ANHANG XI VO (EU) 2014/134

Fahrzeugantriebsfamilie hinsichtlich der Prüfungen zum Nachweis der Umweltverträglichkeit

1.
Einleitung

1.1. Um die Hersteller bei den Prüfungen zum Nachweis der Umweltverträglichkeit von Fahrzeugen zu entlasten, können letztere in einer Fahrzeugantriebsfamilie zusammengefasst werden. Der Hersteller wählt mit Einverständnis der Genehmigungsbehörde aus dieser Fahrzeuggruppe eines oder mehrere Stammfahrzeuge aus, mit dem (denen) die Prüfungen Typ I bis VIII zum Nachweis der Umweltverträglichkeit durchgeführt werden sollen. Stammfahrzeuge für die Nachweisprüfung Typ IX zum Geräuschpegel müssen den Anforderungen der in Nummer 2 von Anhang IX erwähnten UNECE-Regelungen entsprechen.

1.2. Fahrzeuge der Klasse L gehören dann weiterhin in dieselbe Fahrzeugantriebsfamilie, wenn die Fahrzeugvariante, die Fahrzeugversion, der Antrieb, das Emissionsminderungssystem und die OBD-Parameter gemäß Tabelle 11-1 identisch sind oder innerhalb der vorgeschriebenen und erklärten Toleranzwerte bleiben.

1.3.
Zuordnung in Fahrzeug- und Antriebsfamilien hinsichtlich der Umweltprüfungen

Für die Umweltprüfungen Typ I bis XIII ist ein repräsentatives Stammfahrzeug auszuwählen, das innerhalb des von den Einstufungskriterien in Nummer 3 vorgegebenen Bereichs liegt.

2.
Begriffsbestimmungen

2.1.
„Kontinuierliche Nockenwellenverstellung” bedeutet, dass es möglich ist, die Öffnungs- und Schließungsdauer oder die Steuerzeiten der Einlass- oder Auslassventile zu ändern, während der Motor läuft;
2.2.
„Kommunikationsprotokoll” bezeichnet ein System von digitalen Nachrichtenformaten und -regeln für Nachrichten, die in oder zwischen Rechnersystemen oder -einheiten ausgetauscht werden;
2.3.
„Common-Rail-Einspritzung” bezeichnet ein System der Kraftstoffzufuhr zum Motor, in dem ein gleichbleibend hoher Druck aufrechterhalten bleibt;
2.4.
„Ladeluftkühler” bezeichnet einen Wärmetauscher, der mittels eines Laders Abwärme aus der Druckluft abführt, bevor diese in den Motor eintritt; so wird der volumetrische Wirkungsgrad verbessert, indem die Ladungsdichte der Ansaugluft erhöht wird;
2.5.
„elektronische Drosselklappe” bezeichnet ein Steuersystem, das darin besteht, dass Signale erfasst werden, die der Fahrer mittels Gaspedal oder Handgriff gibt, Daten von der (den) Steuereinheit(en) verarbeitet werden, die Drosselklappe entsprechend betätigt wird und die Steuereinheit Rückmeldungen über die Drosselklappe erhält, um die Luftzufuhr zum Verbrennungsmotor zu steuern;
2.6.
„Ladedruckregelung” bezeichnet eine Einrichtung zur Regelung des Ladedrucks im Ansaugsystem eines Motors mit Turbolader oder mechanischem Lader;
2.7.
„SCR-System” bezeichnet ein System, das gasförmige Schadstoffe in unschädliche Gase oder in Inertgase umwandelt, indem ein sich verbrauchendes Reagens eingespritzt wird, bei dem es sich um einen reaktiven Stoff zur Verringerung der Auspuffemissionen handelt, der auf dem Katalysator adsorbiert wird;
2.8.
NOx-Adsorber bezeichnet einen in die Auspuffanlage eines Fahrzeugs eingebauten NOx-Speicher, der durch die Freisetzung eines Reagens im Abgasstrom gereinigt wird;
2.9.
„Kaltstartvorrichtung” bezeichnet eine Vorrichtung, mit der das Luft-Kraftstoff-Gemisch des Motors vorübergehend angereichert wird, um das Anlassen zu unterstützen;
2.10.
„Starthilfe” bezeichnet eine Vorrichtung, mit der das Anlassen des Motors ohne Anreicherung des Luft-Kraftstoff-Gemisches unterstützt wird, wie z. B. durch Glühkerzen, veränderte Einspritzverstellung und Anpassung der Zündanlage;

