ANHANG XVII VO (EU) 2014/3

Anforderungen an den Insassenschutz einschließlich Innenausstattung und Fahrzeugtüren

TEIL 1

1.
Allgemeine Vorschriften

1.1. Fahrzeuge der Klassen L2e, L5e, L6e und L7e mit Aufbau müssen folgenden Vorschriften entsprechen:

1.1.1. Das Fahrzeuginnere ist in drei Hauptbereiche eingeteilt:

Innenbereich 1:

vor der Rumpfbezugslinie in Bezug auf den Sitzplatz des Fahrers;

über dem R-Punkt des Sitzplatzes des Fahrers;

Innenbereich 2:

vor der Rumpfbezugslinie in Bezug auf den Sitzplatz des Fahrers;

unter dem R-Punkt des Sitzplatzes des Fahrers und

Innenbereich 3:

hinter der Rumpfbezugslinie in Bezug auf den Sitzplatz des Fahrers;

vor der Rumpfbezugslinie in Bezug auf den Sitzplatz des hintersten Fahrgastes;

über dem R-Punkt des niedrigsten Sitzplatzes (jedoch nicht des Sitzplatzes des Fahrers).

1.1.1.1.
Abweichend von Artikel 2 Absatz 5 und für die Zwecke dieses Anhangs wird bei einem Fahrzeug davon ausgegangen, dass es über einen Aufbau und damit über einen Innenraum verfügt, wenn es mit Sicherheitsglas, Seitentüren, Seitensäulen und/oder einem Dach, das einen geschlossenen oder teilweise geschlossenen Raum bildet, ausgerüstet ist. Der technische Dienst muss eine klare Begründung für die Beurteilungskriterien im Prüfbericht vorlegen.
1.1.2. Alle Fahrzeugtüren und Glasscheiben müssen geschlossen sein. Ist das Fahrzeug mit einem Dach ausgerüstet, das geöffnet oder entfernt werden kann, so muss dieses geschlossen sein.
1.1.3. Sonstige Innenraumelemente mit mehreren Benutzungsstellungen wie Hebel, Sonnenblenden, Getränkehalter, Aschenbecher, Lüftungsöffnungen, Knöpfe und Schalter sind in jeder möglichen Einstellung, auch Zwischenstellungen, zu prüfen. Stauräume (z. B. Handschuhfach) sind in geschlossenem Zustand zu prüfen.
1.1.4. Materialien, die weicher als 50 Shore (A) sind, werden in der Bewertung der Übereinstimmung mit den Anforderungen nicht berücksichtigt. Der technische Dienst kann daher die Entfernung solcher Materialien bei den Typgenehmigungsprüfungen verlangen.
1.1.5. Die Vorderseite von Sitzstrukturen bleibt unberücksichtigt. Die Rückseite von Sitzstrukturen im Innenbereich 3 muss den Anforderungen von Teil 1 (gegebenenfalls unter Entfernung weicher Materialien) oder den einschlägigen Anforderungen für die Sitzbereiche 1, 2 und 3 in UNECE-Regelung Nr. 17 entsprechen, gemäß den Vorschriften für die Fahrzeugklasse M1.
1.1.6.
Prüfkörper
1.1.6.1.
Ein Kopfform-Prüfkörper ist in den Innenraumbereichen 1 und 3 zu verwenden, um Situationen zu simulieren, in denen Kanten mit dem Kopf eines Fahrzeuginsassen in Berührung kommen könnten. Die Einrichtung besteht aus einer Kugel mit einem Durchmesser von 165 mm. Gegebenenfalls ist mit dem Prüfkörper eine Kraft, die 2,0 daN nicht übersteigen darf, auszuüben, um Kanten freizulegen.
1.1.6.2.
Ein Knieform-Prüfkörper ist im Innenraumbereich 2 zu verwenden, um Situationen zu simulieren, in denen Kanten mit den Knien eines Fahrzeuginsassen in Berührung kommen könnten. Die Spezifikationen des Knieform-Prüfkörpers entsprechen den Anforderungen von Teil 1 Anlage 1. Gegebenenfalls ist mit der Prüfeinrichtung eine Kraft, die 2,0 daN nicht übersteigen darf, auszuüben, um Kanten freizulegen.
1.1.6.3.
Der eigentliche Prüfkörper darf nicht aus dem zu prüfenden Bereich herausbewegt werden; jedoch darf der Kopfform-Prüfkörper unter die untere horizontale Begrenzung von Innenraumbereich 1 und der Knieform-Prüfkörper über die obere horizontale Begrenzung von Innenraumbereich 2 bewegt werden, sofern der jeweilige Berührungspunkt noch innerhalb des zu prüfenden Bereichs liegt (d. h. Berührungspunkte dürfen sich nicht überdecken). Besitzt der Fahrzeuginnenraum eine Öffnung nach außen, beispielsweise weil Türen oder Dach nicht vorhanden sind, so ist eine imaginäre äußere Begrenzung zu berücksichtigen, bei der davon ausgegangen wird, dass das ganze Fahrzeug, d. h. auch seine Öffnungen, in ein dünnes Plastiktuch gehüllt ist.
1.1.6.3.1.
Befindet sich jedoch die Höhe des Armaturenbretts über der Höhe der horizontalen Ebene, die mit dem R-Punkt des Fahrersitzes zusammenfällt, ist oberhalb der oberen horizontalen Begrenzung von Innenraumbereich 2 ein Knieform-Prüfkörper zu verwenden, um berührbare Kanten des Armaturenbretts sowie an diesem unmittelbar angebaute, sich unterhalb der Höhe des Armaturenbretts befindende Teile zu bewerten. Der technische Dienst muss im Prüfbericht genau angeben, welche Teile des Innenraums im Einvernehmen mit der Typgenehmigungsbehörde als Armaturenbrett und relevante Elemente gelten. Die Lenkeinrichtung bleibt bei der Bestimmung der Höhe des Armaturenbretts unberücksichtigt.

