnitten 3.2.2 und 3.2.3 festgelegten Temperaturzyklen nicht gestört werden.

2.2.3. Der Scheibenwascher muß genügend Flüssigkeit abgeben, um die Säuberung von 60 % des in Abschnitt 2.2 der Anlage 1 festgelegten Bereichs unter den in Abschnitt 3.2.4 beschriebenen Bedingungen zu ermöglichen.

2.2.4. Der Flüssigkeitsbehälter muß mindestens einen Liter Flüssigkeit fassen.

2.3.
Entfrostungs- und Trocknungsanlage

2.3.1. Jedes Fahrzeug muss mit einer Entfrostungs- und Trocknungsanlage der Windschutzscheibe ausgerüstet sein, um Reif und Eis von der Außenseite der Windschutzscheibe und Feuchtigkeitsbeschlag von der Innenseite der Windschutzscheibe zu entfernen. Nicht erforderlich ist eine solche Anlage bei dreirädrigen Kleinkrafträdern mit einer Motorleistung bis 4 kW und bei Fahrzeugen, deren Windschutzscheibe so eingebaut ist, dass keine an ihr befestigte Halterung oder sonstige Struktur mehr als 100 mm weit nach hinten ragt. Vorgeschrieben ist sie dagegen für alle Fahrzeuge, die mit einem feststehenden, abnehmbaren oder versenkbaren Dach ausgestattet sind.

2.3.2. Die Bedingungen nach Abschnitt 2.3.1 gelten als erfüllt, wenn das Fahrzeug mit einem angemessenen System zur Heizung des Innenraums ausgerüstet ist, das die Bedingungen der Richtlinie 78/548/EWG(1) über die Heizung des Innenraums von Kraftfahrzeugen erfüllt; dabei müssen die Abschnitte 2.4.1.1 und 2.4.1.2 des Anhangs I der genannten Richtlinie folgenden Zusatz erhalten: „Anderenfalls ist eindeutig nachzuweisen, daß durch eventuelle undichte Stellen der Innenraum nicht erreicht werden kann” .

2.3.3. Abweichend von Abschnitt 2.3.2 gelten für Fahrzeuge mit einer Leistung von über 15 kW die Vorschriften der Richtlinie 78/317/EWG(2) über Entfrostungs- und Trocknungsanlagen für die verglasten Flächen von Kraftfahrzeugen.

3.
PRÜFVERFAHREN

3.1.
Scheibenwischer

3.1.1. Die nachstehend beschriebenen Prüfungen sind, soweit im einzelnen nicht anders vorgeschrieben, unter folgenden Bedingungen durchzuführen:

3.1.2. Die Raumtemperatur darf nicht niedriger als 10 oC und nicht höher als 40 oC sein;

3.1.3. die Windschutzscheibe ist ständig zu benetzen;

3.1.4. bei der Prüfung elektrischer Scheibenwischer müssen folgende zusätzliche Bedingungen erfüllt sein:

3.1.4.1. Die Batterie muß vollständig aufgeladen sein;

3.1.4.2. der Motor muß mit einer Drehzahl von 30 % ± 10 % der Höchstleistungsdrehzahl laufen;

3.1.4.3. die Abblendscheinwerfer müssen eingeschaltet sein;

3.1.4.4. die Heiz- und/oder Lüftungsanlage ist, sofern vorhanden und elektrisch angetrieben, auf maximalen Stromverbrauch einzustellen;

3.1.4.5. die Entfrostungs- und Scheibentrocknungsanlage ist, sofern vorhanden und elektrisch angetrieben, auf maximalen Stromverbrauch einzustellen.

3.1.5. Mit Druckluft oder Saugluft betriebene Scheibenwischer müssen unabhängig von Motordrehzahl und -leistung kontinuierlich mit den vorgeschriebenen Frequenzen funktionieren können.

3.1.6. Die Wischfrequenzen der Scheibenwischer müssen den Vorschriften nach Abschnitt 2.1.2 genügen, nachdem der Scheibenwischer zwanzig Minuten lang auf benetzter Windschutzscheibe betrieben worden ist.

3.1.7. Die Außenfläche der Windschutzscheibe wird mit denaturiertem Alkohol oder einem gleichwertigen Entfettungsmittel gründlich entfettet. Nach dem Trocknen wird die Scheibe mit einer Ammoniaklösung von mindestens 3 % und höchstens 10 % abgerieben, trocknen gelassen und mit einem trockenen Baumwolltuch abgewischt.

