Artikel 32 MiFIR (VO (EU) 2014/600)

Verfahren bei einer Handelspflicht

(1) Die ESMA erarbeitet Entwürfe technischer Regulierungsstandards, in denen Folgendes präzisiert wird:

a)
welche Derivatekategorien, die der Clearingpflicht im Sinne von Artikel 5 Absätze 2 und 4 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 oder entsprechender daraus folgender Bestimmungen unterliegen, ausschließlich auf den in Artikel 28 Absatz 1 dieser Verordnung genannten Handelsplätzen gehandelt werden sollen;
b)
Zeitpunkt oder Zeitpunkte, ab dem bzw. denen die Handelspflicht wirksam wird, einschließlich einer stufenweisen Einführung und der Kategorien von Gegenparteien, für die die Pflicht gilt, sofern eine solche stufenweise Einführung und solche Kategorien von Gegenparteien in den technischen Regulierungsstandards nach Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 vorgesehen sind.

Die ESMA übermittelt der Kommission diese Entwürfe technischer Regulierungsstandards binnen sechs Monaten nach Annahme der technischen Regulierungsstandards im Sinne von Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 durch die Kommission.

Vor der Übermittlung der Entwürfe technischer Regulierungsstandards zwecks Annahme durch die Kommission führt die ESMA eine öffentliche Anhörung durch und kann sich gegebenenfalls mit den zuständigen Drittlandbehörden ins Benehmen setzen.

Die Kommission wird ermächtigt, die in Unterabsatz 1 genannten technischen Regulierungsstandards nach den Artikeln 10 bis 14 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 zu verabschieden.

(2) Damit die Handelspflicht wirksam wird,

a)
muss die Derivatekategorie gemäß Absatz 1 Buchstabe a dieses Artikels oder eine entsprechende Unterkategorie zum Handel an zumindest einem Handelsplatz im Sinne von Artikel 28 Absatz 1 zugelassen sein bzw. dort gehandelt werden, und
b)
muss ein ausreichendes Kauf- und Verkaufsinteresse Dritter in Bezug auf diese Derivatekategorie bzw. eine entsprechende Unterkategorie vorliegen, damit diese Derivatekategorie als ausreichend liquide angesehen wird, um allein auf den in Artikel 28 Absatz 1 genannten Handelsplätzen gehandelt zu werden.

(3) Bei der Entwicklung von Entwürfen technischer Regulierungsstandards im Sinne von Absatz 1 stuft die ESMA die Derivatekategorie bzw. eine entsprechende Unterkategorie anhand folgender Kriterien als ausreichend liquide ein:

a)
Durchschnittsfrequenz und -volumen der Abschlüsse bei einer bestimmten Bandbreite von Marktbedingungen unter Berücksichtigung der Art und des Lebenszyklus von Produkten innerhalb der Derivatekategorie;
b)
Zahl und Art der aktiven Marktteilnehmer, einschließlich des Verhältnisses Marktteilnehmer zu auf einem bestimmten Produktemarkt gehandelten Produkten/Kontrakten;
c)
durchschnittlicher Spread.

Bei der Ausarbeitung dieser Entwürfe für technische Regulierungsstandards trägt die ESMA den voraussichtlichen Auswirkungen dieser Handelspflicht auf die Liquidität einer Derivatekategorie bzw. einer entsprechenden Unterkategorie und auf die Geschäftstätigkeit der Endnutzer, bei denen es sich nicht um Finanzunternehmen handelt, Rechnung.

Die ESMA legt fest, ob die Derivatekategorie bzw. eine entsprechende Unterkategorie nur bei Geschäften unterhalb eines gewissen Umfangs ausreichend liquide ist.

(4) Die ESMA ermittelt aus eigener Initiative gemäß den in Absatz 2 festgelegten Kriterien und nach Durchführung einer öffentlichen Anhörung die Derivatekategorien oder einzelnen Derivatkontrakte, die der Handelspflicht auf den in Artikel 28 Absatz 1 dieser Verordnung genannten Handelsplätzen unterliegen sollten, für die aber bislang keine zentrale Gegenpartei eine Genehmigung nach Artikel 14 oder 15 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 erhalten hat, und teilt diese der Kommission mit.