„Abgasrückführungssystem (AGR-System)” bedeutet, dass ein Teil des Abgasstroms wieder in die Verbrennungskammer eines Motors zurückgeführt wird oder dort verbleibt, um die Verbrennungstemperatur zu senken;

3.
Einstufungskriterien

3.1.
Prüfungen Typ I, II, V, VII und VIII ( „X” in Tabelle 11-1 bedeutet „anwendbar” )

Tabelle 11-1

Einstufungskriterien für die Antriebsfamilie hinsichtlich der Prüfungen Typ I, II, V, VII und VIII

Erläuterungen:

#Beschreibung der EinstufungskriterienPrüfung Typ IPrüfung Typ IIPrüfung Typ VPrüfung Typ VIIPrüfung Typ VIII(1)
Stufe IStufe II
1.Fahrzeug
1.1.KlasseXXXXXX
1.2.UnterklasseXXXXXX
1.3.die Schwungmasse von Fahrzeugvarianten oder -versionen in zwei Schwungmassenklassen über oder unter der Nenn-SchwungmassenklasseXXXXX
1.4.Gesamtübersetzungsverhältnisse (± 8 %)XXXXX
2.Merkmale der Antriebsfamilie
2.1.Anzahl der Verbrennungs- oder ElektromotorenXXXXXX
2.2.Hybridbetriebsart(en) (parallel/sequentiell/sonstige)XXXXXX
2.3.Anzahl der Zylinder des VerbrennungsmotorsXXXXXX
2.4.Hubraum (± 2 %)(2) des VerbrennungsmotorsXXXXXX
2.5.Anzahl und Steuerung (kontinuierliche Nockenwellenverstellung) der Ventile des VerbrennungsmotorsXXXXXX
2.6.Einstoff-/Zweistoff-/Wasserstoff-Erdgas-Flex-Fuel-/VielstoffbetriebXXXXXX
2.7.Kraftstoffsystem (Vergaser/Überströmkanal/indirekte Einspritzung/Direkteinspritzung/Common-Rail-Einspritzung/Pumpe-Düse/sonstiges)XXXXXX
2.8.Kraftstofflagerung(3)XX
2.9.Typ des Kühlsystems des VerbrennungsmotorsXXXXXX
2.10.Arbeitsweise (Fremdz./Selbstz./Zweitakt/Viertakt/sonstige)XXXXXX
2.11.Ansaugsystem (Saugmotor/Aufladung (Turbolader/Ladeluftgebläse)/Ladeluftkühler/Ladedruckregelung) und Steuerung der Luftansaugung (mechanische/elektronische Drosselklappensteuerung/keine Drosselklappe)XXXXXX
3.Merkmale des Emissionsminderungssystems
3.1.Auspuffanlage (nicht) mit Katalysator(en) ausgestattetXXXXX
3.2.Typ des (der) Katalysators (Katalysatoren)XXXXX
3.2.1.Anzahl der Katalysatoren und Katalysatoren-BauteileXXXXX
3.2.2.Größe der Katalysatoren (Monolith-Volumen ± 15 %)XXXXX
3.2.3.Funktionsprinzip der katalytischen Wirkung (Oxidations-, Dreiwege-, beheizter, SCR-Katalysator, sonstige)XXXXX
3.2.4.Edelmetallgehalt (identisch oder größer)XXXXX
3.2.5.Edelmetallverhältnis (± 15 %)XXXXX
3.2.6.Trägerkörper (Aufbau und Werkstoff)XXXXX
3.2.7.ZelldichteXXXXX
3.2.8.Art des KatalysatorgehäusesXXXXX
3.3.Auspuffanlage (nicht) mit Partikelfilter(n) (PF) ausgestattetXXXXX
3.3.1.PF-TypenXXXXX
3.3.2.Anzahl und Bauteile der PFXXXXX
3.3.3.Größe des PF (Volumen des Filtereinsatzes ± 10 %)XXXXX
3.3.4.Funktionsprinzip des PF (Teilstrom/Wandstrom/sonstiges)XXXXX
3.3.5.aktive Oberfläche des PFXXXXX
3.4.Antrieb (nicht) mit periodisch arbeitendem Regenerationssystem ausgestattetXXXXX
3.4.1.Typ des periodisch arbeitenden RegenerationssystemsXXXXX
3.4.2.Funktionsprinzip des periodisch arbeitenden RegenerationssystemsXXXXX
3.5.Antrieb (nicht) mit einem System für die selektive katalytische Reduktion (SCR-System) ausgestattetXXXXX
3.5.1.Typ des SCR-SystemsXXXXX
3.5.2.Funktionsprinzip des periodisch arbeitenden RegenerationssystemsXXXXX
3.6.Antrieb (nicht) mit Mager-NOx-Falle/NOx-Absorber ausgestattetXXXXX
3.6.1.Typ der Mager-NOx-Falle/des NOx-AbsorbersXXXXX
3.6.2.Funktionsprinzip der Mager-NOx-Falle/des NOx-AbsorbersXXXXX
3.7.Antrieb (nicht) mit Kaltstarteinrichtung oder Starthilfeeinrichtung(en) ausgestattetXXXXX
3.7.1.Typ der Kaltstarteinrichtung oder StarthilfeeinrichtungXXXXX
3.7.2.Funktionsprinzip der Kaltstarteinrichtung oder Starthilfeeinrichtung(en)XXXXXX
3.7.3.Aktivierungszeit der Kaltstarteinrichtung oder Anlasseinrichtung(en) und/oder Arbeitszyklus (nur begrenzte Zeit nach Kaltstart aktiviert/Dauerbetrieb)XXXXXX
3.8.Antrieb (nicht) mit Sauerstoffsonde für die Kraftstoffregelung ausgestattetXXXXXX
3.8.1.Typen der SauerstoffsondeXXXXXX
3.8.2.Funktionsprinzip der Sauerstoffsonde (binär/Breitbandsonde/sonstiges)XXXXXX
3.8.3.Interaktion der Sauerstoffsonde mit dem geschlossenen Kraftstoff-Zufuhrsystem (stöchiometrisch/magerer oder fetter Betrieb)XXXXXX
3.9.Antrieb (nicht) mit Abgasrückführungssystem (AGR-System) ausgestattetXXXXX
3.9.1.Typen des AGR-SystemsXXXXX
3.9.2.Funktionsprinzip des AGR-Systems (intern/extern)XXXXX
3.9.3.maximale AGR-Rate (± 5 %)XXXXX

