Artikel 148 VO (EU) 2013/1308
Vertragsbeziehungen im Sektor Milch und Milcherzeugnisse
(1) Beschließt ein Mitgliedstaat, dass für jede Rohmilchlieferung eines Landwirts an einen Rohmilch verarbeitenden Betrieb in seinem Hoheitsgebiet ein schriftlicher Vertrag zwischen den beteiligten Parteien abzuschließen ist und/oder dass Erstankäufer ein schriftliches Vertragsangebot für Rohmilchlieferungen durch Landwirte vorzulegen haben, so müssen solche Verträge und/oder solche Vertragsangebote die in Absatz 2 festgelegten Bedingungen erfüllen.
Beschließt ein Mitgliedstaat, dass für Rohmilchlieferungen durch Landwirte an einen Rohmilch verarbeitenden Betrieb ein schriftlicher Vertrag zwischen den beteiligten Parteien abzuschließen ist, so muss der betreffende Mitgliedstaat ebenfalls festlegen, für welche Stufe bzw. Stufen der Lieferung ein solcher Vertrag abzuschließen ist, wenn die Rohmilchlieferung durch einen oder mehrere Abholer vorgenommen wird.
Im Sinne dieses Artikels bezeichnet der Begriff "Abholer" ein Unternehmen, das Rohmilch von einem Landwirt oder einem weiteren Abholer zu einem Rohmilch verarbeitendem Betrieb oder einem weiteren Abholer befördert, wobei das Eigentum an der Rohmilch bei jeder Stufe der Lieferung übertragen wird.
(1a) Nutzen Mitgliedstaaten die in Absatz 1 dieses Artikels genannten Möglichkeiten nicht, so kann ein Erzeuger, eine Erzeugerorganisation oder eine Vereinigung von Erzeugerorganisationen fordern, dass für jegliche Rohmilchlieferungen an einen Rohmilch verarbeitenden Betrieb ein schriftlicher Vertrag zwischen den Parteien geschlossen und/oder ein schriftliches Vertragsangebot von den Erstankäufern unterbreitet werden muss, und zwar unter den in Absatz 4 Unterabsatz 1 dieses Artikels festgelegten Bedingungen.
Ist der Erstankäufer ein Kleinstunternehmen oder ein kleines oder mittleres Unternehmen im Sinne der Empfehlung 2003/361/EG, so ist der Vertrag und/oder das Vertragsangebot nicht obligatorisch, unbeschadet der Möglichkeit, dass die Parteien einen von einem Branchenverband erstellten Mustervertrag verwenden.
(2) Der Vertrag und/oder das Vertragsangebot gemäß den Absätzen 1 und 1a
- a)
- ist vor der Lieferung abzuschließen bzw. vorzulegen,
- b)
- ist schriftlich abzuschließen bzw. vorzulegen und
- c)
-
hat insbesondere die folgenden Bestandteile zu enthalten:
- i)
-
den Preis für die gelieferte Milch, der
- —
-
fest und im Vertrag genannt sein muss und/oder
- —
-
als Kombination verschiedener im Vertrag festgelegter Faktoren errechnet wird, etwa auf der Grundlage von objektiven Indikatoren, Indizes und Methoden zur Berechnung des Endpreises, die leicht zugänglich und verständlich sind und die Veränderungen der Marktbedingungen widerspiegeln, von der Liefermenge sowie von der Qualität oder Zusammensetzung der gelieferten Rohmilch; diese Indikatoren können auf einschlägigen Preisen, Produktions- und Marktkosten beruhen; zu diesem Zweck können die Mitgliedstaaten nach objektiven Kriterien auf der Grundlage von Studien über die Erzeugung und die Lebensmittelversorgungskette Indikatoren festlegen; den Vertragsparteien steht es frei, auf diese oder andere ihrer Ansicht nach wichtige Indikatoren Bezug zu nehmen,
- ii)
- die Rohmilchmengen, die geliefert werden können und/oder müssen, und den Zeitplan für diese Lieferungen,
- iii)
- die Laufzeit des Vertrags, der auf bestimmte oder auf unbestimmte Zeit mit Kündigungsklauseln abgeschlossen werden kann,
- iv)
- Angaben zu Zahlungsperioden und -verfahren,
- v)
- die Abhol- oder Liefermodalitäten für Rohmilch, sowie
- vi)
- die im Falle höherer Gewalt anwendbaren Regelungen.
(3) Abweichend von den Absätzen 1 und 1a ist bei der Lieferung von Rohmilch von einem Mitglied einer Genossenschaft an die Genossenschaft, der das Mitglied angehört, kein Vertrag und/oder kein Vertragsangebot erforderlich, wenn die Satzung dieser Genossenschaft oder die sich aus dieser Satzung ergebenden oder darin vorgesehenen Regeln und Beschlüsse Bestimmungen enthalten, mit denen eine ähnliche Wirkung erzielt wird wie mit den in Absatz 2 Buchstaben a, b und c genannten Bestimmungen.
(4) Sämtliche Bestandteile von Verträgen über Rohmilchlieferungen, die von Landwirten, Abholern oder Rohmilch verarbeitenden Betrieben abgeschlossen werden, einschließlich der in Absatz 2 Buchstabe c genannten Bestandteile, sind zwischen den beteiligten Parteien frei verhandelbar.
Ungeachtet des Unterabsatzes 1 gilt eine oder mehrere der folgenden Regelungen:
- a)
-
Schreibt ein Mitgliedstaat den Abschluss eines schriftlichen Vertrags für die Lieferung von Rohmilch gemäß Absatz 1 verbindlich vor, so kann er Folgendes festlegen:
- i)
- eine Verpflichtung der Vertragsparteien, eine Beziehung zwischen einer bestimmten Liefermenge und dem Preis für diese Lieferung zu vereinbaren;
- ii)
- eine Mindestlaufzeit, die lediglich für schriftliche Verträge zwischen einem Landwirt und dem Erstankäufer von Rohmilch gilt; diese Mindestlaufzeit beträgt mindestens sechs Monate und darf das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarktes nicht beeinträchtigen;
- b)
- beschließt ein Mitgliedstaat, dass Erstankäufer von Rohmilch gemäß Absatz 1 ein schriftliches Angebot für einen Vertrag mit einem Landwirt zu unterbreiten haben, so kann er vorschreiben, dass das Angebot auch eine Mindestlaufzeit des Vertrags entsprechend den diesbezüglichen nationalen Vorschriften beinhalten muss; diese Mindestdauer sollte mindestens sechs Monate umfassen und das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarktes nicht beeinträchtigen.
Unterabsatz 2 lässt das Recht des Landwirts, eine solche Mindestlaufzeit in schriftlicher Form abzulehnen, unberührt. In diesem Falle steht es den beteiligten Parteien offen, Verhandlungen über alle Bestandteile des Vertrags zu führen, auch über die in Absatz 2 Buchstabe c aufgeführten.
(5) Nutzt ein Mitgliedstaat die in diesem Artikel genannten Möglichkeiten, so setzt er die Kommission über deren Anwendung in Kenntnis.
(6) Die Kommission kann Durchführungsrechtsakte erlassen, in denen die für die einheitliche Anwendung von Absatz 2 Buchstaben a und b sowie Absatz 3 erforderlichen Maßnahmen sowie die Maßnahmen bezüglich der von den Mitgliedstaaten vorzunehmenden Benachrichtigungen gemäß diesem Artikel festgelegt werden. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 229 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.
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