Nach der Meldung nach Unterabsatz 1 durch die ESMA kann die Kommission eine Ausschreibung zur Vorlage von Vorschlägen für den Handel mit diesen Derivaten auf den in Artikel 28 Absatz 1 genannten Handelsplätzen veröffentlichen.

(4a) Sieht die ESMA die Aussetzung der Clearingpflicht im Sinne des Artikels 6a der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 als eine wesentliche Änderung der Kriterien für die Wirksamkeit der Handelspflicht gemäß Absatz 5 dieses Artikels an, so kann die ESMA beantragen, dass die Kommission die Handelspflicht gemäß Artikel 28 Absatz 1 dieser Verordnung für dieselben Kategorien von OTC-Derivaten aussetzt, die Gegenstand des Antrags auf Aussetzung der Clearingpflicht sind.

(4b) Die ESMA kann beantragen, dass die Kommission die Handelspflicht gemäß Artikel 28 Absatz 1 für bestimmte Kategorien von OTC-Derivaten oder für eine bestimmte Art von Gegenpartei aussetzt, wenn eine solche Aussetzung notwendig ist, um negative Auswirkungen auf die Liquidität oder eine ernsthafte Gefahr für die Finanzstabilität zu verhindern oder anzugehen und das ordnungsgemäße Funktionieren der Finanzmärkte in der Union sicherzustellen, und wenn diese Aussetzung in Anbetracht dieser Ziele verhältnismäßig ist.

(4c) Die in den Absätzen 4a und 4b genannten Anträge werden nicht veröffentlicht.

(4d) Nach Eingang der in den Absätzen 4a und 4b genannten Anträge trifft die Kommission unverzüglich auf der Grundlage der von der ESMA dargelegten Gründe und übermittelten Nachweise eine der folgenden Maßnahmen:

a)
Aussetzung der Handelspflicht für Kategorien von OTC-Derivaten oder Arten von Gegenparteien im Wege eines Durchführungsrechtsakts;
b)
Ablehnung der beantragten Aussetzung.

Für die Zwecke von Unterabsatz 1 Buchstabe b informiert die Kommission die ESMA über die Gründe, aus denen sie die beantragte Aussetzung abgelehnt hat. Die Kommission informiert das Europäische Parlament und den Rat umgehend über die Ablehnung und übermittelt ihnen die der ESMA mitgeteilten Gründe. Die Informationen, die dem Europäischen Parlament und dem Rat bezüglich der Ablehnung übermittelt wurden, und die Gründe für diese Ablehnung werden nicht veröffentlicht.

Die Aussetzung gemäß Unterabsatz 1 Buchstabe a gilt zunächst für einen Zeitraum von höchstens drei Monaten ab dem Tag der Veröffentlichung des in diesem Buchstaben genannten Durchführungsrechtsakts.

Bestehen die Gründe für die in Unterabsatz 1 Buchstabe a genannte Aussetzung fort, so kann die Kommission im Wege eines Durchführungsrechtsakts diese Aussetzung um jeweils höchstens drei weitere Monate auf insgesamt höchstens zwölf Monate verlängern.

Die Durchführungsrechtsakte nach Unterabsatz 1 Buchstabe a und Unterabsatz 4 dieses Absatzes werden gemäß dem Prüfverfahren nach Artikel 51 erlassen.

(5) Die ESMA übermittelt der Kommission gemäß Absatz 1 neue Entwürfe technischer Regulierungsstandards, um die bestehenden technischen Regulierungsstandards zu ändern, auszusetzen oder zu widerrufen, sollten sich die in Absatz 2 genannten Kriterien wesentlich ändern. Vor einer solchen Maßnahme kann die ESMA gegebenenfalls die zuständigen Behörden von Drittländern konsultieren.

Der Kommission wird die Befugnis übertragen, die in diesem Absatz genannten technischen Regulierungsstandards gemäß den Artikeln 10 bis 14 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 zu erlassen.

(6) Die ESMA erarbeitet Entwürfe technischer Regulierungsstandards, in denen die in Absatz 2 Buchstabe b genannten Kriterien festgelegt werden.

Die Entwürfe dieser technischen Regulierungsstandards legt die ESMA der Kommission bis zum 3. Juli 2015 vor.

Der Kommission wird die Befugnis übertragen, die technischen Regulierungsstandards im Sinne von Unterabsatz 1 gemäß dem in den Artikeln 10 bis 14 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 festgelegten Verfahren zu erlassen.

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