Artikel 5 VO (EG) 96/385

Einleitung des Verfahrens

(1) Vorbehaltlich des Absatzes 8 wird eine Untersuchung zur Feststellung des Vorliegens, des Umfangs und der Auswirkungen einer angeblichen schädigenden Preisgestaltung auf schriftlichen Antrag eingeleitet, der von einer natürlichen oder juristischen Person oder einer Vereinigung ohne Rechtspersönlichkeit, die im Namen eines Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft handelt, gestellt wird.

Der Antrag kann an die Kommission oder einen Mitgliedstaat gerichtet werden, der ihn an die Kommission weiterleitet. Die Kommission übermittelt den Mitgliedstaaten eine Abschrift aller Anträge, die ihr zugehen. Der Antrag gilt als an dem ersten Arbeitstag nach Eingang als Einschreiben bei der Kommission oder nach Ausstellen einer Empfangsbestätigung durch die Kommission gestellt.

Verfügt ein Mitgliedstaat, ohne daß ein Antrag gestellt worden ist, über ausreichende Beweise für das Vorliegen einer schädigenden Preisgestaltung und für eine dadurch verursachte Schädigung eines Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft, so teilt er der Kommission diese Beweise unverzüglich mit.

(2) Ein Antrag nach Absatz 1 ist einzureichen

a)
spätestens sechs Monate nach dem Zeitpunkt, zu dem der Antragsteller Kenntnis von dem Verkauf des Schiffes hatte oder haben mußte, wenn

der Antragsteller im Rahmen einer „allgemeinen Ausschreibung” oder eines anderen Vergabeverfahrens zur Abgabe eines Angebots aufgefordert wurde und

er sich tatsächlich um den Auftrag beworben hat und

das Angebot des Antragstellers im wesentlichen dem Lastenheft entsprach;

b)
spätestens neun Monate nach dem Zeitpunkt, zu dem der Antragsteller ohne Aufforderung zur Abgabe eines Angebots Kenntnis von dem Verkauf des Schiffes hatte oder haben mußte, sofern spätestens sechs Monate nach diesem Zeitpunkt eine Erklärung über die Absicht der Antragstellung mit den dem Antragsteller normalerweise zur Verfügung stehenden Informationen, welche die Identifizierung des betreffenden Geschäfts ermöglichen, bei der Kommission oder einem Mitgliedstaat eingereicht wurde.

In keinem Fall kann der Antrag später als sechs Monate nach dem Datum der Auslieferung des Schiffes eingereicht werden.

Es wird davon ausgegangen, daß der Antragsteller zu dem Zeitpunkt Kenntnis von dem Verkauf des Schiffes hatte oder haben mußte, zu dem der Vertragsabschluß zusammen mit allgemeinen Informationen über das Schiff in der internationalen Fachpresse bekanntgemacht wurde.

Im Sinne dieses Artikels ist eine „allgemeine Ausschreibung” eine Ausschreibung, in welcher der künftige Käufer mindestens all diejenigen Werften zur Abgabe eines Angebots auffordert, von denen er weiß, daß sie das betreffende Schiff bauen können.

(3) Der Antrag nach Absatz 1 muß Beweise enthalten

a)
für eine schädigende Preisgestaltung;
b)
für eine Schädigung;
c)
für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Verkauf mit schädigender Preisgestaltung und der angeblichen Schädigung und
d)
i)
dafür, daß, falls das Schiff in einer allgemeinen Ausschreibung verkauft wurde, der Antragsteller zur Abgabe eines Angebots aufgefordert wurde, daß er sich tatsächlich um den Auftrag beworben hat und daß das Angebot des Antragstellers im wesentlichen dem Lastenheft (z. B. Liefertermin und technische Anforderungen) entsprach, oder
ii)
dafür, daß, falls das Schiff in einem anderen Vergabeverfahren verkauft und der Antragsteller zur Abgabe eines Angebots aufgefordert wurde, er sich tatsächlich um den Auftrag beworben hat und daß das Angebot des Antragstellers im wesentlichen dem Lastenheft entsprach, oder
iii)
dafür, daß in Ermangelung einer Aufforderung, ein Angebot in einem anderen Vergabeverfahren als einer allgemeinen Ausschreibung abzugeben, der Antragsteller in der Lage war, das betreffende Schiff zu bauen, und daß er, falls er Kenntnis von dem geplanten Kauf hatte oder haben mußte, sich nachweislich darum bemüht hat, einen Kaufvertrag mit dem Käufer zu schließen, der mit dem betreffenden Lastenheft vereinbar war. Es wird davon ausgegangen, daß der Antragsteller Kenntnis von dem geplanten Kauf hatte oder haben mußte, wenn nachgewiesen wird, daß die Mehrheit der Unternehmen des betreffenden Wirtschaftszweigs sich darum bemüht hat, mit diesem Käufer einen Kaufvertrag über das betreffende Schiff zu schließen, oder daß bei Maklern, Finanzfachleuten, Klassifizierungsgesellschaften, Charterern, Fachverbänden oder sonstigen Stellen, die normalerweise mit Schiffbaugeschäften befaßt sind und mit denen die Werft regelmäßig in Kontakt oder in Geschäftsbeziehungen stand, allgemeine Informationen über den geplanten Kauf zur Verfügung standen.

