Artikel 149 VO (EU) 2013/1308

Vertragsverhandlungen im Sektor Milch und Milcherzeugnisse

(1) Eine gemäß Artikel 161 Absatz 1 anerkannte Erzeugerorganisation im Sektor Milch und Milcherzeugnisse kann im Namen der ihr angehörenden Landwirte für deren gesamte gemeinsame Erzeugung oder einen Teil davon Verträge über die Lieferung von Rohmilch durch einen Landwirt an einen Rohmilch verarbeitenden Betrieb oder Abholer im Sinne von Artikel 148 Absatz 1 Unterabsatz 3 aushandeln.

(2) Die Erzeugerorganisation kann Verträge unter den folgenden Umständen aushandeln:

a)
unabhängig davon, ob das Eigentum an der Rohmilch von den Landwirten auf die Erzeugerorganisation übergeht,
b)
unabhängig davon, ob für die gemeinsame Erzeugung einiger oder aller der ihnen angehörenden Landwirte derselbe Preis ausgehandelt wird,
c)
sofern für eine bestimmte Erzeugerorganisation sämtliche folgenden Bedingungen erfüllt sind

i)
die von den Verhandlungen abgedeckte Rohmilchmenge überschreitet nicht 4 % der gesamten Erzeugung der Union,
ii)
die von den Verhandlungen abgedeckte Rohmilchmenge, die in einem bestimmten Mitgliedstaat erzeugt wird, überschreitet nicht 33 % der gesamten nationalen Erzeugung dieses Mitgliedstaats und
iii)
die von den Verhandlungen abgedeckte Rohmilchmenge, die in einem bestimmten Mitgliedstaat geliefert wird, überschreitet nicht 33 % der gesamten nationalen Erzeugung dieses Mitgliedstaats,

d)
sofern die betreffenden Landwirte keiner anderen Erzeugerorganisation angehören, die ebenfalls in ihrem Namen solche Verträge aushandelt; wobei die Mitgliedstaaten jedoch in hinreichend begründeten Fällen von dieser Bedingung abweichen können, wenn Landwirte über zwei getrennte Erzeugungseinheiten in unterschiedlichen geografischen Gebieten verfügen,
e)
soweit der Landwirt nicht aufgrund seiner Mitgliedschaft in einer Genossenschaft verpflichtet ist, die Rohmilch gemäß den Bedingungen der Satzung dieser Genossenschaft oder gemäß den sich aus dieser Satzung ergebenden oder darin vorgesehenen Bestimmungen und Beschlüssen abzuliefern, und
f)
sofern die Erzeugerorganisation die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats oder der Mitgliedstaaten, in dem/denen sie tätig ist, über die von den Verhandlungen abgedeckte Rohmilchmenge benachrichtigt.

(3) Unbeschadet der Bedingungen des Absatzes 2 Buchstabe c Ziffern ii und iii kann eine Erzeugerorganisationen gemäß Absatz 1 Verhandlungen führen, wenn im Hinblick auf diese Erzeugerorganisation die von den Verhandlungen abgedeckte Rohmilchmenge, die in einem Mitgliedstaat mit einer jährlichen Gesamterzeugung an Rohmilch von weniger als 500000 t erzeugt oder in diesen geliefert wird, nicht mehr als 45 % der nationalen Gesamterzeugung dieses Mitgliedstaates beträgt.

(4) Im Sinne dieses Artikels schließen Bezugnahmen auf Erzeugerorganisationen Zusammenschlüsse von Erzeugerorganisationen ein.

(5) Im Sinne von Absatz 2 Buchstabe c sowie von Absatz 3 veröffentlicht die Kommission auf die ihr angebracht erscheinende Weise die Mengen der in der Union und den Mitgliedstaaten erzeugten Rohmilch und greift dafür auf die aktuellsten verfügbaren Informationen zurück.

(6) Die entsprechend dem Unterabsatz 2 des vorliegenden Absatzes zuständige Wettbewerbsbehörde kann, abweichend von Absatz 2 Buchstabe c und Absatz 3 – selbst wenn die darin festgelegten Grenzwerte nicht überschritten werden –, in Einzelfällen beschließen, dass die betreffende Erzeugerorganisation bestimmte Verhandlungen wieder aufzunehmen hat oder keine Verhandlungen führen darf, wenn sie dies als erforderlich erachtet, um den Wettbewerb aufrechtzuerhalten oder um ernsthaften Schaden von auf ihrem Hoheitsgebiet angesiedelten kleinen und mittleren Unternehmen, die Rohmilch verarbeiten, abzuwenden.

Bei Verhandlungen, die mehr als einen Mitgliedstaat zum Gegenstand haben, ist der im ersten Unterabsatz beschriebene Beschluss ohne die Verfahren nach Artikel 229 Absatz 2 oder 3 von der Kommission zu fassen. In allen anderen Fällen wird der Beschluss von der nationalen Wettbewerbsbehörde des Mitgliedstaats gefasst, auf den sich die Verhandlungen beziehen.

Die Beschlüsse im Sinne dieses Absatzes gelten erst ab dem Zeitpunkt, zu dem sie den betroffenen Unternehmen mitgeteilt werden.

(7) Im Sinne dieses Artikels bezeichnet der Ausdruck

a)
"nationale Wettbewerbsbehörde" die in Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates(1) genannte Behörde;
b)
"kleine und mittlere Unternehmen" Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen im Sinne der Empfehlung 2003/361/EG.

(8) Die Mitgliedstaaten, in denen die Verhandlungen nach diesem Artikel stattfinden, teilen der Kommission die Anwendung des Absatzes 2 Buchstabe f und des Absatzes 6 mit.

Fußnote(n):

(1)

Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 101 und 102 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. L 1 vom 4.1.2003, S. 1).

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