3.2.
Prüfungen Typ III und IV (X in Tabelle 11-2 bedeutet „anwendbar” )

Tabelle 11-2

Einstufungskriterien für die Antriebsfamilie hinsichtlich der Prüfungen Typ III und IV

Nr.Beschreibung der EinstufungskriterienPrüfung Typ IIIPrüfung Typ IV
1.Fahrzeug
1.1.Klasse;XX
1.2.Unterklasse;X
2.System
2.1.Antrieb (nicht) mit Kurbelgehäuseentlüftung ausgestattet;X
2.1.1.Typ der Kurbelgehäuseentlüftung;X
2.1.2.Funktionsprinzip der Kurbelgehäuseentlüftung (Entlüftung/Vakuum/Überdruck);X
2.2.Antrieb (nicht) mit Anlage zur Begrenzung der Verdunstungsemissionen ausgestattet;X
2.2.1.Typ der Anlage zur Begrenzung der Verdunstungsemissionen;X
2.2.2.Funktionsprinzip der Anlage zur Begrenzung der Verdunstungsemissionen (aktiv/passiv/mechanisch oder elektronisch gesteuert);X
2.2.3.gleiches Grundprinzip der Gemischaufbereitung (z. B. Vergaser/Zentraleinspritzung/Mehrpunkteinspritzung/drehzahl- und luftmassenabhängige Kraftstoffregelung durch MAP-Sensor/Luftmassendurchsatz);X
2.2.4.Material des Kraftstofftanks und der Kraftstoffleitungen ist identisch;X
2.2.5.das Volumen des Kraftstoffbehälters unterscheidet sich um maximal ± 50 %;X
2.2.die Einstellung des Überdruckventils des Kraftstofftanks ist identisch;X
2.2.6.gleiche Art der Speicherung des Kraftstoffdampfes (d. h. Form und Volumen der Falle, Speichermedium, Luftfilter (falls zur Begrenzung der Verdunstungsemissionen verwendet) usw.);X
2.2.7.gleiche Art der Spülung des gespeicherten Dampfes (z. B. Luftstrom, Volumen der Spülung während des Fahrzyklus);X
2.2.8.gleiche Art der Abdichtung und Belüftung des Kraftstoffsystems;X

