Anlage 1 VO (EU) 2014/134

Vorschriften für die Ermittlung der bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit

1.
Geltungsbereich

Die Messung der bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit ist für Fahrzeuge der Klasse L vorgeschrieben, deren bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit gemäß Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 168/2013 beschränkt ist; hiervon betroffen sind die Fahrzeug(unter-)klassen L1e, L2e, L6e sowie L7e-B1 und L7e-C.

2.
Prüffahrzeug

2.1. Das/Die für die Prüfung der Antriebsleistung verwendete(n) Prüffahrzeug(e) muss/müssen hinsichtlich der Antriebsleistung repräsentativ für den in Verkehr gebrachten Serienfahrzeugtyp sein.

2.2.
Vorbereitung des Prüffahrzeugs

2.2.1.
Das Fahrzeug muss sauber sein; nur die Hilfseinrichtungen, die zum Betrieb des Fahrzeugs während der Prüfung erforderlich sind, dürfen in Betrieb sein.
2.2.2.
Die Einstellung der Kraftstoffzuführung und der Zündung, die Viskosität der Schmiermittel für die beweglichen mechanischen Teile sowie der Reifendruck müssen den Vorschriften des Herstellers entsprechen.
2.2.3.
Der Motor, das Antriebssystem und die Reifen müssen nach den Vorschriften des Herstellers ordnungsgemäß eingefahren sein.
2.2.4.
Vor der Prüfung müssen sich alle Teile des Prüffahrzeugs in einem wärmestabilen Zustand bei normaler Betriebstemperatur befinden.
2.2.5.
Die Masse des Fahrzeugs muss die Masse in fahrbereitem Zustand sein.
2.2.6.
Die Lastverteilung auf die Räder des Prüffahrzeugs muss den Angaben des Herstellers entsprechen.

3.
Fahrer

3.1.
Fahrzeuge ohne Aufbau

3.1.1.
Die Masse des Fahrers muss 75 kg ± 5 kg, seine Größe 1,75 m ± 0,05 m betragen. Bei Kleinkrafträdern betragen die Toleranzen jedoch nur ± 2 kg bzw. ± 0,02 m.
3.1.2.
Der Fahrer muss mit einer ihm passenden Kombination oder gleichwertiger Kleidung bekleidet sein.
3.1.3.
Der Fahrer muss auf dem Fahrersitz sitzen, die Füße auf den Pedalen oder Fußstützen und die Arme in normaler ausgestreckter Haltung haben. Bei Fahrzeugen, die mit sitzendem Fahrer eine Höchstgeschwindigkeit von mehr als 120 km/h erreichen, muss der Fahrer die Ausrüstung haben und die Haltung einnehmen, die vom Fahrzeughersteller empfohlen werden, sowie während der gesamten Prüfdauer die uneingeschränkte Kontrolle über das Fahrzeug haben. Die Haltung des Fahrers darf sich während der gesamten Prüfdauer nicht verändern und ist im Prüfprotokoll zu beschreiben oder anhand von Fotografien darzustellen.

3.2.
Fahrzeuge mit Aufbau

3.2.1.
Die Masse des Fahrers muss 75 kg ± 5 kg betragen. Bei Kleinkrafträdern beträgt diese Toleranz nur ± 2 kg.

4.
Merkmale der Prüfstrecke

4.1.
Die Prüfversuche sind auf einer Straße durchzuführen, die

4.1.1.
es gestattet, die Höchstgeschwindigkeit auf einer Messbahn gemäß Nummer 4.2 aufrechtzuerhalten. Die Beschleunigungsstrecke vor der Messbahn muss hinsichtlich Belag und Längsprofil genauso beschaffen sein wie die Messbahn und außerdem ausreichend lang sein, damit die Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeugs erreicht werden kann;
4.1.2.
sauber, glatt, trocken und asphaltiert oder mit einem gleichwertigen Belag versehen ist;
4.1.3.
in Längsrichtung keine größere Steigung als 1 % und keine größere Schrägneigung als 3 % aufweist. Die Höhenunterschiede zwischen zwei beliebigen Punkten der Prüfbahn dürfen nicht größer als 1 m sein.

