Artikel 72 VO (EU) 2014/897
Finanzkorrekturen durch die Kommission
1. Die Kommission nimmt Finanzkorrekturen vor, indem sie den Unionsbeitrag zu einem Programm ganz oder teilweise streicht und den Betrag von der Verwaltungsbehörde wiedereinzieht, um zu vermeiden, dass die Union Ausgaben finanziert, die den anwendbaren Rechtsvorschriften zuwiderlaufen oder im Zusammenhang mit Mängeln der Verwaltungs- und Kontrollsysteme des Programms stehen, die von der Kommission oder dem Europäischen Rechnungshof festgestellt wurden.
2. Ein Verstoß gegen anwendbare Rechtsvorschriften führt nur dann zu einer Finanzkorrektur, wenn bei der Kommission geltend gemachte Ausgaben betroffen sind und eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist:
- a)
- Der Verstoß hat Auswirkungen auf die Auswahl eines Projekts oder eines Vertrags über technische Hilfe, oder es ist aufgrund der Art des Verstoßes zwar nicht möglich, diese Auswirkungen nachzuweisen, aber es besteht ein begründetes Risiko, dass der Verstoß diese Wirkung hat;
- b)
- der Verstoß hat Auswirkungen auf die im Rahmen des Programms geltend gemachte Höhe der Ausgaben, oder es ist aufgrund der Art des Verstoßes zwar nicht möglich, seine finanziellen Auswirkungen zu beziffern, aber es besteht ein begründetes Risiko, dass der Verstoß diese Wirkung hat.
3. Insbesondere nimmt die Kommission Finanzkorrekturen vor, wenn sie nach der erforderlichen Überprüfung zu dem Schluss gelangt, dass
- a)
- das Verwaltungs- und Kontrollsystem für das Programm einen gravierenden Mangel aufweist, der ein Risiko für den bereits für das Programm gezahlten Unionsbeitrag darstellt;
- b)
- die Verwaltungsbehörde vor Einleitung des Finanzkorrekturverfahrens nach diesem Absatz ihren Verpflichtungen gemäß Artikel 71 nicht nachgekommen ist;
- c)
- die in dem Jahres- oder Abschlussbericht geltend gemachten Ausgaben mit Unregelmäßigkeiten behaftet sind und von der Verwaltungsbehörde vor Einleitung des Finanzkorrekturverfahrens nach diesem Absatz nicht berichtigt wurden.
Die Kommission legt die Höhe der Finanzkorrekturen anhand der jeweils ermittelten Unregelmäßigkeit fest, wobei sie berücksichtigt, ob die Unregelmäßigkeit systembedingt ist. Lässt sich der Betrag der mit Unregelmäßigkeiten behafteten Ausgaben nicht genau quantifizieren, so kann die Kommission Korrekturen auf der Grundlage von Hochrechnungen oder Pauschalsätzen vornehmen.
4. Bei der Festlegung eines Korrekturbetrags gemäß Absatz 3 wahrt die Kommission den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, indem sie Art und Schweregrad der Unregelmäßigkeit sowie Umfang und finanzielle Auswirkungen der in den Verwaltungs- und Kontrollsystemen für das Programm festgestellten Mängel berücksichtigt.
5. Stützt die Kommission ihre Stellungnahme auf Berichte kommissionsexterner Rechnungsprüfer, zieht sie ihre eigenen Schlussfolgerungen zu den finanziellen Auswirkungen erst, nachdem sie die Verwaltungsbehörde und die Rechnungsprüfer angehört hat.
6. Der Abschluss des Programms lässt das Recht der Kommission unberührt, zu einem späteren Zeitpunkt Finanzkorrekturen gegenüber der Verwaltungsbehörde vorzunehmen.
7. Als Kriterien für die Bestimmung der Höhe der vorzunehmenden Finanzkorrektur und Kriterien für Finanzkorrekturen auf der Grundlage von Hochrechnungen oder Pauschalsätzen gelten die Kriterien, die nach der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013(1), insbesondere nach Artikel 144, angenommen werden, sowie die im Beschluss der Kommission vom 19. Dezember 2013(2) enthaltenen Kriterien.
Fußnote(n):
- (1)
Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds, sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).
- (2)
Beschluss der Kommission vom 19. Dezember 2013 zur Festlegung und Genehmigung der Leitlinien für die Festsetzung von Finanzkorrekturen, die die Kommission bei Verstößen gegen die Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge auf von der EU im Rahmen der geteilten Mittelverwaltung finanzierte Ausgaben anwendet (C(2013) 9527).
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