Artikel 244 VO (EG, Euratom) 2002/2342

Inanspruchnahme des Verhandlungsverfahrens für Lieferaufträge (Artikel 167 der Haushaltsordnung)

(1) Bei Lieferaufträgen kann der öffentliche Auftraggeber in folgenden Fällen das Verhandlungsverfahren auf der Grundlage eines einzigen Angebots in Anspruch nehmen:

a)
Die Fristen für die Verfahren gemäß Artikel 91 Absatz 1 Buchstaben a), b) und c) der Haushaltsordnung können wegen äußerster Dringlichkeit aufgrund von für den öffentlichen Auftraggeber nicht vorhersehbaren und ihm keinesfalls zurechenbaren Ereignissen nicht eingehalten werden;
b)
das Verfahren ist wegen der Art oder der Besonderheiten der Waren gerechtfertigt, zum Beispiel, wenn die Ausführung des Auftrags den Inhabern von Patenten oder Nutzungslizenzen vorbehalten ist;
c)
es handelt sich um Ergänzungslieferungen, die von dem ursprünglichen Lieferer vorgenommen werden und die entweder zur Teilerneuerung gängiger Waren oder Anlagen oder zur Erweiterung vorhandener Warenbestände oder Anlagen bestimmt sind; ein Wechsel des Lieferers würde den öffentlichen Auftraggeber zum Erwerb von Ausrüstung mit anderen technischen Merkmalen zwingen, was eine Inkompatibilität oder unverhältnismäßige technische Schwierigkeit bei Einsatz und Wartung zur Folge hätte;
d)
Die Ausschreibung ist ergebnislos geblieben, das heißt, kein Angebot konnte in qualitativer und/oder preislicher Hinsicht überzeugen. In diesem Fall kann der öffentliche Auftraggeber nach Aufhebung des Ausschreibungsverfahrens Verhandlungen mit dem Bieter oder den Bietern seiner Wahl aufnehmen, sofern die ursprünglichen Anforderungen der Ausschreibungsunterlagen nicht wesentlich geändert werden;
e)
das wettbewerbliche Verhandlungsverfahren ist nach zwei Versuchen ergebnislos geblieben, das heißt, kein Angebot konnte in technischer und administrativer noch in qualitativer oder preislicher Hinsicht überzeugen. In solchen Fällen kann der öffentliche Auftraggeber nach Aufhebung des wettbewerblichen Verhandlungsverfahrens und unter der Voraussetzung, dass die ursprünglichen Anforderungen der Ausschreibungsunterlagen nicht wesentlich geändert werden, Verhandlungen mit einem oder mehreren der Bieter seiner Wahl aufnehmen, die an der Ausschreibung teilgenommen hatten;
f)
Aufträge sind für geheim erklärt worden oder ihre Ausführung erfordert besondere Sicherheitsmaßnahmen, oder der Schutz wesentlicher Interessen der Europäischen Union oder des Empfängerlands gebietet es;
g)
Aufträge für auf einer Warenbörse notierte und gekaufte Waren;
h)
Waren werden zu besonders günstigen Bedingungen bei Lieferanten, die ihre Geschäftstätigkeit endgültig einstellen, oder bei Insolvenz/Konkursverwaltern oder Liquidatoren im Rahmen eines Insolvenz/Konkurs-, Vergleichs- oder Ausgleichsverfahrens oder eines in den Rechts- oder Verwaltungsvorschriften eines Mitgliedstaats vorgesehenen gleichartigen Verfahrens erworben.

Ist der öffentliche Auftraggeber nicht die Kommission, ist für den Rückgriff auf das Verhandlungsverfahren die vorherige Zustimmung des zuständigen Anweisungsbefugten erforderlich.

(2) Für Zwecke des Absatzes 1 Buchstabe a) sind Interventionen im Rahmen von Krisensituationen gemäß Artikel 168 Absatz 2 Situationen äußerster Dringlichkeit gleichgestellt. Der bevollmächtigte Anweisungsbefugte stellt gegebenenfalls in Abstimmung mit den anderen betroffenen bevollmächtigten Anweisungsbefugten fest, dass eine Situation äußerster Dringlichkeit vorliegt, und überprüft seine Entscheidung regelmäßig im Hinblick auf den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung.

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