ANHANG IV VO (EU) 2013/347
REGELN UND INDIKATOREN FÜR DIE KRITERIEN FÜR VORHABEN VON GEMEINSAMEM INTERESSE
- 1.
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Ein Vorhaben mit erheblichen grenzüberschreitenden Auswirkungen ist ein Vorhaben im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, das die folgenden Bedingungen erfüllt:
- a) Stromübertragung:
- Das Vorhaben erhöht die Übertragungskapazität des Netzes oder die für kommerzielle Lastflüsse verfügbare Kapazität an der Grenze dieses Mitgliedstaats zu einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten oder an jeder anderen relevanten Stelle desselben Übertragungskorridors und damit auch die grenzübergreifende Übertragungskapazität des Netzes um mindestens 500 Megawatt gegenüber der Situation ohne die Inbetriebnahme des Vorhabens.
- b) Stromspeicherung:
- Das Vorhaben schafft durch den Bau von Anlagen eine Kapazität von mindestens 225 Megawatt und hat eine Speicherkapazität, die eine jährliche Nettostromerzeugung von 250 Gigawattstunden pro Jahr ermöglicht.
- c) Gasfernleitung:
- Das Vorhaben betrifft Investitionen in Lastflusskapazitäten entgegen der Hauptflussrichtung oder verändert die grenzüberschreitende Fernleitungskapazität der betroffenen Mitgliedstaaten um mindestens 10 % gegenüber der Situation vor der Inbetriebnahme des Vorhabens.
- d) Gasspeicherung oder verflüssigtes oder verdichtetes Erdgas:
- Ziel des Vorhabens ist es, mindestens zwei Mitgliedstaaten direkt oder indirekt zu versorgen oder den Infrastrukturstandard (n-1-Regel) auf regionaler Ebene gemäß Artikel 6 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 994/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates(1) zu erfüllen.
- e) intelligente Netze:
- Das Vorhaben ist für Ausrüstungen und Anlagen auf der Hochspannungsebene und der Mittelspannungsebene ausgelegt, die für eine Spannung von mindestens 10 kV konzipiert. An ihm sind Übertragungs- und Verteilernetzbetreiber aus mindestens zwei Mitgliedstaaten beteiligt, die mindestens 50000 Nutzer abdecken, die Strom erzeugen oder verbrauchen oder sowohl Strom erzeugen als auch verbrauchen, und zwar in einem Verbrauchsgebiet von mindestens 300 Gigawattstunden/Jahr, von denen mindestens 20 % aus erneuerbaren Energiequellen, die variabel sind, stammen.
- 2.
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Bei Vorhaben, die unter die in Anhang II Nummer 1 Buchstaben a bis d genannten Kategorien fallen, werden die in Artikel 4 aufgeführten Kriterien wie folgt bewertet:
- a)
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Marktintegration, Wettbewerb und Netzflexibilität werden entsprechend der im Rahmen des letzten verfügbaren unionsweiten Zehnjahres-Netzentwicklungsplans für Strom durchgeführten Analyse gemessen, insbesondere
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indem bei grenzüberschreitenden Vorhaben die Auswirkungen auf die Netzübertragungskapazität in beide Lastflussrichtungen, gemessen als Strommenge (in Megawatt), und ihr Beitrag zum Erreichen der Mindestverbindungskapazität von 10 % der vorhandenen Erzeugungskapazität berechnet werden oder indem bei Vorhaben mit erheblichen grenzüberschreitenden Auswirkungen die Auswirkungen auf die Netzübertragungskapazität an den Grenzen zwischen relevanten Mitgliedstaaten, zwischen relevanten Mitgliedstaaten und Drittländern oder innerhalb relevanter Mitgliedstaaten, auf den Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage und auf den Netzbetrieb in relevanten Mitgliedstaaten berechnet werden;
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indem für das in Anhang V Nummer 10 definierte Analysegebiet die Auswirkungen eines Vorhabens hinsichtlich der energiesystemweiten Erzeugungs- und Übertragungskosten und der Entwicklung und Konvergenz der Marktpreise nach verschiedenen Planungsszenarios, insbesondere unter Berücksichtigung der bei der Merit-Order (Einsatzreihenfolge des Kraftwerkparks) entstehenden Veränderungen, bewertet werden.
