Artikel 23e VO (EG) 2009/1060

Verfahrensvorschriften für die Ergreifung von Aufsichtsmaßnahmen und die Verhängung von Geldbußen

(1) Stellt die ESMA bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach dieser Verordnung fest, dass es ernsthafte Anhaltspunkte für das mögliche Vorliegen von Tatsachen gibt, die einen oder mehrere der in Anhang III aufgeführten Verstöße darstellen können, benennt sie aus dem Kreis ihrer Bediensteten einen unabhängigen Untersuchungsbeauftragten, der die Angelegenheit untersucht. Der benannte Beauftragte darf nicht in die direkte oder indirekte Beaufsichtigung oder das Registrierungsverfahren der betreffenden Ratingagentur einbezogen sein oder gewesen sein und nimmt seine Aufgaben unabhängig vom Rat der Aufseher der ESMA wahr.

(2) Der Untersuchungsbeauftragte untersucht die mutmaßlichen Verstöße, wobei er alle Bemerkungen der Personen, die den Untersuchungen unterworfen sind, berücksichtigt, und legt dem Rat der Aufseher der ESMA ein vollständiges Dossier mit seinen Feststellungen vor.

Zur Erfüllung seiner Aufgaben kann der Untersuchungsbeauftragte von der Befugnis Gebrauch machen, nach Artikel 23b Informationen anzufordern und nach den Artikeln 23c und 23d Untersuchungen und Prüfungen vor Ort durchzuführen. Bei der Ausübung dieser Befugnisse muss der Untersuchungsbeauftragte Artikel 23a einhalten.

Bei der Erfüllung seiner Aufgaben hat der Untersuchungsbeauftragte Zugang zu allen Unterlagen und Informationen, die die ESMA bei ihren Aufsichtstätigkeiten zusammengetragen hat.

(3) Beim Abschluss seiner Untersuchung gibt der Untersuchungsbeauftragte den Personen, die den Untersuchungen unterworfen sind, Gelegenheit, zu den untersuchten Fragen angehört zu werden, bevor er dem Rat der Aufseher der ESMA das Dossier mit seinen Feststellungen vorlegt. Der Untersuchungsbeauftragte stützt seine Feststellungen nur auf Tatsachen, zu denen die den Untersuchungen unterworfenen Personen Stellung nehmen konnten.

Die Verteidigungsrechte der betreffenden Personen müssen während der Untersuchungen nach diesem Artikel in vollem Umfang gewahrt werden.

(4) Wenn der Untersuchungsbeauftragte dem Rat der Aufseher der ESMA das Dossier mit seinen Feststellungen vorlegt, setzt er die Personen, die den Untersuchungen unterworfen sind, davon in Kenntnis. Die Personen, die den Untersuchungen unterworfen sind, haben Recht auf Einsicht in das Dossier, vorbehaltlich des berechtigten Interesses von anderen Personen an der Wahrung ihrer Geschäftsgeheimnisse. Das Recht auf Einsicht in das Dossier gilt nicht für vertrauliche Informationen, die Dritte betreffen.

(5) Anhand des Dossiers mit den Feststellungen des Untersuchungsbeauftragten und — wenn die betreffenden Personen darum ersuchen — nach der gemäß den Artikeln 25 und 36c erfolgten Anhörung der Personen, die den Untersuchungen unterworfen waren, beschließt der Rat der Aufseher der ESMA, ob die Personen, die den Untersuchungen unterworfen waren, einen oder mehrere der in Anhang III aufgeführten Verstöße begangen haben; ist dies der Fall, ergreift er eine Aufsichtsmaßnahme nach Artikel 24 und verhängt eine Geldbuße nach Artikel 36a.

(6) Der Untersuchungsbeauftragte nimmt nicht an den Beratungen des Rates der Aufseher der ESMA teil und greift auch nicht in anderer Weise in den Beschlussfassungsprozess des Rates der Aufseher der ESMA ein.

(7) Die Kommission erlässt weitere Verfahrensvorschriften für die Ausübung der Befugnis zur Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern, einschließlich Bestimmungen zu Verteidigungsrechten, Bestimmungen über Zeitpunkte und Fristen und der Einziehung der Geldbußen und Zwangsgelder, und erlässt detaillierte Bestimmungen zur Verjährung bezüglich der Verhängung und Durchsetzung von Sanktionen.

Die in Unterabsatz 1 genannten Vorschriften werden durch delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 38a und unter den in den Artikeln 38b und 38c genannten Bedingungen erlassen.

(8) Die ESMA verweist strafrechtlich zu verfolgende Angelegenheiten an die zuständigen nationalen Behörden, wenn sie bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach dieser Verordnung feststellt, dass es ernsthafte Anhaltspunkte für das mögliche Vorliegen von Tatsachen gibt, die Straftaten darstellen können. Ferner sieht die ESMA davon ab, Geldbußen oder Zwangsgelder zu verhängen, wenn ein früherer Freispruch oder eine frühere Verurteilung aufgrund identischer Tatsachen oder im Wesentlichen gleichartiger Tatsachen als Ergebnis eines Strafverfahrens nach nationalem Recht Rechtskraft erlangt hat.

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