4.2.
Die möglichen Formen der Messbahn sind in den Nummern 4.2.1, 4.2.2 und 4.2.3 abgebildet.

4.2.1.

Abbildung Anl 1-1

4.2.2.

Abbildung Anl 1-2

4.2.3.

Abbildung Anl 1-3

4.2.3.1.
Die beiden Messbahnen L müssen gleich lang sein und praktisch parallel verlaufen.
4.2.3.2.
Sind die beiden Messbahnen L gekrümmt, so muss die Zentrifugalkraft ungeachtet der Bestimmungen in Nummer 4.1.3 durch eine entsprechende Kurvenüberhöhung ausgeglichen werden.
4.2.3.3.
Statt der beiden Bahnen L gemäß Nummer 4.2.3.1 darf die Messbahn mit der Gesamtlänge der ringförmigen Prüfstrecke zusammenfallen. In diesem Fall muss der Halbmesser der Kurven mindestens 200 m betragen und die Zentrifugalkraft durch eine entsprechende Kurvenüberhöhung ausgeglichen werden.

4.3.
Die Länge L der Messbahn ist in Abhängigkeit von der Genauigkeit der zur Bestimmung der Zeit t für das Durchfahren der Messstrecke angewandten Methode zu wählen, damit der Wert der tatsächlichen Geschwindigkeit mit einer Genauigkeit von ± 1 % bestimmt werden kann. Werden die Messgeräte manuell bedient, so darf die Länge L der Messbahn nicht geringer als 500 m sein. Wurde für die Messbahn der Typ II gewählt, so müssen zur Bestimmung der Zeit t elektronische Messgeräte benutzt werden.

5.
Atmosphärische Bedingungen

    Atmosphärischer Druck: 97 kPa ± 10 kPa.

    Umgebungstemperatur: zwischen 278,2 K und 318,2 K.

    Relative Luftfeuchtigkeit: 30 % bis 90 %.

    Mittlere Windgeschwindigkeit, gemessen 1 m über dem Boden: < 3 m/s, mit Spitzenwerten < 5 m/s.

6.
Prüfverfahren

6.1. Fahrzeuge der Klasse L1e mit elektrischer Trethilfe sind nach dem Verfahren gemäß EN 15194:2009 Nummer 4.2.6 betreffend die maximale Geschwindigkeit von Fahrzeugen mit elektromotorischer Unterstützung zu prüfen. Werden Fahrzeuge der Klasse L1e nach diesem Verfahren geprüft, so können die Nummern 6.2 bis 6.9 außer Acht gelassen werden.

6.2. Es ist der Getriebegang einzulegen, der es ermöglicht, dass das Fahrzeug auf ebener Strecke seine Höchstgeschwindigkeit erreichen kann. Der Gashebel ist in Vollgasstellung zu halten und etwaige vom Fahrer wählbare Antriebsmodi sind in Betrieb zu setzen, so dass die maximale Antriebsleistung erreicht wird.

6.3. Bei Fahrzeugen ohne Aufbau hat der Fahrer seine in Nummer 3.1.3 definierte Fahrhaltung beizubehalten.

6.4. Das Fahrzeug muss in die Messbahn mit stabilisierter Geschwindigkeit einfahren. Messbahnen des Typs 1 und des Typs 2 sind nacheinander in beiden Richtungen zu durchfahren.

6.4.1. Bei einer Messbahn des Typs 2 ist es zulässig, dass die Prüfung nur in einer Richtung erfolgt, wenn es dem Fahrzeug aufgrund der Beschaffenheit der Prüfstrecke nicht möglich ist, seine Höchstgeschwindigkeit auch in der Gegenrichtung zu erreichen. In diesem Fall
6.4.1.1.
muss die Prüfstrecke unmittelbar hintereinander fünfmal durchfahren werden;
6.4.1.2.
darf die axiale Windkomponente eine Geschwindigkeit von 1 m/s nicht übersteigen.

6.5. Bei einer Messbahn des Typs 3 müssen die beiden Bahnen „L” ohne Unterbrechung nacheinander in einer Richtung durchfahren werden.