- b)
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Die Übertragung regenerativ erzeugten Stroms zu großen Verbrauchszentren und Speicheranlagen wird entsprechend der im Rahmen des letzten verfügbaren Zehnjahres-Netzentwicklungsplans für Strom durchgeführten Analyse gemessen, insbesondere
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indem bei der Stromübertragung die Kapazität der Erzeugung aus erneuerbaren Energiequellen (pro Technologie in Megawatt), die infolge des Vorhabens angeschlossen und übertragen wird, im Vergleich zu der gesamten Erzeugungskapazität aus diesen erneuerbaren Energiequellen, die für 2020 nach dem in Artikel 4 der Richtlinie 2009/28/EG festgelegten nationalen Aktionsplan für erneuerbare Energie im jeweiligen Mitgliedstaat geplant ist, geschätzt wird;
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indem bei der Stromspeicherung die durch das Vorhaben bereitgestellte neue Kapazität mit der für die gleiche Speichertechnologie in dem in Anhang V Nummer 10 definierten Analysegebiet vorhandenen Gesamtkapazität verglichen wird.
- c)
- Die Versorgungssicherheit, die Interoperabilität und der sichere Netzbetrieb werden entsprechend der im Rahmen des letzten verfügbaren Zehnjahres-Netzentwicklungsplans für Strom durchgeführten Analyse gemessen, insbesondere indem für das in Anhang V Nummer 10 definierte Analysegebiet die Auswirkungen des Vorhabens auf die Unterbrechungserwartung aufgrund von Erzeugungsdefiziten hinsichtlich der Angemessenheit der Erzeugung und der Übertragung für eine Reihe charakteristischer Lastzeiträume bewertet werden unter Berücksichtigung voraussichtlicher Änderungen bei den mit dem Klima zusammenhängenden extremen Wetterereignissen und deren Folgen für die Belastbarkeit der Infrastruktur. Die Auswirkungen des Vorhabens auf die unabhängige und zuverlässige Kontrolle des Betriebs und der Leistungen des Netzes werden gemessen, sofern dies möglich ist.
- 3.
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Bei Vorhaben, die unter die in Anhang II Nummer 2 genannten Kategorien fallen, werden die in Artikel 4 aufgeführten Kriterien wie folgt bewertet:
- a)
- Die Marktintegration und die Interoperabilität werden gemessen, indem der Mehrwert des Vorhabens für die Integration der Marktgebiete, die Preiskonvergenz und die Flexibilität des Netzes insgesamt, einschließlich der Kapazität für Lastflüsse entgegen der Hauptflussrichtung, nach verschiedenen Szenarios berechnet wird.
- b)
- Der Wettbewerb wird auf der Grundlage der Diversifizierung gemessen, wobei die Erleichterung des Zugangs zu heimischen Versorgungsquellen eingeschlossen wird und — in dieser Reihenfolge — die Diversifizierung der Quellen, die Diversifizierung der Lieferanten und die Diversifizierung der Versorgungswege sowie die Auswirkungen neuer Kapazität auf den Herfindahl-Hirschmann-Index (HHI), der auf Kapazitätsebene für das in Anhang V Nummer 10 definierte Analysegebiet berechnet wird, berücksichtigt werden.
- c)
- Die Gasversorgungssicherheit wird gemessen, indem der Mehrwert des Vorhabens für die kurz- und langfristige Belastbarkeit des Gasnetzes der Union und für die Verbesserung der verbleibenden Flexibilität des Netzes im Hinblick auf die Bewältigung von Versorgungsunterbrechungen in den Mitgliedstaaten nach verschiedenen Szenarios berechnet wird ebenso wie die zusätzliche durch das Vorhaben bereitgestellte Kapazität, die bezogen auf den Infrastrukturstandard (n-1-Regel) auf regionaler Ebene gemäß Artikel 6 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 994/2010 gemessen wird.
- d)
- Die Nachhaltigkeit wird als Beitrag eines Vorhabens zur Emissionsminderung, zur Absicherung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen oder von Strom-zu-Gas-Konzepten und des Biogastransports unter Berücksichtigung erwarteter Veränderungen der klimatischen Bedingungen gemessen.
- 4.
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Bei Vorhaben, die unter die in Anhang II Nummer 1 Buchstabe e genannten Kategorien fallen, wird jede in Artikel 4 aufgeführte Funktion anhand folgender Kriterien bewertet:
- a) Grad der Nachhaltigkeit:
- Dieses Kriterium wird durch die Bewertung der Verringerung der Treibhausgasemissionen und der Auswirkungen der Stromnetzinfrastruktur auf die Umwelt gemessen.