(4) Der Antrag enthält die folgenden dem Antragsteller normalerweise zur Verfügung stehenden Informationen:

a)
Name des Antragstellers und Beschreibung des Volumens und des Wertes der Gemeinschaftsproduktion gleichartiger Schiffe durch den Antragsteller. Wird ein schriftlicher Antrag im Namen eines Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft gestellt, so ist zur Identifizierung des Wirtschaftszweigs, in dessen Namen der Antrag gestellt wird, eine Liste aller bekannten Gemeinschaftshersteller, die gleichartige Schiffe bauen können, und, soweit möglich, eine Beschreibung des Volumens und des Wertes der auf diese Hersteller entfallenden Gemeinschaftsproduktion gleichartiger Schiffe vorzulegen;
b)
vollständige Beschreibung des Schiffes, das angeblich Gegenstand einer schädigenden Preisgestaltung ist, Namen der betreffenden Ursprungs- oder Ausfuhrländer, Namen aller bekannten Ausführer oder ausländischen Hersteller und Name des Käufers des betreffenden Schiffes;
c)
Preise, zu denen derartige Schiffe auf den Inlandsmärkten der Ursprungs- oder Ausfuhrländer verkauft werden (oder, soweit angebracht, Informationen über die Preise, zu denen derartige Schiffe aus den Ursprungs- oder Ausfuhrländern an ein oder mehrere Drittländer verkauft werden, oder über den rechnerisch ermittelten Wert des Schiffes), sowie Informationen über die Ausfuhrpreise oder, soweit angebracht, über die Preise, zu denen ein derartiges Schiff erstmals an einen unabhängigen Käufer weiterverkauft wird;
d)
Auswirkungen des Verkaufs mit schädigender Preisgestaltung auf die Preise gleichartiger Schiffe auf dem Gemeinschaftsmarkt und folglich auf den Wirtschaftszweig der Gemeinschaft, so wie sie sich beispielsweise in den in Artikel 3 Absätze 3 und 5 aufgeführten relevanten Faktoren und Indizes widerspiegeln, die die Lage des Wirtschaftszweiges der Gemeinschaft beeinflussen.

(5) Die Kommission prüft, soweit möglich, die Richtigkeit und die Stichhaltigkeit der dem Antrag beigefügten Beweise, um festzustellen, ob genügend Beweise vorliegen, um die Einleitung einer Untersuchung zu rechtfertigen.

(6) Eine Untersuchung nach Absatz 1 wird nur dann eingeleitet, wenn geprüft wurde, in welchem Maße der Antrag von den Gemeinschaftsherstellern, die gleichartige Schiffe bauen können, unterstützt bzw. abgelehnt wird, und daraufhin festgestellt wurde, daß der Antrag von einem Wirtschaftszweig der Gemeinschaft oder in seinem Namen gestellt wurde. Der Antrag gilt als „von einem Wirtschaftszweig der Gemeinschaft oder in seinem Namen” gestellt, wenn er von Gemeinschaftsherstellern unterstützt wird, deren Produktionskapazität für den Bau gleichartiger Schiffe insgesamt mehr als 50 v. H. der Gesamtkapazität für den Bau gleichartiger Schiffe darstellt, die auf den Teil des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft entfällt, der den Antrag entweder unterstützt oder ablehnt. Eine Untersuchung wird jedoch nicht eingeleitet, wenn auf die Gemeinschaftshersteller, die den Antrag ausdrücklich unterstützen, weniger als 25 v. H. der Gesamtkapazität der Gemeinschaftshersteller für den Bau gleichartiger Schiffe entfallen.

