Artikel 11 VO (EG) 2003/1560

Hilfsbedürftigkeit von Familienangehörigen

(1) Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 findet sowohl Anwendung, wenn der Asylbewerber auf die Hilfe eines Familienangehörigen angewiesen ist, der sich in einem Mitgliedstaat aufhält, als auch, wenn ein Familienangehöriger, der sich in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Asylbewerbers angewiesen ist.

(2) Zur Bewertung der Hilfsbedürftigkeit von Familienangehörigen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 werden nach Möglichkeit objektive Schriftstücke, z. B. ärztliche Atteste, herangezogen. Sind diese nicht verfügbar oder können diese nicht beigebracht werden, kann das Vorliegen humanitärer Gründe nur dann als gegeben angesehen werden, wenn die Beteiligten dies durch entsprechende Angaben glaubhaft machen können.

(3) Um die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit einer Zusammenführung der Betroffenen einzuschätzen, wird Folgendes berücksichtigt:

a)
die familiäre Situation, die im Herkunftsland bestand,
b)
die Umstände, die zur Trennung der Betroffenen geführt haben,
c)
der Stand der jeweiligen asyl- und ausländerrechtlichen Verfahren in den Mitgliedstaaten.

(4) Maßgebend für die Anwendung von Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 ist in jedem Fall die Überzeugung, dass der Asylbewerber bzw. der Familienangehörige die benötigte Hilfe tatsächlich erbringen wird.

(5) Der Mitgliedstaat, in dem die Zusammenführung erfolgt, sowie der Überstellungstermin werden von den beteiligten Mitgliedstaaten einvernehmlich festgelegt, wobei sie Folgendes berücksichtigen:

a)
den Umstand, ob die auf Hilfe angewiesene Person reisefähig ist;
b)
die aufenthaltsrechtliche Situation der betroffenen Personen, um gegebenenfalls die Zusammenführung des Asylbewerbers mit dem Familienangehörigen vorzunehmen, wenn Letzterer bereits über einen Aufenthaltstitel und Ressourcen in seinem Aufenthaltsmitgliedstaat verfügt.

(6) Hält sich der Antragsteller im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats auf als das Kind, eines der Geschwister oder ein Elternteil im Sinne von Artikel 16 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013, so beraten sich die beiden Mitgliedstaaten und tauschen Informationen aus, um Folgendes zu festzustellen:

a)
die nachgewiesene familiäre Bindung zwischen dem Antragsteller und dem Kind, Geschwisterteil oder Elternteil;
b)
das Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem Antragsteller und dem Kind, Geschwisterteil oder Elternteil;
c)
die Fähigkeit der betroffenen Person, für die abhängige Person zu sorgen;
d)
erforderlichenfalls die Merkmale, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind.

Für den in Unterabsatz 1 genannten Informationsaustausch wird das Standardformblatt in Anhang VII dieser Verordnung verwendet.

Der ersuchte Mitgliedstaat bemüht sich, das Gesuch binnen vier Wochen nach Erhalt zu beantworten. Lassen stichhaltige Beweise darauf schließen, dass weitere Nachforschungen zu relevanteren Informationen führen würden, teilt der ersuchte Mitgliedstaat dem ersuchenden Mitgliedstaat mit, dass zwei weitere Wochen benötigt werden.

Bei der Durchführung des Informationsersuchens nach diesem Artikel wird die vollständige Einhaltung der in Artikel 21 Absatz 1, Artikel 22 Absatz 1, Artikel 23 Absatz 2, Artikel 24 Absatz 2 und Artikel 25 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 genannten Fristen gewährleistet. Diese Verpflichtung gilt unbeschadet von Artikel 34 Absatz 5 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013.

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