- b) Kapazität der Übertragungs- und Verteilernetze, Nutzer anzubinden und Strom von den und zu den Nutzern zu transportieren:
- Dieses Kriterium wird durch die Schätzung der in den Verteilernetzen installierten Kapazität dezentraler Energiequellen, der ohne Engpassrisiken maximal zulässigen Stromeinspeisung in Übertragungsnetze und der wegen Engpass- oder Sicherheitsrisiken nicht in Anspruch genommenen Energie aus erneuerbaren Energiequellen gemessen.
- c) Netzanbindung und Zugang zu allen Kategorien von Netznutzern:
- Dieses Kriterium wird bemessen, indem für Erzeuger, Verbraucher und Akteure, die sowohl Erzeuger als auch Verbraucher sind, die für die Berechnung der Entgelte und Tarife festgelegten Methoden sowie ihre Struktur beurteilt werden ebenso wie die für den dynamischen Ausgleich von Mengenabweichungen im Stromnetz vorhandene betriebstechnische Flexibilität.
- d) Sicherheit und Qualität der Versorgung:
- Dieses Kriterium wird bemessen, indem das Verhältnis zwischen zuverlässiger verfügbarer Erzeugungskapazität und Spitzennachfrage, der Anteil erneuerbarer Energiequellen an der Stromerzeugung, die Stabilität des Stromnetzes, die Dauer und Häufigkeit von Unterbrechungen pro Kunde, einschließlich wetterabhängiger Unterbrechungen, und die Spannungsqualität beurteilt werden.
- e) Effizienz und Dienstleistungsqualität bei der Stromversorgung und dem Netzbetrieb:
- Dieses Kriterium wird bemessen, in dem die Höhe der Verluste in den Übertragungs- und Verteilernetzen, das Verhältnis zwischen der niedrigsten und der höchsten Stromnachfrage innerhalb eines bestimmten Zeitraums, die Beteiligung der Nachfrageseite an den Strommärkten und an Energieeffizienzmaßnahmen, die prozentuelle Nutzung (d. h. durchschnittliche Last) von Stromnetzkomponenten, die Verfügbarkeit von Netzkomponenten (bezogen auf die geplante und ungeplante Instandhaltung) und ihre Auswirkungen auf die Netzleistung sowie die tatsächliche Verfügbarkeit der Netzkapazität im Vergleich zu dem diesbezüglichen Standardwert beurteilt werden.
- f) Beitrag zu den grenzüberschreitenden Strommärkten durch Steuerung der Lastflüsse zur Begrenzung von Ringflüssen und zum Ausbau der Verbindungskapazität:
- Dieses Kriterium wird bewertet, indem das Verhältnis zwischen der Verbindungskapazität eines Mitgliedstaats und seiner Stromnachfrage, die Nutzung der Verbindungskapazität und die Engpasserlöse der Verbindungsleitungen beurteilt werden.
- 5.
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Bei Erdöltransportvorhaben, die unter die in Anhang II Nummer 3 genannten Kategorien fallen, werden die in Artikel 4 aufgeführten Kriterien wie folgt bewertet:
- a)
- Die Erdölversorgungssicherheit wird gemessen, indem der Mehrwert der neuen Kapazität, die ein Vorhaben für die kurz- und mittelfristige Belastbarkeit des Netzes schafft, und die verbleibende Flexibilität des Netzes im Hinblick auf die Bewältigung von Versorgungsunterbrechungen nach verschiedenen Szenarios bewertet werden.
- b)
- Die Interoperabilität wird gemessen, indem beurteilt wird, in welchem Umfang das Vorhaben den Betrieb des Erdölnetzes, insbesondere durch die Ermöglichung von Lastflüssen entgegen der Hauptflussrichtung, verbessert.
- c)
- Die effiziente und nachhaltige Ressourcennutzung wird bemessen, indem beurteilt wird, in welchem Umfang das Vorhaben bereits vorhandene Infrastruktur nutzt und zur Minimierung der Umweltbelastung und -risiken sowie der Belastung und Risiken infolge des Klimawandels beiträgt.
Fußnote(n):
- (1)
ABl. L 295 vom 12.11.2010, S. 1.
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