5.
Erweiterung der Typgenehmigung hinsichtlich der Prüfung Typ IV

5.1. Die Typgenehmigung wird auf Fahrzeuge erweitert, die mit einer Anlage zur Begrenzung der Verdunstungsemissionen ausgestattet sind und die die Kriterien für eine Einstufung in eine Familie hinsichtlich der Verminderung der Verdunstungsemissionen gemäß Nummer 5.3 erfüllen. Das Fahrzeug, das hinsichtlich des Querschnitts und der ungefähren Länge der Leitungen den ungünstigsten Fall darstellt, ist als Stammfahrzeug zu prüfen.

5.2. Der Hersteller kann die Anwendung eines der folgenden Verfahren, die auf einer Strategie zur „Zertifizierung nach Bauart” beruhen, beantragen, um die Genehmigung hinsichtlich der Verdunstungsemissionen auszuweiten:

5.2.1
Übertragungsverfahren

5.2.1.1.
Wenn der Fahrzeughersteller einen Kraftstofftank mit einer allgemeinen Form hat zertifizieren lassen ( „Stamm-Kraftstofftank” ), so kann er die diesbezüglichen Prüfdaten dazu heranziehen, jeden anderen Kraftstofftank „nach Bauart” zertifizieren zu lassen, der dieselben Merkmale aufweist hinsichtlich Material (einschließlich Additive), Herstellungsverfahren und durchschnittliche Wanddicke.
5.2.1.2.
Wenn der Hersteller das Material (einschließlich Additive) eines Stamm-Kraftstofftanks auf der Grundlage einer vollständigen Permeabilitäts- oder Durchlässigkeitsprüfung hat zertifizieren lassen, kann er diese Prüfdaten dazu heranziehen, seinen Kraftstofftank nach Bauart zertifizieren zu lassen, wenn er konstruktiv dieselben Merkmale hinsichtlich Material (einschließlich Additive), Herstellungsverfahren und durchschnittliche Wanddicke aufweist.

5.2.2.
Verfahren mit der ungünstigsten Konfiguration

Wenn der Hersteller mit der ungünstigsten Konfiguration eines Kraftstofftanks eine erfolgreiche Permeabilitäts- oder Durchlässigkeitsprüfung durchgeführt hat, können diese Prüfdaten dazu herangezogen werden, andere Kraftstofftanks, die ansonsten hinsichtlich Material (einschließlich Additive), Anschlussstück der Kraftstoffpumpe und Tankverschluss/Einfüllstutzen ähnlich sind, nach Bauart zertifizieren zu lassen. Als ungünstigste Konfiguration gilt die Tankbauart mit den dünnsten Wänden oder der kleinsten Innenfläche.

Fußnote(n):

(1)

Die Kriterien für eine Einstufung in eine Fahrzeugfamilie gelten auch für die in Anhang XII der Verordnung (EU) Nr. 44/2014 enthaltene funktionsbezogene On-Bord-Diagnose.

(2)

Höchstens 30 % für Prüfung Typ VIII.

(3)

Nur für Fahrzeuge mit Tank für gasförmige Kraftstoffe.

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