6.5.1. Fällt die Messbahn mit der Gesamtlänge der Prüfstrecke zusammen, ist sie mindestens zweimal in einer Richtung zu durchfahren. Die Differenz zwischen den äußersten Zeitmesswerten darf 3 % nicht übersteigen.

6.6. Kraftstoff und Schmiermittel müssen den Empfehlungen des Herstellers entsprechen.

6.7. Die Gesamtzeit t, die zum Durchfahren der Messbahn in beiden Richtungen erforderlich ist, muss auf 0,7 % genau ermittelt werden.

6.8.
Ermittlung der Durchschnittsgeschwindigkeit

Die Durchschnittsgeschwindigkeit v (km/h) beim Prüfversuch wird wie folgt ermittelt:

6.8.1.
Bei einer Messbahn des Typs 1 oder 2:

Gleichung Anl 1-3:v3,6 2 Lt7,2 Lt Dabei ist:
L=
Länge der Messbahn (m)
t=
Gesamtzeit (s) für das Durchfahren der beiden Messbahnen L (m).

6.8.2.
Bei einer nur in einer Richtung durchfahrenen Messbahn des Typs 2:

    Gleichung Anl 1-2:

    v = va

    Dabei ist:

    Gleichung Anl 1-3:

    Vabeim jeweiligen Durchfahren gemessene Geschwindigkeit (km/h)v3,6 Lt

    Dabei ist:

    L=
    Länge der Messbahn (m)
    t=
    Gesamtzeit (s) für das Durchfahren der Messbahn L (m).

6.8.3.
Messbahn des Typs 3

6.8.3.1.
Bei einer aus zwei Teilen L bestehenden Messbahn (siehe Nummer 4.2.3.1):
Gleichung Anl 1-4:v3,6 2 Lt7,2 Lt Dabei ist:
L=
Länge der Messbahn (m)
t=
Gesamtzeit (s) für das Durchfahren der beiden Messbahnen L (m).
6.8.3.2.
Bei einer Messbahn, die mit der Gesamtlänge der ringförmigen Prüfstrecke zusammenfällt (siehe Nummer 3.1.4.2.3.3):

    Gleichung Anl 1-5:

    vva k

    Dabei ist:

    Gleichung Anl 1-6:

    vagemessene Geschwindigkeit (km/h)v3,6 Lt

    Dabei ist:

    L=
    Länge der auf der ringförmigen Geschwindigkeitsprüfstrecke effektiv durchfahrenen Teilstrecke (m);
    t=
    für das Durchfahren einer vollständigen Runde erforderliche Zeit (s)

    Gleichung Anl 1-7:

    t1nai l ti

    Dabei ist:

    n=
    Anzahl der Runden
    ti=
    Zeit (s) pro Runde
    k=
    Korrekturfaktor (1,00 ≤ 1,05); dieser Faktor ist spezifisch für die betreffende ringförmige Prüfstrecke und wird anhand von Versuchen gemäß Unteranlage 1.1 bestimmt.

6.9. Die Durchschnittsgeschwindigkeit ist mindestens zweimal nacheinander zu messen.

7.
Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeugs

Die Höchstgeschwindigkeit des Prüffahrzeugs wird in km/h als der ganzzahlige Wert ausgedrückt, der dem arithmetischen Mittel der bei zwei aufeinander folgenden Prüfungen ermittelten Geschwindigkeitswerte am nächsten liegt; die Messwerte dürfen um nicht mehr als 3 % voneinander abweichen. Liegt das arithmetische Mittel genau in der Mitte zwischen zwei ganzen Zahlen, so wird aufgerundet.

8.
Toleranzen bei der Messung der Höchstgeschwindigkeit

8.1.
Die vom technischen Dienst und zur Zufriedenheit der Genehmigungsbehörde ermittelte Höchstgeschwindigkeit darf für Fahrzeuge mit Vmax ≤ 30 km/h um ± 10 % und für Fahrzeuge mit Vmax > 30 km/h um ± 5 % von dem unter Nummer 7 angegebenen Wert abweichen.

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