2.
Besondere Vorschriften und Prüfungen

2.1. Innenbereich 1:

2.1.1. In diesem Bereich ist der Kopfform-Prüfkörper in alle möglichen Richtungen zu bewegen. Alle berührbaren Kanten, außer die unten genannten, müssen einen Abrundungsradius von mindestens 3,2 mm aufweisen.
2.1.2. Berührbare Kanten über der Instrumententafel, die entweder Teil der Instrumententafel oder von auf der Instrumententafel angebrachten Bestandteilen sind, müssen einen Abrundungsradius von mindestens 2,5 mm aufweisen.
2.1.3. Die Teile in Innenbereich 1, die sich innerhalb der Horizontalprojektion eines Kreises nach vorne, der die äußere Begrenzung der Lenkvorrichtung umschreibt, erweitert durch eine 127 mm breite umgebende Fläche, befinden, bleiben unberücksichtigt. Es sind alle Teile zu berücksichtigen, die in allen Benutzungsstellungen der Lenkvorrichtung berührt werden können (d. h. nur die Projektion kann unberücksichtigt bleiben, die in allen Fällen abgedeckt ist).
2.1.4. Berührbare Kanten auf der Instrumententafel, die im Falle eines Aufpralls von einem entfalteten Airbag bedeckt werden, müssen zumindest abgestumpft sein.
2.1.5. Alle berührbaren Kanten der Lenkvorrichtung müssen einen Abrundungsradius von mindestens 2,5 mm aufweisen.
2.1.6. Alle berührbaren Kanten der Lenkvorrichtung, die im Falle eines Aufpralls von einem entfalteten Airbag bedeckt werden, müssen zumindest abgestumpft sein.
2.1.7. Berührbare Kanten von Klappen und Lüftungsöffnungen müssen zumindest abgestumpft sein.
2.1.8. Berührbare Kanten typgenehmigter Innenrückspiegel (Gruppe I) gelten als mit den Anforderungen dieses Anhangs konform.

2.2. Innenbereich 2:

2.2.1. In diesem sowie in dem in Nummer 1.1.6.3.1 genannten Bereich ist ein Knieform-Prüfkörper aus einer beliebigen Ausgangsstellung horizontal und nach vorne zu bewegen, wobei die Ausrichtung der X-Achse der Einrichtung innerhalb der festgelegten Grenzen verändert werden kann. Alle berührbaren Kanten außer den unten genannten müssen einen Abrundungsradius von mindestens 3,2 mm aufweisen. Kontakte mit der Rückseite der Einrichtung bleiben unberücksichtigt.
2.2.2. Pedale und ihre Befestigungen bleiben unberücksichtigt.