(7) Die Behörden geben den Antrag auf Einleitung einer Untersuchung nicht öffentlich bekannt, bevor ein Beschluß über die Einleitung einer solchen Untersuchung ergangen ist. Vor der Einleitung einer Untersuchung wird jedoch die Regierung des betroffenen Ausfuhrlandes unterrichtet.

(8) Wird unter besonderen Umständen beschlossen, eine Untersuchung einzuleiten, ohne daß ein entsprechender schriftlicher Antrag von einem Wirtschaftszweig der Gemeinschaft oder in seinem Namen gestellt wurde, so erfolgt dies, wenn genügend Beweise für eine schädigende Preisgestaltung, eine Schädigung und einen ursächlichen Zusammenhang vorliegen und hinreichend bewiesen ist, daß ein Mitglied des angeblich geschädigten Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft die Kriterien des Absatzes 3 Buchstabe d) erfüllt, um die Einleitung einer Untersuchung zu rechtfertigen.

Gegebenenfalls kann eine Untersuchung auf schriftlichen Antrag der Behörden einer Vertragspartei eingeleitet werden. Bei einem solchen Antrag müssen genügend Beweise dafür vorgelegt werden, daß ein Schiff Gegenstand einer schädigenden Preisgestaltung ist oder war und daß der angebliche Verkauf unter dem Normalwert an einen Käufer in der Gemeinschaft eine Schädigung des inländischen Wirtschaftszweigs der betreffenden Vertragspartei verursacht oder verursacht hat.

(9) Die Beweise sowohl für die schädigende Preisgestaltung als auch für die Schädigung werden bei dem Beschluß über die Einleitung einer Untersuchung gleichzeitig berücksichtigt. Ein Antrag wird zurückgewiesen, wenn die Beweise entweder für die schädigende Preisgestaltung oder für die Schädigung nicht ausreichen, um eine Untersuchung des Falls zu rechtfertigen.

(10) Der Antrag kann vor der Einleitung der Untersuchung zurückgezogen werden und gilt dann als nicht gestellt.

(11) Stellt sich heraus, dass der Kommission genügend Beweise vorliegen, um die Einleitung eines Verfahrens zu rechtfertigen, so eröffnet sie innerhalb von 45 Tagen nach dem Zeitpunkt der Antragstellung oder im Fall der Einleitung gemäß Absatz 8 spätestens sechs Monate nach dem Zeitpunkt, zu dem der Verkauf des Schiffes bekannt war oder bekannt sein musste, unbeschadet des Artikels 15 Absatz 2 ein Verfahren und veröffentlicht eine Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union. Reichen die Beweise nicht aus, so wird der Antragsteller hiervon innerhalb von 45 Tagen nach dem Zeitpunkt, zu dem der Antrag bei der Kommission gestellt worden ist, unterrichtet.

Die Kommission informiert die Mitgliedstaaten, wenn sie entschieden hat, dass ein Verfahren eingeleitet werden muss.

(12) Die Bekanntmachung über die Einleitung des Verfahrens kündigt die Einleitung einer Untersuchung an, enthält den Namen und das Land der Werft und des oder der Käufer, eine Beschreibung des betroffenen Schiffes sowie eine Zusammenfassung der eingegangenen Informationen und den Hinweis, daß alle sachdienlichen Informationen der Kommission zu übermitteln sind; darin werden die Fristen festgesetzt, innerhalb deren interessierte Parteien sich selbst melden, ihren Standpunkt schriftlich darlegen und Informationen unterbreiten können, wenn solche Standpunkte und Informationen während der Untersuchung berücksichtigt werden sollen; ferner wird die Frist festgesetzt, innerhalb deren interessierte Parteien bei der Kommission einen Antrag auf Anhörung nach Artikel 6 Absatz 5 stellen können.

(13) Die Kommission unterrichtet die bekanntermaßen betroffenen Ausführer, Käufer des Schiffs und repräsentativen Verbände von Herstellern, Ausführern und Käufern derartiger Schiffe sowie die Vertreter des Landes, dessen Schiff Gegenstand dieser Untersuchung ist, und die Antragsteller über die Einleitung des Verfahrens und übermittelt unter gebührender Wahrung der Vertraulichkeit der Informationen dem Ausführer sowie den Behörden des Ausfuhrlandes den vollen Wortlaut des schriftlichen Antrags nach Absatz 1 und stellt ihn auf Antrag auch den anderen einbezogenen interessierten Parteien zur Verfügung.

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