3.1.8. Auf der Außenfläche der Windschutzscheibe ist eine gleichmäßige Schicht Prüfflüssigkeit aufzutragen (siehe Anlage 2) und trocknen zu lassen.

3.1.9. Die Anforderungen des Abschnitts 2.1.5 sind unter den Bedingungen des Abschnitts 3.1.4 zu erfüllen.

3.2.
Scheibenwascher

Prüfbedingungen

3.2.1.
Prüfung Nr. 1

3.2.1.1. Der Scheibenwascher wird bis zu den Spritzdüsen mit Wasser gefüllt und die Anlage während einer Mindestdauer von vier Stunden einer Umgebungstemperatur von 20 ± 5 oC ausgesetzt. Alle Spritzdüsen werden verstopft, und die Betätigungseinrichtung wird sechsmal in einer Minute jeweils mindestens drei Sekunden lang betätigt. Wird die Einrichtung durch Muskelkraft des Fahrers betätigt, so ist die in der nachstehenden Tabelle angegebene Kraft anzuwenden:
PumpentypVorgeschriebene Kraft
Handpumpe11 daN bis 13,5 daN
Fußpumpe40 daN bis 44,5 daN

3.2.1.2. Bei elektrischen Pumpen muß die Prüfspannung mindestens der Nennspannung entsprechen, darf diese aber nicht um mehr als 2 V überschreiten.

3.2.1.3. Die Funktionsfähigkeit des Scheibenwaschers muß nach erfolgter Prüfung den Anforderungen von Abschnitt 1.12 genügen.

3.2.2.
Prüfung Nr. 2 (Prüfung bei niedrigen Temperaturen)

3.2.2.1. Der Scheibenwascher wird bis zu den Spritzdüsen mit Wasser gefüllt und anschließend während einer Mindestdauer von vier Stunden einer Umgebungstemperatur von - 18 ± 3 oC ausgesetzt, und es wird geprüft, ob alles Wasser in dem Scheibenwascher gefroren ist. Sodann wird er einer Umgebungstemperatur von 20 ± 2 oC ausgesetzt, bis das Eis vollständig geschmolzen ist. Anschließend ist zu prüfen, ob das System einwandfrei funktioniert, wobei hinsichtlich seiner Betätigung die Vorschriften nach Abschnitt 3.2.1 einzuhalten sind.

3.2.3.
Prüfung Nr. 3 (Prüfung bei hohen Temperaturen)

3.2.3.1. Der Scheibenwascher wird mit Wasser von einer Temperatur von 60 ± 3 oC gefüllt. Seine Funktionsweise ist unter Einhaltung der Betätigungsvorschriften nach Abschnitt 3.2.1 zu prüfen.

3.2.4.
Prüfung Nr. 4 (Prüfung der Funktionsfähigkeit des Scheibenwaschers nach Abschnitt 2.2.3)

3.2.4.1. Der Scheibenwascher wird bis zu den Spritzdüsen mit Wasser gefüllt. Die Spritzdüse(n) wird (werden) bei stehendem Fahrzeug und ohne größere Windeinwirkung auf den Zielbereich auf der Außenseite der Windschutzscheibe ausgerichtet. Dabei darf die anzuwendende Kraft nicht die in 3.2.1.1 vorgesehene Kraft überschreiten, wenn die Einrichtung durch Muskelkraft des Fahrers betätigt wird. Wird die Einrichtung durch eine elektrische Pumpe betätigt, so sind die Vorschriften nach Abschnitt 3.1.4 anzuwenden.

3.2.4.2. Die Außenseite der Windschutzscheibe wird nach den Vorschriften der Abschnitte 3.1.7 und 3.1.8 behandelt.

3.2.4.3. Anschließend wird der Scheibenwascher, wie vom Hersteller angegeben, für die Dauer von zehn automatischen Funktionszyklen des Scheibenwischers bei größter Frequenz betätigt und der dabei gereinigte Anteil des Sichtbereichs nach Abschnitt 2.2 der Anlage 1 gemessen.

3.3. Alle Prüfungen des Scheibenwaschers nach den Abschnitten 3.2.1 bis 3.2.3 werden an ein und demselben Scheibenwascher durchgeführt.

Fußnote(n):

(1)

ABl. Nr. L 168 vom 26.6.1978, S. 40.

(2)

ABl. Nr. L 81 vom 28.3.1978, S. 27.

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