2.3. Innenbereich 3:

2.3.1. In diesem Bereich ist ein Kopfform-Prüfkörper in alle möglichen Richtungen zu bewegen. Alle berührbaren Kanten außer den unten genannten müssen einen Abrundungsradius von mindestens 3,2 mm aufweisen.
2.3.2. Im Falle von berührbaren Kanten auf der Rückseite von Sitzstrukturen können wahlweise auch die in Nummer 1.1.5 genannten spezifischen Anforderungen für die Sitzbereiche 1, 2 und 3 erfüllt sein.

2.4. Innenraumbereiche 1, 2 und 3

2.4.1. Radien berührbarer Kanten, die aufgrund schiefer Ecken, begrenzter Erhebungen, Schriftzeichen oder Designlinien, Rippen und Unebenheiten sowie gekörnter Oberflächen mit herkömmlichem Messwerkzeug (z. B. einer Radiuslehre) nicht genau bestimmt werden können, gelten als mit den Anforderungen konform, müssen jedoch zumindest stumpf sein.
2.4.2. Der Fahrzeughersteller kann wahlweise vollständig alle einschlägigen, für die Fahrzeugklasse M1 geltenden Anforderungen der UNECE-Regelung Nr. 21(1) für den gesamten Innenraumbereich und nicht nur für Teile davon anwenden.

Anlage 1

Prüfkörper

1.
Knieform-Prüfkörper

1.1. Schema des Prüfkörpers:

Abbildung 16-P1-Ap1-1

2. Anwendungsverfahren:

2.1. Der Prüfkörper ist in eine Stellung zu bringen, in der

die Ebene X-X' weiterhin parallel zur Längsmittelebene des Fahrzeuges verläuft und

die X-Achse in einem Winkel von bis zu 30 über und unter der Waagerechten gedreht werden kann.

TEIL 2

1.
Vorschriften und Prüfungen

1.1. Fahrzeuge der Klassen L2e, L5e, L6e und L7e mit Türen müssen folgenden Vorschriften entsprechen:

1.1.1. Jede Tür ist mit einer Einrichtung auszurüsten, durch die sie in einer geschlossenen Stellung gehalten wird. Es ist zulässig, eine Tür mit Scharnieren und/oder anderen Rückhaltemechanismen, Systemen oder Einrichtungen auszurüsten; außerdem können an einer Tür Spalten und Öffnungen nach außen vorhanden sein.
1.1.2. Jede Tür muss einer Stoßkraft von 200 daN, die von einem Stößel mit abgeflachtem Ende nach außen und horizontal (d. h. in der Querebene des Fahrzeugs) ausgeht, standhalten. Das Ende des Stößels muss einen Gesamtdurchmesser von höchstens 50 mm aufweisen und kann abgerundete Kanten haben. Die Kraft ist entweder auf die Mitte der Tür oder auf einen anderen Punkt in der vertikalen Querebene, die durch den R-Punkt des der jeweiligen Tür am nächsten gelegenen Sitzplatzes verläuft, in einer Höhe aufzubringen, die derjenigen des R-Punktes oder einem Punkt höchstens 500 mm darüber entspricht. Innenausstattung, Bauteile oder andere Elemente, die die Einleitung der Kraft beeinflussen, sind für die Dauer der Prüfung zu entfernen.
1.1.2.1.
Die Einrichtungen, die die Tür in einer geschlossenen Stellung halten, dürfen innerhalb von 0,2 Sekunden nach Erreichen der vorgeschriebenen aufzubringenden Mindestkraft nicht versagen, auslösen oder sich vollständig öffnen und die Tür muss nach Rücknahme der Kraft weiterhin geschlossen sein. Spalten und Öffnungen nach außen, die durch nachgebendes Material verursacht werden, sind zulässig.

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 188 vom 16.7.2008, S. 32.

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