Artikel 3 VO (EG) 98/2532
Verfahrensregeln
(1) Die Entscheidung darüber, ob ein Übertretungsverfahren einzuleiten ist, wird von der EZB getroffen, wobei diese auf eigene Initiative oder aufgrund eines entsprechenden Antrags der nationalen Zentralbank des Mitgliedstaats handelt, in dessen Zuständigkeitsbereich die zur Last gelegte Übertretung erfolgt ist. Die gleiche Entscheidung kann auch von der nationalen Zentralbank, in deren Zuständigkeitsbereich die zur Last gelegte Übertretung erfolgt ist, auf deren eigene Initiative oder aufgrund eines entsprechenden, von der EZB gestellten Antrags getroffen werden.
Die Entscheidung, ein Übertretungsverfahren einzuleiten, ist dem betroffenen Unternehmen, der zuständigen Aufsichtsbehörde und der nationalen Zentralbank des Mitgliedstaats, in dessen Zuständigkeitsbereich die zur Last gelegte Übertretung erfolgt ist, oder der EZB schriftlich mitzuteilen. In der Mitteilung ist das Unternehmen im einzelnen über die Vorwürfe sowie über die Beweise zu unterrichten, auf die sich diese Vorwürfe stützen. Gegebenenfalls verfügt die Entscheidung die Einstellung der zur Last gelegten Übertretung und unterrichtet das Unternehmen darüber, daß in regelmäßigen Abständen zu zahlende Strafgelder verhängt werden können.
(2) Die in Absatz 1 genannte Entscheidung kann das Unternehmen dazu verpflichten, sich einem Übertretungsverfahren zu unterziehen. Bei der Durchführung des Übertretungsverfahrens hat die EZB oder gegebenenfalls die nationale Zentralbank das Recht,
- a)
- die Vorlage von Dokumenten zu verlangen,
- b)
- die Bücher und Unterlagen des Unternehmens zu prüfen,
- c)
- Kopien oder Auszüge aus diesen Büchern anzufertigen und
- d)
- schriftliche oder mündliche Erläuterungen zu verlangen.
Behindert ein Unternehmen die Durchführung des Übertretungsverfahrens, so sorgt der teilnehmende Mitgliedstaat, in dem die betroffenen Geschäftsräume liegen, für die notwendige Unterstützung, einschließlich der Sicherung des Zugangs der EZB oder der nationalen Zentralbank zu den Geschäftsräumen des Unternehmens, um die Ausübung der oben angeführten Rechte zu ermöglichen.
(3) Das betroffene Unternehmen hat das Recht, von der EZB oder der nationalen Zentralbank angehört zu werden. Dem Unternehmen ist eine Frist von mindestens 30 Tagen einzuräumen, um Entlastungsgründe darzulegen.
(4) Das Direktorium der EZB trifft so bald wie möglich nach Eingang der Vorlage der nationalen Zentralbank, die das Übertretungsverfahren eingeleitet hat, oder nach Anhörung der nationalen Zentralbank des Mitgliedstaats, in dem die zur Last gelegte Übertretung erfolgt ist, eine begründete Entscheidung darüber, ob ein Unternehmen eine Übertretung begangen hat, und setzt gegebenenfalls die zu verhängende Sanktion fest.
(5) Die Entscheidung ist dem betroffenen Unternehmen schriftlich mitzuteilen, wobei es über sein Recht auf Überprüfung zu unterrichten ist. Die Entscheidung ist auch den zuständigen Aufsichtsbehörden und der nationalen Zentralbank des Mitgliedstaats mitzuteilen, in dessen Zuständigkeitsbereich die Übertretung erfolgt ist.
(6) Das betroffene Unternehmen hat das Recht, eine Überprüfung der Entscheidung des Direktoriums durch den EZB-Rat zu beantragen. Der entsprechende Antrag ist innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der Mitteilung über diese Entscheidung zu stellen und hat alle sachdienlichen Informationen und Behauptungen zu enthalten. Der Antrag ist schriftlich an den EZB-Rat zu richten.
(7) Die Entscheidung des EZB-Rats über einen Antrag gemäß Absatz 6 ist zu begründen und dem betroffenen Unternehmen, der für das Unternehmen zuständigen Aufsichtsbehörde und der nationalen Zentralbank des Mitgliedstaats, in dessen Zuständigkeitsbereich die Übertretung erfolgt ist, schriftlich mitzuteilen. In der Mitteilung ist das Unternehmen auf sein Recht auf gerichtliche Überprüfung hinzuweisen. Trifft der EZB-Rat diese Entscheidung nicht innerhalb von zwei Monaten nach Antragstellung, so kann das Unternehmen eine gerichtliche Überprüfung der Entscheidung des Direktoriums der EZB gemäß dem Vertrag beantragen.
(8) Eine gegen ein Unternehmen verhängte Sanktion wird erst dann vollstreckt, wenn die Entscheidung dadurch endgültig wird, daß
- a)
- die in Absatz 6 genannte Frist von 30 Tagen ohne Einreichung eines Antrags auf Überprüfung durch den EZB-Rat abläuft oder
- b)
- der EZB-Rat das Unternehmen über seine Entscheidung unterrichtet oder die in Absatz 7 genannte Frist ohne eine Entscheidung des EZB-Rats abläuft.
(9) Die Erlöse aus den von der EZB verhängten Sanktionen stehen der EZB zu.
(10) Bezieht sich eine Übertretung ausschließlich auf eine Aufgabe, die dem ESZB oder der EZB gemäß dem Vertrag und der Satzung zugewiesen ist, so kann ein Übertretungsverfahren nur nach Maßgabe dieser Verordnung eingeleitet werden, auch wenn nationale Gesetze oder Verordnungen ein anderes Verfahren vorsehen. Bezieht sich eine Übertretung auch auf einen oder mehrere Bereiche außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des ESZB oder der EZB, so bleibt das Recht zur Einleitung eines Übertretungsverfahrens nach Maßgabe dieser Verordnung vom Recht einer zuständigen nationalen Behörde unberührt, gesonderte Verfahren in Bezug auf solche Bereiche außerhalb der Zuständigkeit des ESZB oder der EZB einzuleiten. Diese Bestimmung gilt unbeschadet der Anwendung des Strafrechts und der aufsichtsrechtlichen Zuständigkeiten in den teilnehmenden Mitgliedstaaten, im Einklang mit Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates.
(11) Das Unternehmen trägt die Kosten des Übertretungsverfahrens, falls entschieden wird, daß es eine Übertretung begangen hat.
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